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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2020, RV/7101690/2018

Geschäftsführerhaftung, trotz bescheidmäßig festgesetzter Abgaben ist auch das Verschulden zu prüfen, keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Umsätzen, keine Verletzung von Erklärungspflichten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den_Senat in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Consultatio Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom , Steuernummer N-1, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO in der Sitzung vom  zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 45.000,00 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
2008
40.000,00
Umsatzsteuer
01/2009
5.000,00

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO würden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen sei der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründe, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er hafte, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Voraussetzung für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Abgaben seien iSd § 9 Abs. 1 BAO uneinbringlich, wenn Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Schuldners erfolglos gewesen seien oder voraussichtlich sein würden. Die Uneinbringlichkeit der im Spruch angeführten Abgabenschuldigkeiten stehe nach Abschluss des Konkursverfahrens bei der GmbH und deren Löschung im Firmenbuch am D-1 objektiv fest.

Der Bf. sei vom Zeitpunkt der Gründung der GmbH bis D-2 Geschäftsführer der gegenständlichen GmbH gewesen.

Sowohl die Entstehung des Abgabenanspruches als auch die Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben seien in den Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Bf. gefallen. Der Sachverhalt, dass die Bescheide über die Festsetzung der Abgaben erst nach der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit ergangen seien, stehe nach ständiger Rechtsprechung einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen.

Einwendungen des Haftungspflichtigen, welche die Festsetzung der von der Haftung umfassten Abgaben beträfen, könnten im Haftungsverfahren nicht berücksichtigt werden, da die Abgabenbehörde in diesem Verfahren an den Inhalt der Abgabenbescheide gebunden sei. Hierzu werde auf § 248 BAO verwiesen.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass eine Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 Abs. 1 BAO voraussetze, dass eine Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der Pflichten des Vertreters nicht eingebracht werden könne. Er habe während der Ausübung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH in der Zeit zwischen der Gründung der Gesellschaft am D-3 bis zu seiner Abberufung am D-2 keinerlei schuldhaftes Verhalten gesetzt, welches zur Uneinbringlichkeit von Abgaben geführt habe.

Der beschwerdegegenständliche Bescheid sei auch insoferne rechtswidrig, als hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben (Umsatzsteuer 2008 und 01/2009) zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bereits Verjährung eingetreten sei.

Zudem sei festzuhalten, dass weder der Bf. noch die GmbH im Zeitraum seiner Geschäftsführung auch nur annähernd über ausreichende finanzielle Mittel verfügt habe, um Abgabenansprüche in der festgesetzten Höhe begleichen zu können.

Aus den genannten Gründen werde der Haftungsbescheid aufzuheben sein.

Hinsichtlich der Festsetzung der von der Haftung umfassten Abgaben werde auf die nachstehend eventualiter erhobenen Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide verwiesen:

Der Bf. habe im Mai 2008 als Alleingesellschafter die G-1 errichtet. Der Gesellschaftszweck sei der Erwerb eines Rohdachbodens in A-2, und der nachfolgende Ausbau zu Wohnungen gewesen. Das an den Hauseigentümer gerichtete Anbot auf den Erwerb des Rohdachbodens sowie die bereits angefertigten Pläne zum Ausbau der Wohnungen lägen dieser Beschwerde als Anlage bei.

Die Verhandlungen über den Erwerb des Rohdachbodens seien so weit fortgeschritten gewesen, dass die Gesellschaft in geringfügigem Umfang Betriebs- und Geschäftsausstattung erworben und sogar bereits minimale Vorbereitungsarbeiten im Hause durchgeführt habe. Unglücklicherweise sei es dem Bf. infolge der im Herbst 2008 ausgebrochenen Lehmann-Krise und den damit einhergehenden Restriktionen im Bankensektor nicht gelungen, eine Finanzierung für den Ankauf und Ausbau des Dachgeschosses zustande zu bringen. Trotz intensiver Bemühung bis ins Jahr 2009 hinein sei unter den gegebenen Bedingungen keine Bank bereit gewesen, einen Kredit zu vergeben. Daraufhin habe er beschlossen, das Projekt nicht weiter zu verfolgen und die Gesellschaft zu liquidieren. Um sich die Liquidationskosten zu ersparen, habe er die Gesellschaftsanteile im April 2009 an Herrn P-1 veräußert, welcher auch die Geschäftsführung sowie sämtliche Gesellschaftsunterlagen übernommen habe.

