Familienbeihilfe bei Aufenthalt im Bundesgebiet aus humanitären Gründen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin NN in der Beschwerdesache Beschwf, Adr, Wohnort, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Familienbeihilfe für das Kind Ki (geb. gebKind) hinsichtlich des Zeitraums Juli bis November 2018 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Monate Oktober und November 2018 gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich dieser Zeiträume – ersatzlos – aufgehoben.
II. Hinsichtlich des Zeitraums vom Juli bis September 2018 wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Parteienvorbringen:
Die Beschwerdeführerin (Bf) stellte mit den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das am gebKind in Österreich geborene Kind (Ki). Die Bf legte über Vorhalt die Kopie einer Geburtsurkunde, Ablichtungen von Sozialversicherungskarten und Meldebestätigungen für sich und das Kind vor.
Mit vorliegend angefochtenem Bescheid vom wurde der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind (Ki) hinsichtlich des Zeitraums ab Juli 2018 abgewiesen. Die Abgabenbehörde begründete ihre Vorgangsweise damit, dass Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe auch für jene Kinder, denen ebenfalls Asyl nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, zukäme. Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, werde nur dann Familienbeihilfe gewährt, wenn sie oder ein anderes Familienmitglied keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung hätten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig seien. Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe auch für jene Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigen nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Nach weiteren Vorhalten wurden Bescheide (Ablichtungen) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom für Mutter und Kind und vom (Vater) vorgelegt. Der Mutter (Bf, tunesische Staatsbürgerin) war nach dem Inhalt des Bescheides die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) erteilt worden (Zahl: Zahl1). Ihr Antrag auf Internationalen Schutz vom war hinsichtlich I. der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, II. hinsichtlich Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt worden. Nach Pkt IV. des Bescheides ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG gemäß § 9 Absatz 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG wurde der Bf gleichzeitig eine "Aufenthaltsberechtigung" gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt.
Dem Kind war nach dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom (Zahl: ZlKind) die "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG erteilt worden (Pkt. IV). Der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten war abgewiesen worden. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Pkte. I., II. und III. wie oben betreffend die Bf).
Dem aus Syrien stammenden Kindesvater (Vater, geb. Geb-V) war mit Bescheid vom (Zahl: ZlVater) aufgrund des Antrages vom der Status des Asylberechtigten nach dem AsylG zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt worden, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Die Abgabenbehörde führte unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 FLAG begründend aus, es bestehe bei Vorliegen einer Aufenthaltsberechtigung iSd § 55 Abs. 2 AsylG kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG rechtmäßig in Österreich aufhalten. Das Kind Ki habe eine Aufenthaltsberechtigung plus i.S.d. § 55 Abs. 1 AsylG, weshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
In ihrem Vorlageantrag vom brachte die Bf vor:
"§ 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz normiere: ´Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.`
§ 54 Abs. 1 AsylG normiere: ´Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen` werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:
1.´Aufenthaltsberechtigung plus´, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,
2.´Aufenthaltsberechtigung´, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,
3.´Aufenthaltberechtigung besonderer Schutz´, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt."
Das 7. Hauptstück des AsylG behandle die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und lege im 1. Abschnitt dar, welche solcher Aufenthaltstitel es gebe. § 54 AsylG normiere nun, dass Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen entweder als Aufenthaltsberechtigung plus, Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt würden. Der § 54 AsylG lege somit, wie seine Überschrift im Gesetz schon aussage, die Arten und Form der Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen fest. Diese Arten würden in den nachfolgenden §§ 55 bis 57 AsylG näher ausgeführt. § 55 AsylG lege fest, welche Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK habe. § 56 AsylG erläutere die Voraussetzungen des Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen. § 57 AsylG definiere die Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz.
Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen würden somit immer auf Rechtsgrundlage der §§ 55 bis 57 AsylG erteilt; § 54 regle nur ihre Art als Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltsberechtigung plus und Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz. Die Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz sei als Art eines solchen Aufenthaltstitels nochmals extra in § 54 Abs. 1 Z 3 AsylG angeführt; die Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK (§ 55 AsylG) und in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (§ 56 AsylG) würden jedoch entweder als Aufenthaltsberechtigung oder als Aufenthaltsberechtigung plus erteilt. Dies sei jedoch nur die Art des Aufenthaltstitels, die eigentliche Rechtsgrundlage, welche dann auch auf der Ausweiskarte vermerkt sei, sei entweder § 55 oder § 56 AsylG.
