Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2020, RV/3101202/2016

ImmoESt - Befreiung für selbst hergestellte Gebäude (§ 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988)

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/15/0017. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/3100608/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R in der Beschwerdesache A, vertreten durch Dr. B, gegen den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt C betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Abgabenbehörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2014 mit € 57.690,00 festgesetzt. Bei der Steuerfestsetzung wurde für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen unter Anwendung des besonderen Steuersatzes von 25% ein Steuerbetrag von € 81.287,50 berechnet.

2. Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid das Rechtsmittle der Bescheidbeschwerde erhoben. Die Beschwerde richtet sich dagegen, dass bei der Berechnung der Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen die Befreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für die Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden nicht berücksichtigt wurde. Beantragt wurde gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

3. Die Abgabenbehörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung und der gesondert am ausgefertigten Begründung die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gemäß § 264 Abs. 1 BAO beantragt, die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

5. Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Der Antrag gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO auf Entscheidung durch den gesamten Senat und der Antrag gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom , beim Bundesfinanzgericht eingelangt am , zurückgezogen.

II. Sachverhalt

Folgende Sachlage ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:

1. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann waren aufgrund Kaufvertrag vom je zur ideellen Hälfte Miteigentümer der EZ***, bestehend aus Gst***/** mit 665 m2 samt darauf bestehendem Wohnhaus mit Garagengeschoss, Nebenräumen und Schwimmbad in Adresse*01*. Mit Kaufvertrag vom wurde das Grundstück zum vereinbarten Kaufpreis von € 4,645.000,00 verkauft.

2. Die Errichtung des Wohngebäudes auf Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, wurde mit am ausgefertigtem Baubescheid bewilligt, Baubeginn war noch im Jahr 2011. Mit der am elektronisch zu Steuernummer ***/**** eingereichten Umsatzsteuererklärung der Miteigentumsgemeinschaft "Beschwerdeführerin und Ehemann" für das Jahr 2011 beanspruchten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann Vorsteuern aus Errichtungskosten des Wohngebäudes, deren Festsetzung mit Umsatzsteuerbescheid 2011 vom erfolgte. Weitere Vorsteuern wurden in den Jahren 2012 und 2013 geltend gemacht. Um Zuge einer Außenprüfung im Jahr 2013 wurde hinsichtlich der geltend gemachten Vorsteuern von der Abgabenbehörde geprüft, ob eine unternehmerische Tätigkeit des Ehepaares vorliegt, namentlich, ob ernsthaft beabsichtigt war, das Wohngebäude zu vermieten. Die Ernsthaftigkeit der Vermietungsabsicht wurde mit Schreiben der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin vom samt Beilagen der Abgabenbehörde belegt. Die Abgabenbehörde hat die begehrten Vorsteuern ausbezahlt.

3. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann haben nach dem Verkauf der Liegenschaft Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, die für den Neubau geltend gemachten Vorsteuern gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 berichtigt und am der belangten Behörde zurückbezahlt.

4. Das Wohngebäudes auf Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, wurde von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann vor dem Verkauf der Liegenschaft nicht vermietet.

5. Von der Beschwerdeführerin wurden in den Jahren 2011 bis 2014 weder positive noch negative Einkünfte aus der Vermietung der Liegenschaft Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, erklärt. Die Abgabenbehörde hat auch nach Durchführung der Außenprüfung der Miteigentumsgemeinschaft "Beschwerdeführerin und Ehemann" im Jahr 2013 zu Steuernummer ***/**** nicht festgestellt, dass Einkünfte aus Vermietung dieser Liegenschaft erzielt wurden.

III. Beweiswürdigung

Die unter Punkt II. dargestellte Sachlage ist unbestritten und nach der Aktenlage erwiesen.

IV. Rechtliche Beurteilung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob für das selbst hergestellte Gebäude auf dem Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, die Befreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden zur Anwendung kommt.

1. § 30 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:

1. […]

2. Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.

