Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2020, RV/2100318/2015

Schätzung eines Gastronomiebetriebes bei Vorliegen von Formalmängeln

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0048. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/2100318/2015-RS1
Eine ordnungsgemäße Aufzeichnungsführung erfordert ein Belegwesen, das einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit ohne weiteren Nachforschungen einen zuverlässigen Überblick über die Vollständigkeit und Richtigkeit der verbuchten Geschäftsfälle bietet. Dazu ist eine Belegorganisation bestehend aus einem Belegnummerierungssystem und einem Belegablagesystem erforderlich. Die Belegnummer hat primär den Zweck, den Geschäftsfall in seiner zeitlichen Reihenfolge zu fixieren, ihn zu identifizieren und damit die spätere Auffindbarkeit in der Belegablage zu ermöglichen. Fehlen im Journal oder auf den Erlöskonten die Rechnungsnummern, ist nicht kontrollierbar gewährleistet, dass alle Belege (Ausgangsrechnungen) einer Verbuchung auf den entsprechenden Erlöskonten zugeführt wurden (vgl. zB ; ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R1 und die weiteren Senatsmitglieder R2, R3 und R4 im Beisein der Schriftführerin SF in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch StV, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer sowie Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO je für 2009 bis 2011 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

II. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Abgaben werden wie folgt festgesetzt:

Umsatzsteuer 2009:€ 167.431,94 (bisher laut Finanzamt € 174.284,03)

Umsatzsteuer 2010: € 164.518,14 (bisher € 171.151,58)

Umsatzsteuer 2011: € 150.863,63 (bisher € 156.821,03)

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden gemäß § 188 BAO festgestellt mit:

2009: € 122.030,37 (bisher laut Finanzamt € 178.170,37)

2010: € 170.053,46 (bisher € 224.233,46)

2011: € 83.061,16 (bisher € 131.711,16).

Die einbehaltene KESt, die nicht entnommenen Gewinne sowie die zu berücksichtigenden Freibeträge bleiben unverändert und ergeben sich daher aus den angefochtenen Bescheiden.

III. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen sowie der festgesetzten Abgaben und die Verteilung der festgestellten Einkünfte auf die einzelnen Beteiligten sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen; dieses bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis: Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Entscheidungsgründe

(1) Die Beschwerdeführerin (Bf.), eine GmbH & Co KG, übte in den Streitjahren an drei Standorten das Gaststättengewerbe (Speisen, Getränke, Billard) aus.

(2) In den Jahren 2012 bis 2014 fand bei ihr eine die Streitjahre umfassende Außenprüfung statt. In seinem Bericht vom traf der Prüfer ua. folgende Feststellungen:

"Tz 2 Ordnungsmäßigkeit der Buchführung:

(…) Der geprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2009 - 2011, wobei auf Grund eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres die Geschäftsvorfälle vom bis Gegenstand der Prüfung sind.

Die Einzelaufzeichnung und Ermittlung der Erlöse erfolgt im gegenständlichen Unternehmen durch Einsatz eines elektronischen Kassensystems. Zunächst (ca. 2002 bis ) wurde die Kassensoftware G der Fa. G eingesetzt. Folgend (ab ) wurde auf das T-Kassensystem der Fa. X GmbH umgestellt.

Die in der Folge getroffenen Aussagen beziehen sich auf das G-Kassensystem, das nahezu im ganzen Prüfungszeitraum eingesetzt wurde.

Dokumentation der Stammdatenänderungen:
Eine programmgesteuerte Protokollierung von Stammdatenänderungen, Konfigurationseinstellungsänderungen etc. ist in beiden Systemen nicht vorgesehen. Eine "händische" Protokollierung ist nie erfolgt.

Vorgelegte Erlösaufzeichnungen:
Auf dem Z-Bon (Abschlussbon) für die Periode "Monat" befindet sich weder Datum noch Uhrzeit des Ausdruckes, weder Zeitpunkt der Datenbankabfrage bzw. Berichtserstellung noch eine Angabe des Bereichs der Datenbankabfrage (zB Kellner 1 - ?; Tisch von bis etc.). Der Ausdruck enthält keine fortlaufende Nummer. Bei Betrachtung des Ausdrucks ist nicht feststellbar, ob er aus dem Kassensystem ausgegeben wurde oder mit einer sonstigen Software erstellt wurde. (…)

Die täglichen Kellnerabrechnungen und sonstigen Tagesabschluss-Abrechnungen sind körperlich nicht (mehr) vorhanden, obwohl sie die Grundlage für die durch die einzelnen Bediener(innen) abzuliefernden Beträge darstellen. Sie seien gar nicht ausgedruckt, sondern nur vom Bildschirm abgelesen worden.

Für den Standort M-Straße 17 konnten Daten auf Datenträgern aus der Registrierkasse vorgelegt werden. Aus diesen in elektronischer Form vorgelegten Daten ist eine Geschäftsfallaufzeichnung nicht nachvollziehbar, da die aufgezeichneten Bonierungen über kein Zuordnungskriterium (zB Rechnungsnr. oä.) zu einem bestimmten Geschäftsvorfall (Tisch oder Gast) verfügen.

Für die drei Betriebsstandorte gibt es keine getrennten Bargeld-Bestands-Verrechnungen. Der rechnerische Gesamt-Kassenstand wird nur einmal pro Jahr am Inventurstichtag mit dem tatsächlichen Bargeldbestand abgeglichen (…).
Die buchhalterisch ausgewiesenen Kassenstände geben Anlass, deren sachliche Richtigkeit anzuzweifeln (zB. : € 163.554; : € 129.979; Durchschnitt im Prüfungszeitraum bei rund € 94.000).

Eine entsprechende Einrichtung (programmtechnische Vorsorge) zum Zwecke der leichten und sicheren Nachvollziehbarkeit der vollständigen und richtigen Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle ist nicht vorhanden. (…) Eine Überprüfung der Vollständigkeit der Datensätze ist systembedingt (s.o.) nicht möglich.

Reservierungen (Restauranttische, Billardtische ua. Spieleinrichtungen) wurden elektronisch erfasst (aufgezeichnet) und nicht aufbewahrt (weder Ausdruck noch Speicherung). Körperliche Rechnungsdurchschriften aus dem Kassensystem (zumindest Geschäftsfälle über € 75) wurden bei Rechnungsausstellung grundsätzlich nicht angefertigt bzw. aufbewahrt, könnten aber aus den noch gespeicherten Daten (soweit vollständig) im Reportwege nachträglich erstellt werden (…)

Auf Grund der oben angeführten Tatsachen und Verhältnisse sind berechtigte Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung hervorgekommen. Gemäß § 184 BAO wird den damit entstandenen Unsicherheiten durch Verhängung eines Unsicherheitszuschlages Rechnung getragen.

Unsicherheitszuschlag: € 80.200,--; (2009); € 77.400,-- ; (2010); € 69.500,--; (2011) (…)"

Die angeführten Zuschläge entsprechen rund 4% (2009, 2010) bzw. 3,75% (2011) der erklärten steuerbaren Umsätze der Bf.

Den Feststellungen des Prüfers folgend erließ das Finanzamt die nunmehr angefochtenen Bescheide. In diesen wurden die oa. Zuschläge (jeweils in derselben Höhe) sowohl den Umsätzen als auch den Einkünften der Bf. hinzugerechnet. Die Aufteilung auf 10%- bzw. 20%ige Umsätze sowie die Aufteilung der hinzugerechneten Beträge auf die Gewinne der einzelnen Mitunternehmer erfolgte jeweils gemäß den bisher erklärten Verhältnissen.

(3) In der Beschwerde werden zunächst ausführlich die "betriebliche Organisation" der Bf., "ausgehend von der Warenbestandskontrolle über Ein- und Verkauf bis zum Geldeingang beim Bankinstitut", sowie die "dazugehörenden Kontrollmechanismen" dargestellt und das verwendete Kassensystem beschrieben. Zu den einzelnen Feststellungen des Prüfers wird (ab S. 14ff.) wie folgt vorgebracht:

"Dass eine programmgesteuerte Protokollierung von Stammdatenänderungen durch das Softwarehaus G nicht vorgesehen war, war für unsere Mandantschaft nicht erkenntlich. Da Stammdatenänderungen jedoch an Hand des Eingabejournals jederzeit nachvollziehbar sind (Änderungen von Artikeln und Preisen aus den Eingabejournalen ersichtlich) und zusätzlich Getränke- und Speisekarten für den prüfungsrelevanten Zeitraum aufliegen, ist die fehlende Dokumentation uE. kein gravierender formeller Mangel.

Die im Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung, datiert mit , angeführten Aussagen zu den vorgelegten Erlösaufzeichnungen lassen den Schluss zu, dass sich die Betriebsprüfung mit der Kassensoftware nicht näher befasst hat.

Der der Buchhaltung zugrundeliegende Monatsbericht sowie das "Kassabuch" (Monatsdruck der täglichen Kellnereinnahmen s.o.) wurden direkt aus dem Kassensystem gedruckt. Es sollte der Betriebsprüfung nicht entgangen sein, dass das Kassensystem die Drucke in jeder Form zulässt, sei es nun als Word-, Excel- oder Textdokument. Hieraus zu schließen, dass die Einnahmen mit einem Tabellenkalkulationsprogramm erfasst worden wären, grenzt schon fast an bewusste Irreführung der Leser dieses Berichtes.

Der aus dem System gedruckte Monatsbericht (Beilage F) enthält den gesamten Umsatz eines Monats. Aus diesem Grunde ist auch eine Angabe des Bereichs der Datenbankabfrage irrelevant, da der jeweilige Monat abgefragt wird und die Umsätze aufgeschlüsselt nach Hauptgruppen (Küche, Bier, Wein etc.) ausgewiesen werden.

Das aus dem System gedruckte "Kassabuch" (Beilage E) enthält lediglich die täglichen Bareinnahmen, die im Kassensystem dokumentiert sind und dient der Buchhaltung zur Verbuchung der Bareinnahmen, die dann im ausgedruckten Kassabuch der Finanzbuchhaltung aufscheinen.

Alle im Monatsbericht und "Kassabuch" aufscheinenden Werte sind aus dem Eingabejournal der Schanksoftware nachvollziehbar und jederzeit auch nachdruckbar. Die Formatierung der Ausdrucke hat keinen Einfluss auf die darin enthaltenen Umsatzzahlen.

