Bewertung eines Wohnungsrechtes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Dr-L, öffentlicher Notar in A, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde, Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, vom , Erf.Nr. 2012, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Mit Notariatsakt vom schloss die Beschwerdeführerin (kurz: Bf), als Übernehmerin, mit ihren Eltern, die Übergeber, einen Übergabsvertrag ab.
Darin übergaben die Eltern die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ-1 KG D bestehend aus den Grundstücken
1241 Landwirtschaftlich genutzt mit 516 m²,
1242 Baufläche (Gebäude, 315 m²), Baufläche (Gebäudenebenflächen, 15 m²), Garten mit 226 m², mit insgesamt 556 m², dem darauf errichteten Haus mit der Grundstücks-Adresse Straße-1,
1243 Landwirtschaftlich genutzt mit 271 m²
samt dem unabtrennbaren Anteilsrecht des Grundstückes 1242 zur Hälfte am gemeinsamen Weg Grundstück Nr. 1240 in EZ-2.
Als Entgelt verpflichtete sich die Übernehmerin - neben einem Belastungs- und Veräußerungsverbot - nachstehende Rechte einzuräumen (vgl. VP. Zweitens):
"a) Die Dienstbarkeit des lebenslangen, unentgeltlichen und höchstpersönlichen Wohnungsgebrauchsrechtes im gesamten Haus D, Straße-1, bei jederzeit freiem Zugang sowie Aufenthalt und Nutzung des Gartens sowie dem Recht, im genannten Haus jederzeit Besuche zu empfangen und nahe Angehörige kurzfristig zu beherbergen.
Im Falle des Ablebens eines Elternteiles steht dem Überlebenden das Wohnungsrecht in uneingeschränktem Maße zu;
hingegen haben die Übergeber die Hausliegenschaft weiterhin zu erhalten und sämtliche Betriebskosten zu bezahlen, solange sie das Wohnungsrecht tatsächlich ausüben und nicht etwa alters- oder krankheitsbedingt ihren Wohnsitz in ein Heim verlegen;"
Unter VP. "Sechstens: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN" wurde für Finanzzwecke festgestellt, der dreifache Einheitswert der Übergabsobjekte € 42.000,00 beträgt, während die in Punkt "Zweitens" vereinbarten Leistungen in Hinblick auf das Lebensalter der Berechtigten mit insgesamt € 30.808,00 zu bewerten seien.
Die Grunderwerbsteuer wurde auf Basis des dreifachen Einheitswertes selbstberechnet.
Beim selbstberechnenden Notar fand eine Außenprüfung gemäß § 149 Abs. 1 BAO statt. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass das Wohnrecht zu niedrig bewertet worden sei und den dreifachen Einheitswert übersteigen würde.
Bei einer Nutzfläche von 140 m² und einem Quadratmeterpreis von € 4,70 würde sich ein monatlicher Wert von € 658 und ein gesamter Barwert der Rente von € 116.985,59 ergeben.
Das Finanzamt schloss sich dieser Ansicht an und setzte für die beiden Erwerbsvorgänge von den Eltern, abhängig vom jeweiligen Lebensalter, in zwei Bescheiden unter Anrechnung des selbstberechneten Betrages die Grunderwerbsteuer entsprechend fest (Bescheide vom ).
Begründet wurde dies gleichlautend auszugweise wie folgt:
" ……...
Der Bemessung wurde das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung zugrunde gelegt.
Die Festsetzung erfolgte im Hinblick auf die unrichtige Selbstberechnung.
Die Grunderwerbsteuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Bei der Bewertung von nicht in Geld bestehenden Leistungen, wie von Nutzungs- oder Gebrauchsrechten, sind Werte zugrunde zu legen, die jene vom Bundesministerium für Finanzen für das Bundesgebiet (Bundesgesetzblatt: Richtwerte nach dem Richtwertgesetz) nicht unterschreiten dürfen.
Die Bemessungsgrundlage wurde wie folgt ermittelt:
Wohnnutzfläche 140 m² x Richtwert für das Burgenland € 4,70 = € 658,--.
……….."
Innerhalb offener Frist wurden Beschwerden erhoben und im Wesentlichen gleichlautend für beide Verfahren wie folgt vorgebracht (Anmerkung: Die unterschiedlichen betragsmäßigen Auswirkungen für den anteiligen Erwerb von der Mutter werden in Klammer dargestellt):
"In der Begründung des bekämpften Bescheides wurde ausgeführt, dass die Bemessungsgrundlage bei einer Wohnnutzfläche von 140 m2 mit dem Richtwert für das Burgenland per € 4,70 pro Quadratmeter und Monat, sohin mit dem Betrag von € 658,00 monatlich anzusetzen sei; dies ergäbe unter Berücksichtigung des Lebensalters des Berechtigten (der Vater) den Wert von € 41.499,71 (beim Erwerb von der Mutter: € 75.485,88).