Der Unterschied zwischen einer Aufenthaltsberechtigung und einer Aufenthaltsberechtigung plus sei der freie Zugang zum Arbeitsmarkt, welchen man nur mit einer Aufenthaltsberechtigung plus bekomme. Eine Aufenthaltsberechtigung plus erhalte man durch Erfüllen des Modul 1 der Integrationsvereinbarung. Erfülle man dies nicht, werde lediglich eine Aufenthaltsberechtigung (entweder nach § 55 oder nach § 56 AsylG, je nachdem welche Voraussetzungen gegeben seien) erteilt.
Die Tochter der Bf verfüge über eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG; die Bf über eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs. 2 AsylG.
Aus den oben ausführlich dargelegten Gründen handle es sich hierbei um Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 54 AsylG. Dies habe auch das BFG zB in RV/9999 im Rechtssatz 5 festgestellt: ´§ 54 AsylG 2005 nennt mehrere Aufenthaltstitel, die "Aufenthaltsberechtigung plus", die "Aufenthaltsberechtigung" und die "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die in den §§ 55 bis 57 Asylgesetz 2005 näher erläutert werden´.
Somit verfüge die Bf und ihre Tochter über einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich gemäß § 54 AsylG, der gemäß § 3 Abs. 1 FLAG zum Bezug von Familienbeihilfe berechtige und begehren die Zuerkennung derselben ab 7/2018."
Beigelegt wurden: ein Meldezettel der Bf und verwies auf die Adressänderung; die Beschwerdevorentscheidung.
Die Bf legte die von ihr an das Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen erteilte Vollmacht betreffend Erhalt von Auskünften bzw Unterlageneinreichung vor (Vollmachtsurkunde vom ).
In ihrem Vorlagebericht führte die Abgabenbehörde aus, es hätten Personen, die österreichische Staatsbürger seien, gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhielten. Die Bf und ihr Kind verfügten über eine Aufenthaltsberechtigung iSd § 55 Abs. 2 bzw § 55 Abs. 1 AsylG, weshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a und b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unter anderem für minderjährige Kinder und für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist:
Abschnitt I
Familienbeihilfe
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von „Erasmus+“, ABl. Nr. L 347 vom S. 50.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 2a FLAG 1967 lautet:
§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
§ 3 FLAG 1967 idF BGBl. I 2014/35 ab lautet:
§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.
§ 3 Abs. 1 FLAG 1967 wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 35/2014 insoweit neu gefasst, als die Wortfolge "oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012" eingefügt wurde. Die Gesetzesmaterialien begründen dies wie folgt (RV 87 BlgNR 25. GP):
Zu Z 3 und 4 (§ 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967):
"Nach der geltenden Rechtslage haben Personen nicht österreichischer Staatsangehörigkeit Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie über einen Aufenthaltstitel nach § 8 (darunter auch humanitäre Titel) oder § 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) verfügen. Auch die Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird, benötigen einen dieser Titel.
Auf Grund entsprechender Änderung im Fremdenrecht ab werden alle humanitären Titel nunmehr im Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) geregelt und durch das neu geschaffene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilt. Es handelt sich um die "Aufenthaltsberechtigung", die "Aufenthaltsberechtigung plus", sowie die "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 54 AsylG 2005, welche den bisherigen humanitären Titeln nach § 8 NAG nachgebildet sind und außerhalb eines Asylverfahrens erteilt werden.
Da es sich formal um keine Titel nach § 8 NAG mehr handelt, war eine legistische Anpassung im § 3 FLAG 1967 durch Anführung der neuen humanitären Titel erforderlich, um die Gewährung der Familienbeihilfe in diesen Fällen weiter zu gewährleisten."
Dies erfolgte mit der Novelle BGBl I 2014/35). Es wurde in Abs. 1 und in Abs. 2 nach dem jeweiligen Verweis auf §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes ein zusätzlicher Verweis auf § 54 AsylG 2005 vorgenommen (vgl. Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar², 24a zu § 3).
Im (neuen) 7. Hauptstück des AsylG 2005 über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden in dessen 1. Abschnitt unter §§ 54 ff Arten und Form dieser humanitären Aufenthaltstitel geregelt.