In dem vom Bf. zu vertretenden Zeitraum habe die GmbH keinerlei Umsätze getätigt. In Anbetracht des ursprünglich beabsichtigten umsatzsteuerfreien Verkaufes der geplanten Dachgeschoßwohnungen habe auch keine Berechtigung zum Abzug von Vorsteuern aus den Aufwendungen der Gesellschaft bestanden.

Die hier beschriebene Faktenlage entspreche auch voll und ganz der Darstellung im Finanzamtsfragebogen vom , in welchem für das Eröffnungsjahr ein voraussichtlicher Jahresumsatz von 0,00 EUR bekanntgegeben worden sei.

Aus der Begründung der beschwerdegegenständlichen Bescheide gehe jeweils hervor, dass die Bemessungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden seien. Die Abgabenbehörde hätte bei Wahrung des Parteiengehörs die oben dargestellten Tatsachen bei der Schätzung berücksichtigen können. Die Schätzung sei somit rechtswidrig erfolgt und müsse unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die GmbH im Zeitraum Mai 2008 bis D-2 Umsätze in Höhe von EUR Null getätigt habe, neu durchgeführt werden.

Abschließend beantragte der Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.

Seien die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten und die Vertreterstellung gegeben, so sei es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Vertreters, im Rahmen der ihm obliegenden qualifizierten Mitwirkungspflicht darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.

Aufgabe des Geschäftsführers sei es, im Verwaltungsverfahren allfällig vorliegende Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert hätten, die Abgabenschulden am oder nach dem Fälligkeitstag zu begleichen. Er habe darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden seien, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden gewesen seien. Es habe nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel.

Der Vertreter hafte nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und hafte der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt habe, dann erstrecke sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten habe. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege allerdings dem Vertreter. Weise er nach, weicher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Trete der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann könne ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden.

Im gesamten Haftungsverfahren seit sei die Vermögenslosigkeit der GmbH nur behauptet worden. Beweise hinsichtlich der Schuldhaftigkeit hätten nicht, auch nicht mit den bisher vorgelegten Unterlagen (Journal zum ), erbracht werden können.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit sei dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststehe und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden sei. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit komme die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liege daran, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben sei und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden könne. Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Bf. zurückzuführen sei, sei den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen.

Aus den genannten Gründen sei die vorliegende Beschwerde von der Abgabenbehörde abzuweisen gewesen.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Entscheidung durch den gesamten Beschwerdesenat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte ergänzend vor, dass es ihm nach wie vor völlig unerklärlich sei, worauf die Umsatzschätzung des Finanzamtes in Höhe von EUR 200.000,00 für das Jahr 2008 und von EUR 125.000,00 für den Zeitraum 01-05/2009 beruhe. Das Finanzamt sei in diesem Punkt bisher jegliche Begründung schuldig geblieben. Wenngleich diese Einwendungen die - nach wie vor unerledigte - Beschwerde gegen die betreffenden Umsatzsteuerbescheide beträfen, seien sie doch insoferne relevant, als er keinesfalls eine haftungsbegründende Pflichtverletzung gesetzt habe.

Es mangle also sowohl an der Kausalität als auch an seinem Verschulden an einem allfälligen Entgang von Abgaben.

Da die GmbH in dem Zeitraum, in welchem der Bf. die Geschäftsführung der Gesellschaft innegehabt habe, keinerlei Umsätze getätigt und keinerlei Einnahmen erzielt habe, habe die Gesellschaft in diesem Zeitraum auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Entrichtung der für ihn völlig utopischen Abgabenzahllast verfügt. Das Finanzamt habe keinerlei Anhaltspunkt für das Vorliegen von ausreichendem Vermögen aufgezeigt. Ihm werde vorgeworfen, er hätte die Vermögenslosigkeit lediglich behauptet. Es sei geradezu zynisch, wenn in diesem Zusammenhang auf eine erhöhte Mitwirkungspflicht hingewiesen werde, in deren Rahmen er darzulegen hätte, weshalb er nicht für die rechtzeitige Entrichtung der vermeintlich für die Gesellschaft anfallenden Abgaben Sorge getragen habe.

