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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2020, RV/5100258/2020

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri.in in der Beschwerdesache Bf.in, AdresseBf.in, Land, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XY vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Im Jahr 2018 erzielte die aus Land stammende Beschwerdeführerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung für Jänner bis Dezember 2018.

In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom wurden Familienheimfahrten in Höhe von 3.060,00 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 2.040,00 € geltend gemacht.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde der Beschwerdeführerin Folgendes aufgetragen:
Sie hätte Kosten für Familienheimfahrten beantragt. Es seien folgende Fragen zu beantworten und Nachweise vorzulegen:
- Wie sei die Anschrift des Familienwohnsitzes? Nachweis: Meldezettel
- Wie viele Kilometer sei der Familienwohnsitz von der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort entfernt?
- Welches Verkehrsmittel würde sie benutzen für die Fahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz? Nachweis: Aufstellung z.B. über Treibstoffkosten, Fahrtenbuch, Fahrscheine, Beiträge für Mitfahrgelegenheiten
- Hätte sie am Beschäftigungsort eine Wohn- oder Schlafmöglichkeit? Nachweis: Mietvertrag und Zahlungsbelege oder Bestätigung des Arbeitgebers.
Hätte der Arbeitgeber Fahrtkosten steuerfrei vergütet? Dann sei bitte die Höhe bekannt zu geben.

Obiger Ergänzungsvorhalt wurde nicht beantwortet.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom wurde als Werbungskosten lediglich der Pauschalbetrag in Höhe von 132,00 € anerkannt und dies damit begründet, dass das Finanzamt trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten hätte. Es hätten daher nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden können.

Mit Schreiben vom wurde gegen oben angeführten Bescheid Beschwerde erhoben, Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.366,00 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 2.040,00 € geltend gemacht und wie folgt ausgeführt:
Die Beschwerdeführerin hätte nicht reagiert auf das Ersuchen, weil sie nicht mehr in Österreich beschäftigt und gemeldet sein würde. Bei Finanzonline würde ihre E-Mail-Adresse falsch sein. Zu den Aufwendungen:
1. Heimfahrten
Jede Woche hätte sie die Mitfahrgelegenheit in Anspruch genommen. Für eine Strecke hätte sie 30,00 € ohne Rechnung bezahlt. Im Monat sei sie vier mal hin und vier mal zurück gereist.
2. Doppelte Haushaltsführung
Anbei die Bestätigung über die Miete. In Land sei sie Wohnungseigentümerin seit 2008.

Mietkosten in Höhe von 2.040,00 € für die Wohnung in Österreich im Jahr 2018 wurden nachgewiesen.
Laut eingereichtem Meldezettel ist die Beschwerdeführerin seit in Land gemeldet.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, folgende Unterlagen vorzulegen:
Haushaltsbestätigung der Gemeinde im Ausland, aus der hervorgehe, mit wem sie im gemeinsamen Haushalt leben würde. Formular E9 bezüglich Einkommen des Gatten bzw. des Lebensgefährten - falls vorhanden. Sämtliche Bescheinigungen seien in beglaubigter Übersetzung vorzulegen.

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
Sie sei geschieden, im August sei noch ihre Tochter mit gemeldet gewesen. Dann wegen Heirat abgemeldet. Im Haushalt lebe nur sie alleine. Ihre Eltern seien schon alt, die Mutter 79 Jahre und der Vater 83 Jahre alt und würden im Nachbarort leben. Sie müsse ihnen regelmäßig im Haushalt helfen. Deswegen sei die Verlegung des Wohnsitzes unzumutbar.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt ausgeführt:
Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen würden. Dabei könnten die Kosten für Familienheimfahrten vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend werde bei einem verheirateten Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren, bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen werden können. Laut dem Finanzamt aufliegenden Unterlagen sei die Beschwerdeführerin seit 1997 geschieden und seit April 2012 in Österreich beschäftigt.
Eine Verlegung des Familienwohnsitzes würde unter anderem unzumutbar sein, wenn am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen würden und eine (Mit-)Übersiedlung der gesamten Familie wirtschaftlich nicht zumutbar sein würde. Es sei davon auszugehen, dass bei volljährigen Kindern grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteiles mehr bestehe (Die Tochter der Beschwerdeführerin sei bereits im Jahr 2011 volljährig geworden.)
Ein für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechender Grund könne sein die Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger, deren Mitübersiedlung unzumutbar sein würde. Eine teilweise Unterstützung der betagten Eltern durch die Kinder bei ihrer Haushalts- und Lebensführung an den Wochenenden, Feiertagen und im Urlaub entspringe jedoch dem familiären Beistandsgebot und bilde allein keine ausreichende Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung.

