Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.04.2020, RV/7102857/2019

Kein Erhöhungsbetrag ohne Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Rückforderung für A. für den Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Hinsichtlich der Monate August bis November 2017 wird der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Der angefochtene Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) wird dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:


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Name des Kindes
Art der Beihilfe
Zeitraum von - bis
A.
FB
Dezember 2017-Februar 2018
 
KG
Dezember 2017-Februar 2018

Der Rückforderungsbetrag beträgt:


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Art der Beihilfe
Summe in €
FB
€ 1.540,30
KG
€    175,20
Rückforderungsbetrag gesamt:
€ 1.715,50

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom wurden Familienbeihilfe (€ 2.150,70) und Kinderabsetzbeträge (€ 408,80) für die Tochter des Beschwerdeführers (Bf.) für den Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 rückgefordert.
Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.
Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
(Die Tochter des Bf.) ist mit Juli 2017 volljährig und befand sich vom August 2017 bis Feber 2018 nicht in Berufsausbildung.
Laut Aktenlage besteht bei (der Tochter des Bf.) keine dauernde Erwerbsunfähigkeit.
Da somit kein Anspruch auf die Familienbeihilfe gegeben ist und die erhöhte Familienbeihilfe jedoch vom Grundbetrag der Familienbeihilfe abhängig ist, ist auch kein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe gegeben.

Der Bf. erhob Beschwerde wie folgt:
Wie aus der beigeschlossenen Kursbestätigung der i. Bildungs GmbH vom hervorgeht, hat das erheblich behinderte Kind (die T ochter des Bf.), geb. am …7.1999, in den Monaten September bis November 2017 an einem Vorbereitungskurs „Überbetriebliche Ausbildung“ teilgenommen. Wie aus der beigeschlossenen Kursbestätigung der i. Bildungs GmbH vom hervorgeht, besucht das obgenannte Kind mit dem Ziel des Erwerbes eines Pflichtschulabschlusses, des eventuellen Übertrittes in das Regelschulwesen oder der Aufnahme einer Lehrstelle ab März 2018 bis voraussichtlich Dezember 2018 einen weiteren Kurs, um trotz der erheblichen Behinderung eventuell eine Erwerbsfähigkeit zu erlangen bzw. eine dauernde Erwerbsunfähigkeit zu verhindern.
Das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers versucht sohin, obwohl vom BASB Landesstelle Wien festgestellt wurde, daß der Grad der Behinderung mehr als 3 Jahre andauern wird und ein Dauerzustand vorliegt - eine Feststellung zur dauernden oder vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit findet sich in dem vom BASB Landesstelle Wien erstellten SV-Gutachten gar nicht -, seit seiner Volljährigkeit durch die Teilnahme an Berufsausbildungs-Kursen, die ihm seitens des AMS ... vermittelt wurden, eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit zu verhindern; derzeit und auch in den Monaten August 2017 bis Februar 2018 hat eine Erwerbsunfähigkeit des Kindes des Beschwerdeführers jedoch auf jeden Fall (noch) vorgelegen.
Für die Monate August (Ferien) und Dezember 2017 sowie Jänner und Februar 2018 wurden dem Kind des Beschwerdeführers seitens des AMS ... keine entsprechenden Berufsausbildungs-Kurse angeboten, jedoch war das Kind naturgemäß auch in diesen Monaten (noch) erwerbsunfähig, zumal es ja erst einen Kurs besuchen muß bzw. soll, daß es einen Pflichtschulabschluß erlangt oder in das Regelschulwesen übertreten kann oder eventuell eine Lehrstelle aufnehmen kann.
Es wird daher beantragt, der vorliegenden Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen (Rückforderungs)Bescheid vom aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, daß festgestellt wird, daß der Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag für das Kind ... (auch) für den Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 zu Recht besteht und daher der Beschwerdeführer nicht verpflichtet ist, den bezughabenden (Rückforderungs)Betrag von EUR 2.559,50 zurückzuzahlen.
Sofern trotz der obigen Beschwerdeausführungen d.a. davon ausgegangen werden sollte, daß der Bezug der Familienbeihilfe für das Kind ... für den Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 unrechtmäßig war, wird gemäß § 26 Abs. 4 FLAG 1967 angeregt, daß die Oberbehörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anweist, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges der Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag abzusehen, zumal eine solche Rückforderung aufgrund des gegebenen Sachverhaltes und der festgestellten erheblichen Behinderung des Kindes ... unbillig wäre.
In einem wird mit Rücksicht auf die gegenständliche Beschwerde gegen den (Rückforderungs)Bescheid vom beantragt, keine Anrechnung des (Rückforderungs)Betrages von EUR 2.559,50 auf die fälligen oder fällig werdenden Familienbeihilfen (einschließlich Kinderabsetzbeträgen) gemäß § 26 Abs. 2 FLAG 1967 vorzunehmen bzw. eine solche nicht zu verfügen.