Auf eine kurze Formel gebracht, könne die Antwort auf dieses Ansinnen nur lauten:

Kein Umsatz, keine Einnahme, kein Vermögen, keine Abgabenschuld, keine Möglichkeit des Beweises (nicht) sorgfältigen Verhaltens.

In Anbetracht der geschilderten Umstände werde noch einmal darauf hingewiesen, dass der Bf. weder ein kausales noch ein schuldhaftes Verhalten in Zusammenhang mit den behaupteten Abgabenausfällen gesetzt habe. Die geschilderten Umstände seien eventualiter auch bei der Ermessensentscheidung der Haftungsinanspruchnahme zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.

Vollkommen ignoriert habe das Finanzamt in der Begründung seiner Beschwerdevorentscheidung im Übrigen die in der Beschwerde aufgezeigte Tatsache, dass eine Haftungsinanspruchnahme alleine infolge Eintrittes der Verjährung rechtswidrig sei.

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Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am vor und führte ergänzend aus, dass sich die Begründung auch im Vorlageantrag lediglich auf Behauptungen stütze. Ein großer Teil der Begründung beziehe sich auf die ursprüngliche Festsetzung der in Frage stehenden Abgaben. Während des gesamten Zeitraumes, in welchem der Bf. als Geschäftsführer tätig gewesen sei, sei keine einzige Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht worden. Schon hier liege eine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten durch den ehemaligen Geschäftsführer vor.

Zum Vorwurf der Verjährung:

Gemäß § 207 BAO unterliege das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist betrage für die Umsatzsteuer und Einkommensteuer fünf Jahre. Die „allgemeine“ Verjährungsfrist beginne mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO). Würden von der Abgabenbehörde innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen, so verlängere sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Daneben gebe es noch die absolute Verjährung. Danach verjähre das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches unabhängig von Verlängerungshandlungen jedenfalls (absolute Verjährung; § 209 Abs. 3 BAO). Diese Frist beginne schon mit der Entstehung des Abgabenanspruches und nicht erst mit Ablauf des entsprechenden Jahres. Der Abgabenanspruch entstehe, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpfe. Die Veranlagung der Umsatzsteuer 2008 sei am erfolgt, die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-05/2009 am . Eine Festsetzungsverjährung liege daher nicht vor.

Die Erlassung eines Haftungsbescheides sei eine Einhebungsmaßnahme und als solche nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig. Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß. Die Verjährung fälliger Abgaben werde durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Beide im Haftungsbescheid angeführten Abgaben seien im Jahr 2009 fällig gewesen. Am D-4 sei über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet worden, welcher am D-5 aufgehoben worden sei. Die Gesellschaft sei am D-1 gelöscht worden. Am sei ein Haftungsvorerhebungsschreiben ausgefertigt worden, am der erste Haftungsbescheid ergangen. Bis dato schließe sich seitdem hinsichtlich der Haftung ein Rechtsmittelverfahren an das nächste an, wobei niemals ein Zeitraum von fünf Jahren dazwischengelegen sei. Im Gegensatz zur Festsetzungsverjährung existiere in Hinblick auf die Einhebung keine absolute Verjährung. Es sei somit keine die Haftung betreffende Art von Verjährung eingetreten.

Um von vorne herein einem eventuell noch aufkommenden Argument einer bereits lange verstrichenen Zeit entgegenzutreten, müsse hier erwähnt werden, dass diese Zeitdauer auf Rechtsmittel, welche sich im Hauptsächlichen auf formale Einwendungen gestützt hätten, zurückzuführen sei. Eine Unbilligkeit könne hier nicht erkannt werden. Dies gelte auch für die von der Abgabenbehörde erhobenen wirtschaftlichen Daten.

Die Abgabenbehörde ersuche somit das BFG, abweisend zu erkennen.

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In Entsprechung des Ersuchens des Bundesfinanzgerichtes vom übermittelte das Finanzamt eine Niederschrift der KIAB mit dem Bf. vom , in der ihm eine Rechnung der Gesellschaft vom vorgehalten worden sei, die der Bf. als Fälschung zurückgewiesen und erklärt habe, dass die GmbH in der Zeit seiner Geschäftsführung weder Leistungen erbracht noch Rechnungen ausgestellt habe.

