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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2020, RV/7104684/2019

Ernsthaft betriebenes Studium, wenn über längere Zeit erkrankt?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der A B, Adresse, vom , eingereicht am , gegen den Bescheid des Finanzamts Neunkirchen Wr. Neustadt, 2700 Wiener Neustadt, Grazerstraße 95, vom , wonach zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.657,40) und Kinderabsetzbetrag (€ 525,60) für die im Oktober 1996 geborene C B für den Zeitraum Dezember 2017 bis August 2018 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurückgefordert werden, Sozialversicherungsnummer X, Gesamtbetrag der Rückforderung € 2.183,00, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheides wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Rückforderungsbescheid

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom von der Beschwerdeführerin (Bf) A B zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 1.657,40) und Kinderabsetzbetrag (€ 525,60) für die im Oktober 1996 geborene C B für den Zeitraum Dezember 2017 bis August 2018 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurück (Gesamtbetrag der Rückforderung € 2.183,00) und gab zur Begründung an:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Eine vollständige Studienbehinderung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (z. B. bei Krankheit) oder ein nachgewiesenes Auslandsstudium während des im Inland betriebenen Studiums verlängern die vorgesehene Studienzeit.

Eine Verlängerung der Studienzeit erfolgt nur semesterweise, wobei eine Verlängerung nur möglich ist, wenn die Studienbehinderung pro Semester mindestens drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Zu B C:

Da die Verletzungen bereits vor Studiumbeginn bestanden, musste spruchgemäß entschieden werden.

Im elektronischen Akt des Finanzamts sind dazu folgende Unterlagen (teilweise nach Bescheiderlassung zum Akt genommen) vorhanden:

Bestätigung FSJ

Eine Bestätigung des Vereins zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste vom (ohne Unterfertigung), dass C B in der Zeit vom bis einschließlich das Freiwillige Sozialjahr gemäß Freiwilligengesetz (in der Fassung BGBl. I Nr. 156/2017) absolviert und die unterschriebene Vereinbarung vom .

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt richtete an die Bf am ein Ergänzungsersuchen mit folgender Frage:

Ist C im 1. Studienjahr für das Studium A033 645 zu Prüfungen (auch wenn negativ) angetreten? JA/NEIN

Wenn ja, bitte Nachweis darüber übermitteln.

Beantwortung und Antragstellung vom

Daraufhin gab die Bf mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingelangt am , bekannt:

Zuerkennung Familienbeihilfe für meine Tochter C B (VSNR: Y)

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die weitere Zuerkennung von Familienbeihilfe für meine Tochter C B.

Betreff ihres Schreiben vom .

Ist C im 1. Studienjahr für das Studium A033 645 zu Prüfungen angetreten?

Antwort: NEIN

Begründung: C konnte aus medizinischen Gründen bezüglich einer schweren Verletzung am rechten Knie und einer Operation im AKH keine Prüfungen in diesem Studienjaher ablegen.

Es kam zu einer Studienbehinderung infolge einer unvorhergesehenen Krankheit.

C hatte eine schwere Verletzung im rechten Knie und dadurch mehrere ambulante Aufenthalte im Krankenhaus (Landesklinikum Neunkirchen) und musste sich am einer Operation im AKH unterziehen.

Eine Dokumentaion der Aufenthalte und Patientbrief liegt bei.

C leistet dzt. ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) für welches Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Ich ersuche daher höflichst auf die weitere Zuerkennung der Familienbeihilfe und auf Nachzahlung ab dem Oktober 2018.