Das Finanzamt erließ eine teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung (hinsichtlich der Monate September bis November 2017) mit folgender Begründung:
In der ab gültigen Fassung steht Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen
und zusätzlich ab unter folgenden Voraussetzungen:
- für Kinder die am Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012, oder am Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012, oder am Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012, oder am Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms „Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013 teilnehmen.
Die Rückforderung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung des Kindes A. erfolgten, da lt. Sachverständigengutachten vom zwar eine 50%ige Behinderung, aber weder eine Erwerbsunfähigkeit noch sonstige Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 vorlagen.
Da in der Beschwerdeschrift auf eine vorliegende Erwerbsunfähigkeit des Kindes hingewiesen wurde, erfolgte die Anforderung eines aktuellen Sachverständigengutachtens, mit dem Ersuchen um Prüfung ob und seit wann eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt.
Lt. der, dem Finanzamt elektronisch übermittelten, Stellungnahme vom „liegt keine Beeinträchtigung vor, welche eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit bedingt.“
Es wurde neuerlich nur eine 50%ige Behinderung ab bescheinigt.
Das Kind A. vollendete sein 18. Lebensjahr mit ..7.2017. Ausbildungsnachweise wurden für die Zeiträume 4.9. bis und 12.3. bis voraussichtlich vorgelegt.
Da die Monate August 2017 bis Februar 2018 rückgefordert wurden, wurde ein Tätigkeitsnachweis für die Zeiträume 1.8.- und - abverlangt.
In Ihrem Schreiben vom wurde darauf wie folgt Stellung genommen:
„Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 liegt eine erhebliche Behinderung in bezug auf ein Kind jedenfalls vor, wenn der festgestellte Grad der Behinderung zumindest 50 v.H. beträgt und die festgestellte Funktionsbeeinträchtigung voraussichtlich mehr als drei Jahre beträgt. Wenn somit der festgestellte Grad der Behinderung zumindest 50 v.H. beträgt, ist es ohne Belang, ob in bezug auf dieses Kind auch festgestellt wurde, daß es voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Tatbestand „voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen“ erweitert den Kreis des Vorliegens einer erheblichen Behinderung in bezug auf solche Kinder, bei denen der festgestellte Grad der Behinderung nicht zumindest 50 v.H. beträgt ( „..., soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das .....").
In bezug auf das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers (A., geb. am ...7.1999) wird im eingeholten Sachverständigengutachten vom festgestellt, daß der Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H. beträgt und daß der festgestellte Grad der Behinderung von 50 v.H. mehr als 3 Jahre andauem wird.
Damit ist eine erhebliche Behinderung des obgenannten Kindes des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 auch in jenen Zeiten vom 1.8. bis und vom bis gegeben, in denen dieses Kind keiner Tätigkeit nachgegangen ist, und besteht daher ein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe auch für die beiden vorgenannten Zeiten vom 1.8. bis und vom bis . Ein erheblich behindertes Kind mit einem Gesamtgrad der Behinderung von zumindest 50 v.H. und einer voraussichtlichen Dauer der Funktionsbeeinträchtigung von mehr als 3 Jahren braucht als Voraussetzung für den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe keiner Tätigkeit nachzugehen (das Verlangen bzw. Erfordernis der Ausübung einer Tätigkeit bei einem Kind mit einer Behinderung ab 50 v.H. wäre vernünftigerweise auch nicht nachvollziehbar).“