Humanitäre Aufenthaltstitel werden nach § 54 Abs. 1 Z 1-3 erteilt:
(1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:
1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer Selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,
3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Abs. 2 leg. cit bestimmt die Dauer der unter Abs. 1 genannten Titel bzw Abs. 3 bis 5 sonstige Modalitäten wie folgt:
(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar.
(3) Den Verlust und die Unbrauchbarkeit....
(4) Der Bundesminister für Inneres legt das Aussehen und den Inhalt der Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3 durch Verordnung fest. Die Aufenthaltstitel haben insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum, Lichtbild, ausstellende Behörde und Gültigkeitsdauer zu enthalten; sie gelten als Identitätsdokumente.
(5) Die Bestimmungen des 7. Hauptstückes gelten nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Nähere Bestimmungen zu den jeweiligen Aufenthaltstiteln regeln die Bestimmungen der §§ 55 bis 57 AsylG.
§ 55 AsylG nomiert die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, der bei Vorliegen der Voraussetzungen wie folgt auszustellen ist:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:
(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine " Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
§ 51 AsylG 2005 lautet:
"(1) Einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist und dem ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 zukommt, ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig.
(2) Die Aufenthaltsberechtigungskarte dient dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Nach Beendigung des Verfahrens oder bei Verlust des Aufenthaltsrechts ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesamt zurückzustellen.
(3) Die nähere Gestaltung der Aufenthaltsberechtigungskarte hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung zu regeln. Die Aufenthaltsberechtigungskarte hat insbesondere zu enthalten: Die Bezeichnung „Republik Österreich“ und „Aufenthaltsberechtigungskarte“, Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Asylwerbers sowie Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Unterschrift des Genehmigenden."
Erwägungen und rechtliche Würdigung:
Der in § 3 Abs. 1 FLAG 1967 zitierte § 54 AsylG 2005 sieht die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen vor. Diese sind nach §§ 55 ff. AsylG 2005 heterogenen Personengruppen zu erteilen. So setzt die Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (§ 55 AsylG 2005) voraus, dass bestimmte, in § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz näher umschriebene Voraussetzungen, wie etwa der Grad der Integration, zu beurteilen sind. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (§ 56 AsylG 2005) ist eine Ermessensentscheidung, die unter anderem einen vorherigen mehrjährigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt und ebenfalls auch den Grad der Integration zu berücksichtigen hat. Schließlich ist ua auch der für eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ (§ 57 AsylG 2005) in Betracht kommende Personenkreis (Unzulässigkeit der Abschiebung über einen längeren Zeitraum nach § 46a Abs. 1 und 1a FPG, Zeugen- und Opferschutz) nicht mit jenen Personen vergleichbar, denen subsidiärer Schutz zu gewähren ist.
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK):
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gesteht zu
Art. 14 EMRK
den Vertragsstaaten bei der Verfolgung wirtschaftlicher oder sozialer Ziele einen besonders weiten Spielraum hinsichtlich der Frage zu, inwieweit sie differenzierende Rechtsfolgen an Unterschiede bei im Übrigen gleich gelagerten Situationen knüpfen (vgl. Thienel, Rechtsprechung des EGMR 2014 (Teil III) ÖJZ 2016/3).
Im Fall Okpisz gg. Deutschland (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, EGMR , 59140/00, Okpisz gg. Deutschland) hat der EGMR ausgesprochen, dass durch die Gewährung von Familienleistungen (hier: Kindergeld nach deutschem Recht) die Staaten unter Beweis stellen können, dass sie das Familienleben im Sinne des Artikels 8 der Konvention achten; Familienleistungen fallen deshalb in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung; Art. 14 EMRK – i. V. m. Art. 8 EMRK – ist anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine unterschiedliche Behandlung i. S. v. Art. 14 EMRK diskriminierend , wenn es für sie „keine objektive und angemessene Rechtfertigung gibt“, d. h. wenn mit ihr kein „legitimes Ziel“ verfolgt wird oder „die eingesetzten Mittel zum angestrebten Ziel nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen“. "Die Vertragsstaaten haben einen gewissen Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Frage, ob und inwieweit Unterschiede bei ansonsten ähnlichen Situationen eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen."
Eine unterschiedliche Behandlung von Ausländern (Drittstaatsangehörigen) in Bezug auf Familienleistungen in Abhängigkeit davon, ob sie über eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verfügen oder nicht, stellt eine Verletzung von Art. 14 EMRK i. V. m. Art. 8 EMRK dar (EGMR , 59140/00, Okpisz gg. Deutschland).