Zu den täglichen Kellnerabrechnungen und sonstigen Tagesabschluss-Abrechnungen, die körperlich nicht "mehr" vorhanden seien, ist anzumerken, dass diese nie ausgedruckt wurden und daher nicht vorhanden sein können. Diese können aber jederzeit, wie auch alle anderen Berichte und Abrechnungen sowie jede einzelne Rechnung, gedruckt werden.

Sämtliche Daten können auf Datenträgern vorgelegt werden, aber auch als Ausdruck, jedoch wurden von der Betriebsprüfung nur bestimmte auszugsweise Daten verlangt, die auch zur Gänze vorgelegt wurden.

Die auf Seite 4 im 2. Satz ("Aus diesen in elektronischer...") getätigte Feststellung ist falsch. Hätte sich die Betriebsprüfung die Mühe gemacht die übergebenen Daten einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen (ca. 60.000 Datensätze je Monat), wäre es ein leichtes gewesen, zu erkennen welche Bestellung an welchem Tag zu welcher Uhrzeit von welchem/r Kellner/in für welchen Tisch/Platz aufgenommen wurde und an welchem Tag zu welcher Uhrzeit welche/r Kellner/in welche Beträge für welche Dienstleistung von diesem Tisch mit welcher Rechnung kassiert hat. (…)

Die Reservierungen für Speisetische oder Spieltische erfolgten digital (s.o.), wobei eine Speicherung der abgelaufenen Reservierungen in den verwendeten Programmen der Geschäftsführung zum Prüfungszeitpunkt leider nicht bekannt war. Die Belegung der einzelnen Tische kann allerdings dem Systemjournal jederzeit entnommen werden und kann damit auch nachgewiesen werden, dass die Tische unserer Mandantschaft zu den Hauptgeschäftszeiten immer belegt bzw. auch mehrfach belegt waren.

Möglicherweise kann die Fa. G auch die Gastrotischreservierungen ersichtlich machen, wenn deren Techniker Zugang zum entsprechenden Server bekommen.

Zu welchen Schlussfolgerungen die Nichtaufbewahrung von Reservierungen führen sollte, ist für uns nur schwer nachvollziehbar, wenn ohnehin immer alle Tische besetzt sind. Unseres Erachtens unterliegen diese Reservierungen auch nicht der Aufbewahrungspflicht, da sie keinen Aufzeichnungen oder Auswertungen eines dem Umsatz vorgelagerten Systems entsprechen. Es ist für die Aufzeichnung des Umsatzes völlig bedeutungslos ob ein Gast einen Tisch reservierte oder nicht, denn die Umsatzaufzeichnung beginnt erst mit der Bestellung bei dem/r Kellner/in.

Aus dem vollständig vorhandenen Journal des alten G-Systems sowie aus dem des neuen [X-]Kassensystems sind alle umsatzrelevanten Ereignisse ersichtlich, sowie jede Auswertung und jede Rechnung in ursprünglicher Form ausdruckbar. Aus diesen Journalen ließe sich ohne übermäßigen Aufwand nicht nur eine betragsmäßige sondern auch eine mengenmäßige Umsatzverprobung durchführen.

Nur weil die Betriebsprüfung vermutet oder glaubt, dass das exemplarisch vorgelegte Journal nicht alle ursprünglichen Daten enthält, daraus eine sachliche Unrichtigkeit der Buchführung abzuleiten, die durch keinen Anhaltspunkt vom Prüfer erhärtet wurde und eine Schätzung vorzunehmen, deren Höhe nicht begründet wurde und somit willkürlich erfolgte, widerspricht einem einwandfreiem abgabenbehördlichem Verfahren.

(…)

Gehen wir davon aus, dass die Vermutungen der Betriebsprüfung nur darauf hinauslaufen können, dass durch die behauptete sachliche Unrichtigkeit der Buchführung eine Umsatzverkürzung stattfand. Unserer Anregung doch bitte eine Kalkulation vorzunehmen um überhaupt von einer gerechtfertigten Hinzurechnung sprechen zu können, wurde mit dem Hinweis begegnet, dass diese wohl stimmen wird. Dies impliziert jedoch, dass nicht nur eine Umsatzverkürzung sondern auch Schwarzeinkäufe unterstellt werden - wie sonst sollten Mehrumsätze erzielbar sein, wenn die Umsatzverprobung stimmt.

(…) Den geschätzten Umsätzen müssten allerdings Wareneinkäufe ohne Rechnung zugrunde liegen, da ja von der Betriebsprüfung angenommen wurde, dass die Kalkulation stimmt. Ausgehend von der Überlegung, dass diese Einkäufe jedenfalls Haushaltsmengen überschreiten würden, wären Einkäufe ohne Rechnung wegen der Bestimmung des § 1 der Verordnung BGBI. II Nr. 227/1999 (Gaststättenpauschalierungs-Verordnung) in Verbindung mit § 11 Abs. 1 UStG 1994 nur schwer möglich. (…)

Allein aus dem Umstand, dass das Unternehmen mit wenigen ausgesuchten Lieferanten fast seinen gesamten Umsatz abwickelt, lässt einen Schwarzeinkauf schon unwahrscheinlich erscheinen. Aus der nachfolgenden Tabelle ist ersichtlich, dass nur 12 Lieferanten für fast 96% des Umsatzes Warenlieferungen tätigen. (…)

Für wie dumm müsste man einen Unternehmer halten, der einerseits sein Personal verpflichtet für jede Inkassotätigkeit eine Rechnung zu erstellen und der dann im Nachhinein Umsätze aus dem Kassensystem löscht. Und der dafür andererseits Einkäufe tätigen muss, die der Verkäufer entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nur mit Rechnungslegung liefern wird, aber der Erwerber diese Rechnungen dann nicht in seiner Buchhaltung haben dürfte. Genau dies wird aber durch die Verhängung des Unsicherheitszuschlages postuliert. (…)

Wenn im Prüfbericht dann noch festgehalten wird, dass keine getrennte Bargeld-Bestands-Verrechnung für die einzelnen Betriebe vorhanden ist, ist die Frage zu stellen, welchen Sinn dies ergeben sollte, zumal alle Umsätze im Hauptbetrieb abgeliefert werden müssen und Ausgaben nur im Hauptbetrieb getätigt werden. Dass ein hoher Kassastand Anlass für Zweifel an dessen sachlicher Richtigkeit geben soll, ist persönliche Ansicht der Betriebsprüfung und lässt keine Rückschlüsse auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu. Es muss schon dem Unternehmer überlassen bleiben, ob er sein Geld einem Bankinstitut anvertraut oder lieber im Tresor des Betriebes verwahrt. Bekanntlich begann im Jahre 2007 Jahr die Finanzkrise und niemand konnte mit Sicherheit sagen, ob Giroguthaben von Firmen bei Banken gesichert sind.

Die im Bericht beispielhaft angeführten Kassastände zeigen nur die extremen Spitzen, so betrug der Kassastand am EUR 64.810,23 im November 2009 EUR 71.546,00. Bei Tagesumsätzen im Schnitt zwischen EUR 7.000,00 und EUR 8.000,00, wobei auch Tagesumsätze von über EUR 10.000,00 keine Seltenheit sind, würde der Kassenstandschnitt von EUR 94.000,00 ungefähr 12 Tagesumsätze ausmachen.

(…) Grundsätzlich erhält jeder Gast, wie bereits oa., eine Rechnung. Die angesprochenen DIN-A4 Rechnungen werden, wie bereits erläutert, dann erstellt, wenn keine Barzahlung der Konsumation erfolgt. Die Daten werden über Lieferscheindruck aus dem Kassensystem erstellt und finden 1:1 Eingang in die DIN-A4 Rechnung. Diese Lieferscheine sind den aufbewahrten Durchschriften angeheftet. Solche Rechnungen betreffen zu 99% Firmenkunden, die den Rechnungsbetrag dann mittels Banküberweisung begleichen.

Aus der oben beschriebenen Betriebsorganisation, den dargelegten Betriebsabläufen, den entsprechenden Kontrollmechanismen sowie den verwendeten Kassensystemen ergibt sich ein Unternehmensbild, welches fast schon als vorbildlich zu bezeichnen ist. Diese von Eigentümerseite gesetzten Maßnahmen gewährleisten nicht zuletzt dem Unternehmen entsprechende Cash-Flows, aus denen die Abschreibungen von rund EUR 45.000,00 leicht erwirtschaftet werden können, sondern auch der Eigentümerfamilie, denn um einen Familienbetrieb handelt es sich im gegenständlichen Falle jedenfalls, gesicherte Einkünfte von zumindest EUR 80.000,00.

Von Eigentümerseite wurden somit schon aus Eigennutz alle Vorkehrungen getroffen, den Betriebsablauf so transparent wie möglich zu machen. Daraus ergibt sich allerdings auch automatisch eine Transparenz in Bezug auf die Aufzeichnung von Umsätzen und Art der Bezahlung.

Wie oben dargelegt, können aus den Kassenjournalen die Besteuerungsgrundlagen nicht nur betragsmäßig ermittelt und verprobt werden. Da zusätzlich die Mengen der einzelnen verkauften Waren festgehalten werden, hält die Besteuerungsgrundlage auch einer mengenmäßigen Verprobung stand.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung weisen die angeforderten und vorgelegten Grundaufzeichnungen jedoch formelle Mängel auf. Unseres Erachtens sind diese Mängel, auf die wir oben bereits eingegangen sind, nicht geeignet die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen, da es sich im Wesentlichen um geringfügige Mängel handelt.

Aber selbst dann, wenn man von der Prämisse ausgeht, dass die formellen Mängel die sachliche Richtigkeit in Zweifel ziehen könnten, kann aus den vorhandenen Aufzeichnungen die Grundlage für die Abgabenerhebung ermittelt werden.

Wenn die Betriebsprüfung davon ausgeht, dass die Kalkulation zu keinen sachlichen Unrichtigkeiten führt und auch auf unser Ansinnen, das Kassensystem durch die Systemprüfung des Finanzamtes doch einer Kontrolle zu unterwerfen (möglicherweise hätte die Systemprüfung über Eingabeprotokolle von G Bescheid gewusst), nicht eingeht, können wir annehmen, dass in den Büchern und Aufzeichnungen keine sachlichen Unrichtigkeiten feststellbar sind.

Da somit keine sachlichen Unrichtigkeiten festgestellt wurden, hat eine Schätzung - eine Verhängung von Unsicherheitszuschlägen ist eine Schätzung - alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die Betriebsprüfung muss sich schon mal die Frage stellen, wie wahrscheinlich eine auf Abgabenverkürzung gerichtete Handlungsweise der Geschäftsführung ist, die alle oben dargelegten Instrumente im Unternehmen installiert hat.