Weiters wurde ein Schreiben der KIAB an das Finanzamt vom vorgelegt, in dem auf eine Beschäftigungskontrolle bei einer Baustelle vom verwiesen werde, auf der Arbeiter der G-1 angetroffen worden seien.

Schließlich brachte das Finanzamt dem BFG auch ein Schreiben der Masseverwalterin der GmbH an die Abgabenbehörde vom zur Kenntnis, in dem mitgeteilt worden sei, dass weder der Geschäftsführer erreichbar sei noch Unterlagen vorlägen, weshalb es sich augenscheinlich um eine Scheinfirma handle.

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Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt um folgende Stellungnahme:

Da die Schätzungen lediglich aufgrund der Nichtabgabe der Steuererklärungen sowohl für die Umsatzsteuer 2008 als auch für die Umsatzsteuer 01/2009 vorgenommen worden seien, ohne dass konkrete Hinweise auf das Vorliegen von Umsätzen ersichtlich seien, weil die Feststellungen der KIAB vom , der Lohnsteuerprüfung vom und des Masseverwalters vom über das Vorliegen von Malversationen erst für Zeiträume nach dem Ausscheiden des Beschwerdeführers aus der Geschäftsführung der Gesellschaft (D-2) getroffen worden seien und die Rechnung vom laut Niederschrift der KIAB vom mangels Vorlage und Überprüfbarkeit nicht berücksichtigt werden könne, liege nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine schuldhafte Pflichtverletzung vor, weshalb eine Haftungsinanspruchnahme vorbehaltlich gegenteiliger Anhaltspunkte seitens des Finanzamtes nicht in Betracht kommen könne.

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In Beantwortung des Vorhaltes teilte das Finanzamt mit Schreiben vom mit, dass aus dem elektronischen Akt aufgrund dessen, dass zum Zeitpunkt der Schätzung noch nicht habe gescannt werden können und noch Papierakten geführt worden seien, nichts über die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen 2008 und 2009 ersichtlich sei. Der Papierakt sei bereits im Jahr 2011 gelöscht worden und daher nicht mehr greifbar.

Die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 seien zurückgewiesen worden, der Vorlageantrag gegen die Zurückweisung sei am an das BFG vorgelegt worden.

Im Regelfall gehe die Abgabensicherung von der Bindung im Haftungsverfahren an die Abgabenfestsetzung und der daraus resultierenden Möglichkeit des Haftungspflichtigen, nach § 248 BAO vorzugehen, aus.

Allerdings stelle sich nach der Stellungnahme der betrieblichen Veranlagung die Frage, ob diese überhaupt in der Lage wäre, im Falle des § 248 BAO eine abweisende Entscheidung in der Form zu treffen, die vor dem BFG halten würde. Hier müsse auf das angeführte offene BFG-Verfahren zu den Umsatzsteuerfestsetzungen hingewiesen werden.

Natürlich beantrage die Abgabenbehörde grundsätzlich weiterhin, in ihrem Sinne zu entscheiden, jedoch scheine sich hier die Abgabenbehörde in einem Beweisnotstand zu befinden, sodass mit einer Stattgabe der Beschwerde durch das BFG zu rechnen sein werde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Verjährung

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Zum Einwand des Bf., dass im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bereits Verjährung eingetreten sei, wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Finanzamtes zur Festsetzungsverjährung nach den §§ 207 bis 209a BAO verwiesen, die nicht eingetreten war, da die der Haftung zugrundeliegenden Abgabenansprüche, geht man von deren Entstehung der Ansicht der Behörde folgend aus, in den Jahren 2008 und 2009 entstanden und die Abgaben in den Jahren 2009 und 2010 festgesetzt wurden (siehe untenstehende Ausführungen), daher noch innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist.

Die Frage der Entstehung des Abgabenanspruches ist jedoch nur für die Bemessungsverjährung von Bedeutung. Da es sich jedoch bei der Erlassung eines Haftungsbescheides um eine Einhebungsmaßnahme handelt, ist für die Frage nach der Zulässigkeit eines Haftungsbescheides die Einhebungsverjährung gemäß § 238 BAO maßgebend, welche aber auf die Fälligkeit der Abgabe abstellt ().

Es war daher zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides vom bereits die Einhebungsverjährung eingetreten war.

Der Unternehmer hat gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. (…) Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. (…)

Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.