Beigefügt waren:

1. Befundbericht Dr. F G

2. Überweisung Landesklinikum Neunkirchen

3. Ambulanzkarte Landesklinikum Neunkirchen

4. Ambulanzbesuch Plast.Chir. Ambulanz v.

5. Patientenbrief AKH: Operation am

6. Bestätigung für FSJ

Am stellte Dr. F G folgende Diagnose:

Skoliose; adoleszent, idiopathisch; lumbal re konvex

Beinverkürzung; re; 1cm

Z.n.; Knochenmarködem med. Femurkondyl; Knie; re; 4/13

Z.n.; Patellaluxation 09 mit OD lat. Femurkondyl; Knie; li; + AS mit Lavage

und Debridement UC WN

Z.n. Knochenmarködem distale Femurmetaphyse rechts

suspektes Ganglion medialer Femurcondyl DD: vaskuläre Malformation

Eine Überweisung an die Orthopädie Neunkirchen erfolgte mit dem Ersuchen um Vormerkung für folgende Operation erbeten:

Ganglionentfernung med. Femurcondyl rechts, suspektes Ganglion medialer Femurcondyl DD: vaskuläre Malformation

Aus der Ambulanzkarte des Landesklinikums Neunkirchen ergibt sich:

Diagnose:

Knieschmerzen rechts unklarer Genese

Vd. auf vaskuläre Malformation im Vastus medialis Bereich rechts

Z.n. Kniearthroskopie links

Therapie + Procedere:

Befundbesprechung, Rücksprache mit den Radiologen im Haus, Befunderklärung. Die Weichteilraumforderung ohne Progredienzzeichen soll wegen einer Gefäßalteration abgeklärt werden. In dieser Hinsicht wurde eine Vorstellung in der radiologischen Abteilung im AKH vorgeschlagen mit den aktuellen Befunden. Falls wie vermutet die vaskuläre Herkunft bestätigt wird, dann sollte man eine vaskuläre Intervention auch in Erwägung ziehen. Diese Möglichkeit besteht bei uns im Haus nicht. Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass die Weichteilraumforderung keine Bewegungsapparat bedingte zystische Veränderung, sondern eine Gefäßläsion ähnliche Veränderung ist.

Der Wiener Krankenanstaltenverbund, Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien - Medizinischer Universitätscampus, berichtete nach einem Ambulanzbesuch am über einen stationären Aufenthalt am :

Aufnahmegrund

Die Aufnahme der Patientin erfolgte aufgrund einer Gefäßmalformation im Bereich des rechten Knies, zur ersten Sklerotherapie.

Diagnosen bei Entlassung

D18.0 Hämangiom, jede Lokalisation

Durchgeführte Maßnahmen

Intervention in Sedoanalgesie (fecit OA Dr. H / Interventionelle Radiologie) am :1. Sklerotherapie Knie rechts

Weitere empfohlene Maßnahmen

Ein Kontrolltermin in der Ambulanz für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie/Leitstelle 7C, soll nach telefonischer Rücksprache unter 01 40400 / 69060 in ca. 14 Tagen erfolgen. Wir empfehlen weiterhin körperliche Schonung und ein Coolpack aufzulegen. Lovenox soll noch bis inklusive verabreicht werden, eine Lovenox-Schulung der Patientin hat stattgefunden: ein Rezept wurde der Patientin ausgehändigt.

Bei Schmerzen kann Mexalen 500mg (rezeptfrei) bis zu 4x tgl eingenommen werden.

Die Patientin wurde über die postinterventionellen Verhaltensempfehlungen genauestens aufgeklärt und dass bei Bedarf eine Kontrolle an unserer Ambulanz der Klinischen Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie/Leitstelle 7C, zu den üblichen Ambulanzzeiten, oder an der Notfall-Ambulanz/Leitstelle 6D jederzeit in Anspruch genommen werden kann.

Zusammenfassung des Aufenthalts

Nach eingehender Aufklärung durch die Kollegen der Radiologie und präinterventioneller Vorbereitung fand am o.g. Eingriff komplikationslos statt.

Der intra- und postinterventionelle Verlauf gestaltete sich unauffällig, sodass wir Frau B am in gutem Allgemeinzustand in die ambulante Weiterbehandlung entlassen können. ...

Der Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste bestätigte am (unterschrieben), dass C B in der Zeit vom bis einschließlich das Freiwillige Sozialjahr gemäß Freiwilligengesetz (in der Fassung BGBl. I Nr. 156/2017) absolviert.

Beschwerde

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt am persönlich überreicht, legte die Bf Beschwerde gegen den Bescheid vom ein und führte in dieser aus:

Begründung der Rückforderung für FB:

„Da die Verletzungen bereits vor Studiumbeginn bestanden, musste spruchgemäß entschieden werden."

