1. Gebührenbefreiung nach § 70 AsylG für Anträge auf Feststellung der (Un-)Zuständigkeit Österreichs nach der Dublin III-VO 2. Ausdehnung der Befreiung für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht ab 1.1.2018
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache BF, ADR, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.*** - Team 15 betreffend Gebühren und Gebührenerhöhung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben
1. Der Gebührenbescheid wird abgeändert wie folgt:
Die Gebühr für die von der beschwerdeführenden Partei für 1. FAMILIENNAME A, 2. FAMILIENNAME B, 3. FAMILIENNAME C, 4. FAMILIENNAME B D und 5. FAMILIENNAME E am beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Geschäftszahlen ***** eingebrachten Säumnisbeschwerden wird gemäß § 14 TP 6 GebG iVm § 2 BuLVwG-EGebV festgesetzt mit insgesamt € 150,00 (5 x € 30,00).
Bereits entrichtet wurde ein Betrag in Höhe von € 0,00.
Auf Grund der festgesetzten Abgabe und des entrichteten Gebührenbetrages ergibt sich eine Nachforderung von € 150,00.
2. Der Bescheid über eine Gebührenerhöhung wird abgeändert wie folgt:
Gemäß § 9 Abs. 1 GebG wird eine Gebührenerhöhung in Höhe von € 75,00 (50 % der nicht entrichteten Gebühr von € 150,00) festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensablauf
1. Amtliche Befunde
Am übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz BFA) dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz FA) 18 amtliche Befunde über nichtentrichtete Gebühren für Eingaben der BF (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) in Vertretung der „Familie FAMILIENNAME“. Den Befunden wurde vom BFA eine Zusammenfassung mit auszugsweise folgendem Inhalt angeschlossen:
„Am stellten die Familie FAMILIENNAME (vertreten durch den BF gem. GmbH) einen Antrag auf Feststellungsverfahren im, bei der BFA Direktion anhängigen, Dublin Konsulationsverfahren zwischen Griechenland und Österreich. Herr F FAMILIENNAME ist in Österreich wohnhaft, während seine Gattin und Kinder sich derzeit in Griechenland befinden. Für den Antrag auf Bescheiderlassung entstand mit Erledigung der Eingaben (der Bescheiderlassung) eine Gebührenschuld von EUR 14,30 pro Antragsteller.
…
Summe 85,80 €
Am brachten die Antragsteller Säumnisbeschwerden durch den BF ein. Mit Einbringung der Säumnisbeschwerden entstand eine Gebührenschuld von EUR 30,-- pro Beschwerdeführer.
…
Summe 180,00 €
Letztlich wurde am durch den BF Beschwerde gegen den vom BFA erlassenen Bescheid () erhoben. Mit Einbringung der Beschwerden entstand eine Gebührenschuld von EUR 30,- pro Beschwerdeführer.
…
Summe 180,00 €
Bis dato wurde keine der oben angeführten Gebühren bezahlt.
Als Beilagen sind angeschlossen:
• 18 Befunde über eine Verkürzung von Rechtsgebühren
• Antrag auf Feststellungsbescheid vom
• Säumnisbeschwerde vom
• Bescheid vom
• Kosteninformation vom
• Stellungnahme des BF vom “
Diese Befunde wurden beim FA unter ErfNr.*** aufgenommen. Aus der Stellungnahme der Bf. vom ist ersichtlich, dass keine Gebührenentrichtung erfolgte, weil die Bf. der Ansicht ist, dass eine Gebührenbefreiung nach § 70 AsylG 2005 bestehe.