Im gegenständlichen Fall waren die haftungsgegenständlichen Abgaben am bzw. am fällig. Die Einhebungsverjährung hätte demnach gemäß § 238 Abs. 1 BAO frühestens am eintreten können.

Darüber hinaus wurden folgende Unterbrechungshandlungen, die die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist gemäß § 238 Abs. 2 BAO jeweils neu in Gang setzten, unternommen:


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Unterbrechungshandlung
Datum
Verjährungsfrist verlängert bis
Festsetzungsbescheid Umsatzsteuer 01-05/2009
Festsetzungsbescheid Umsatzsteuer 2008
Haftungsprüfungsvorhalt
Haftungsbescheid
Beschwerdevorentscheidung
Beschwerdevorentscheidung
Haftungsbescheid
Beschwerdevorentscheidung

Dazu ist festzustellen, dass dem mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100843/2015, unter Zurückverweisung der Rechtssache aufgehobenen Haftungsbescheid vom deshalb die Unterbrechungswirkung zukommt, weil Bescheide auch dann die Einhebungsverjährung unterbrechen, wenn sie später aufgehoben werden (Ritz, BAO6, § 238 Rz 16, und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Hingegen kommt dem Haftungsbescheid vom keine Unterbrechungswirkung zu, weil dieser laut den Beschlüssen des und RV/7106099/2016, nicht ordnungsgemäß zugestellt und daher nicht rechtswirksam wurde (ebenfalls Ritz, BAO6, § 238 Rz 16, und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Daraus erhellt, dass eine Verjährung der Einhebung nach § 238 Abs. 1 BAO zufolge der regelmäßigen Unterbrechungshandlungen gemäß § 238 Abs. 2 BAO nicht eingetreten ist.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da m it Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-5 der über das Vermögen der G-1 am D-4 eröffnete Konkurs nach Verteilung lediglich an die Massegläubiger aufgehoben und die Gesellschaft am D-1 im Firmenbuch gelöscht wurde.

Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-3 bis D-2 Geschäftsführer der genannten Gesellschaft war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Dem Einwand des Bf., dass aufgrund der Bankenkrise im Jahr 2008 eine Finanzierung für den Ankauf und Ausbau des Dachgeschosses nicht zustande gebracht worden sei, ist entgegenzuhalten, dass es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().

Im gegenständlichen Fall setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 01-05/2009 in Höhe von € 25.000,00 mit Bescheid vom und die Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 40.000,00 mit Bescheid vom gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen fest. Aus dem Umstand, dass die Bescheide erst nach dem Ausscheiden des Bf. aus der Geschäftsführung der GmbH erlassen wurden, lässt sich für den Bf. nichts gewinnen, weil die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern bereits am bzw. , somit im Zeitraum seiner aufrechten Geschäftsführertätigkeit, fällig waren und bei Selbstbemessungsabgaben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Im Haftungsverfahren ist nicht die Richtigkeit vorliegender Abgabenbescheide zu überprüfen (). Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nach § 9 BAO nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid vorangegangen ist. Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, entfalten diese Bindungswirkung und hat sich das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diese Bescheide zu halten. Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.

Grundsätzlich ist in einem Haftungsbescheidverfahren somit die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung nicht zu prüfen, jedoch steht diese Vorgabe eben in einem Spannungsfeld zum Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung. Erst wenn man zu dem Schluss kommt, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, ist in einem zweiten Prüfungsschritt für eine Haftungsinanspruchnahme ein Vorbringen zur Höhe der festgesetzten schuldhaft nicht entrichteten Abgabe als irrelevant zu bewerten und die Partei darauf zu verweisen, dass Streitigkeiten darüber im Festsetzungsverfahren (dritter Schritt, wenn bei einer Haftungsinanspruchnahme von dem Recht Gebrauch gemacht wird, die Abgabenfestsetzung zu bekämpfen) auszutragen sind ().

Die Abgabenbehörde hat zwar von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. Die Haftung nach § 9 BAO erfordert allerdings eine schuldhafte Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten. Deshalb hat sich die Behörde mit den Einwänden des zur Abgabenhaftung herangezogenen Geschäftsführers zu befassen, dass ihn kein Verschulden getroffen habe ().