Diese Begründung ist aus folgenden Gründen unzulässig:

Wenn der Leistungsnachweis nach dem ersten Studienjahr nicht vollständig erbracht wird, ist eine Rückzahlung der bezogenen Familienbeihilfe grundsätzlich nicht vorgesehen!

Wenn aber aus den Umständen hervorgeht, dass ein ernsthaftes Studium gar nicht vorliegt (z.B, Abmeldung zwei Monate nach der Zulassung, keine einzige Prüfung absolviert), ist es nicht ausgeschlossen, dass das Finanzamt die Familienbeihilfe zurückfordert.

Es lag aber keine Abmeldung vor und es kam in der Anspruchsdauer der Familienbeihilfe zu einem unabwendbarem Ereignis welches zu einer Behinderung im Studien- und Prüfungsbetrieb führte, die es der einzelnen Studierenden ohne ihr Verschulden unmöglich machte, den Studienabschnitt in der vorgesehenen Zeit zu absolvieren.

Die maßgeblichen Umstände für eine krankheitsbedingte Studienbehinderung wurden durch geeignete Beweismittel, dh. durch schlüssige ärztliche Bestätigungen, glaubhaft gemacht.

Der Krankheitsverlauf war zum Zeitpunkt des Studiumbeginns nicht vorhersehbar und die Verschlechterung des Krankheitsbildes ergab sich erst in weiterer Folge, in der das Studium schon ernsthaft betrieben wurde.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz und ist sachlich nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig und würde eine Diskriminierung einer erkrankten Studentin bedeuten.

Ich beantrage die Aufhebung des oben genannten Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides, in der die Anrechnung der zu Unrecht bezogenen Beträge aufgehoben wird.

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt richtete am ein Ergänzungsersuchen an die Bf, wonach um Vorlage eines  Studienblatt/Studienbuchblatt von C (aktuell) falls weiterhin eine Studienmeldung vorliegt, ersucht und gefragt wurde, ob das Studium nach Absolvierung des Freiwilligen Sozialen Jahres fortgesetzt werde.

Mitteilung vom

Dazu gab die Bf gab mit Schreiben vom bekannt:

Studienblatt / Studienbuchblatt von C (aktuell):

  • C hat sich am vom Bachelorstudium Bildungswissenschaft abgemeldet. Abgangsbescheinigung ist beigefügt.

  • Wird das Studium nach Absolvierung des Freiwilligen Sozialen Jahres fortgesetzt:
    C wird ab September 2019 an der FH Eisenstadt den BA Studiengang Soziale Arbeit absolvieren. Die beiden Aufnahmerunden wurden schon positiv absolviert. Dzt. fehlt noch die offizielle Aufnahmebestätigung. Die e-mail von der FH Eisenstadt zur Einladung in Runde 2 ist beigefügt.

Folgende Beilagen waren beigefügt:

Laut Abgangsbescheinigung der Universität Wien vom  begann C B am  das Bachelorstudium Bildungswissenschaft A 033 645 und beendete es am . Das Studium habe das Wintersemester 2017 und das Sommersemester 2018 umfasst.

Die Fachhochschule Burgenland schrieb an C D am , von dieser an E B am weitergeleitet, dass sie die erste Runde im Aufnahmeverfahren für den BA-Studiengang Soziale Arbeit positiv durchlaufen habe und sie zur zweiten Runde eingeladen werde. Eine weitere E-Mail vom betrifft den Aufnahmetest vom . Laut Schreiben vom an C B, Adresse, wurde dieser ein Studienplatz für das Studienjahr 2019/2020 zugewiesen (Studienbeginn ).

Beschwerdevorentscheidung

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom  als unbegründet ab:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gütigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeitraum nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Eine vollständige Studienbehinderung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (z. B. bei Krankheit) während des betriebenen Studiums verlängern die Studienzeit.

Laut vorgelegter Arztbestätigung wurde eine Erkrankung Ihrer Tochter vor Studienbeginn nachgewiesen (Befundbericht Orthopraxis vom ).

