Keine Glaubhaftmachung der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2018 bis Februar 2019 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum September 2018 bis Februar 2019 von der Beschwerdeführerin (Bf.) zurückgefordert.
Als Begründung wurde folgendes ausgeführt:
Da J seit mindestens September 2018 nicht mehr in Ihrem Haushalt lebt und
die überwiegende Kostentragung (Schule, Internat, Vollverpflegung etc.) mit
einem monatlichen Schulgeld von 280€ nicht gegeben ist, stand Ihnen ab
September 2018 keine Familienbeihilfe für J mehr zu und war rückzufordern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , die die Bf. wie folgt begründete:
Mein Sohn, J XY geb. am xxx befindet sich seit September 2018 in einer
Ausbildung in Belgien. Drei Mal Jährlich ist er für ca. 1 Monat zuhause, da die Schule während der Feiertage und Sommerurlaub schließt und auch dann keine Wohnmöglichkeit dort gegeben ist .
jüdisches Neujahr (September / Oktober), Pessach / Ostern (April/Mai) und Sommerferien
(Juli/August) dazwischen alle paar Wochen für ein Wochenende an denen Schulautonome Tage
stattfinden.
Zu den bereits genannten Schulkosten habe ich folgende zusätzliche Kosten:
Taschengeld für allfällige Ausgaben des Kindes 100-150 Euro/Monat
Flugtickets Belgien - Wien während der Ausbildungsfreien Zeit (in der ein Verbleib in Ausland
nicht möglich ist), = jährl. min. 4 x hin/retour
Wien - Brüssel
Brüssel Wien
Wien - Brüssel
Brüssel Wien
Wien - Brüssel
Brüssel Wien
Wien - Brüssel
Brüssel Wien
Weitere Kosten beinhalten:
Kleidung, Wohnkosten (zuhause), Verpflegung zuhause (J wohnt während seiner Zeit in Wien bei mir), medizinische Kosten (J wird derzeit intensiv wegen einer noch ungeklärten muskulären Krankheit untersucht)
Beiliegend ein paar Rechnungen für Bekleidung, welche in Amerika bzw. England gekauft wurde. Es handelt sich dabei um Bekleidung, die in der Schule vorgeschrieben ist, und so in Österreich nicht erhältlich ist. (Vgl. Schuluniform im Sacre Coer).
Wie von ihnen beauftragt habe ich die Bestätigung der Schule vorgewiesen. Die von mir geleisteten Anschaffungskosten betreffend Bekleidung, Taschengelde und alles andere was mein Sohn braucht kann, wenn erforderlich, von meinem Sohn bestätigt werden.
Beiliegend auch einige Flugtickets.
Mit Schreiben vom teilte die Bf. der belangten Behörde folgendes ergänzend mit:
Aufstellung der gesamten Lebenshaltungskosten pro Monat (bzw. aufgeteilt):
Ausbildungskosten + Internat € 280,-
Taschenfeld € 150,-
Heimreisekosten € 50,
Bekleidung € 85,-
Verpflegung zuhause € 200,-
medizinische Kosten € 150,-.
Das Geld für die Studienzeit gebe ich ihm bar mit, von meinem Gehalt sowie bisher Notstandshilfe.
Als alleinstehende Mutter und die fehlende monatliche Familienbeihilfe für J, ist es mir finanziell schwierig alleine zu Decken, ich erhalte daher Unterstützung von Verwandten.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung abgewiesen:
Ihr Sohn J, geboren am xxx, absolviert seit September 2... eine religiöse
Berufsausbildung an der JESCHIWAH ETZ CHAIM in Antwerpen. Diese Ausbildung wird
voraussichtlich bis August 2021 dauern. Der Stundenplan besteht aus den Fächern
Bibel, Talmud, Jüdisches Gesetz, Jüdische Ethik, Philosophie und Sport.
J wohnt in einem schuleigenen Heim mit Vollversorgung. Laut Bestätigung der Schule vom zahlen die Eltern „ein monatliches Stipendium" in der Höhe von EUR 280,-. Die Ferien und teilweise auch die Wochenenden verbringt J in Wien. Die entsprechenden Flugtickets wurden vorgelegt.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurden Sie aufgefordert, eine Aufstellung der
monatlichen Lebenshaltungskosten und den Nachweis der Finanzierung der Unterhaltskosten für Ihren Sohn ab Beginn der Ausbildung in Belgien zu erbringen.
Vorgelegt wurde lediglich eine Aufstellung der Lebenshaltungskosten, die Sie mit ca. 915 € pro Monat angeben. Das Geld für die Studienzeit geben Sie Ihrem Sohn in bar mit. Die Finanzierung erfolgt durch Ihr Gehalt bzw. Notstandshilfe und durch Unterstützung von Verwandten.