Die Betriebsprüfung hat also ohne Vorliegen weiterer sachlicher Anhaltspunkte nur den in den Büchern aufgezeichneten Wareneinkauf der Schätzung zugrunde zu legen. Diesem Wareneinkauf stehen die Kassenjournale gegenüber, die auch der Betriebsprüfung zur Verfügung stehen, aus denen jeder verkaufte Artikel mit Menge und Preis ersichtlich ist. Eine Berechnung der Besteuerungsgrundlage ist deshalb nicht unmöglich.

Somit fehlt aber die grundlegende Voraussetzung einer Schätzungsbefugnis, nämlich die objektive Feststellung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen (…).

Wenn die Betriebsprüfung dann noch einen Unsicherheitszuschlag in Ansatz bringt, dessen Höhe nicht begründet wird und für die aus dem Prüfungsbericht auch kein sonstiger Hinweis zu finden ist, ähnelt dies sehr stark einem Strafzuschlag für geringe formelle Mängel.

Darüber hinaus hat es die Betriebsprüfung verabsäumt, einen dem Mehrumsatz entsprechenden Wareneinsatz und Vorsteuerabzug in Ansatz zu bringen, da die geschätzten Mehrumsätze ja nur durch zusätzlichen Wareneinsatz erzielbar wären. (…)"

(4) Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Bf. um Vorlage
- des Datenerfassungsprotokolles der Fa. G für den gesamten Streitzeitraum sowie für alle Standorte;
- eine Beschreibung des Kassensystems durch den Kassenhersteller;
- der "Checklisten" für den Monat Juni 2008;
- der Gastrotischreservierungen für Juni 2008.

Mit Eingabe (E-Mail) vom teilte die Bf. mit, dass die in der Beilage zur Beschwerde beschriebenen "Checklisten" nicht archiviert und die Gastrotischreservierungen nicht gespeichert werden. Sie übermittelte dem Finanzamt drei das Kassensystem betreffende Benutzerhandbücher.

(5) Die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen begründete das Finanzamt im Wesentlichen wie folgt (auszugsweise wörtlich wieder gegeben):

"lm vorliegenden Fall bestehen einige gravierende Mängel im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bzw. im Hinblick auf das Kassensystem; die diesbezüglichen Bedenken konnten auch durch die Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. durch die Vorhaltsbeantwortung vom 15. (bzw. 18.) September 2014 nicht ausgeräumt werden.

Hinsichtlich der Beschreibung des Kassenherstellers ist auszuführen, dass eine nähere Darstellung der Einrichtung, welche zumindest ansatzweise die in den §§ 131 und 132 BAO bzw. in der Kassenrichtlinie 2012 (RL des BMF O10102/0007-IV/2/2011) geforderten Elemente enthält, darin nicht gefunden wurde.

Insbesondere sind keine Angaben enthalten betreffend Sicherungsmöglichkeiten im Kassensystem, durch welche sichergestellt werden kann, dass keine nachträglichen Löschungen bzw. Änderungen vorgenommen werden können, die nicht nachvollziehbar sind (elektronisches Radierverbot).

Mangels ergänzender Angaben des Software-Herstellers über das Zustandekommen der Datei und betreffend etwaiger Maßnahmen zur Verhinderung von nachträglichen Löschungen/Änderungen einmal gefasster Eingaben ist folglich zweifelhaft, ob es sich bei dem vorgelegten Journal überhaupt um ein Datenerfassungsprotokoll im Sinne der §§ 131 und 132 BAO und der Kassenrichtlinie 2012 handelt, da ein solches nur vorliegt, wenn sichergestellt ist, dass jede einzelne Eingabe protokolliert wird (somit auch Löschungen) und wenn das Eingabeprotokoll tatsächlich unveränderbar ist in dem Sinne, dass der ursprüngliche Inhalt immer erhalten bleiben muss. Da dies, wie erwähnt, aus dem Kassenhandbuch nicht ersichtlich ist, und sich aufgrund der bloßen Datei an sich nicht beurteilen lässt, bleibt das Datenerfassungsprotokoll auch aus diesem Grund zweifelhaft. Ein Datenerfassungsprotokoll für den Standort S3 [= A-Straße] wurde überdies bis zum heutigen Tag gar nicht übermittelt.

Zudem ist die in § 190 UGB geforderte Nachvollziehbarkeit der einzelnen Geschäftsvorfälle aufgrund des vorgelegten Protokolls nicht gegeben. Auf den Seiten 11 bis 13 der Beschwerde wird beschrieben, wie auch für einen Laien das auf Datenträger der Betriebsprüfung vorgelegte Journal ohne Weiteres lesbar und verständlich sei. Dazu ist jedoch auszuführen, dass ohne gesonderte Kenntnisse, welche Tische, Kassen, Journaltypen etc. umsatzwirksam sind und welche nicht, eine Abstimmung der aus der Registrierkasse resultierenden Erlöse mit den in der Buchhaltung verbuchten Erlösen nicht möglich ist. Überdies ergaben sich beim Versuch einer Überprüfung Differenzen zwischen Registrierkassa und Finanzbuchhaltung. Eine definitive Festlegung, welche Datensätze nicht umsatzrelevant sind, ist auch für einen "sachverständigen Dritten" nicht ohne weiteres erkennbar, zumal die dafür notwendigen Parameter nicht erklärt bzw. mitgeliefert wurden. Die Summenbildungen waren daher nicht nachvollziehbar, von einem leichten und sicheren Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle, wie er von § 131 BAO gefordert wird, kann keinesfalls die Rede sein.

Aus dem neu vorgelegten Journal sind nunmehr fortlaufende ID-Nummern ersichtlich, sowie auch Kassennummern. Fortlaufende Rechnungsnummern müssten folglich auch vorhanden sein, dies ist jedoch nicht der Fall. Fortlaufende Rechnungsnummern hätten eine geeignete Maßnahme darstellen können, um nach außen hin Vollständigkeit hinsichtlich der Erfassung aller Geschäftsvorfälle zu dokumentieren, und um die Zuordnung der Bonierungen zu einem Geschäftsfall zu ermöglichen. Ihr Fehlen stellt daher nicht einen bloßen Formalverstoß dar, sondern spricht zusätzlich gegen die Möglichkeit eines leichten und sicheren Nachweises der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle.

Auf Seite 7 der Beschwerde wird ausgeführt, dass "für jeden Tag des Jahres, an dem der Betrieb geöffnet hat", Checklisten existieren, aus denen ersichtlich sei, welcher Kellner/welche Kellnerin zu welcher Uhrzeit und unter welcher Kellner-Login-Nummer welches mobile Eingabegerät mit Drucker übernommen habe. Der verantwortliche Tages- bzw. Abendhauptdienst sei von der Geschäftsführung verpflichtet worden, diese Checklisten entsprechend ordnungsgemäß zu führen. Aus diesen Checklisten seien etwa Bruch oder Schwund inklusive deren Ursache mit exakter Zeitangabe ersichtlich. Durch diese von den Mitarbeitern verpflichtend anzufertigenden Checklisten könne sich die Geschäftsführung auch nach längerer Absenz ein vollständiges Bild über das vergangene Betriebsgeschehen machen.

In Folge dieser Angaben wurden mit Vorhalt vom die genannten Checklisten für den Monat Juni 2008 abgefordert, diese konnten jedoch nicht vorgelegt werden. Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurde mitgeteilt, dass die beschriebenen Checklisten nicht archiviert würden sondern lediglich der Information der Geschäftsführung dienen würden. Dazu ist auszuführen, dass die Checklisten eine zusätzliche Möglichkeit dargestellt hätten, die Angaben im übermittelten Datenerfassungsprotokoll auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, da in diesem die Überprüfbarkeit anhand der Kellnereinteilung nicht möglich ist, da im System Kellner/Kellnerinnen wieder "überschrieben" werden (d.h. eine Zuordnung der einzelnen Kellner/Kellnerinnen zu den Speichernummern ist nicht möglich, es ist nicht feststellbar, wer jeweils der Kellner/die Kellnerin ist, der zu einer Nummer gehört). Stammdatenänderungen wurden also weder programmgesteuert noch händisch protokolliert.

Mangels Speicherung und Aufbewahrung dieser Listen ist es also entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin gerade nicht möglich, sich auch nachträglich noch ein vollständiges Bild über das vergangene Betriebsgeschehen zu machen, welches einen Nachvollzug aller Geschäftsvorfälle ermöglichen würde. (…)

Laut Vorhaltsbeantwortung vom sowie vom wurden Gastrotischreservierungen weder gedruckt noch gespeichert. Auch dabei handelt es sich jedoch um Grundaufzeichnungen iSd. § 131 BAO, die aufzubewahren gewesen wären und nicht vernichtet werden hätten dürfen.

Weiters wurde bereits im Betriebsprüfungsbericht bemängelt, dass tägliche Kellnerabrechnungen und Tagesabschluss-Abrechnungen körperlich nicht (mehr) vorhanden sind, obwohl sie die Grundlage für die durch die einzelnen Bediener/Bedienerinnen abzuliefernden Beträge darstellen. Überdies wurde bemängelt, dass es für die drei Standorte keine getrennten Bargeld-Bestands-Verrechnungen gibt und der Gesamt-Kassenstand nur einmal pro Jahr am Inventur-Stichtag mit dem tatsächlichen Bargeldbestand abgeglichen wird.

In der Beschwerde wird dazu unter Punkt 7) "Kellnerabschluss und Geldablieferung" der Inkasso - und Rechnungslegungsvorgang und in der Folge der Vorgang der Geldablieferung beschrieben. "Bei Schichtende des/r Kellners/in wird von diesem/r eine Tagesabrechnung gemacht, aus der die Summe seiner/ihrer inkassierten Beträge ersichtlich ist". Es erscheint jedoch unglaubwürdig, dass das Personal keinen "Abrechnungs-Zettel" über die Schichtabrechnung ausgedruckt hat, auf dem der abzuliefernde Betrag zu ersehen ist. Das Personal könnte dann nach Trennung des kassierten Betrages vom Trinkgeld noch Anmerkungen auf der Abrechnung oder am Geld-Kuvert anbringen, falls sich Abweichungen ergeben hätten etc. Ein zum Zeitpunkt der Abrechnung erfolgter und aufbewahrter Ausdruck (laufende Nummer, Datum, Uhrzeit, etc.) hätte durch den unmittelbaren Gegenwartsbezug eine höhere Glaubwürdigkeit vermittelt.