C war im Wintersemester 2017/18 und Sommersemester 2018 für das Bachelorstudium Bildungswissenschaft an der UNI Wien gemeldet. Während des Studiums wurden laut Ihren Angaben und laut Studiendatei keine Prüfungen abgelegt. Es wurde bekanntgegeben, dass aufgrund der Krankheit der Leistungsnachweis nicht erbracht werden konnte.

Da die Erkrankung von C bereits vor Studienbeginn bestand, erfolgte keine krankheitsbedingte Unterbrechung der Ausbildung.

Während des Studiums von 10/2017 bis 09/2018 wurden keine Prüfungen abgelegt, ein ernsthaftes zielstrebiges Studium konnte nicht nachgewiesen werden. Die bloße Inskription ist für den Bezug der Familienbeihilfe nicht ausreichend.

Die Beschwerde war abzuweisen.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf nachweislich am zugestellt.

Vorlageantrag

Die Bf stellte mit Schreiben vom , beim Finanzamt am persönlich überreicht, Vorlageantrag:

Beschwerdevorentscheidung vom

Antrag zur Vorlage zur Entscheidung der Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgericht

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde meine Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Begründung der Abweisung der Beschwerde (lt. Beschwerdevorentscheidung vom ) Da die Erkrankung von C bereits vor Studienbeginn bestand, erfolgte keine krankheitsbedingte Unterbrechung der Ausbildung.

Begründung weshalb diese Ausführung nicht zu einer Rückforderung der Familienbeihilfe führen darf:

Der Krankheitsverlauf war zum Zeitpunkt des Studiumbeginns nicht vorhersehbar und die Verschlechterung des Krankheitsbildes ergab sich erst in weiterer Folge, in der das Studium schon ernsthaft betrieben wurde.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz und ist sachlich nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig und würde eine Diskriminierung einer erkrankten Studentin bedeuten.

Weiters verweise ich auf die Ausführungen in meiner Beschwerde und beantrage diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Als Alternativvorschlag würde ich auch folgende Regelung in Betracht ziehen.

Verlängerung der Frist der Nachweiserbringung des Studiums um 2 Semester. C wird ab dem Sommersemester 2019 an der FH in Eisenstadt das Studium Soziale Arbeit absolvieren. Wenn nach dem ersten Semester die erforderlichen ECTS Punkte und die Nachweise der absolvierten Prüfungen dem Finanzamt vorgelegt werden wird die einbehaltene Familienbeihilfe inkl. KAB lt. Bescheid vom in der Höhe von 2183€ rückerstattet.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dazu wurde ausgeführt:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Familienbeihilfe (Zeitraum: 12.2017-08.2018)

Zusatzdokumente Bescheide

3 Zusatzdokumente Bescheide

Antrag / Anzeige an die Behörde

4 Antrag

Beschwerdevorentscheidung

5 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

6 Vorlageantrag

Vorgelegte Aktenteile

7 Beilagen

Bezughabende Normen

§ 2 Abs. 1 lit.b FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Die Tochter hat die Ausbildung Psychotherapeutisches Propädeutikum am erfolgreich bestanden.

Im Wintersemester 17/18 und im Sommersemester 18 war sie zum Studium Bildungswissenschaft angemeldet.

Es wurden laut Kindesmutter keine Prüfungen abgelegt, da es der Tochter krankheitsbedingt nicht möglich war.

C absolvierte von 9/18 bis 7/19 ein freiwilliges soziales Jahr.

Beweismittel:

Befundberichte vom und ärztliche Bestätigungen

Stellungnahme:

Das Finanzamt vertritt die Meinung, dass für den Zeitraum 12/17 bis 8/18 kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, da die Krankheit bereits vor Beginn des Studiums vorlag und daher keine Ausbildung unterbrochen wurde.

Ebenso wurden keine Prüfungen abgelegt, die ein ernsthaftes zielstrebiges Studium nachweisen.

E-Mail vom

Mit E-Mail vom teilte die Bf der Richterin mit:

Ich würde ihnen gerne einen zusätzlichen Nachweis (wie in meinen Schreiben „Beschwerdevorentscheidung vom “ als Alternativvorschlag angeführt) übermitteln.