Nachweise Ihrer Unterhaltsleistungen wurden nicht erbracht.
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen, die im
Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf
Familienbeihilfe für minderjährige und u.a. für volljährige Kinder, die sich in einer
Berufsausbildung befinden.
Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG vorrangig die Person, zu deren Haushalt
das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die
Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn
keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 5 FLAG gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei
einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die
Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des
Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in
Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
Art. 1 lit. i der VO (EG) Nr. 883/2004 lautet auszugsweise:
„Familienangehöriger":
1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als
Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet
wird;...
3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person
nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten
oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn
der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner
bestritten wird."
Nach Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines
Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in dem Mitgliedstaat, für die
Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre
Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
Gemäß Art. 11 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 unterliegen Personen, für die diese Verordnung
gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. Welche Rechtsvorschriften dies sind,
bestimmt sich nach diesem Titel. In Absatz 2 des zitierten Artikels wird bei Personen für Zwecke
dieses Titels, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit
eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit
ausüben. Gemäß Absatz 3 gilt vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige
Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei
Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene
Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet
anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den
Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.
Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den
Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.
Gemäß Artikel 60 der VO (EG) Nr. 987/2009 ist bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.
Würdigung:
Es ist Sache des Beschwerdewerbers, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe nachzuweisen bzw. glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen.
Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (, 94/15/0181). Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht auch dann in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag - wie es auf den vorliegenden Beschwerdefall zutrifft - tätig wird (). Für antragsgebundene Verfahren besteht somit eine erhöhte Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei. Liegt eine Verletzung der Mitwirkungspflicht vor, so hat die Behörde den maßgebenden Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung festzustellen, wobei die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, Tz. 2 zu § 166, Tz. 6 und 8 zu § 167).
Laut Aktenlage besucht Ihr Sohn seit September 2018 eine höhere religiöse Schule in Belgien.
Sie sind in Österreich beschäftigt bzw. befanden sich in einer Beschäftigung
gleichgestellten Situation. Es liegt somit ein Anwendungsfall der VO (EG) 883/2004 vor.
Unionsrechtlich ist die Beihilfe entweder der den Unterhalt (überwiegend) leistenden Person
oder der haushaltsführenden Person zu gewähren. Wer anspruchsberechtigt ist, ist nach
nationalem Recht zu beurteilen.
Entsprechend den nationalen Bestimmungen hat vorrangig jene Person Anspruch auf
Familienbeihilfe für ein die Anspruchsvoraussetzungen erfüllendes Kind, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Der Tatbestand der "überwiegenden Kostentragung" (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG) ist als Anspruchsvoraussetzung subsidiär gegenüber dem Tatbestand der Haushaltszugehörigkeit (§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG). Jemand, der die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ohne dass das Kind bei ihm haushaltszugehörig ist, hat nur dann (nachrangig) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn das Kind bei keinem anderen Elternteil haushaltszugehörig ist.
Ein Kind gilt als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, betreut und versorgt wird. Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich die Tatsache einer nachgewiesenen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung (vgl. ). Nicht von Bedeutung sind hingegen das Erziehungsrecht, ebenso polizeiliche Meldebestätigungen, die lediglich ein widerlegbares Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft darstellen, aber nicht geeignet sind, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern.
Im Falle eines Internatsbesuches über einen Zeitraum von drei Jahren liegt weder eine
tatsächliche noch eine fiktive Haushaltszugehörigkeit iSd § 2 Abs. 5 FLAG vor. Ein
Familienbeihilfeanspruch besteht nur dann, wenn die überwiegende Tragung der Kosten für den Internatsaufenthalt durch die Eltern nachgewiesen wird (vgl. UFSI vom , RV/0073- 1/12).
Aus dem oben dargestellten Sachverhalt ergibt sich somit, dass Ihr Kind aufgrund der
mehrjährigen Ausbildung in Belgien im Rückforderungszeitraum nicht Ihrem Haushalt
angehörte. Aber auch eine fiktive Haushaltszugehörigkeit nach den Bestimmungen des FLAG 1967 ist nicht gegeben, da bei einem auf drei Jahre angelegten auswärtigen Schulbesuch weder die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 (vgl. u.a ) noch jene des § 2 Abs. 5 lit. b FLAG 1967 (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 147) zum Tragen kommt.
Die überwiegende Unterhaltsleistung wurde - trotz Ergänzungsersuchen und
Fristverlängerungen - nicht nachgewiesen. Entsprechend der Judikatur des UFS/BFG genügt die Glaubhaftmachung dieser Leistungen, da es den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, dass nicht alle Nachweise über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden (vgl. -G/10). Dass aber alle Zahlungen ausschließlich durch Übergabe der Bargeldbeträge getätigt werden, erscheint völlig unglaubwürdig und entspricht keinesfalls den Erfahrungen des täglichen Lebens. Darüber hinaus ist auch in Anbetracht Ihrer dem Finanzamt bekanntgegebenen jährlichen Einkünfte, die sich in etwa mit den behaupteten jährlichen Ausgaben für Ihren Sohn decken, nicht von einer überwiegenden Kostentragung auszugehen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienbeihilfe waren daher in den Rückforderungszeiträumen nicht erfüllt.