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um einen im Gesetz genannten Betrag. Daraus folgt, dass der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe diese erhöht, jedoch niemals ohne Familienbeihilfe (Grundbetrag) allein gewährt werden kann.
Entscheidend für den Bezug der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ist somit das Vorliegen einer der (Grund)Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967.
Da in diesen jedoch explizit die Voraussetzung „wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen“ angeführt wird, reicht die alleinige Behinderung von 50% nicht aus, um einen Beihilfenanspruch im Sinne des Gesetzes zu begründen.
Mangels Vorlage von weiteren Ausbildungsnachweisen bzw. Nachweis eines der übrigen gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen, kann Ihrer Beschwerde nur spruchgemäß stattgegeben werden.

Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Nach Ansicht der belangten Behörde ist für den Bezug der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages das Vorliegen einer der (Grund)Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 entscheidend.
Wie aus der vorgelegten Kursbestätigung der i. Bildungs GmbH vom hervorgeht, verfügt das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers (noch) über keinen Pflichtschulabschluß und soll diesem erheblich behinderten Kind durch die Absolvierung des gegenständlichen Kurses ab bis voraussichtlich ein Übertritt in das Regelschulwesen oder die Aufnahme einer Lehrstelle trotz der erheblichen Behinderung ermöglicht werden.
Gemäß dem eingeholten Sachverständigengutachten ist das mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers zwar voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedoch wird der festgestellte Grad der Behinderung voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern. 
Bis Ende Juli 2017 war das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers minderjährig. Schon ab hat das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers bei der ihm durch das AMS ... vermittelten i. Bildungs GmbH bis einen Ausbildungskurs (Vorbereitungskurs Überbetriebliche Ausbildung) besucht. Der nächste Ausbildungskurs, eben jener um dem erheblich behinderten Kind des Beschwerdeführers den Übertritt in das Regelschulwesen oder die Aufnahme einer Lehrstelle zu ermöglichen (siehe oben), wurde dem erheblich behinderten Kind seitens des AMS ... bzw. der i. Bildungs GmbH erst ab angeboten und hat das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers dieses Ausbildungsangebot auch angenommen.
Wenn in bezug auf das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers seitens des eingeholten Sachverständigengutachtens festgestellt wurde, daß es voraussichtlich nicht dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, so ist es doch aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest bis zum Abschluß einer Ausbildung und damit zwar nicht dauerhaft, aber vorübergehend außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, somit auch in den Monaten August 2017, dem Monat zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres bzw. der Erlangung der Volljährigkeit und dem Beginn des ersten Ausbildungskurses an der i. Bildungs GmbH am , und in den Monaten Dezember 2017, Jänner und Februar 2018, den drei Monaten zwischen dem Ende des ersten Ausbildungskurses und dem Beginn des zweiten Ausbildungskurses bei der i. Bildungs GmbH ab .
Entweder unmittelbar oder per Analogie ist das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers aufgrund des nachweislichen Besuches von Ausbildungskursen, um entweder zumindest in das Regelschulwesen übertreten zu können und einen Pflichtschulabschluß zu erwerben oder eine Lehrausbildung zu erhalten, der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967 zu unterstellen und erfüllt dadurch eine der von der belangten Behörde als erforderlich erachteten (Grund)Voraussetzungen.
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967 soll ja gerade schon volljährigen, gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erheblich behinderten Kindern bis zum 25. Lebensjahr den (Grund)Anspruch auf Familienbeihilfe und damit auch den Erhöhungsbetrag erhalten, wenn versucht wird, dieses erhebliche Kind trotz dessen zwischenzeitig eingetretener Volljährigkeit doch noch für einen Beruf auszubilden; dies bis zur Altersgrenze 25. Lebensjahr.
Für den Fall, daß die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967 als auf das erheblich behinderte Kind des Beschwerdeführers nicht anwendbar erachtet werden sollte, wird das von der belangten Behörde als für die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe entscheidend bzw. zwingend apostolierte/geforderte Vorliegenmüssen einer der (Grund)Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 bestritten. Es kann nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht sein und nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprechen, daß ein Kind aufgrund seiner körperlichen oder geistigen Funktionseinschränkungen zwar die gesetzlichen Voraussetzungen einer erheblichen Behinderung gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt, der Anspruch auf Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages für dieses gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erheblich behinderte Kind aber dennoch verneint wird, weil in bezug auf dieses erheblich behinderte Kind keine der (Grund)Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 vorliegt.
Abschließend wird noch vorgebracht, daß auch bei nicht erheblich behinderten Kindern, die bereits volljährig sind und eine Schul- oder Berufsausbildung absolvieren, kürzere Unterbrechungen der Ausbildung, zB während der Sommermonate Juli und August, bei Studierenden nach Schulabschluß und Beginn eines Studiums im Oktober desselben Jahres auch der September, nicht familienbeihilfenschädlich sind. Dies muß im vorliegenden Fall des Kindes des Beschwerdeführers insbesondere für den Monat August 2017 gelten, zumal das Kind des Beschwerdeführers nach der Vollendung des 18. Lebensjahres am ...7.2017 nur fünf Wochen danach schon mit dem ersten Ausbildungskurs bei der i. Bildungs GmbH begonnen hat. Was die Unterbrechung der Ausbildung in den Monaten Dezember 2017 und Jänner und Februar 2018 betrifft, so wird diesbezüglich nochmals vorgebracht, daß dem erheblich behinderten Kind des Beschwerdeführers nach Abschluß des ersten Ausbildungskurses im November 2017 der nächste Ausbildungskurs erst ab angeboten werden konnte und wurde.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Rückforderung der Familienbeihilfe erfolgte, da für das volljährig gewordene Kind keine Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 nachgewiesen wurden und auch keine bestätigte Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Auf Grund der, im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen wurde jedoch der Beschwerde hinsichtlich einer Ausbildungsmaßnahme in den Monaten September bis November 2017 stattgegeben. 
Stellungnahme:
Es wird um Stattgabe der Beschwerde im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung ersucht.
In den übrigen Rückforderungsmonaten liegen nach Ansicht des ho. Finanzamtes keine Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden.