Dieser Annahme ist entgegenzuhalten, dass die Heranziehung des Richtwertes für Mietzinse betreffend Orte des Südburgenlandes weit überhöht ist. Der Richtwert von € 4,70 pro Quadratmeter und Monat mag für Orte in den Bezirken Neusiedl, Eisenstadt und Mattersburg zutreffen, keinesfalls jedoch für Gemeinden im Bezirk X. Verwiesen wird z.B. auf den Mietvertrag vom , Selbstberechnung FA-Nr. 10, St-Nr (Vertragskopie beigeschlossen), welcher für den Bezirksvorort X einen monatlichen Hauptmietzins von € 400,00/m2 bei einer Wohnnutzfläche von brutto 180 m2 aufweist. Dies ergibt einen Quadratmeterpreis von € 2,22 pro Monat.
Weiters wird auf das Sachverständigengutachten des Ing-W, X, vom verwiesen, welcher für ein Haus in der Gemeinde …. G (Bezirk X) im Rahmen der Ertragswertberechnung bei einer Bruttowohnnutzfläche von 224 m2 und einem Ertrag von € 700,00 pro Monat, einen Quadratmeterpreis von € 3,125 errechnet. (Gutachten anonymisiert und auszugsweise beigeschlossen)
Bereits aus diesen Beispielen ist zu ersehen, dass das Finanzamt von einer überhöhten Bemessungsgrundlage ausging.
Schon der Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Linz, hat in seiner Berufungsentscheidung vom , GZ RV/1348-L/09 zur Bewertung von einem Wohnungsgebrauchsrecht ausgeführt: 'Als Wert eines Wohnrechtes ist ein Wert anzusetzen, der auch unter Fremden im Fall einer Vermietung zu erzielen ist. Maßstab für die Bewertung des Wohnrechtes ist sohin der ortsübliche Mietzins am Verbrauchsort, den der Begünstigte als Miete aufwenden müsste, um in der gegenständlichen Wohnung wohnen zu können. Eine gesetzliche Grundlage für die Berechnung eines angemessenen Zinses findet sich im Richtwertgesetz 1993. § 2 Abs. 1 RichtwertG definiert eine mietrechtliche Normwohnung als Wohnung mit einer Nutzfläche zwischen 30 und 130 m2 in brauchbarem Zustand ... Der Richtwert kann durchaus als Orientierungshilfe für die Bewertung dienen. Der Richtwert ist jedoch nicht generell gültig sondern als Durchschnittswert durch Zu- und Abschläge an die tatsächlichen
Verhältnisse anzupassen.'
Die Annahme des Finanzamtes einer Wohnnutzfläche im gegenständlichen Haus von 140m² zeigt, dass es sich dabei um keine 'Normwohnung' handelt, sodass die Anwendung des Richtwertes problematisch erscheint, zumal erfahrungsgemäß der Quadratmeterpreis mit Zunahme der Wohnungsgröße sinkt.
Aus den oben genannten Beispielen jüngeren Datums ist zu ersehen, dass sich die Quadratmeterpreise für Mieten in Häusern mit einer Wohnnutzfläche von über 130 m2 im Bezirk X, sohin auch in der Gemeinde D, zwischen € 2,22 und € 3,125 bewegen.
Bei einem realistischen Quadratmeterpreis in der Gemeinde D von höchstens € 3,00 pro Quadratmeter und Monat ergäbe das unter Anwendung der sog. Verbindungsrentenberechnung eine Bemessungsgrundlage von € 26.489,18 (beim Erwerb von der Mutter: € 48.182,47) und eine zwei prozentige Grunderwerbsteuer von € 529,78 (beim Erwerb von der Mutter: € 963,58); unter Berücksichtigung der seinerzeit eingezahlten Grunderwerbsteuer von € 420,00, beliefe sich der Nachforderungsbetrag auf € 109,78 (beim Erwerb von der Mutter: € 543,58) und nicht, wie vom Finanzamt gefordert, € 409,99 (beim Erwerb von der Mutter: € 1.089,72)."
