Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2020, RV/7100902/2020

Rechtmäßigkeit eines Säumniszuschlages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Mag. Erwin KLAUS SteuerberatungsGmbH, Withalmstraße 1/3/7, 2120 Wolkersdorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom , betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO von der Einkommensteuer 2018 in Höhe von € 4.891,00 einen ersten Säumniszuschlag mit 2%, das sind € 97,82, fest.

Die Festsetzung sei erforderlich gewesen, weil die angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.

Mit Email vom brachte der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Vertreter Folgendes vor:

„Laut Auskunft unseres Klienten wurde ihm der Einkommensteuerbescheid 2018 leider nie zugestellt, daher hat er die Einkommensteuernachzahlung 2018 noch nicht beglichen. Daher wurde ihm ein Säumniszuschlag verhängt. Wir bitten darum, den Säumniszuschlag zu streichen. Herr G wird die Nachzahlung unverzüglich begleichen. Um die Versäumung von Fristen in Zukunft zu vermeiden, haben wir die Zustellung ab heute geändert, wir empfangen in Zukunft seine Schriftstücke.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

„Gem. § 217 (1) BAO tritt mit Ablauf des Fälligkeitstages, wenn die Abgabe nicht spätestens an diesem Tag entrichtet wird, die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht hinausgeschoben wird. Die grundsätzliche Regelung des § 217 (1) BAO macht den Eintritt der Verpflichtung allein davon abhängig, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde, bleiben bei dieser Bestimmung unberücksichtigt. Damit will der Gesetzgeber darlegen, dass er die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, im Anwendungsbereich des § 217 Abs. 1 BAO als unmaßgeblich erachtet. Für das Entstehen der Abgabenschuld ist allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Im gegenständlichen Fall wurde in der Beschwerde angeführt, dass der Abgabepflichtige nie einen Bescheid über die Einkommensteuer 2018 erhalten hat und daher keine Zahlung geleistet hat.

Dazu ist zu sagen, dass die Einkommensteuererklärung für 2018 elektronisch eingereicht wurde. Daher ist auch die Bescheidzustellung für die Einkommensteuer 2018 in die Databox erfolgt. Falls nicht ausdrücklich angegeben, erfolgt keine Zustellung per Post.

Die angegebenen Gründe reichen nicht aus, um eine Aufhebung des Säumniszuschlages zu rechtfertigen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.“

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf durch seinen Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

„Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, hat Herr G die Einkommensteuer Nachzahlung 2018 nicht zur Fälligkeit beglichen, weil ihm der Bescheid nicht postalisch zugestellt wurde. Folglich wurde ein Säumniszuschlag festgesetzt. Da ich als steuerlicher Vertreter zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung über keine Zustellvollmacht verfügte, wurde der Bescheid auch an mich nicht zugestellt. Herr G hat sich bei FinanzOnline angemeldet, dort jedoch keine E-Mailadresse angegeben, sodass er keine Verständigung erhielt, als der Bescheid in seiner Databox einlangte. Es ist unverständlich, warum die Angabe einer E-Mailadresse nicht ein „Pflichtfeld“ darstellt, sodass ein Abschluss der Anmeldung bei FinanzOnline nur mit Angabe einer E-Mailadresse möglich ist. Bei Intemetplattformen stellt dies den Regelfall dar. Selbst wenn keine E-Mailadresse angegeben werden muss, ist nicht einsichtig, warum die Nichtangabe nicht als Verzicht auf die elektronischen Zustellung gewertet wird oder der FinanzOnline-Teilnehmer nicht zumindest explizit darauf hingewiesen wird, dass die Nichtangabe einer Email-Adresse die Zustellung von Bescheiden und anderen behördlichen Schriftstücken, sowie den damit verbundenen Fristenlauf, nicht hemmt und damit im Zweifel zu seinen Lasten geht. Die Tatsache, dass es laut der zuständigen Bearbeiterin häufig zu Fristversäumnissen kommt, weil in FinanzOnline keine E-Mailadresse hinterlegt wird, macht dies umso unverständlicher. Da Herr G im Jahr 2018 erstmalig eine Einkommensteuererklärung abzugeben hatte, ist er mit dem Prozedere der Abgabenerhebung noch nicht gänzlich vertraut. Die Festsetzung eines Säumniszuschlages bei erstmaliger Fristversäumnis ist unseres Erachtens daher unbillig, sodass der festgesetzte Säumniszuschlag nachzusehen wäre.