§ 8 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden.

§ 10 Abs. 2 FLAG bestimmt:
Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Die Tochter des Bf. wurde im Juli 1999 in Bosnien und Herzegowina geboren. Seit dem ist betreffend die Tochter ein inländischer Wohnsitz, ein Hauptwohnsitz, angemeldet (Abfrage aus dem Zentralen Melderegister).
Laut den eigenen Angaben der Tochter des Bf. Anfang Dezember 2016 lebt sie ‚erst seit 6 Monaten in Österreich und (hat) Deutsch in der Schule gelernt. ‘ (Sachverständigengutachten vom ).

Betreffend die Tochter des Bf. wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt, bei Vorgutachten war die Cerebralparese nicht berücksichtigt worden, sie ist jedoch voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (Sachverständigengutachten vom ).

Im Jahr 2016 war die Tochter des Bf. beim AMS von 31. August bis 29. September und von 12. bis 21. Oktober arbeitssuchend gemeldet. AMS-Bezüge erhielt die Tochter des Bf. keine (Sozialversicherungsdatenauszug).

Im Jahr 2017 war die Tochter des Bf. beim AMS von 24. April bis 26. Oktober und von 30. Oktober bis 31. Dezember (und im Folgejahr bis ) arbeitssuchend gemeldet (Sozialversicherungsdatenauszug).