Das Finanzamt wies die Beschwerden mit zwei Beschwerdevorentscheidungen ab und führte begründend aus:
"Laut GrEStG 1987 ist bis die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer als der Grundstückswert ist, dann ist der Wert des Grundstückes (das Dreifache des Einheitswertes) die Bemessungsgrundlage. Eine in Sachwerten bestehende Leistung ist nach dem Wert zu beurteilen, den sie objektiv gesehen für den Leistungsempfänger hat.
Solche Sachleistungen sind nicht vom subjektiven Standpunkt des Leistenden zu beurteilen. Der Wortlaut des Gesetzes 'ortsübliche Mittelpreise' weist darauf hin, dass der Wert nach einem objektiven Maßstab zu ermitteln ist, d.h. dass der Geldbetrag errechnet werden muss, den der Leistungsempfänger aufwenden müsste, um sich die Leistungen am Verbrauchsorte zu beschaffen.
Bei der Bewertung von nicht in Geld bestehender Leistungen, wie von Nutzungs- oder Gebrauchsrechten, sind Werte zugrunde zu legen, die jene vom Bundesministerium für Finanzen für das Bundesgebiet (Bundesgesetzblatt: Richtwerte nach dem Richtwertgesetz) nicht unterschreiten dürfen. Die Richtwerte sind zwar auf die mietrechtliche Normwohnung mit einer Nutzfläche zwischen 30 und 130 m2 abgestimmt, die Bewertung eines Wohnungsrechtes an einem Haus samt Garten kann aber nicht niedriger bewertet werden. Aktuelle Angebote an Häuservermietungen im Raum D zeigen das Gegenteil. Durchschnittliche Nettomiete pro m2 = € 6,34. Aus diesem Grunde war die Beschwerde abzuweisen."
Fristgerecht wurden dagegen Anträge gestellt, die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde auf die von der Bf schon in der Beschwerde vorgelegten Unterlagen, nämlich Vertragskopie Steuernummer 10-042 (Mietvertrag in der Gemeinde X) und vor allem nicht auf ein aus dem heurigen Jahr stammendes Gutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ing-W, X, vom , eingehen würde, welcher betreffend einen von D ca. 10 km entfernten Ort, nämlich G, für ein Einfamilienhaus einen monatlichen Quadratmeterpreis von € 3,125 errechnete. Dass die Behörde den Einwand in der Berufung übergehen würde, dass es sich bei dem Haus mit einer Nutzfläche von 140 m2 eben um keine 'Normwohnung' handle, unterstreicht den Eindruck, dass sich die Behörde mit den in der Berufung vorgebrachten Einwänden überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Dass das Richtwertgesetz selbst bloß Durchschnittwerte festlegt und darüber hinaus sehr wohl Zu- und Abschläge für Lage, Größe des Objektes, Verkehrsanbindung etc. vorsieht, würde von der Behörde gleichfalls negiert werden. Be D handle es sich um eine Gemeinde mit rund 1 500 Bewohnern und geringer Infrastruktur, Umstände, die naturgemäß auch auf den Immobiliensektor und auf erzielbare Mietzinse negativ durchschlagen würden.
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerden und die entsprechenden Teile des Verwaltungsaktes (siehe Aktenverzeichnissse) an das Verwaltungsgericht vor (Berichte vom ).
II. Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Sachverhalt, Beweiswürdigung
Die Eltern übergaben der Bf ein Grundstück in D mit darauf befindlichem Haus samt Nebengebäuden im Gesamtausmaß von 1.343 m². Zu dem Grundstück gehört ein unabtrennbares Anteilsrecht am Grundstück Nr. 1240 (Weg), das gemeinsam mit dem Nachbargrundstück ausgeübt wird.
Die Übergeber behalten sich ob dem Grundstück das lebenslange Wohnungsgebrauchsrecht vor.
Beide Verfahrensparteien gehen in ihren Schriftsätzen übereinstimmend davon aus, dass das Gebäude auf dem vertragsgegenständlichen Grundstück eine Wohnnutzfläche von 140 m² hat.
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die im Verwaltungsakt des Finanzamtes befindlichen Unterlagen samt dem damit im Einklang stehenden Vorbringen des Bf in seinen Schriftsätzen.
Rechtslage
Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ua. die folgenden Rechtsvorgänge:
1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Der Erwerbsvorgang wurde im Oktober 2012 verwirklicht, weshalb die Rechtslage bis anzuwenden ist.
§ 4 GrEStG idF BGBl. I Nr. 135/2009 hatte auszugsweise nachstehenden Wortlaut:
" (1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,
1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes,
……….."