3. […]

2. Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, dass die Herstellerbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nicht greife, weil das Gebäude innerhalb der letzten zehn Jahre der Erzielung von Einkünften gedient habe, was für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung schädlich sei. Die Verwendung zur Erzielung von Einkünften komme dadurch zum Ausdruck, dass bereits während der Bauzeit die Vermietungsabsicht durch Beauftragung von Maklern und Schaltung von Inseraten nach außen hin kundgetan worden sei. Aufgrund der geplanten Vermietung sei beim Finanzamt auch Vorsteuer geltend gemacht worden, die nach der Objektveräußerung gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 berichtigt worden sei. Die Herstellerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 stehe nur insoweit zu, als das errichtete Gebäude nicht innerhalb der letzten zehn Jahre zur Erzielung von Einkünften gedient habe. Dabei sei auch eine kurzfristige Nutzung zur Einkünfteerzielung befreiungsschädlich. Als Nutzung zur Einkünfteerzielung komme insbesondere die Vermietung sowie die Nutzung für betriebliche oder berufliche Zwecke in Betracht. Unerheblich sei, ob die Einkünfte im konkreten Einzelfall steuerpflichtig seien oder nicht. Im Bereich der Vermietung und Verpachtung könnten Aufwendungen oder Ausgaben ausnahmsweise bereits vor Beginn der Einnahmenerzielung zu berücksichtigen sein (sogenannte vorweggenommene Werbungskosten). Der auf Vermietung des Objektes gerichtete Entschluss müsse dann aber klar und eindeutig, etwa aus bindenden Vereinbarungen oder sonstigen, über die Absichtserklärung hinausgehende Umstände, nach außen in Erscheinung treten. Da seitens des Steuerpflichtigen ausreichende Nachweise für eine tatsächliche Vermietungsabsicht erbracht worden seien (Maklerbeauftragung, Inserat in der Süddeutschen Zeitung), stellten diese Ausgaben vorweggenommene Werbungskosten dar. Ob die angefallenen Ausgaben tatsächlich in der Veranlagung Berücksichtigung gefunden haben, sei dabei ohne Bedeutung. Auch nach der Liebhabereiverordnung (BGBl. Nr. 33/1993) werde durch das erstmalige Anfallen von Aufwendungen für eine beabsichtigte Betätigung die Einkunftsquelle begründet. Der Beginn der Einkünfteerzielung könne für die Liebhabereibeurteilung nicht anders beurteilt werden als für eine Befreiungsvorschrift, deren Anwendbarkeit von der Nutzung eines Wirtschaftsgutes zur Einkünfteerzielung abhängig sei. Die vorweggenommenen Werbungskosten begründeten demnach eine Einkunftsquelle. Im Anwendungsbereich des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 bewirke dies, dass die Befreiungsbestimmung nicht zur Anwendung komme. Weil das selbst hergestellte Gebäude zur Erzielung von Einkünften gedient habe, sei es auch zur Rückzahlung von Vorsteuerguthaben gekommen. Durch die Guthabensrückzahlung seien die Vermieter, die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann, bereichert worden, indem sie Eigentum an Geldmitteln erlangten hätten, welche ohne das Vermietungsengagement nie in deren Vermögenssphäre gelangt wären. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das beanspruchte Vorsteuerguthaben nach Vornahme einer durch den Verkauf bedingten Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 am wieder an das Finanzamt zurückbezahlt worden sei. Nach Maßgabe des gegebenen Sachverhaltes stehe für das Finanzamt eindeutig fest, dass das veräußerte Objekt der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient habe. Das Dienen für Zwecke der Einkunftserzielung setze nicht den Abschluss eines Mietvertrages oder tatsächliches Bewohnen voraus. Die gebotenen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Herstellerbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG seien nicht erfüllt worden.

3. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, dass auf Grund der neuen Immobilienbesteuerung idF AbgÄG 2012 die Befreiung für selbst hergestellte Gebäude nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nur mehr dann greifen solle, soweit sie innerhalb der letzten 10 Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben. Das Recht müsse, um wirken zu können, in einer allgemein verständlichen Form in Erscheinung treten. Für die Auslegung der Steuernormen gälten die allgemeinen, von der Jurisprudenz entwickelten Auslegungsmethoden, wie sie etwa in den §§ 6 und 7 ABGB ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden hätten. So entspreche die in § 6 ABGB erwähnte Heranziehung der "eigentümlichen Bedeutung der Worte" der Wortinterpretation, die Erfassung dieser Worte "in ihrem Zusammenhang" der Berücksichtigung von Bedeutungszusammenhang und Gesetzessystematik und der Erforschung der "klaren Absicht" des Gesetzgebers der subjektiven und objektiven Auslegung. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass bei der von der Behörde unterstellte Vermietungsabsicht die Herstellerbefreiung nicht greifen solle, hätte er diese mit Leichtigkeit in der Textierung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 klar zum Ausdruck bringen können. Beispielsweise hätte der Gesetzgeber folgende Wortfolge verwenden können: "soweit nicht innerhalb der letzten 10 Jahre die Absicht bestand, sie zur Erzielung von Einkünften zu verwenden." Da der Gesetzgeber aber klar und definitiv ausführe - sie innerhalb der letzten 10 Jahre nicht zu Erzielung von Einkünften gedient haben - sei nach der Wortinterpretation für die Auslegung einer Vermietungsabsicht kein Raum. Unter § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ließen sich nur erzielte und festgestellte Einkünfte subsumieren und nicht eine ungenaue, nicht exakt definierte Vermietungsabsicht.