Anhang: Bestätigung des Studienerfolges im WS 2019 an der Fachhochschule Burgenland

Ich möchte dadurch zum Ausdruck bringen, dass meine Tochter C alle ihre Ausbildung immer ernsthaft und mit guten und ausgezeichneten Erfolgen absolviert hat und sich durch die Krankheit leider im Wintersemester 2017/18 und Sommersemester 2018 der Nachweis des Studienerfolges nicht ausging.

Grundsätzlich hat mich unsere dztige finanzielle Situation (mein Gatte in Kurzarbeit) veranlasst, diesen aktiven Schritt noch zu setzen, da es sich um Forderungen in der Höhe von 2183€ handelt.

Für ihre Bearbeitung meines Aktes bedanke ich mich sehr herzlich im voraus und stehe ihnen auch gerne persönlich per e-mail oder telefonisch für weitere Auskünfte zur Verfügung.

[...]

Bleiben sie gesund.

A B

Beigefügt war eine Bestätigung der Fachhochschule Burgenland GmbH über den Studienerfolg vom . C B hat im Studiengang Soziale Arbeit Lehrveranstaltungen im Umfang von 30 ECTS erfolgreich besucht. Der Vorlagebericht des Finanzamts war ebenfalls der Mail beigefügt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf A B ist die Mutter der im Oktober 1996 geborenen C B. Die Tochter schloss das Psychotherapeutische Propädeutikum, die erste der zwei Phasen zur Ausbildung zur Psychotherapeutin, am erfolgreich ab.

Am wurde bei der Tochter ein suspektes Ganglion diagnostiziert. Am und am kam es zu Ambulanzbesuchen, am  wurde eine Operation durchgeführt. Am wurde von der Tochter, zunächst parallel zur Psychotherapeutinnenausbildung, das Bachelorstudium Bildungswissenschaft A 033 645 begonnen und am beendet. Das Studium umfasste das Wintersemester 2017 und das Sommersemester 2018.

Von bis absolvierte die Tochter ein Freiwilliges Sozialjahr. Seit studiert die Tochter an der Fachhochschule Burgenland den Bachelorstudiengang Soziale Arbeit. Im ersten Semester wurden Lehrveranstaltungen von 30 ECTS nachgewiesen.

Im Bachelorstudium Bildungswissenschaft wurden keine Prüfungen abgelegt und trat die Tochter auch nicht zu Prüfungen an.

Die Tochter war auf Grund ihrer schweren Erkrankung während des Bachelorstudiums gesundheitlich beeinträchtigt. Der Krankheitsverlauf war zum Zeitpunkt des Studienbeginns nicht vorhersehbar und die Verschlechterung des Krankheitsbildes ergab sich erst in weiterer Folge, in der das Studium schon ernsthaft betrieben wurde.

Die Diagnose wurde wenige Tage vor Studienbeginn gestellt. Während des Wintersemesters 2017 erfolgten Untersuchungen, im Sommersemester 2018 wurde eine Operation vorgenommen. Soweit es der Tochter gesundheitlich möglich war, hat sie das Studium Bildungswissenschaften ernsthaft betrieben. Da sie durch ihre Erkrankung in beiden Semestern erheblich am Lernen gehindert war, ist sie letztlich zu keinen Prüfungen angetreten.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage. Sie sind nicht strittig.

Ob die unstrittige gesundheitliche Beeinträchtigung rechtlich von Bedeutung ist, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu prüfen. Dass die Tochter Berufsausbildungen ernsthaft betreibt, ergibt sich aus dem positiven Abschluss der ersten Phase der Ausbildung zur Psychotherapeutin und dem erfolgreichen ersten Semester an der Fachhochschule Burgenland mit 30 ECTS.

Das Gericht hält es daher für erwiesen, dass die Tochter auch im Bachelorstudium Bildungswissenschaften zu Prüfungen angetreten wäre und diese bestanden hätte, wäre nicht die schwere Verletzung mit entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen gewesen.