Die Familienbeihilfe ist eine Familienleistung. Sie steht nach österreichischem Recht unabhängig von der finanziellen Bedürftigkeit zu und ist weder eine Sozialleistung, noch eine Leistung, die auch Merkmale der Sozialhilfe aufweist (vgl. BFG anonym.).
Nach § 10 FLAG ist der Beurteilungszeitraum für Familienbeihilfenansprüche der jeweilige Monat.
Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies:
Die Bf ist Staatsbürgerin Hkft. Sie ist erstmals im Jänner 2016 (illegal) nach Österreich eingereist. Am brachte sie erstmals einen Asylantrag in Österreich ein. Ihr Kind Ki wurde am gebKind in Österreich geboren. Die Bf beantragte mit die Gewährung der Familienbeihilfe für ihr Kind ab dem Zeitraum dessen Geburt (vgl. Beschwerde vom unter Verweis auf die im Folgenden angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom ; Vorlageantrag).
Der von der Bf mit beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom (Zahl.: Zahl1) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, negativ beschieden. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde auch der Antrag der Bf auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Herkunftsstaat abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Bf gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG wurde der Bf eine Aufenthaltsberechtigung gemäߧ 55 Absatz 2 AsylG erteilt (vgl. Pkte. I-IV. des Spruches des angeführten Bescheides).
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Zahl: ZlKind) vom wurde dem Kind der Bf gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Absatz 1 AsylG erteilt (vgl. Pkt. IV des Spruches, wonach die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist). Die Asylberechtigung, der Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten bzw ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG wurden auch dem Kind nicht gewährt (vgl. oben, Pkte. I-III. analog zum Spruch des die Bf betreffenden Bescheides).
Der Kindesvater, Herr Vater, geb. am Geb-V (Staatsangehöriger Syriens) verfügt über den Status eines Asylberechtigten (gemäß § 3 Abs. 5 AsylG Flüchtling kraft Gesetzes; Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. ZlVater vom ). Nach den vorgelegten Unterlagen war (ist) er in Österreich geringfügig beschäftigt.
§ 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 räumt aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung aus humanitären Gründen nach § 54 AsylG 2005 Anspruch auf österreichische Familienleistungen ein.
Der Bf war, wie oben ausgeführt, der Titel "Aufenthaltsberechtigung" nach § 55 Abs 2 AsylG und dem Kind die " Aufenthaltsberechtigung plus" mit Bescheiden vom erteilt worden. Dabei handelt es sich aber -entgegen der Auffassung der Abgabenbehörde- um einen in § 54 Abs. 1 AsylG genannten (dem § 8 NAG aF nachgebildeten) Aufenthaltstitel.
Dass die wie oben angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht in Rechtskraft erwachsen wären, wurde nicht vorgebracht. Die Aufenthaltskarten wurden (soweit aus den vorgelegten Kopien ersichtlich) am ausgestellt. Die Bf und ihr Kind Ki somit ab Oktober 2018 im Besitz einer auf § 54 AsylG gegründeten Aufenthaltsberechtigung bzw eines (konstitutiven) Aufenthaltstitels iS des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG.
In Anwendung der oben angeführten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 iVm § 54 und § 55 Abs. 1 und 2 AsylG Ki die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind der Bf in den Monaten Oktober 2018 (Erteilung des konstitutiven Aufenthaltstitels) und November 2018 (Erlassung des vorliegend angefochtenen Bescheides) gegeben, sodass der Bescheid vom hinsichtlich der Monate Oktober und November 2018 unter Gewährung der beantragten Familienleistungen ersatzlos aufzuheben war.
Im Antragszeitraum ab Juli bis September 2018 Ki die wie oben normierten Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe (§ 3 FLAG iVm § 54 AsylG) nicht gegeben.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Hinweis:
Die Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Beihilfe hinsichtlich des Folgezeitraums ab Dezember 2018 obliegt der Abgabenbehörde.
Das Fehlen einer Erwerbstätigkeit stünde bei subsidiär Schutzberechtigten (nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 ) einem Familienbeihilfenanspruch entgegen (vgl auch Aigner/Wanke in Czaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 3 Rz 275 ff).
Zulassung der Revision:
Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht dem Inhalt der angeführten gesetzlichen Bestimmungen folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 § 55 Abs. 1 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 § 55 Abs. 2 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 § 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 14 EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105355.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at