Es erscheint insbesondere aufgrund der umfangreichen Beschwerdeausführung zum Thema "Internes Kontrollsystem" verwunderlich, dass rechnerische Kassenstände lediglich einmal pro Jahr mit den tatsächlichen Kassenständen abgeglichen wurden. Wareneinkäufe wurden laut Schilderung ohnedies überwiegend über Bank bezahlt. Zumindest für die Adresse "A-Straße 470" und für die kassenmäßig zusammenfassbaren Standorte "[2]" und " [1]" müsste ein täglicher Kassenbestand vorhanden sein. Werden Barausgaben, wie in der Beschwerde angeführt, nur am Standort "[1]" getätigt, sind für die Kassenverrechnung "A-Straße 470" nur die dortigen Tageslosungen, Bankübertragungen etc. bestandsverändernd. Aus kaufmännischen Überlegungen wäre eine regelmäßige Bestandsüberprüfung (Abgleich) mit entsprechenden Notizen über Abweichungen oder Übereinstimmungen gerade bei einem so bargeldintensiven Geschäft unverzichtbar.

Freilich ist es weder Sache der Betriebsprüfung noch der Abgabenbehörde, dem Unternehmer vorzuschreiben, ab welchem Bargeldbestand der Unternehmer eine entsprechende Abschöpfung (z.B. auf Bank) vorzunehmen hätte. Die aufgrund der obig genannten Punkte bereits bestehenden Zweifel an der sachlichen Richtigkeit von Bargeldbeständen, aufgezeichneten Erlösen etc. können aber durch das gleichzeitige Vorliegen dieser weiteren Umstände (insbesondere im Schnitt ungewöhnlich hoher Gesamtkassenstand bei gleichzeitigem Nichtbestehen einer getrennten Bestandsüberprüfung) wachsen.

Dass Abrechnungen, Rechnungen, Belege etc. (insbesondere Kellnerabrechnungen und TagesabschIuss-Abrechnungen) aus dem Datenbestand im Nachhinein noch ausgedruckt und vorgelegt werden können, kann die bereits entstandenen Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit des auf die bisher beschriebene Art erzeugten Datenbestandes nicht zerstreuen. Ein nachträglicher Ausdruck der Tagesabschlüsse, der Küchenbons, der Rechnungen, etc. kann mangels Gegenwartsbezugs die Beweiskraft eines unmittelbar im Anschluss an die Generierung angefertigten Ausdrucks nicht ersetzen, dies gerade vor dem Hintergrund, dass dem Finanzamt keine Angaben betreffend die Sicherungsmöglichkeiten des Kassensystems vorliegen und Stammdatenänderungen nicht protokolliert wurden.

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass Aufzeichnungen mittels EDV-Kassensystem nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung die endgültige, sachlich richtige und vollständige Erfassung und Verarbeitung der buchungspflichtigen Geschäftsfälle jederzeit nachvollziehbar festzuhalten haben. Die Möglichkeit einer nachträglichen Eintragung, Veränderung oder Ausbesserung ist technisch auszuschließen oder ist durch ein Begleitprodukt die Protokollierung der laufenden Eintragungen und somit mittelbar u.a. die Einhaltung der Kriterien der Endgültigkeit, Zeitgerechtheit und der Zeitfolgemäßigkeit zu dokumentieren und vor nachträglichen, nicht nachvollziehbaren Abänderungen (u.a. in Form von Verfälschungen) zu sichern.

Durch die mangelhafte Form der Bücher und Aufzeichnungen, die nach den Abgabenvorschriften zu führen gewesen wären sowie der Nichtvorlage in Verbindung mit der teilweisen Vernichtung von Grundaufzeichnungen (Küchenbons, Kellnerabrechnungen, Reservierungen, Checklisten, etc.) wurde weder den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung noch den gesetzlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung betreffend Aufzeichnungsverpflichtungen entsprochen.

Die Überprüfung hinsichtlich einer möglichen nachträglichen Eintragung, Abänderung oder Ausbesserung war seitens der Abgabenbehörde nicht möglich, da das Kassensystem über keine laufende Nummerierung der Geschäftsfälle verfügt.

Diese Mängel machen es faktisch unmöglich, eine Abstimmung der aus der Registrierkasse resultierenden Erlöse mit den in der Buchhaltung verbuchten Erlösen vorzunehmen, weshalb auch die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht berechnet oder ermittelt werden konnten. (…)

Schätzungsmethode und Höhe der Schätzung:

(…) Im gegenständlichen Fall liegen die unter 1) genannten gravierenden Mängel hinsichtlich der Aufzeichnungen vor, bei denen es sich keinesfalls nur um unbedeutende Mängel oder um solche lediglich formeller Natur handelt. Vielmehr ließen sie begründeten Anlass zum Zweifel an den erklärten Beträgen, deren Nachvollzug auch nicht möglich war, aufkommen. Um diese groben Unsicherheiten auszugleichen, war die Verhängung eines Unsicherheitszuschlages notwendig.

Zur Höhe ist auszuführen, dass für 2009 und 2010 pro Jahr ein Betrag im Ausmaß von 4% der Jahresumsätze als Unsicherheitszuschlag gewählt und die anschließend gerundeten Beträge sowohl den Umsätzen als auch den Gewinnen als Hinzuschätzung anteilig zugerechnet wurden. Im Jahr 2011 wurde ein geringerer Prozentsatz von ca. 3,75% gewählt, da in einigen Monaten dieses Jahres bereits das neue T-System verwendet wurde.

Sicherheitszuschläge sind pauschale Größen und umfassen daher auch den mit den Erlösen verbundenen Aufwand wie Wareneinsatz samt Vorsteuer. Eine gesonderte Aufwands- oder Vorsteuerhinzuschätzung hatte somit zu unterbleiben. Die mit der Schätzung verbundenen - und naturgemäß zum Wesen einer Schätzung gehörenden - Unsicherheiten hat jeder Steuerpflichtige, der zur Schätzung Anlass gibt, auf sich zu nehmen.

Der Griff zu einer Schätzung im Wege eines (Un-)Sicherheitszuschlages verstößt bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht gegen die Denkgesetze, da angenommen werden kann, dass in einem solchen Fall nicht nur die festgestellten Mängel, sondern auch weitere Mängel gleicher Art vorgefallen sind. Der Sicherheitszuschlag hat keinen Strafcharakter. Seine Höhe richtet sich nach den Besonderheiten des Falles, d.h., nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises. Sicherheitszuschläge können sich an verschiedenen Größen, etwa an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder an den Umsätzen orientieren (…).

Die gewählten 4% für den Zuschlag sind bereits im unteren Bereich einer gewählten Skala von 1 bis 10 angesiedelt, was angesichts der aufgezeigten gravierenden Mängel sicherlich nicht überhöht, sondern viel eher noch niedrig gegriffen ist. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass der ständigen Rechtsprechung hinsichtlich der Höhe von Sicherheitszuschlägen eine Bandbreite von bis zu 30% je nach gewählter Bemessungsgrundlage zu entnehmen ist, wohingegen sich ein Zuschlag von nur 4% sehr gering ausnimmt. (…)"

(6) Im Vorlageantrag führt die Bf. unter Hinweis auf einige weitere, nunmehr vorgelegte Unterlagen ergänzend aus:

Wenn auf Seite 3 Absatz 3 der Bescheidbeschwerde von mangelnden ergänzender Angaben über das Zustandekommen der Datei, die wir in Ergänzung zur Bescheidbeschwerde der Abgabenbehörde übermittelt haben, durch den Software-Hersteller hingewiesen wird, dann stellt sich schon die Frage, weshalb diesbezüglich mit unserer Mandantschaft bzw. dem Softwarehersteller nicht Kontakt aufgenommen wurde, um diesen Sachverhalt zu klären.

Das dem Finanzamt über Ergänzungsersuchen übermittelte Eingabejournal wurde vom Softwarehersteller aus der Datenbank mit ID-Nummern ausgelesen. Die fortlaufenden ID-Nummern gewährleisten die Vollständigkeit und Originalität der eingegebenen Daten. Eine diesbezügliche Bestätigung hätte die Betriebsprüfung jederzeit beim Softwarehersteller einholen können.

Das Datenerfassungsjournal für den Standort A-Straße [3] wurde versehentlich nicht übermittelt. Dieses kann jedoch vom Softwarehersteller jederzeit aus der Datenbank ausgelesen werden und entspricht exakt in der Protokollierung jenem des Hauptbetriebes.

Uns wurden vom Softwarehersteller die in Beilage A enthaltenen Dateien übermittelt, die von diesem aus der Datenbank unseres Klienten ausgelesen wurden. Diese Daten haben wir an die Finanzbehörde übermittelt und lagen somit zur Beschwerdeentscheidung vor. (…)

In der Folge gehen wir auf die von der Betriebsprüfung behauptete Nichtnachvollziehbarkeit von Summenbildungen (Seite 3 Absatz 4 der Bescheidbegründung) ein.

Wir haben für den Monat Juni 2008 aus dem Eingabejournal die Umsätze für Zigaretten und Zubehör 20% ermittelt, um zu zeigen, dass eine Summenbildung sehr wohl möglich ist, allerdings benötigt diese auf Grund der Menge der Daten auch einen entsprechenden Zeitaufwand.

So ist ersichtlich, dass die aus den Beilagen I und J ersichtlichen Teilsummen jenen Beträgen entsprechen, die im Z-Bon (Beilage L) für die entsprechende Umsatzgruppen Zigaretten und Zubehör 20% angeführt sind und die auch in die Buchhaltung unseres Klienten Eingang fanden.

Die Beilage I (letzte Seite von 18) enthält alle Zigarettenumsätze des Monats Juni 2008. Die Ermittlung erfolgte dadurch, dass das gesamte Eingabejournal in eine Exceldatei übernommen wurde und die Teilsumme durch entsprechende Filtersetzungen berechnet wurde. Die verwendeten Filter sind auf der Beilage ersichtlich. (…)

Nach demselben Schema sind auch alle anderen Umsatzhauptgruppensummen zu ermitteln. Da aber das Eingabejournal für den Juni 2008 aus insgesamt 55.400 Zeilen besteht, ist auch ein entsprechender Arbeitsaufwand nicht zu vermeiden.