2. Gebührenbescheid und Bescheid über eine Gebührenerhöhung
2.1 Gebührenbescheid
Auf Grund der amtlichen Befunde setzte das FA zu ErfNr.*** ua. gegenüber der Bf. insgesamt Gebühren iHv 445,80 € für folgende Schriften fest:
„Eingabe (Antrag auf Feststellungsverfahren im, bei der BFA Direktion, anhängigen Dublin Konsulationsverfahren zwischen Griechenland und Österreich eingebracht bei Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom für FAMILIENNAME A, FAMILIENNAME B, FAMILIENNAME C, FAMILIENNAME B D, FAMILIENNAME E und für FAMILIENNAME F, erledigt mit Bescheid vom , Säumnisbeschwerde für alle oben genannten vom und Beschwerde vom gegen den Bescheid vom für alle oben genannten unter Antrag Nr**** und andere, eingebracht beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.“
Zur Ermittlung der Gebühren enthält der Bescheid folgende Ausführungen:
6 Eingaben gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 85,80 €
2 Eingaben mit 6 Ansuchen gemäß § 2 Abs. 1 BVwG-EGebV in Verbindung mit § 12 Abs. 1 GebG 1957 je Ansuchen 30,00 €, 360,00 €“
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden sei und dass nach § 13 Abs. 3 GebG neben den im § 13 Abs. 1 genannten Personen zur Entrichtung der festen Gebühr verpflichtet sei, wer im Namen eines anderen Eingaben oder Beilagen überreiche.
Zur Befreiungsbestimmung des § 70 AsylG 2005 enthält die Begründung keine Ausführungen.
2.2 Bescheid über eine Gebührenerhöhung
Weiters setzte das Finanzamt eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 222,90 (50 % der nicht entrichteten Gebühr von € 445,80) mit folgender Begründung fest:
„Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.“
3. Beschwerde
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde die ersatzlose Aufhebung der Bescheide beantragt und dazu ausgeführt wie folgt:
„I. Sachverhalt:
Die BF unterstützte Herrn F FAMILIENNAME und dessen Familie, die sich noch in Griechenland befindet, im Rahmen der Familienzusammenführung nach der Dublin III-VO. Herr FAMILIENNAME reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz iSd Art 2 lit b Dublin III-VO. Bei den anderen fünf BF handelt es sich um Familienangehörige des F FAMILIENNAME iSd Art 2 Iit g Dublin 111-VO.
Die Familienmitglieder beantragten in der Hellenischen Republik internationalen Schutz. Alle BF begehrten dabei schriftlich die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz der ersten fünf BF durch die Republik Österreich.
Zu diesem Zweck beantragte die zuständige griechische Behörde beim BFA die Aufnahme der ersten fünf BF („Application for admission in accordane with Council Regulation (EU) No. 604/2013“). Die belangte Behörde wies dieses Ersuchen um Aufnahme ab.
Begründend führte das BFA aus, dass Art 10 Dublin III-VO im vorliegenden Fall nicht anwendbar wäre, weil die BF die Trennung der Familie aus freiem Willen intentional und aus Eigenem vorgenommen hätten. Vor diesem Hintergrund sei Art 10 der Dublin III-VO nach Ansicht der belangten Behörde derart auszulegen, dass die BF ihr Recht auf Familienzusammenführung verwirkt hätten.
Auch die weiterführenden Konsultationen zwischen Griechenland und Österreich führten zu keiner Übernahme durch Österreich, weshalb die Familie FAMILIENNAME, vertreten durch die BF, die Erlassung eines Feststellungsbescheids zur Nichtzustimmung Österreichs im Rahmen des Dublin III Verfahrens stellte.
Zusätzlich wurde die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht, auf vorläufige Zustimmung zum griechischen Antrag auf Aufnahme nach der Dublin III-VO beantragt, damit die Antragsteller*innen vorläufig nach Österreich überstellt werden.
Die Anträge auf Erlassung eines Feststellungsbescheides wurden in weiterer Folge vom BFA zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom abgewiesen, gleichzeitig jedoch die ordentliche Revision zugelassen, weil es auf die Frage der Geltendmachung subjektiver Rechte im Rahmen des Konsultationsverfahrens nach der Dublin III-VO noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gäbe.
Mit Aufforderungsschreiben des BFA wurde der BF unter Verweis auf die gestellten Anträge gebeten, die zu entrichtende Gebühr einzuzahlen. Gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird eine ordentliche Revision erhoben, die Rechtsmittelfrist ist noch offen.