Somit ist das Vorbringen des Bf., dass die Nachforderungen auf unzutreffenden Schätzungen basiert seien, da keinerlei Umsätze getätigt worden seien, nicht in der Weise aussichtslos, dass die belangte Behörde nicht gehalten gewesen wäre, sich damit in einer Weise auseinanderzusetzen, die erkennen lässt, worin entgegen seinem Vorbringen die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Bf. zu sehen ist (vgl. ; ).

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Haftung iSd § 9 BAO nur bei schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten besteht, war zu prüfen, ob dem Vertreter die objektive Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (nämlich keine Umsatzsteuererklärung für 2008 und keine Umsatzsteuervoranmeldung für 01/2009 abgegeben zu haben) subjektiv vorwerfbar ist.

Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind Abgabenerklärungen für die Umsatzsteuer bis zum Ende des Monates April des Folgejahres, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt, bis Ende des Monates Juni einzureichen.

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Bf. ab D-2 nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft war, jedoch die Frist für die zeitgerechte Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 bis bzw. bis offenstand, hat der Bf. für die Umsatzsteuer 2008 keine Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Steuererklärung verletzt.

Da die Umsatzsteuernachforderungen für 2008 ausschließlich auf Schätzungen wegen Nichtabgabe der Steuererklärung, für deren Abgabe der Bf. nicht mehr verantwortlich war, beruht, kann ihm kein Verschulden an der Nichtentrichtung dieser Abgabe, nämlich der Umsatzsteuer 2008 in der Höhe von € 40.000,00, angelastet werden (vgl. ).

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. (…) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung vorsehen, dass in bestimmten Fällen die Verpflichtung zur Einreichung einer Voranmeldung entfällt, sofern der Unternehmer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Unternehmer, die danach für einen Voranmeldungszeitraum keine Voranmeldung einzureichen haben, sind verpflichtet, für diesen Voranmeldungszeitraum unter Verwendung des amtlichen Vordruckes für Voranmeldungen eine Aufstellung der Besteuerungsgrundlagen anzufertigen, es sei denn, es ergibt sich für diesen Voranmeldungszeitraum weder eine Vorauszahlung noch ein Überschuss.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen (BGBl II 2002/462, idF vor BGBl II 2010/171):

Wird die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) errechnete Vorauszahlung zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet oder ergibt sich für einen Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung, so entfällt für Unternehmer, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000 Euro nicht überstiegen haben, die Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung.

Aus § 21 Abs. 1 zweiter Absatz UStG iVm § 1 der VO BGBl II 2002/462 ergibt sich, dass der Bf. mangels erzielten Umsätzen auch für die Umsatzsteuer 01/2009 keine Voranmeldung abzugeben hatte.

Sowohl für die Umsatzsteuer 2008 als auch für die Umsatzsteuer 01/2009 liegt keine schuldhafte Pflichtverletzung vor, da die Schätzung lediglich aufgrund der Nichtabgabe der Steuererklärungen vorgenommen wurde, ohne dass konkrete Hinweise auf das Vorliegen von Umsätzen und einer sich daraus ergebenden Zahlungsverpflichtung vorgelegen wären.

Diese Annahme wird auch bestätigt durch die Feststellungen der am für den Zeitraum D-3 (Beginn der Geschäftsführungstätigkeit des Bf.) bis D-4 (Konkurseröffnung) stattgefundenen Lohnsteuerprüfung, bei der erst ab 05/2009 Abfuhrdifferenzen ermittelt wurden. Da der Bf. jedoch lediglich bis D-2 Geschäftsführer der GmbH war, betreffen ihn diese Feststellungen nicht und lässt die Lohnsteuerprüfung somit nicht auf in seinem Tätigkeitszeitraum erzielte Umsätze schließen.

Conclusio

Auf Grund des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der G-1 nicht zu Recht.

Mündliche Verhandlung

Über die Beschwerde hat gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, 1. wenn es beantragt wird a) in der Beschwerde, b) im Vorlageantrag, c) in der Beitrittserklärung oder d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides, oder 2. wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.

Da im gegenständlichen Fall mangels konkreter Hinweise auf das Vorliegen von Umsätzen eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht erwiesen werden konnte, weshalb die Haftungsinanspruchnahme nicht rechtskonform war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Bf. dadurch nicht in seinen Rechten verletzt sein konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101690.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at