Wir legen als Beilage M - M2 das Eingabejournal bei, das unserer Beilage D1-D2 (Excel-Datei) zur Bescheidbeschwerde entspricht, und aus der ersichtlich ist, dass die Daten in der, der Betriebsprüfung ursprünglich vorgelegten Excel-Datei, dem mit IDs ausgegebenen Eingabejournal entsprechen.

Da durch die Vorlage des vom Softwarehersteller ausgelesenen Eingabejournals mit fortlaufender ID zweifelsfrei festzustellen ist, dass die den erklärten Umsätzen zugrundeliegenden Daten aus den eingegebenen Originaldaten ausgelesen wurden, bleibt u.E. kein Raum für die behaupteten Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen. Die fortlaufende ID, die zum Zeitpunkt der Eingabe vom Kassensystem automatisch und unbeeinflussbar (entsprechende Auskunft wurde vom Systemhersteller erteilt) vergeben wird, und der damit zusammenhängende Datensatz werden in der Datenbank festgeschrieben.

Auch die etwaigen verbleibenden formellen Mängel, so diese überhaupt formelle Mängel darstellen, rechtfertigen ohne materiell festgestellte Mängel keine Schätzung.

(…) Aus der Bescheidbegründung ist auch ersichtlich, dass die Finanzbehörde in keinster Weise auf unsere Argumente und Feststellungen eingegangen ist, sondern lediglich ausführlich die Zweifel und Annahmen der Betriebsprüfung erhärten wollte. Es erfolgten auch keine Rückfragen zu dem von uns überreichten Eingabejournal, ob und wie Summen daraus gebildet werden könnten. (…)"

(7) Das Bundesfinanzgericht hat ergänzende Ermittlungen getätigt: Am erfolgte eine Besprechung (Erörterungstermin), am , und ergingen schriftliche Vorhalte an die Bf. und am fand die beantragte mündliche Senatsverhandlung statt. Zudem hat das Verwaltungsgericht einige frühere Dienstnehmer der Bf. als Zeugen befragt (s. die entsprechenden Protokolle vom ).

Einige der angeforderten Unterlagen wurden dem BFG auf elektronischen Datenträgern (USB-Sticks) zur Verfügung gestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist primär das Vorliegen der Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde dem Grunde nach.

§ 131 BAO normiert ua. wie folgt:

(1) (…) Die gemäß den §§ 124, 125 und 126 zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie die ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Bücher sind so zu führen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können. Die einzelnen Geschäftsvorfälle sollen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Dabei gelten insbesondere die folgenden Vorschriften: (…)

2. a) Die Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. (…)

b) Soweit nach den §§ 124 oder 125 eine Verpflichtung zur Führung von Büchern besteht oder soweit ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt werden, sollen alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder in den Büchern zu Grunde liegenden Grundaufzeichnungen täglich einzeln festgehalten werden.

c) Abgabepflichtige, die gemäß § 126 Abs. 2 und Abs. 3 verpflichtet sind, ihre Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen, sollen alle Bargeschäfte einzeln festhalten.

3. Die Bezeichnung der Konten und Bücher soll erkennen lassen, welche Geschäftsvorgänge auf diesen Konten (in diesen Büchern) verzeichnet werden. (…)

4. Soweit Bücher oder Aufzeichnungen gebunden geführt werden, sollen sie nach Maßgabe der Eintragungen Blatt für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein. Werden Bücher oder Aufzeichnungen auf losen Blättern geführt, so sollen diese in einem laufend geführten Verzeichnis (Kontenregister) festgehalten werden.

5. Die zu Büchern oder Aufzeichnungen gehörigen Belege sollen derart geordnet aufbewahrt werden, dass die Überprüfung der Eintragungen jederzeit möglich ist.

6. a) Die Eintragungen sollen nicht mit leicht entfernbaren Schreibmitteln erfolgen. An Stellen, die der Regel nach zu beschreiben sind, sollen keine leeren Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung soll nicht mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich gemacht werden. Es soll nicht radiert und es sollen auch solche Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit ungewiss lässt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später vorgenommen worden sind.

b) Werden zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen oder bei der Erfassung der Geschäftsvorfälle Datenträger verwendet, sollen Eintragungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden können, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr ersichtlich ist. Eine Überprüfung der vollständigen, richtigen und lückenlosen Erfassung aller Geschäftsvorfälle soll insbesondere bei der Losungsermittlung mit elektronischem Aufzeichnungssystem durch entsprechende Protokollierung der Datenerfassung und nachträglicher Änderungen möglich sein.

(2) Werden die Geschäftsvorfälle maschinell festgehalten, gelten die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe, dass durch gegenseitige Verweisungen oder Buchungszeichen der Zusammenhang zwischen den einzelnen Buchungen sowie der Zusammenhang zwischen den Buchungen und den Belegen klar nachgewiesen werden sollen; durch entsprechende Einrichtungen soll der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle leicht und sicher geführt werden können und sollen Summenbildungen nachvollziehbar sein.

(3) Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist; die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert werden. Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muss, soweit er zur Einsichtsgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

Eine ordnungsgemäße Aufzeichnungsführung erfordert ein Belegwesen, das einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit ohne weiteren Nachforschungen einen zuverlässigen Überblick über die Vollständigkeit und Richtigkeit der verbuchten Geschäftsfälle bietet. Dazu ist laut VwGH eine Belegorganisation bestehend aus einem Belegnummerierungssystem und einem Belegablagesystem erforderlich. Die Belegnummer hat primär den Zweck, den Geschäftsfall in seiner zeitlichen Reihenfolge zu fixieren, ihn zu identifizieren und damit die spätere Auffindbarkeit in der Belegablage zu ermöglichen. Fehlen im Journal oder auf den Erlöskonten die Rechnungsnummern, ist nicht kontrollierbar gewährleistet, dass alle Belege (Ausgangsrechnungen) einer Verbuchung auf den entsprechenden Erlöskonten zugeführt wurden (vgl. zB ; ).

Nach § 163Abs. 1BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 131 und 131b entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, liegen gemäß § 163 Abs.2 BAO insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 184 Abs. 3 BAO die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Das Finanzamt hat - insbesondere in seiner Begründung der Beschwerdevorentscheidungen - sehr ausführlich dargestellt, welche konkreten Mängel im Beschwerdefall vorliegen, und erläutert, dass und aus welchen Gründen infolge dieser Mängel die Buchführung der Bf. den in § 131 BAO normierten Grundsätzen nicht gerecht wird. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass insbesondere dem Grundsatz der Nachvollziehbarkeit der vollständigen und richtigen Erfassung bzw. der Plausibilität der Buchführung binnen angemessener Zeit nicht entsprochen wurde. Maßgebliche Unterlagen (wie etwa das Datenerfassungsprototokoll für den Standort A-Straße oder die Bestätigung des Kassenherstellers über die Unabänderlichkeit eingegebener Daten) wurden im abgabenbehördlichen Verfahren überhaupt nicht vorgelegt; das Finanzamt monierte zudem, dass die leichte und zuverlässige Kontrolle der vollständigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle mangels Bekanntgabe der umsatzrelevanten Parameter nicht möglich gewesen sei und sich zudem Differenzen zwischen den kassamäßig erfassten Erlösen und den in der Buchhaltung erfassten Erlösen ergeben hätten. Auch das Fehlen fortlaufender Rechnungsnummern im Journal sowie die Nichtaufbewahrung der täglichen Kellnerabrechnungen wurde gerügt und erläuternd dargelegt, dass (und warum) diese Mängel eine Überprüfung des Rechenwerks der Bf. auf seine Plausibilität geradezu unmöglich machen (s. dazu oben den nahezu vollständig wieder gegebenen Wortlaut der BVE-Begründung).

Dem hat die Bf. im weiteren Verfahren nichts Substanzielles entgegengehalten.

Den Ausführungen des Finanzamtes ist an sich nichts hinzuzufügen; damit wird bereits hinreichend aufgezeigt, dass im vorliegenden Fall jedenfalls Mängel bestehen, welche die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung der Bf. in Zweifel ziehen und sohin zur Schätzung iSd. § 184 BAO berechtigen.

Aber selbst im Verfahren vor dem BFG wurden zum Teil Unterlagen präsentiert, die eine zuverlässige Überprüfung der Vollständigkeit und Plausibilität des Rechenwerkes der Bf. nicht zulassen.

Das BFG ersuchte um Vorlage einiger ergänzender Unterlagen. Naturgemäß ist es dem BFG - allein mangels technischer Ausstattung mit entsprechender Prüfsoftware - nicht möglich, das gesamte Rechenwerk auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gleichsam eine Außenprüfung durchzuführen bzw. nachzuholen. Aber selbst eine stichprobenartige Überprüfbarkeit war insbesondere aus folgenden Gründen nicht möglich:

Bereits der Prüfer wies in seinem Bericht vom darauf hin, dass die täglichen Kellnerabrechnungen und die sonstigen Tagesabschlussrechnungen nicht mehr vorhanden seien. Die Bf. gab dazu an, diese seien nie ausgedruckt worden, seien jedoch gespeichert und könnten jederzeit reproduziert werden (zB S. 16 der Beschwerde).

Vom BFG befragte Zeugen, ehemalige Dienstnehmer der Bf., gaben jedoch an, die Ausdrucke ihrer jeweiligen Tagesabrechnungen am Ende ihrer Arbeitsschicht gemeinsam mit den vereinnahmten Geldern in einen Abrechnungsautomaten bzw. in einen Tresor geworfen zu haben (s. die Protokolle über die Befragung der Zeugen ZgA, ZgB und ZgC je vom ).

Das BFG ersuchte daher die Bf. im Zuge des Erörterungstermines vom um Vorlage eben dieser Kellnertagesabrechnungen für einige näher bezeichnete Tage.

Daraufhin wurden dem BFG am auf einem USB-Stick verschiedene Daten, ua. so genannte "Kellnerauswertungen/Losungen", übergeben. Dabei handelte es sich jedoch lediglich um tabellarische Zusammenstellungen der von den jeweiligen Kellnern an bestimmten Tagen insgesamt vereinnahmten Losungen, nicht aber um die zugrunde liegenden "Abrechnungsbelege".

Das BFG ersuchte daher mit Vorhalt vom abermals darum, diese "Ausdrucke/(Abrechnungs-)Belege, die von den Angestellten nach Schichtende gemeinsam mit den Losungen abgeliefert wurden, vorzulegen" (wiederum für einige zufällig ausgewählte, näher genannte Tage).

In der Folge wurden dem BFG am 24.10. sowie am neuerlich USB-Datenträger mit darauf befindlichen Dateien ausgehändigt.