Mit Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vom wurde wie folgt begründet:
Die Beschäftigung der Beschwerdeführerin in Österreich würde zeitlich begrenzt gewesen sein. Seit Februar 2019 keine Beziehung mehr, sie sei in Land gemeldet mit Hauptwohnsitz. Für die Zeit der Erwerbstätigkeit hätte sie im Heimatland die Wohnung unterhalten müssen. Dazu würden entsprechende Belege (Miete, Gas, Strom) erhalten werden.

Mit Vorlagebericht vom wurde die obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin wäre von 2012 bis 2019 in Österreich beschäftigt gewesen und hätte 2018 Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nach Land beantragt. Sie sei geschieden, ihre Tochter sei volljährig. Nachdem das Ergänzungsansuchen 1 unbeantwortet geblieben wäre, seien die beantragten Werbungskosten im Erstbescheid nicht berücksichtigt worden. In der Ergänzung vom würde die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes damit begründet werden, dass die die Beschwerdeführerin ihren Eltern in Land regelmäßig im Haushalt helfen müsse.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war in Österreich von 2012 bis 2019 unselbständig tätig.
Im Beschwerdejahr 2018 war sie Vollzeit von Jänner bis Dezember angestellt.
Sie ist A. Staatsbürgerin, lebt alleine, ihre Tochter ist volljährig.
Sie verfügte über einen Wohnsitz in Österreich in der Nähe ihrer Arbeitsstätte und über eine Wohnung in Land.
Ihre Eltern sind betagt und wohnen in der Nähe dieser Wohnung in Land.
Sie hilft ihren Eltern regelmäßig im Haushalt.

Strittig ist die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung sowie der Aufwendungen für Familienheimfahrten als Werbungskosten.

Rechtliche Begründung

Doppelte Haushaltsführung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Verfügt ein Steuerpflichtiger neben seinem Familienwohnsitz über einen betrieblich veranlassten zweiten Wohnsitz am Ort der Tätigkeit, dann sind die Aufwendungen für diesen zweiten Wohnsitz sowie die Kosten der Fahrten zwischen den beiden Orten als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten absetzbar.
Die doppelte Haushaltsführung ist betrieblich veranlasst, wenn weder die tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz, noch die Verlegung des Familienwohnsitzes zum Beschäftigungsort zumutbar ist. Dass der Familienwohnsitz in unüblicher Entfernung von der Arbeitsstätte beibehalten wird, ist grundsätzlich nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch private Umstände veranlasst (Doralt, Kommentar zum EStG19, § 4, Rz 346). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen ().

Grundsätzlich stützt sich die Rechtsprechung des VwGH zur doppelten Haushaltsführung auf den allgemeinen Betriebsausgabenbegriff (und nicht auf die Pendlerverordnung).
Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet ().
Auch eine allein stehende Steuerpflichtige kann einen Familienwohnsitz haben. Das ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen hat. (Jakom12 EStG, § 16, Rz 56).

Unstrittig ist die tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort in Österreich zum Familienwohnsitz in Land unzumutbar.
Strittig ist, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes von Land nach Österreich unzumutbar war.
Nach einer gewissen Zeit ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen ().
Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab, bei ledigen Steuerpflichtigen wird etwa ein solcher von sechs Monaten angenommen.
Wie auch ausgeführt in , ist die teilweise Unterstützung von betagten Eltern durch ihre Kinder bei ihrer Haushalt- und Lebensführung an den Wochenenden, Feiertagen und im Urlaub durch das familiäre Beistandsgebot veranlasst und bildet keine ausreichende Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung.
Es liegen folglich keine steuerrechtlich relevanten Gründe vor, weshalb die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich unzumutbar gewesen wäre.

Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Familienheimfahrten

Gemäß § 20 Abs. 2 lit e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit d angeführten Betrag übersteigen nicht abgezogen werden.

Unter Familienheimfahrten wird der typische Fall der Heimfahrt an einen Ort erfasst, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs. 1) einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (, Doralt20, Kommentar zum EStG, § 20 Rz 104/11). 

Steuerlich absetzbar werden Aufwendungen für Familienheimfahrten nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (Jakom12 EStG, § 16, Rz 56).
Da diese wie oben ausgeführt nicht vorliegen, ist die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aus welchem Grund und ob die Verlegung des Familienwohnsitzes der Beschwerdeführerin nach Österreich unzumutbar war sind auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Tatfragen, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100258.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at