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf, der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Als Wert des Grundstücks ist, wenn kein geringerer gemeiner Wert nachgewiesen wird, der dreifache Einheitswert anzusetzen (vgl. § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG idF BGBl. I Nr. 142/2000).
Im Zuge der Vertragserrichtung und Selbstberechnung wurde angenommen, dass die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen geringer als der Wert des Grundstücks (im konkreten Fall € 42.000) sind, weshalb die Grunderwerbsteuer nach dem dreifachen Einheitswert berechnet und abgeführt wurde.
Die Prüferin war der Ansicht, dass das lebenslange Wohnungsgebrauchsrecht zu gering bewertet wurde, weshalb die Abgabe von der Gegenleistung zu bemessen sei.
Strittig ist daher der Wert des vorbehaltenen Wohnrechtes.
Erwägungen
Ist die Steuer von der Gegenleistung zu erheben (vgl. § 4 Abs 1 GrEStG ), ist diese Gegenleistung nach den Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 2 - 17 BewG ) zu bewerten (§ 1 Abs. 1 BewG ; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 GrEStG 1987, Rz 22 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kosten, Waren und sonstige Sachbezüge), sind gemäß § 17 Abs. 2 BewG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Eine vergleichbare Bestimmung enthält § 15 Abs. 2 EStG 1988 . Der übliche Mittelpreis am Verbrauchsort ist der Betrag, den der Empfänger der Sachbezüge am Verbrauchsort hätte aufwenden müssen, um sich die Güter und Leistungen im freien Wirtschaftsverkehr zu beschaffen. Der übliche Mittelpreis ergibt sich - als Preis, den der Steuerpflichtige aufwenden müsste, um das, was ihm als Sachbezug zukommt, käuflich zu erwerben - aus der Marktsituation. Als Verbrauchsort ist jener Ort anzusehen, an dem der Verbrauch stattfindet. Als Verbrauchsort sind (auch) größere Gebiete mit annähernd gleicher Marktsituation zu verstehen (VfSlg 5333/1966; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 GrEStG 1987, Rz 28 Absatz 1 und 2).
Der Bewertung nicht in Geld bestehender Leistungen, wie von Nutzungs- oder Gebrauchsrechten, können Werte zugrunde gelegt werden, die jene der Verordnung über die Werte bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung BGBl. II 416/2001 idgF) nicht unterschreiten dürfen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 GrEStG 1987, Rz 28 Absatz 3 unter Hinweis auf 010206/0099-VI/5/2013).
Auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 EStG 1988 erging die VO des BMF über die Bewertung bestimmter Sachbezüge BGBl. II 416/2001 idF BGBl. II 366/2012 .
Nach § 2 der Verordnung BGBl. II 416/2001 idF BGBl. II 468/2008 richtet sich die Bewertung von Wohnraum grundsätzlich nach dem Richtwert iS des Richtwertgesetzes, BGBl. 800/1993.
Als Wert des Wohnrechts kann ein Wert angesetzt werden, der auch unter Fremden im Fall einer Vermietung zu erzielen ist. Maßstab für die Bewertung des Wohnrechts ist daher der ortsübliche Mietzins am Verbrauchsort, den der Begünstigte als Miete aufwenden müsste, um in der gegenständlichen Wohnung wohnen zu können. Dabei ist die Größe der Wohnung genauso ausschlaggebend wie die bauliche Situation im Einzelfall. Fehlen im Vertrag Angaben über die genauen Verhältnisse, kann der Richtwert nach Richtwertgesetz, BGBl 1993/800, herangezogen werden (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 GrEStG 1987, Rz 28 Absatz 6 unter Hinweis auf -G/02; in diesem Sinne auch ).
Gemäß § 1 Abs. 1 RichtWG ist der Richtwert jener Betrag, der für die mietrechliche Normwohnung (§ 2) festgesetzt ist. Er bildet die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs. 2 MRG.
Die mietrechtliche Normwohnung ist eine Wohnung mit eine Nutzfläche zwischen 30 und 130 m² in brauchbarem Zustand (vgl. § 2 Abs. 1 RichtWG).
In § 5 RichtWG werden für die einzelnen Bundesländer die Richtwerte bestimmt.
§ 5 (Wertsicherung der Richtwerte) Abs. 1 idF BGBl. I Nr 25/2009 lautete wie folgt:
“(1) Für den Zeitraum vom bis zum gelten folgende Richtwerte:
1. für das Bundesland Burgenland 4,31 Euro
2. für das Bundesland Kärnten 5,53 Euro
3. für das Bundesland Niederösterreich 4,85 Euro
4. für das Bundesland Oberösterreich 5,12 Euro
5. für das Bundesland Salzburg 6,53 Euro
6. für das Bundesland Steiermark 6,52 Euro
7. für das Bundesland Tirol 5,77 Euro
8. für das Bundesland Vorarlberg 7,26 Euro
9. für das Bundesland Wien 4,73 Euro.