Dabei handelte es sich aber zweifelsohne wiederum nicht um die von den jeweiligen Dienstnehmern ausgedruckten Originalbelege:

Zum Einen wurden dem BFG "Tagesberichte" (je Kellner, gegliedert nach Warengruppen) vorgelegt. Auf diesen ist weder erkennbar, aus welcher Datenquelle sie stammen, noch wann die Ausdrucke erstellt wurden (s. zB Anlagen A und B).

Zum Anderen wurden laut Vorhaltsbeantwortung vom Z-Abschlüsse zweier Standorte übermittelt. Die Summe dieser Abschlüsse entspreche - so die Bf. - auch den Einnahmen im Kassenbuch. Auf diesen "Z-Abschlüssen" ist aber ebenso wenig ersichtlich, aus welchem System bzw. welcher Datenbank sie herrühren und wann sie erstellt wurden. Darüber hinaus - und das wiegt besonders schwer - sind maßgebliche Informationen (Datum/Zeit) durch Rautensymbole ("###") überschrieben und somit nicht lesbar; zudem sind die jeweiligen Tagessummen nicht angeführt. Datum und Summen sind auf den nunmehr vorgelegten Ausdrucken vielmehr jeweils durch handschriftliche Vermerke (sic!) angebracht (s. Anlagen C und D).

Dass derartigen Unterlagen keine Aussagekraft beizumessen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Es ist absolut unverständlich, dass in diesem fortgeschrittenen Verfahrensstadium - nach Durchführung einer Außenprüfung, nach Abhaltung eines Erörterungstermines und nach Ergehen mehrerer Vorhalte - Unterlagen vorgelegt werden, die teilweise unlesbar sind. Wenn dies über entsprechenden Hinweis des BFG (zB via E-Mail vom ) von der Bf. mit einem "Auslesefehler" bzw. einer Unachtsamkeit der Fa. G bei Erstellung der Ausdrucke erklärt wird (E-Mail vom ), so bleibt damit völlig offen, weshalb derartig unbrauchbare, weil nichts dokumentierende Unterlagen dennoch vorgelegt werden und nicht - nach allfälligem Ersuchen um Fristerstreckung - versucht wurde, diesen Fehler zu korrigieren und les- und damit brauchbare Dateien nachzuliefern.

Bei den solcherart vorgelegten Unterlagen könnte es sich um zu einem beliebigen Zeitpunkt - zB mittels Word oder Excel - erstellte Dateien handeln. Dass diese aus den Original-Kassajournalen stammen und in den steuerlich erfassten Erlösen verbucht wurden, kann damit nicht einmal ansatzweise überprüft bzw. glaubhaft - geschweige denn nachgewiesen - werden.

Mit der Zurverfügungstellung derartiger Dateien bzw. Unterlagen hat die Bf. ihrer gesetzlich gebotenen Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht zweifelsohne nicht entsprochen.

Das Finanzamt wies in seiner Beschwerdevorentscheidung (Begründung S. 4f.) zutreffend darauf hin, dass der Vorlage der (originalen) Ausdrucke der Kellnerabrechnungen eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zugekommen wäre. Die Bf. beschreibt ihre betriebliche Organisation - beginnend vom Wareneinkauf bis zum Inkasso durch die Angestellten - als geradezu vorbildhaft (Beschwerde S. 24). Die Tätigkeit der Mitarbeiter unterliege "im Hinblick auf Waren- und Geldbewegungen einer bestmöglichen Kontrolle" (S. 3 der Beschwerde).

Die Bf. hat durch ihre in der Beschwerde beschriebene Betriebsorganisation in hohem Maße sichergestellt, dass Malversationen durch ihre Angestellten nahezu unmöglich sind. Allfällige Erlösverkürzungen sind daher (rein theoretisch) erst nach Abgabe der Einnahmen durch die Kellner an die Bf. möglich. Die Ablieferung der täglichen Kellnererlöse an die Bf. bildet sohin eine entscheidende Schnittstelle (zwischen vereinnahmten und erklärten Erlösen). Daher wäre es besonders wichtig gewesen, gerade jene Belege, welche die Angestellten zum jeweiligen Schichtende zwecks Dokumentation der von ihnen vereinnahmten Gelder ausgedruckt und gemeinsam mit den Einnahmen in den Tresor oder den Abrechnungsautomaten der Bf. eingeworfen haben, aufzubewahren. Die dem Finanzamt bzw. dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen vermögen diese Originalunterlagen aus den bereits erwähnten Gründen nicht zu ersetzen. Diese sind zum Teil unlesbar, es ist zudem nicht erkennbar aus welcher Datenquelle und zu welchem Zeitpunkt diese reproduziert wurden. Deren Authentizität und Glaubwürdigkeit ist daher im Vergleich zu den Originalunterlagen, die es zweifelsohne gab, deutlich herabgesetzt. Wie das Finanzamt überdies treffend ausführte, ist es durchaus möglich, dass Kellner - zumindest vereinzelt - Anmerkungen auf den Originalunterlagen angebracht haben. Es ist daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass die nunmehr beigeschafften Belege den Originalunterlagen entsprechen.

Wie schon erwähnt sind Unterlagen, auf denen Informationen teilweise unlesbar sind (weil mit "###" überschrieben) und aus denen nicht hervorgeht, aus welchem System bzw. welcher Datenbank sie stammen bzw. wann diese erstellt wurden, absolut ungeeignet, Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung zu beseitigen. Dadurch werden diese Zweifel vielmehr geradezu bestärkt. Derartige Unterlagen sind nicht einmal ansatzweise aussagekräftig; inwieweit damit eine Überprüfung iSd. § 131 BAO gegeben sein soll, bleibt unergründlich. Damit wurde den gesetzlichen Mitwirkungspflichten zweifelsohne nicht entsprochen, weshalb jedenfalls berechtigte Zweifel iSd. § 163 Abs. 2 BAO verbleiben.

Die weiteren Mängel stellen sich zusammengefasst wie folgt dar (s. ergänzend auch die BVE-Begründung des Finanzamtes):

- Im erstmals nach Beschwerdeerhebung vollständig vorgelegten Kassenjournal fehlt die Angabe fortlaufender Rechnungsnummern. Dies, obgleich im System sehr wohl eine entsprechende Information (Spalte "Belegnummer") vorgesehen ist. Im Journal werden sämtliche Belegnummern jedoch mit "0" angegeben.

Bei der Vielzahl an Geschäftsfällen, die im Betrieb der Bf. tagtäglich verzeichnet werden, wiegt das besonders schwer. Laut VwGH (s. oben) hat eine ordnungsgemäße Belegorganisation aus einem Belegnummerierungssystem und einem Belegablagesystem zu bestehen. Die Belegnummer hat primär den Zweck, den Geschäftsfall in seiner zeitlichen Reihenfolge zu fixieren, ihn zu identifizieren und damit die spätere Auffindbarkeit in der Belegablage zu ermöglichen. Fehlen im Journal oder auf den Erlöskonten die Rechnungsnummern, ist nicht kontrollierbar gewährleistet, dass alle Belege (Ausgangsrechnungen) einer Verbuchung auf den entsprechenden Erlöskonten zugeführt wurden. Genau dies ist im Beschwerdefall mangels Angabe der Belegnummern im Journal nicht gewährleistet.

Das Fehlen von Belegnummern im Kassensystem ist insofern unverständlich, als das System jedenfalls die Möglichkeit der Vergabe von Belegnummern vorsah. Zudem waren die an die Kunden ausgegebenen Rechnungen (Belege, Barbons) ohne jeden Zweifel mit Nummern versehen. Denn auf S. 8 der Beschwerde wird dargelegt, dass auf jeder Rechnung eine Gewinnnummer aufgeschienen sei, mit welcher der Kunde vor Verlassen des Lokals an einem Terminal überprüfen habe können, ob er bei einem immer laufenden Gewinnspiel gewonnen habe.

Am wurde dem BFG ein USB-Stick mit verschiedenen Daten ausgehändigt. Darauf finden sich zum Einen im "Hauptgeschäft" ausgestellte Rechnungen (vom ), die als Rechnungsnummer jeweils "0" ausweisen, sowie zum Anderen Rechnungen (vom ) aus dem Geschäftslokal in der A-Straße, welche sehr wohl mit Rechnungsnummern ("RechNr. 665xxx") versehen sind.

Wenn zudem die dem BFG vorgelegten Rechnungen vom jeweils die Nummer 0 aufweisen, auf den Kundenbelegen jedoch Gewinnnummern aufgeschienen sind, so folgt daraus, dass die im Beschwerdeverfahren beigeschafften Belege inhaltlich nicht den Originalbelegen entsprechen können. Denn eine Gewinnnummer enthalten die dem BFG übermittelten Belege nicht.

Dazu kommt, dass aus den vorgelegten Rechnungs-"Reproduktionen" nicht ersichtlich ist, aus welcher Quelle (aus welchem Datenbestand bzw. welchem System wie zB Kassa oä.) diese stammen und wann diese erstellt (ausgedruckt) wurden. Die nunmehr dem BFG vorgelegten Unterlagen, insbesondere Rechnungsbelege, vermögen daher auch aus diesem Grund keine Gewähr für deren vollständige steuerliche Erfassung zu leisten.

Die Bf. hält dem Fehlen fortlaufender Rechnungsnummern im Journal im Vorlageantrag (S. 2) ua. entgegen, die fortlaufenden ID-Nummern würden die Vollständigkeit und Originalität der eingegebenen Daten gewährleisten. Gerade das ist aber nicht der Fall: Das BFG hat - wie schon die Abgabenbehörde in ihrem Vorlagebericht - die Bf. (etwa in einem E-Mail vom sowie in der mündlichen Verhandlung vom ) darauf hingewiesen, dass einer stichprobenartigen Überprüfung zufolge die Erfassung teilweise nicht chronologisch erfolgt ist. So wurde beispielsweise die Rechnungsnummer 4976723 am um 23:21 Uhr aufgezeichnet, die Folgenummer 4976724 jedoch um 21:08 Uhr; weiters wurde Nummer 4977956 um 19:48 Uhr erfasst, die Folgenummer 4977957 hingegen erst um 3:05 Uhr (weitere ähnliche Unregelmäßigkeiten wurden der Bf. mit E-Mail vom mitgeteilt). Die Bf. erklärt diese "Zeitsprünge" damit, dass die Bestellgeräte (Orderman) immer wieder "abstürzen" würden. Diese Fehler würden außerdem auftreten, wenn Tagesabschlüsse erst am folgenden Tag erstellt würden, weil zB ein Kellner vergessen hat, seinen Abschluss zu machen. Das Problem sei auch auf die Vielzahl der Eingabegeräte und auf unterschiedlich eingestellte Uhrzeiten zurückzuführen.