Im Jahr 2017 bezog die Tochter des Bf. vom AMS Arbeitslosengeld wie folgt (Sozialversicherungsdatenauszug):
02. Mai bis 01. August
04. September bis 26. Oktober
30. Oktober bis 14. November

Die AMS- Bezugsbestätigung schlüsselt die Bezugszahlungen an die Tochter des Bf. wie folgt auf:
02. Mai bis 01. August: Beihilfe Deckung Lebensunterhalt, Kursnebenkosten sowie pauschalierte Kursnebenkosten
04. September bis 26. Oktober: Beihilfe Deckung Lebensunterhalt, pauschalierte Kursnebenkosten
30. Oktober bis 14. November: Beihilfe Deckung Lebensunterhalt, pauschalierte Kursnebenkosten

Von 04. September bis nahm die Tochter des Bf. am Kurs ‚Vorbereitungskurs Überbetriebliche Ausbildung‘ der i. Bildungs GmbH teil (Kursbestätigung der i. GmbH).

Im Jahr 2018 war die Tochter des Bf., wie oben bereits ausgeführt, ab Jahresbeginn bis arbeitssuchend gemeldet (Sozialversicherungsdatenauszug)

Seitens des AMS wird seit Mai 2017 bis laufend [April 2018] versucht, die erheblich behinderte Tochter des Bf. durch Schulungen erwerbs- und damit selbsterhaltungsfähig zu machen (Schreiben des Vertreters des Bf. vom ).

Ab nahm die Tochter des Bf. am Kurs ‚POLEposition NÖ Waldviertel und Wien Umgebung‘ der i. Bildungs GmbH mit dem Kursziel: ‚Erwerb eines Pflichtschulabschlusses, der Übertritt in das Regelschulwesen oder die Aufnahme einer Lehrstelle‘ teil (Kursbestätigung vom ).

Auf Basis dieser Feststellungen ergibt sich folgende Beurteilung:

Im Zeitpunkt ihres Zuzugs von Bosnien und Herzegowina nach Österreich, Ende März 2016, war die Tochter des Bf. rd. 16 ½ Jahre alt. Im Sommer und im Herbst erfolgten beim AMS Meldungen als arbeitssuchend.
Etwas über ein Jahr nach dem Zuzug nach Österreich, am , begannen die seitens des AMS unterstützten Kurse, die bis 01. August und vom 04. September bis 26. Oktober sowie vom 30. Oktober bis 14. November dauerten. Vier Monate danach, ab , nahm die Tochter des Bf. wiederum an einem Kurs teil.

Leistete das AMS betreffend die Zeiträume vom 02. Mai bis 01. August, 04. September bis 26. Oktober und 30. Oktober bis die oben angeführten Zahlungen an die Tochter des Bf., wurde der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Monate September bis November zutreffend stattgegeben; im Hinblick auf das von der Tochter des Bf. Ende Juli 2017 erreichte 18. Lebensjahr ist hinsichtlich des Monats August zu beurteilen, ob sich die Tochter des Bf. auch in diesem Monat in Ausbildung befand. Das ist zu bejahen: Erstens endete der am 02. Mai begonnene Kurs erst am 01. August und zweitens wurde nach der urlaubszeitbedingt kursfreien Zeit bereits am 04. September der in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Kurs (der zur teilweise stattgebenden Erledigung führte) absolviert.

Betreffend den viermonatigen Zeitraum vom bis liegen die oben angeführten Voraussetzungen nicht vor.

Nach § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, welcher den Beihilfenanspruch für erheblich behinderte Kinder (Behinderungsgrad von zumindest 50%) - jedoch ohne die Sonderregelungen betreffend Studium - normiert, ist aber das Vorliegen einer tatsächlichen Berufsausbildung für die Gewährung der Familienbeihilfe notwendig. Diese Voraussetzung war aber im genannten Zeitraum nicht gegeben, weshalb mit Wegfall der Anspruchsvoraussetzung im November 2017 mit Ablauf dieses Monats der Familienbeihilfenanspruch erlosch. 

Der Erhöhungsbetrag steht nur dann zu, wenn auch der Anspruch auf den Grundbetrag gegeben ist. Dies bedeutet, dass bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grund­betrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Rz 18f mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102857.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at