Weiters ist anzumerken, dass nach erhaltener Information der KSW die E-Zustellung umgestellt wird und die Emailadresse zu einem Pflichtfeld wird.“

Ich stelle daher den Antrag, den betreffend die Einkommensteuer 2018 festgesetzten Säumniszuschlag aufzuheben.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Laut Aktenlage wurde die Einkommensteuer 2018 mit Bescheid vom mit einer Nachforderung von € 4.891,00 festgesetzt, wodurch die Fälligkeit am eintrat. Die Bescheidzustellung erfolgte in die Databox des Bf, da er sich bei FinanzOnline angemeldet hatte und auch die Einkommensteuererklärung für 2018 elektronisch eingereicht wurde. Die Entrichtung des Betrages von € 4.891,00 erfolgte durch Überweisung am .

Bestritten wurde der Säumniszuschlag lediglich aus dem Grunde, dass der Bescheid nicht postalisch zugestellt wurde und der Bf auch keine Verständigung erhielt, als der Bescheid in seiner Databox einlangte.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden (behördliche) Erledigungen, wie etwa Abgabenbescheide, dadurch wirksam, dass sie demjenigen, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind, bekanntgegeben werden, wobei bei schriftlichen Erledigungen die Bekanntgabe regelmäßig durch Zustellung erfolgt. Abs. 3 leg.cit. zufolge, kann der Inhalt einer behördlichen Erledigung (anstelle der Zustellung) nicht nur telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden, sondern kann darüber hinaus durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen vorgesehen werden, dass die Mitteilung des Inhalts auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise erfolgt, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen/privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf und die Verordnung technische und organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung von Mitteilungen in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren, den Erfordernissen des Datenschutzes entsprechenden Weise festlegt.

Gemäß der Bestimmung des § 5b der nach § 97 Abs. 3 BAO erlassenen FinanzOnline-Verordnung 2006 idgF (FOnV) haben die Abgabenbehörden, nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten, Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Abs. 2 leg.cit. zufolge kann jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Erledigungszustellung selbst wird durch Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen bzw. ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Nach § 5b Abs. 3 FOnV kann ein FinanzOnline-Teilnehmer auf die elektronische Zustellungsform verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten und auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente dann als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, an dem die an einen Abgabepflichtigen im Wege von Finanz-Online übermittelten Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des angesprochenen Empfängers gelangen, ist der Zeitpunkt der Einbringung der übermittelten Daten in dessen Databox (vgl. etwa Ritz, aaO, § 98 Tz 4, mwN). Dabei ist die Databox eine solche, zu der der Empfänger – zum fraglichen Zeitpunkt – auch tatsächlich Zugang hat (vgl. ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox, beispielsweise durch ein Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides, kommt es für die Bewirkung einer Zustellung nicht an (vgl. etwa , bzw. die bei Ritz aaO genannte BFG-Judikatur).

Ebenso kommt es für die Feststellung des Zeitpunktes einer elektronischen Zustellung auf das Datum der allenfalls nach § 5b Abs. 2 FOnV 2006 erfolgten zusätzlichen abgabenbehördlichen Information des Teilnehmers darüber, nicht an. Auch dann, wenn eine solche zusätzliche Information des Empfängers über die erfolgte Zustellung überhaupt unterblieben ist, so beeinträchtigt derartiges nicht die Zustellwirkung, da einer solchen zusätzlichen Mitteilung ein reiner Service-Charakter zukommt (vgl. Ritz, aaO).

Dass der elektronisch zugestellte Einkommensteuerbescheid 2018 in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf gelangte, wird insofern außer Streit gestellt, als der Bf vorbrachte, keine Verständigung erhalten zu haben, als der Bescheid in seiner Databox einlangte.

Von einer Nichtzustellung des Einkommensteuerbescheides kann somit keine Rede sein.

Entsprechend den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung stellt der Säumniszuschlag iSd § 217 BAO eine objektive Säumnisfolge dar, wobei die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, grundsätzlich unbeachtlich sind (/13/0054).

Aufgrund der zwingenden Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Betrages zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100902.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at