Damit wiegt aber die Nichtangabe von fortlaufenden Rechnungsnummern im Kassenjournal umso schwerer. Eine zuverlässige Überprüfung der vollständigen Erfassung binnen angemessener Zeit ist in Anbetracht der teilweise nicht chronologisch erfolgten Erfassung bzw. Protokollierung nicht möglich.

Wenn schließlich etwa im Schreiben der (früheren) Kassa-Lieferantin G vom auf die Bestimmung des § 11 Abs. 6 UStG verwiesen wird (Kleinbetragsrechnungen), so ist nochmals auf die oa. Rechtsprechung des VwGH zu verweisen: Für eine ordnungsgemäße Belegorganisation ist ein Belegnummerierungssystem und ein Belegablagesystem erforderlich. Fehlen im Journal die Rechnungsnummern, ist nicht kontrollierbar gewährleistet, dass alle Belege (Ausgangsrechnungen) einer steuerlich erfassten Verbuchung zugeführt wurden. Vor allem in Anbetracht der Vielzahl von täglichen Geschäftsfällen im Betrieb der Bf. wäre auf Grund der VwGH-Judikatur eine fortlaufende Nummerierung geradezu geboten gewesen.

Die fehlende Nachvollziehbarkeit zeigt zudem folgender Beispielfall: Dem BFG wurden mittels USB-Stick (darauf gespeicherte) Rechnungen eines Kellners des Hauptlokales vom zur Verfügung gestellt. In der Auflistung dieses (einen) Tages finden sich zB zwei Geschäftsfälle (dritt- und viertletzte Zeile), welchen zwei idente Rechnungsausdrucke zugeordnet sind. Den vorliegenden Rechnungen zufolge hat derselbe Kellner denselben Artikel (Spritzer weiß) um jeweils € 2,20 boniert. Da jedoch weder Rechnungsnummer noch Uhrzeit oder sonstiges Identifizierungsmerkmal vorhanden sind, könnte ein und derselbe Beleg zwei verschiedenen Geschäftsfällen zugeordnet werden.

- Die Überprüfbarkeit des Rechnungswesens der Bf. wurde dadurch massiv erschwert, dass verschiedene Unterlagen erst nach wiederholter Aufforderung sukzessive vorgelegt wurden; einige Unterlagen konnten im Original gar nicht mehr beigeschafft werden:

-- So wurde etwa dem Prüfer während der Prüfung kein (vollständiges) Datenerfassungsprotokoll (Kassa) zur Verfügung gestellt. Nach Beschwerdeerhebung ersuchte das Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom nochmals um Vorlage eines vollständigen Datenerfassungsprotokolles für alle drei Standorte. Für den Standort in der A-Straße wurde ein solches abermals -laut Vorlageantrag "versehentlich" - nicht vorgelegt. Erst dem BFG wurde nach abermaligem Ersuchen um dessen Vorlage ein solches via Datenträger - in veränderbarer Form - vorgelegt.

-- Des Weiteren ersuchte das Finanzamt mit Schreiben vom um eine Beschreibung des Kassenherstellers, aus welcher die nachträgliche Unabänderbarkeit eingegebener Daten hervorgeht. Daraufhin wurden dem Finanzamt lediglich Benutzerhandbücher vorgelegt.

Erst über entsprechendes Ersuchen des BFG wurde ein Schreiben des Kassenlieferanten vom beigebracht, in dem es heißt:

"Manipulationsschutz durch den Hersteller: Die Datenbank ist durch ein Passwort geschützt, welches dem Kunden grundsätzlich nicht bekannt ist. Dadurch kann der Kunde auch nicht in die Datenbank eingreifen. (…)"

Diese Äußerung des Kassenlieferanten bietet nach Ansicht des BFG jedoch gerade keine verlässliche Gewähr dafür, dass eine nachträgliche Abänderung nicht möglich gewesen sein soll (arg.: "grundsätzlich"). Ein kompletter Ausschluss nachträglicher Eingriffe wird durch diese "Bestätigung" seitens des Herstellers gerade nicht garantiert. Angesichts dieser doch wesentlich eingeschränkten Herstellerbescheinigung erscheint auch verständlich, dass diese erst nach mehrmaliger Aufforderung geliefert wurde.

-- Auf Seite 7 der Beschwerde führt die Bf. aus, dass "für jeden Tag des Jahres, an dem der Betrieb geöffnet hat", Checklisten existieren, aus denen ersichtlich sei, welcher Kellner/welche Kellnerin zu welcher Uhrzeit und unter welcher Kellner-Login-Nummer welches mobile Eingabegerät mit Drucker übernommen habe. Der verantwortliche Tages- bzw. Abendhauptdienst sei von der Geschäftsführung verpflichtet worden, diese Checklisten entsprechend ordnungsgemäß zu führen. Aus diesen Checklisten seien etwa Bruch oder Schwund inklusive deren Ursache mit exakter Zeitangabe ersichtlich. Durch diese von den Mitarbeitern verpflichtend anzufertigenden Checklisten könne sich die Geschäftsführung auch nach längerer Absenz ein vollständiges Bild über das vergangene Betriebsgeschehen machen."

Auf Grund dieser Beschwerdeausführungen hat das Finanzamt mit Vorhalt vom die genannten Checklisten für den Monat Juni 2008 angefordert. Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte die Bf. jedoch mit, dass die Checklisten nicht archiviert würden. Dazu kann auf die zutreffend formulierten Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung (S. 4 oben) verwiesen werden, wonach "die Checklisten eine zusätzliche Möglichkeit dargestellt hätten, die Angaben im übermittelten Datenerfassungsprotokoll auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, da in diesem die Überprüfbarkeit anhand der Kellnereinteilung nicht möglich ist, da im System Kellner/Kellnerinnen wieder "überschrieben" werden (d.h. eine Zuordnung der einzelnen Kellner/Kellnerinnen zu den Speichernummern ist nicht möglich, es ist nicht feststellbar, wer jeweils der Kellner/die Kellnerin ist, der zu einer Nummer gehört). Stammdatenänderungen wurden also weder programmgesteuert noch händisch protokolliert. Mangels Speicherung und Aufbewahrung dieser Listen ist es also entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin gerade nicht möglich, sich auch nachträglich noch ein vollständiges Bild über das vergangene Betriebsgeschehen zu machen, welches einen Nachvollzug aller Geschäftsvorfälle ermöglichen würde. (…)"

Damit wurden sohin durchaus aussagekräftige Originalunterlagen, die von Dienstnehmern der Bf. erstellt wurden, nicht aufbewahrt. Dies, obwohl die Bf. in ihrer Beschwerde (S. 7) zur Untermauerung ihres Vorbringens selbst gerade auf diese Checklisten verweist.

-- Das Finanzamt rügt mehrfach, dass die Nachvollziehbarkeit der Erfassung sämtlicher Geschäftsfälle mangels entsprechender Kenntnis, welche Tische, Kellner, Kassen etc. umsatzwirksam sind, nicht gegeben sei (s. dazu insbes. S. 3 der Beschwerdevorentscheidung). Beim Versuch einer Überprüfung hätten sich Differenzen zwischen Registrierkassa und Finanzbuchhaltung ergeben. Die Bf. habe die notwendigen Parameter (zwecks "Filtersetzung") nicht mitgeliefert.

Dem wird im Vorlageantrag ganz allgemein entgegengehalten, eine Summenbildung sei sehr wohl möglich, wenngleich diese etwas aufwändig sei. Dazu wird beispielhaft auf eine dem Antrag beigefügte Beilage I ("Zigarettenumsätze Juli 2008") verwiesen. Auf dieser sind zwar die für den konkreten Ausdruck gesetzten "Filter" ersichtlich; eine allgemein gültige Zusammenstellung aller möglichen Parameter ist darin jedoch nicht zu erblicken.

Erst mit Schreiben der Fa. G vom wurden die möglichen "Filterkriterien" erstmals näher dargelegt.

Mit dieser sukzessive erfolgten Offenlegung der verwendeten "Filter" wurde die Überprüfbarkeit der Vollständigkeit der erfassten Geschäftsfälle ebenfalls wesentlich erschwert.

Dass die verlässliche überblicksmäßige Überprüfung der Vollständigkeit des Rechnungswesens binnen angemessener Zeit nicht bzw. kaum möglich ist, geht im Übrigen auch aus dem Vorbringen der Bf. selbst hervor: Im Vorlageantrag (S. 5 Mitte) gesteht die Bf. selbst zu, dass in einem beispielhaft dargestellten Fall eine betragliche Differenz letztlich nicht aufgeklärt werden konnte.

Auch in der Verhandlung am wurde seitens der Bf. eingestanden, dass ein Nachvollziehen bzw. eine zuverlässige Verprobung der Summen äußerst mühsam bzw. mitunter nur mit Hilfe der Fa. G möglich ist. Erfordert die Überprüfung der Tagesabrechnung eines (einzigen) Kellners einen Zeitaufwand von 10 Minuten und ist dafür überdies die Unterstützung des Kassenlieferanten erforderlich, so wird damit dem Grundsatz, dass die (gesamte) Buchführung einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Vollständigkeit der Geschäftsvorfälle vermitteln können muss, nicht entsprochen.

- Der Prüfer führte in seinem Bericht aus, die buchhalterisch ausgewiesenen Kassastände von durchschnittlich rund € 94.000,-- würden Anlass geben, deren sachliche Richtigkeit anzuzweifeln. Der rechnerische Kassagesamtstand (aller drei Standorte gemeinsam) werde überdies nur einmal im Jahr mit dem tatsächlichen Bargeldbestand abgeglichen.

Die Bf. erklärt die hohen Bargeldbestände in der Beschwerde (S. 24 oben) ua. wie folgt:

Bei Tagesumsätzen im Schnitt zwischen EUR 7.000,00 und EUR 8.000,00, wobei auch Tagesumsätze von über EUR 10.000,00 keine Seltenheit sind, würde der Kassenstandschnitt von EUR 94.000,00 ungefähr 12 Tagesumsätze ausmachen."

Das BFG hat in der mündlichen Senatsverhandlung vom darauf hingewiesen, dass eine einfache Hochrechnung dieser "durchschnittlichen" Bruttoumsätze (von € 7.500,--) einen Jahresumsatz von (brutto) rund € 2,7 Mio. ergibt.