Die Bf. übermittelte weiters eine Bestätigung der Schule, dass der Sohn das Schulgeld monatlich in bar bezahlt habe und dass
der Rest der Kosten durch ein Stipendium des Jeschiwa Vereins gedeckt werde. Dieses ergehe an ausgezeichnete Schüler deren Eltern sich die finanziellen Kosten nicht zu Gänze leisten können.
Sie übermittelte von ihrer Bank erstellte Kopien betreffend Gutschriften und Lastschriften auf ihrem Konto sowie die Kreditkartenabrechnung, der auf ihren Namen lautenden Kreditkarte.Über diese Kreditkarte wurden auch Zahlungen mit einer sog. "Revolut-Karte" abgerechnet. Diese Abrechnungen betreffend den Zeitraum Mai 2019 bis Dezember 2019.
Weiter sind eine Abbuchung betreffend Kleidung in US-Dollar vom April 2019, Bargeldbehebungen von Jänner und Februar 2019, sowie eine Abbuchung zugunsten ITC Reisebüro in Wien vom ersichtlich.
Die vorgelegten Flugtickets betreffen einen Zeitraum außerhalb des Rückforderungszeitraumes, nämlich Flüge am ( Zahlung durch die Bf. nicht ersichtlich) und am 5.5 (5.8.) 2019 (Zahlung mittels Kreditkarte lautend auf Herrn F).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen:
Die Bf. hat ihren Lebensmittelpunkt in Österreich.
Sie hat im Rückforderungszeitraum monatlich nur etwa € 1.250.- zur Verfügung und zwei weitere Kinder, für die sie unterhaltspflichtig ist.
Der Sohn der Bf. begann im September 2018 eine Ausbildung in Belgien, die voraussichtlich bis 2021 dauern wird.
Die Ferien und teilweise auch die Wochenenden verbringt der Sohn bei der Bf..
Die Kosten der Ausbildung werden zum Großteil vom Schulerhalter übernommen, sodass der Anteil der Bf. lediglich € 280.- pro Monat beträgt.
Der Sohn hat diesen Betrag monatlich in bar dem Schulerhalter bezahlt.
Die monatlichen Lebenshaltungskosten des Sohnes werden von der Bf. mit € 915.- angegeben.
Diverse Aufwendungen des Sohnes im Zeitraum Mai 2019 bis Dezember 2019 wurde von diesem mit einer "Revolut-Karte" über die Kreditkarte der Bf. abgerechnet.
Dieser Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu würdigen:
Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich der nicht strittigen Anwendbarkeit der VO 883/2004 sowie der daraus folgende Anwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts auf die ausführliche Darstellung in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Folgende Normen des Familienlastenausgleichsgesetzes kommen zur Anwendung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr ( ab das 24. Lebensjahr) noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß §26 Abs 1 FLAG zurückzuzahlen.
Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden. Der Kinderabsetzbetrag ist im Einkommensteuergesetz geregelt (§ 33) und ist eine Bundesabgabe. Der Kinderabsetzbetrag wird im Familienbeihilfenverfahren berücksichtigt. Die Auszahlung erfolgt gleichzeitig mit der Familienbeihilfe.
Das Finanzamt hat die die Rückforderung unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 damit begründet, dass der Sohn im Rückforderungszeitraum nicht dem Haushalt des Bf. angehört habe und eine überwiegende Kostentragung durch die Bf. nicht gegeben gewesen sei.
Bereits aus dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 geht hervor, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe in zwei Stufen zu prüfen ist (vgl. VwGH 16.2.1988, 85/14/0130). Demnach räumt das Gesetz den Anspruch auf Familienbeihilfe zunächst demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Nur dann, wenn das Kind zu keinem Haushalt einer anspruchsberechtigten Person gehört, ist die Frage der Kostentragung relevant. Nur in diesem Fall steht nämlich laut dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Familienbeihilfe demjenigen zu, der die Kosten des Unterhaltes überwiegend trägt.