Eine gesonderte Kundmachung dieser Richtwerte durch die Bundesministerin für Justiz findet nicht statt.“
Für das Bundesland Burgenland waren folgende Richtwerte gültig (vgl. Art. 1 der Kundmachung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz über die Änderung der Richtwerte nach dem Richtwertgesetz, BGBl. II Nr. 70/2019):
vom bis zum : 4,92 Euro
vom bis zum 5,09 Euro
gültig ab : 5,30 Euro
Für den Zeitraum bis wurde kein Richtwert festgesetzt.
Aus den Richtwerten ist ein eindeutiger Trend insofern ersichtlich, dass diese in allen Bundesländern im Steigen begriffen sind.
Im Ergebnis hat die Abgabenbehörde mit dem angenommenen Wert von € 4,70/m² in etwa einen Mittelwert zwischen dem Zeitraum bis zum (€ 4,31/m²) und bis zum (€ 4,92/m²) herangezogen.
Der Bf ist insofern zuzustimmen, dass das Vertragsobjekt keine Normwohnung ist. Abgesehen von der geringfügigen Überschreitung der Höchstnorm-Nutzfläche um 10 m² ist festzuhalten, dass es sich bei der vom Wohnungsgebrauchsrecht umfassten Liegenschaft eben nicht um eine Wohnung handelt.
Vertragsgegenstand ist ein Haus mit einer unstrittigen Nutzfläche von 140 m² samt Nebengebäuden und einem Garten mit einer Gesamtgrundfläche (siehe Vertrag und Grundbuch) von 1.343 m².
Von der Bf wurde kein Vorbringen erstattet, wonach das Objekt aufgrund der Ausstattung, der Nutzung oder des Alters nicht in einem allgemein brauchbaren bzw. ordnungsgemäßen Zustand gewesen wäre.
Die Bf hat Vertragsbeispiele und ein Gutachten (auszugsweise) mit einem geringeren Quadratmeterwert angeführt, während das Finanzamt mittels Internetrecherche gefundene Objekte mit höheren Werten für ihre Argumentation ins Treffen führt.
Wie bereits oben dargestellt, ist die Abgabenbehörde von einem Betrag ausgegangen (€ 4,70/m²) der in etwa einem Mittelwert zwischen den beiden festgestellten Richtwerten (€ 4,31/m² bzw. € 4,92/m²) für den streitgegenständlichen Zeitraum (10/2012) entspricht.
Die Wertermittlung ist eine Schätzung.
Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird (vgl. Ritz, BAO6, § 184, Tz 1 mit weiteren Nachweisen).
Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent (vgl. Ritz, BAO6, § 184, Tz 3 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis vom , RV/3100948/2014, die Ansicht vertreten, dass der jeweilige Richtwert nach dem Richtwertgesetz durchaus einen tauglichen Mindestansatz bildet, um jenen Betrag zu ermitteln, den ein beliebiger Verbraucher aufwenden müsste, um sich eine solche Leistung (Wohnmöglichkeit) am Verbrauchsort zu verschaffen.
Der gegenständliche Beschwerdefall bietet keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Auch wenn der jeweilige Richtwert einen Durchschnittswert für das gesamte Bundesland darstellt, so stellt sich die Frage, wie ein 'Wert für ein Haus samt Nebengebäude und Garten im gegenständlichen Ausmaß und in zweifelsfrei ordnungsgemäßem Zustand' den Richtwert für eine Wohnung unterschreiten kann.
Von Seite der Bf wurden aber keine Gründe - vor allem was Zustand und Ausstattung betrifft - vorgebracht, die ein Unterschreiten eines 'Quadratmetersatzes' für eine 'Wohnung' rechtfertigen würde.
Das Verwaltungsgericht kann daher nicht erkennen, dass der vom Finanzamt angenommene Wert pro Monat in Höhe von € 658,00 für das gesamte Grundstückspaket überschießend und damit rechtswidrig wäre.
Die angefochtenen Bescheide entsprechen sohin der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene, die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. zB , unter Hinweis auf den Beschluss vom , Ra 2016/16/0006).
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 RichtWG, Richtwertgesetz, BGBl. Nr. 800/1993 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100486.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at