Dies würde sich auch mit den vom BFG abverlangten Bankeinzahlungsbelegen der Bf. (für jeweils näher bestimmte Zeiträume) decken: Aus den vorgelegten Kontoauszügen geht hervor, dass in Zeiträumen von jeweils ca. 15 Tagen Barbeträge von rund € 113.000,-- bei der Bank eingezahlt wurden. Auch auf Grund dieser Bareinzahlungen (ca. 226.000,-- im Monat) ergibt eine Hochrechnung Bruttoumsätze von mehr als € 2,7 Mio. im Jahr. Tatsächlich wurden jedoch in den Streitjahren Bruttoumsätze von € 2,25 (2011) bis € 2,4 Mio. (2009) erklärt.

Dies wird in der Senatsverhandlung vor dem BFG wie folgt erklärt: "Das liegt an unterschiedlichen Spitzenzeiten, zB werden höhere Umsätze erzielt, wenn viele Studenten anwesend sind. Laut den vorgelegten Unterlagen betrugen die Umsätze zwischen 4.000 und 6.000 Euro netto".

Damit vermag die Bf. die beträchtliche Differenz nicht zu erklären. Denn in der Beschwerde ist von Umsätzen zwischen € 7.000,-- bis € 8.000,-- im Schnitt (!) die Rede. Sogar Tagesumsätze von € 10.000,-- seien "keine Seltenheit". Ein Verweis auf unterschiedliche Spitzenzeiten überzeugt daher bei diesen in der Beschwerde geäußerten Durchschnittsangaben nicht.

Die genannten Unterlagen mit Umsätzen zwischen € 4.000,-- und € 6.000 betreffen etwa den Monat Juni 2008 (Anlage E), also jedenfalls einen - im Sinne des obigen Vorbringens der Bf. - umsatzstärkeren Zeitraum, in dem an der Universität keine Ferien und sohin durchaus "Studenten anwesend" sind.

Wollte man jedoch unterstellen, dass die Bf. zwecks Untermauerung ihrer Standpunkte bei Darlegung ihrer Tagesumsätze in der Beschwerde schlicht übertrieben und daher zu hoch gegriffen hat, so wäre wohl auch die Glaubwürdigkeit der übrigen Beschwerdeausführungen in Zweifel zu ziehen.

- Eine programmgesteuerte Protokollierung von Stammdatenänderungen, Konfigurationseinstellungsänderungen etc. ist den Prüfungsfeststellungen zufolge nicht erfolgt. Dadurch wurden ursprüngliche Daten (zB Namen früherer Kellner, nicht mehr angebotenen Artikel, Tischnummern oä.) unwiederbringlich überschrieben; eine Verprobung bestimmter Teilbereiche (wie zB nicht mehr angebotener Waren oder Umsätze früherer Kellner) war dadurch nicht mehr möglich (s. zB die Ausführungen des Prüfers in der Senatsverhandlung am ).

Die Dokumentation von "Stammdatenänderungen", wie zB Änderungen in der Konfiguration der Kassa und ihrer Verarbeitungsregeln oder in der Einrichtung von Aufzeichnungsgrundlagen (Personal, Artikel, Preisänderungen etc.) ist für die Nachvollziehbarkeit des Verarbeitungsverfahrens unabdingbar.

- Die Bf. hält dem Finanzamt mehrmals vor, dieses hätte mit dem "Softwarehersteller Kontakt aufnehmen" können, um zweifelhafte Fragen bzw. behauptete Formalmängel aufzuklären.

Dazu ist nochmals auf die eingangs wieder gegebene Rechtslage, insbesondere § 131 Abs. 3 BAO zu verweisen: Die Buchführung unter Verwendung von (elektronischen) Datenträgern ist - unter den genannten Voraussetzungen - jedenfalls zulässig. Es gilt jedoch: "Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muss, soweit er zur Einsichtsgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen."

Wenn sich die Bf. wiederholt darauf beruft, nicht mehr Kundin der Fa. G zu sein, weshalb sich der Datenaustausch mit der Fa. G als sehr schwierig gestalte (zB E-Mail vom ), so kann dies jedenfalls nicht der Abgabenbehörde angelastet werden. Sowohl das Finanzamt als auch das Bundesfinanzgericht haben für die Vorlage der abverlangten (teils grundlegenden) Unterlagen jeweils angemessene Fristen - auch unter Einräumung von Fristverlängerungen - gewährt. Dessen ungeachtet wurden selbst dem BFG zum Teil unlesbare Dateien sowie zum Teil solche, deren Herkunftsquelle und Erstellungszeitpunkt in keiner Weise erkennbar sind, vorgelegt (s. oben).

Zusammengefasst ist daher festzuhalten:

Den in § 131 BAO normierten Grundsätzen der geordneten, vollständigen und richtigen Eintragung sowie der Klarheit, Sicherheit und Prüfbarkeit der Buchführung binnen angemessener Zeit wurde auf Grund der dargestellten Mängel nicht Rechnung getragen.

Eine verlässliche und einfache Verbindung zwischen den Erlösen laut Kassenprotokoll und den buchmäßig erfassten Erlösen kann nicht hergestellt werden, da im Kassajournal die Spalte "Rechnungsnummer" jeweils mit der Ziffer "0" versehen ist. Teilweise sind auch dem BFG vorgelegte Rechnungsausdrucke nicht mit fortlaufenden Nummern versehen. Eine eindeutige Zuordnung zwischen Geschäftsfall und Beleg ist daher unmöglich (s. dazu zB nochmals den oben dargestellten Beispielfall zweier komplett identer Rechnungen für verschiedene Geschäftsfälle. Die Unterlagen sind teils nicht lesbar, teils sind Datenquelle und Zeitpunkt ihrer Erstellung nicht ersichtlich. Die für die Vornahme einer vernünftigen Kalkulation erforderlichen Informationen ("Parameter") wurden nicht oder erst sukzessive bereitgestellt. Grundlegende Aufzeichnungen wurden nicht aufbewahrt (Kellnertagesabrechnungen, Checklisten). Stammdatenänderungen wurden nicht protokolliert. Die nach mehrfacher Aufforderung beigeschaffte "Bescheinigung" des Kassenherstellers bietet - siehe oben - keine hinreichende Gewähr für die tatsächlich bestehende nachträgliche Unabänderbarkeit einmal eingegebener Daten.

In ihrem Zusammenwirken sind diese Mängel jedenfalls geeignet, die sachliche Richtigkeit der Bücher der Bf. in Zweifel zu ziehen. Mit der Vorlage von teils unlesbaren Unterlagen wurde die Mitwirkungspflicht nur mangelhaft erfüllt. Gemäß § 184 Abs. 3 iVm. § 163 BAO war das Finanzamt daher dem Grunde nach jedenfalls zur Vornahme einer Schätzung berechtigt.

Zur Höhe der Schätzung laut BFG:

Das Finanzamt brachte im Rahmen seiner Schätzung sowohl bei den Umsätzen als auch bei der Gewinnermittlung einen Sicherheitszuschlag iHv. je 4% in Ansatz.

Da im Beschwerdefall auf Grund der dargestellten Mängel eine plausible Kalkulation nahezu unmöglich war, ist auch nicht zu beanstanden, dass die Abgabenbehörde von der Verhängung pauschaler Zuschläge Gebrauch gemacht hat. Andere, besser geeignete oder gar konkretere Parameter standen nicht zur Verfügung.

Das BFG vertritt aber die Auffassung, dass grundsätzlich ein Zuschlag von 2% angemessen erscheint. Dies, da nur formelle Mängel vorliegen, diese im langwierigen Beschwerdeverfahren - zumindest zum Teil - aufgeklärt werden konnten und die Hinzuschätzung auf Basis der Gesamtumsätze der Bf. (welche sich in den strittigen Jahren immerhin zwischen rund € 1,85 und 2 Mio. netto bewegten) erfolgte.

Bei der Gewinnermittlung war überdies ein angemessener Wareneinsatz zu berücksichtigen: Eine Kalkulation hat die Abgabenbehörde nicht vorgenommen bzw. war eine solche - in halbwegs plausibler Weise - auf Grund der dargelegten Mängel kaum zu bewerkstelligen.

Die Bf. bringt auf S. 19 ihrer Beschwerde ua. vor: "Gehen wir davon aus, dass die Vermutungen der Betriebsprüfung nur darauf hinauslaufen können, dass durch die behauptete sachliche Unrichtigkeit der Buchführung eine Umsatzverkürzung stattfand. Unserer Anregung doch bitte eine Kalkulation vorzunehmen um überhaupt von einer gerechtfertigten Hinzurechnung sprechen zu können, wurde mit dem Hinweis begegnet, dass diese wohl stimmen wird. Dies impliziert jedoch, dass nicht nur eine Umsatzverkürzung sondern auch Schwarzeinkäufe unterstellt werden - wie sonst sollten Mehrumsätze erzielbar sein, wenn die Umsatzverprobung stimmt."

Dieses Vorbringen hat eine gewisse Berechtigung für sich. Das Finanzamt hat diesem Vorbringen auch nicht hinreichend konkret widersprochen. Der allgemein gehaltene Hinweis, der Sicherheitszuschlag umfasse als pauschale Größe auch den Wareneinsatz, überzeugt angesichts der sich aus der Buchhaltung der Bf. ergebenden Prozentsätze, die keine ungewöhnlichen Auffälligkeiten zeigen, (s. nachfolgenden Absatz) nicht.

Über Vorhalt des BFG teilte die Bf. mit Eingabe vom 27,11,2018 mit, dass die aus der Buchführung ermittelten Wareneinsätze in den Streitjahren 36,53%, 34% und 33,45% betrugen.

Das BFG hat daher bei Ermittlung der Einkünfte pro Jahr jeweils einen pauschalen Wareneinsatz von 40% in Anschlag gebracht.

Die Berechnung der sich daraus ergebenden Einkünfte laut BFG ist dem beigefügten Berechnungsblatt zu entnehmen.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Entscheidungsfall konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die oa. Gesetzeslage sowie die zitierte VwGH-Rechtsprechung berufen. Zudem war allein auf Sachverhaltsebene zu klären, ob und welche Formalmängel vorlagen - und ob diese in ihrer Gesamtheit zu einer Schätzung iSd. § 184 BAO berechtigen oder nicht. Eine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG lag zweifelsohne nicht vor.

Anlagen:
A bis E (lt. Text)
1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 131 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 163 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100318.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at