4. Das Bundesfinanzgericht vertritt die Rechtsansicht, dass die Befreiung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 im Beschwerdefall anzuwenden ist. Dies aus folgenden Gründen:

4.1. Für Einkünfte aus der Veräußerung selbst hergestellter Gebäude normiert § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 eine grundsätzlich umfassende Steuerbefreiung. Eingeschränkt wird die Steuerfreiheit nach dem zweiten Halbsatz der zitierten Norm nur für Gebäude, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre zur Erzielung von Einkünften gedient haben. Die Einkünfte aus der Veräußerung solcher Gebäude sind steuerpflichtig.

4.2. Die zitierte Befreiungsbestimmung wurde mit Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, normiert. Ausführungen zur Norm enthalten die Gesetzesmaterialien (ErlRV 1960 BlgNR XXIV. GP) nicht. Vor Inkrafttreten des AbgÄG 2012 waren Einkünfte aus der Veräußerung selbst hergestellter Gebäude als Spekulationsgeschäft gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 1988 idF vor AbgÄG 2012 generell befreit, die Einschränkung nach dem zweiten Halbsatz des § 30 Abs. 2 Z 2 1988 idF AbgÄG 2012 hat nicht gegolten. Die Gesetzesmaterialien zu § 30 Abs. 2 Z 2 1988 idF vor AbgÄG 2012 (ErlRV 621 BlgNR XVII. GP 82) erläutern, dass Gebäude, die der Steuerpflichtige auf eigenem Grund und Boden selbst herstellt oder herstellen lässt, ab 1989 nicht mehr Gegenstand des Spekulationstatbestandes sind, womit es nicht mehr zu dem Effekt kommt, dass bei Veräußerung selbst hergestellter Gebäude die eigene Arbeitskraft steuerlich erfasst wird. Für den Beschwerdefall lässt sich somit aus den Gesetzesmaterialien nichts gewinnen. Die Frage, ob ein "selbst hergestelltes Gebäude" vorliegt, wofür allenfalls die ErlRV 621 BlgNR XVII. GP 82 relevant sein könnten (), ist nicht strittig. Geklärt werden muss der Bedeutungsinhalt des zweiten Halbsatzes des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG idF AbgÄG 2012, wozu die ErlRV 1960 BlgNR XXIV. GP nichts aussagen.

4.3. Der zweite Halbsatz des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 schränkt die Steuerbefreiung für Einkünfte aus der Veräußerung selbst hergestellter Gebäude ein, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben. Mit der im Perfekt gehaltenen Formulierung "gedient haben" bringt der Gesetzgeber klar zum Ausdruck, dass er nicht auf ein künftiges, vom Steuerpflichtigen beabsichtigtes Geschehen, sondern auf eine Tatsache abstellt, eine bereits vollendete, in der Vergangenheit gelegene Gegebenheit.

4.4. Soweit die Beschwerde auf das unbestrittene Faktum verweist, dass das Wohngebäude nie tatsächlich vermietet wurde, ist anzumerken, dass für die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 nicht das Vermieten von selbst hergestellten Gebäuden die relevante Tatsache ist, sondern das Erzielen von Einkünften daraus.