Um beurteilen zu können, wer die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, sind zunächst die tatsächlichen monatlichen Kosten, die für den Unterhalt des Kindes aufgewendet werden, zu ermitteln. Monatsbezogenheit deshalb, weil gesetzlicher festgelegter Anspruchszeitraum, wie sich aus § 10 Abs. 2 und 4 FLAG ergibt, der Monat ist. Zu den Unterhaltskosten gehören alle Kosten zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes entsprechend § 140 ABGB, also insbesondere die Kosten der Nahrung, der Bekleidung, der Wohnung mit Licht und Heizung, der Körperpflege, der ärztlichen Behandlung, der Heilmittel und der Pflege in Krankheitsfällen, einer Erholungsreise, des Unterrichtes und der Berufsausbildung, der Befriedigung angemessener geistiger Bedürfnisse und Unterhaltungen und vieles mehr. Diese Kosten sind grundsätzlich unter Mitwirkung des Familienbeihilfenwerbers konkret zu ermitteln.
Ob eine Person die Unterhaltskosen für ein Kind überwiegend trägt, hängt nun einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der in diesem Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab. Ohne Feststellung der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind ist daher lediglich auf Grund der erbrachten Unterhaltsleistungen - sofern sich diese nicht auf Grund ihrer geringen Höhe als absolut ungenügend erweisen - die Beurteilung, ob überwiegende Kostentragung vorliegt, nicht denkbar ().
Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Unstrittig ist, dass der Sohn der Bf. auf Grund seines für mehrere Jahre vorgesehenen Studiums in Belgien nicht dem Haushalt der Bf. angehört.
Das bloße Verbringen der Ferien in Österreich bzw. fallweise kurze Besuche in Österreich während des Schuljahres sind jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch ein ständiger Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrochen wird (vgl. ; ; ; ; ).
Der Bf. würde daher nur dann im Sinne der o.a. gesetzlichen Bestimmung Familienbeihilfe zustehen, wenn sie im Rückforderungszeitraum September 2018 bis Februar 2019 die monatlich anfallenden Unterhaltskosten überwiegend getragen hätte.
Die Bf. gab die monatlichen Unterhaltskosten mit € 915.- an (sieh die Aufstellung in den Entscheidungsgründen). Die tatsächlich überwiegende Leistung durch die Bf. wurde jedoch nicht nachgewiesen.
Daran ändert auch die Bestätigung durch die Schule, wonach der Sohn das monatliche "Stipendium" i.H. von € 280.- monatlich in bar bezahle nichts, da diese Bestätigung alleine über die Mittelherkunft nichts aussagt. Auch wäre die Leistung von € 280.- im Verhältnis zu den gesamten Unterhaltskosten nicht "überwiegend" im Sinne des Gesetzes.
Auch über das "Stipendium" hinaus gibt es keine weiteren Zahlungsnachweise durch die Bf. im Rückforderungszeitraum. Wenn die Bf. auf die sog. "Revolut Karte" verweist, mit der Abbuchungen ihres Sohnes (unter der Annahme, dass es sich dabei um Aufwendungen für seinen Unterhalt handelt) über ihre Kreditkarte abgerechnet werden, so ist lt. den vorgelegten Auszügen erstmals eine Abbuchung i.H. von € 10.- am zu sehen, also außerhalb des Rückforderungszeitraumes.
Die weiteren (nicht geschwärzten) Abbuchungen von ihrer Kreditkarte lassen entweder einen Zusammenhang mit Aufwendungen für den Sohn nicht erkennen ("Barabhebungen") oder liegen ebenfalls außerhalbe des Rückforderungszeitraumes (Abbuchung in US-Dollar von April 2019).
Als Nachweis dafür, dass die Bf. die Flugkosten für ihren Sohn trage, legte sie zwei Flugtickets vor, zu denen folgendes auszuführen ist:
- das am bezahlte Ticket für den lässt nicht erkennnen, wer es bezahlt hat,
- das Ticket für den 5.5. (5.8.) 2019 wurde über die Kreditkarte eines Herrn F abgerechnet,also nicht von der Bf. bezahlt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es der Bf. nicht gelungen ist zumindest glaubhaft darzutun, dass sie im Rückforderungszeitraum überwiegend die Unterhaltskosten für ihren Sohn getragen hat.
Wie auch schon die belangte Behörde feststellte, sind die geringen Einkünfte und weiteren Sorgepflichten der Bf. sowie die Tragung der Ausbildungs-und Verpflegungskosten bis auf eine Anteil von € 280.- durch den Schulerhalter ebenfalls ein Indiz dafür.
Finanzielle Unterstützung durch Verwandte begründet die Bf.im Schreiben vom mit dem Wegfall der Familienbeihilfe für ihren Sohn.
§ 26 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Demnach entbindet auch die Weitergabe der zu Unrecht bezogenen Beträge nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung (vgl. dazu insbesondere , und auch ).
Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, beim Finanzamt einen Antrag auf Nachsicht gem. § 236 BAO zu stellen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die Revision nicht zuzulassen.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Auslandsstudium gemeinsamer Haushalt Unterhaltskosten |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101272.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at