Mit Stellungnahme vom 20.2.20IS führte die BF betreffend die Aufforderung zur Entrichtung von Gebühren aus, dass eine Rechtsgrundlage für die Vorschreibung von Gebühren im Hinblick auf die in § 70 AsylG 2005 normierte Gebührenbefreiung nicht besteht und dass der Aufforderung Gebührenentrichtung in Ermangelung einer hierfür erforderlichen materiellen Rechtsgrundlage nicht nachgekommen wird.
Mit dem nunmehr angefochtenen Gebührenbescheid vom erfolgte die Festsetzung einer Gebühr.
zur
II. Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides
Die der Gebührenschuld zu Grunde liegenden Anträge fallen unter den Anwendungsbereich der Dublin III-VO und des AsylG. Zu Unrecht geht die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei gegenständlichen Anträge um keine Angelegenheit des AsylG handelt.
Dies zumal sich die zurückgewiesenen Anträge der Familie auf ein Konsultationsverfahren nach der Dublin III-VO und auf Anträge auf internationalen Schutz der Familie FAMILIENNAME beziehen. Hinsichtlich des Herrn FAMILIENNAME F besteht ein Konnex zu dem von ihm in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz der aufgrund des AsylG gestellt wurde, weshalb jedenfalls der Anwendungsbereich des § 1 Z 1 AsvlG eröffnet ist.
Die BF beabsichtigte mit der Erlangung eines Feststellungsbescheides über die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung der bereits in Griechenland gestellten Anträge auf internationalen Schutz der Familie FAMILIENNAME die Durchführung eines Asylverfahrens nach dem AsylG in Österreich.
Nachdem der Anwendungsbereich des AsylG eröffnet ist, besteht aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 70 AsylG 2005 keine Rechtsgrundlage für die Vorschreibung von Gebühren.
Das Asylgesetz 2005 ist an die Stelle des Asylgesetzes 1991, BGBl. 1992/8, bzw. des Asylgesetzes 1997, BGBl. I 1997/76, getreten. In § 22 AsylG 1991 war eine mit § 70 AsylG 2005 vergleichbare Befreiungsbestimmung mit folgendem Wortlaut enthalten:
"Die in Verfahren vor Bundesasylbehörden erforderlichen Eingaben, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Stempelgebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten,"
Die Erläuternden Bemerkungen zu § 22 AsylG 1991 (270 Blg. Nr. 18. GP) lauten wie folgt:
Da es sich bei Asylwerbern regelmäßig um mittellose Personen handelt, sieht diese Bestimmung - abweichend von dem in § 74 Abs. 1 AVG verankerten Prinzip der Selbsttragung der Kosten - aus humanitären Gründen eine generelle Kostenbefreiung vor.
Bisher waren auch auf Asylwerber die Bestimmungen der §§ 74ff AVG anzuwenden. In der Praxis führte dies dazu, dass Exekutionsverfahren zur Eintreibung dieser Kosten auf Grund der Mittellosigkeit der Asylwerber in der Regel ergebnislos verlaufen sind. Diese Bestimmung dient daher auch verwaltungsökonomischen Zwecken."
Im Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof zur Befreiung nach § 22 AsylG 1991 ausgesprochen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Gebührenpflicht nur Eingaben (§ 14 TP 6 GebG), Niederschriften (§ 14 TP 7 GebG), Zeugnisse (§ 14 TP 14 GebG) und Personenstandsurkunden (§ 14 TP 4 GebG), nicht jedoch Vollmachten (§ 14 TP 13 GebG) befreit sind. Gemäß Art. 29 Zif. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955 idF BGBL 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention), sollen die vertragschließenden Staaten Flüchtlingen in ihrem Gebiet keine Gebühren, Abgaben oder Steuern irgendwelcher Art auferlegen, die anders oder höher als jene sind, die von ihren eigenen Staatsangehörigen in einer ähnlichen Situation verlangt werden. Damit soll nur gewährleistet werden, dass Flüchtlinge den Staatsangehörigen insofern gleich nicht aber durch besondere Heraushebung ihnen gegenüber bessergestellt werden.