Rechtsgrundlagen

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ im Zeitraum 2007 - 2013.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungs­pflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchs­voraussetzungen für den Leistungs­bezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Melde­pflicht gemäß § 25 FLAG 1967 ), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfen­bezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungs­pflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchs­voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag muss demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist daher zu prüfen, ob die Bf im Zeitraum Dezember 2017 bis August 2018 (zwischen Beendigung des Psychotherapeutischen Propädeutikum am und Beginn des Freiwilligen Sozialjahrs am ) Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihre Tochter hatte.

Mögliche Anspruchstatbestände

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 steht Familienbeihilfe unter für Studenten näher im Gesetz ausgeführten Bedingungen zu "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist".

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 steht Familienbeihilfe zu "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird".

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 steht Familienbeihilfe zu "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird."

Ernsthaftes Studium

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Weitere Voraussetzungen sind dem FLAG nicht zu entnehmen. Bei Abbruch des Studiums nach dem ersten Studienjahr ist demnach kein Prüfungs­nachweis erforderlich (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 59).

Es wird zwar der Begriff des Studiums nach dem StudFG jeweils durch die Inskription bestimmt (vgl. u.v.a), allerdings wird das in § 2 FLAG 1967 geforderte Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch die Ausbildung, bezogen auf ein Universitätsstudium, nicht mit der bloßen Inskription erfüllt. Erforderlich ist, dass das Studium tatsächlich in einem bestimmten Ausmaß ernsthaft betrieben wird (vgl. zu AlVG). Wird über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt, liegt keine Berufs­ausbildung vor (vgl. ).

Daher genügt die Inskription als reiner Formalakt nicht; der Besuch von Lehrveranstaltungen ist auch in den ersten beiden Semestern eines Studiums essentielle Voraussetzung dafür, dass von einer Berufsausbildung gesprochen werden kann (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 59.; ; ).

Das Finanzamt hält im vorliegenden Fall die erwiesene schwere Erkrankung der Tochter deswegen nicht von Bedeutung, da sie einige Tage vor Studienbeginn diagnostiziert worden ist und daher keine Unterbrechung einer Ausbildung vorliege.

Dazu ist zu festzustellen, dass das Gesetz in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur davon spricht, dass die Studienzeit durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit)" verlängert wird, aber nicht darauf abstellt, wann dieses eingetreten ist. Im gegenständlichen Fall geht es nicht um eine Verlängerung der Studienzeit, sondern darum, ob die Tochter wegen ihrer schweren Erkrankung nicht zu Prüfungen im ersten Studienjahr angetreten ist.

Da, wie ausgeführt, das Gesetz das positive Ablegen von Prüfungen im ersten Studienjahr für den Familienbeihilfeanspruch für das erste Studienjahr nicht fordert, ist hier ein anderer Maßstab als etwa bei einer Verlängerung der Studienzeit anzulegen. Das Gericht hält es, wie bei der Beweiswürdigung festgehalten, für glaubhaft, dass die Tochter nach Maßgabe ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung das erste Studienjahr ernsthaft betrieben hat.

Die Tochter ist, wie sich aus ihren Ausbildungsverläufen ergibt, keine "Bummelstudentin", sondern hat sowohl die Ausbildung vor dem Bachelorstudium als auch die Ausbildung nach dem Bachelorstudium jeweils ernsthaft betrieben. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch im Bachelorstudium Lehrveranstaltungen besucht wurden und von der Tochter gelernt wurde, es sich aber krankheitsbedingt nicht zu einem Prüfungsantritt ausgegangen ist. Gegenteilige Feststellungen, etwa durch Einvernahme der Tochter (vgl. ) hat das Finanzamt nicht getroffen.

Das Bundesfinanzgericht stellt nicht fest, dass die Tochter über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt hat. Daher steht der Bf für den Beschwerdezeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu.

Keine Rückforderung

Da die Bf im Beschwerdezeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hat, sind die bereits ausgezahlten Beträge für diesen Zeitraum nicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzufordern.

Aufhebung des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit behaftet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO aufzuheben.

Keine Zulassung einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Tatfrage, ob ein Studium ernsthaft betrieben wurde, ist einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19 -Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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