4.5. In der Konstellation des Beschwerdefalls stellt sich somit die Frage, ob trotz der unbestrittenen Tatsache, dass das Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, vor der Veräußerung tatsächlich nicht vermietet wurde, diese Liegenschaft der Erzielung von Einkünften (aus Vermietung und Verpachtung) gedient hat. Die Abgabenbehörde weist mit Bezug auf die Liebhabereiverordnung in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung darauf hin, dass im Bereich der Vermietung und Verpachtung Aufwendungen oder Ausgaben ausnahmsweise bereits vor Beginn der Einnahmenerzielung als sogenannte vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Da die Beschwerdeführerin ausreichend Nachweise für eine tatsächliche Vermietungsabsicht erbracht habe (Maklerbeauftragung, Inserate in der Süddeutschen Zeitung), lägen vorweggenommene Werbungskosten vor. Dem ist vorerst entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Außenprüfung der Miteigentumsgemeinschaft "Beschwerdeführerin und Ehemann" im Jahr 2013 zu Steuernummer ***/**** nicht festgestellt wurde, dass aus der Vermietung der Liegenschaft Gst***/**, EZ***, in Adresse*01*, Einkünfte erzielt wurden, dies obwohl die Beschwerdeführerin die Ernsthaftigkeit der Vermietungsabsicht der Abgabenbehörde glaubwürdig darlegte, sodass die begehrten Vorsteuern ausbezahlt wurden. Die Ansicht der Abgabenbehörde, dass es ohne Bedeutung sei, ob die angefallenen Ausgaben tatsächlich in der Veranlagung Berücksichtigung gefunden hätten, teilt das Bundesfinanzgericht nicht. Dies ist letztlich aber nicht entscheidungsrelevant. Es ist nämlich nicht von Bedeutung, ob im Sinne der Liebhabereibeurteilung bereits im Zeitraum vor Erzielen von Einnahmen eine Einkunftsquelle angenommen werden kann.

4.6. Bei der Problematik der Liebhaberei geht es darum, festzustellen, ob eine Tätigkeit geeignet ist, auf Dauer ein positives wirtschaftliches Gesamtergebnis zu erbringen und damit als Einkunftsquelle anerkannt zu werden. Gerade zu Beginn einer Tätigkeit, wenn Ausgaben anfallen und noch keine Einnahmen erzielt werden, muss die Frage des Vorliegens einer Einkunftsquelle vorweg, somit durch eine Vorhersage (Annahme) geklärt werden. Die zu klärende Frage hängt damit von einer Prognose, dem Einschätzen eines künftigen Geschehens, ab.

4.7. Dagegen geht es bei der Beurteilung der Einschränkung der Steuerfreiheit nach dem zweiten Halbsatz des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 um eine retrospektive Betrachtung. Hier ist zu klären ist, ob in dem mit dem Veräußerungszeitpunkt bereits abgeschlossenen Zeitraum das Gebäude der Erzielung von Einkünften gedient hat. Die Formulierung "gedient hat" im zitierten Tatbestand legt ohne Zweifel fest, dass eine in der Vergangenheit gelegene, bereits vollendete Tatsache vorliegen muss. Eine Tätigkeit (das Vermieten der Liegenschaft) kann nur dann dem Erzielen von Einkünften gedient haben, wenn sie tatsächlich auch aufgenommen wurde. Das Gebäude kann nicht dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient haben, wenn es tatsächlich gar nicht zur Vermietung gekommen ist, weil die Vermietungsabsicht aufgegeben und die Liegenschaft verkauft wurde. Dem steht nicht entgegen, dass unter dem Aspekt der Liebhabereiprüfung vorweggenommene Werbungskosten einer Einkunftsquelle zugeordnet werden können, auch wenn die Vermietungsabsicht aufgegeben und die Liegenschaft verkauft wird (). Hier muss eine Annahme über das Vorliegen von Einkünften getroffen werden, die auf einer Prognose über künftige Geschehnisse beruht. Dagegen liegt bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 eine bereits in der Vergangenheit abgeschlossenes Sachlage vor, nach der für den Beschwerdefall ohne Zweifel feststeht, dass keine Einnahmen erwirtschaftet wurden und demzufolge das Gebäude nicht "zur Erzielung von Einkünften gedient haben" kann. Dies gilt im konkreten Fall umso mehr, als die Abgabenbehörde (negative) Einkünfte auch nicht festgestellt hat.

4.7. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 erweist sich daher als berechtigt, womit dieser gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern war.

V. Bemessungsgrundlage und Höhe der festgesetzten Abgabe

Die Einkommensteuer für das Jahr 2014 wird mit € 740,00 festgesetzt und berechnet sich wie folgt:

VI. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zu der im Beschwerdefall relevanten Frage, ob ein tatsächlich nicht vermietetes Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 deshalb der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gedient hat, weil unter dem Aspekt der Liebhabereiprüfung vorweggenommene Werbungskosten einer Einkunftsquelle zugeordnet werden können, gibt es noch keine höchstgerichtliche Judikatur. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3101202.2016

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