Im AsylG 1997 findet sich die Gebührenbefreiungsbestimmung in § 34 AsylG 1997 und hat folgenden Wortlaut:
"Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten,"
Die Erläuternden Bemerkungen zum AsylG 1997 (686 Big. 20. GP) führen zur Gebührenbefreiungsbestimmung Folgendes aus:
"Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen geltendem Recht. Die Befreiung von Stempelgebühren wurde lediglich auch auf Vollmachtsurkunden ausgedehnt."
Die Erläuternden Bemerkungen zum AsylG 2005 enthalten keine Ausführungen zur Gebührenbefreiungsbestimmung. ln der Literatur findet sich zur Befreiungsbestimmung des § 70 AsylG 2005 Folgendes:
Die Gebührenbefreiung für Verfahren nach dem AsylG 2005 bleibt weiterhin bestehen. Von der Gebührenbefreiung umfasst sind nach dem Gesetzestext ("Verfahren nach diesem Bundesgesetz") durch die Implementierung der Anträge auf Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen aus dem NAG auch Verfahren, in denen ein Antrag nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 gestellt wurde (vgl. Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 70 Asylgesetz 2005).
Im Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof zur Gebührenbefreiungsbestimmung des § 70 Abs. 1 ArbeitslosenversicherungG (kurz AlVG) mit dem Wortlaut "Die im Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben und deren Beilagen, Ausfertigungen, Niederschriften, Entscheidungen, Vollmachten und Zeugnisse sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit" ausgesprochen:
"Mit dieser Befreiungsbestimmung werden die im Verwaltungsverfahren nach dem AlVG (arg.: Verfahren nach diesem Bundesgesetz) erforderlichen Eingaben und deren Beilagen, Ausfertigungen, Niederschriften, Entscheidungen, Vollmachten und Zeugnisse von den Stempel- und Rechtsgebühren, nicht aber Beschwerden an die Höchstgerichte befreit, über die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem VwGG oder im verfassungsgerichtlichen Verfahren nach VfGG zu entscheiden ist,"
Der Normzweck des § 70 AsylG 2005 und dessen Materien legen die Intention der angeführten Bestimmung unmissverständlich offen. Asylwerber*innen (daher sind jedenfalls auch Personen umfasst, die einen Antrag auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat gestellt haben und nunmehr eine Feststellung über die (Un)Zuständigkeit Österreichs begehren) soll in Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse Verfahrenskosten grundsätzlich nicht auferlegt werden. Gemäß den parlamentarischen Materialien wich der Gesetzgeber schon im AsylG 1991 bewusst vom Prinzip der Selbsttragung der Kosten ab und sah aus humanitären Gründen eine generelle Kostenbefreiung vor.
Das bedeutet im Ergebnis, dass eine Gebührenvorschreibung in Asylsachen nicht vorgesehen ist. Eine Ausnahmebestimmung zu § 70 AsylG 2005 findet sich im aktuellen österreichischen Rechtsbestand nicht. Dass eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Gebühren im gegenständlichen Fall besteht, wird bestritten. Die erfolgte Gebührenfestsetzung behaftet die angefochtene Entscheidung mit materieller Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen § 70 AsylG 2005.“
4. BVE
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid und gegen den Bescheid über eine Gebührenerhöhung mit folgender Begründung ab.
„§ 3 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden) lautet:
§ 3. (1) Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz ist das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit.
(2) Dem Bundesamt obliegt
1. die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005,
2. die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005,
3. die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG, ...
Wie das BFA der Beschwerdeführerin schon im Bescheid vom mitteilte, hat das BFA verschiedene Zuständigkeiten und ist gemäß Abs. 1 zuständige Behörde für das Asylgesetz 2005, das die Frage der Anerkennung von internationalem Schutz an Fremde in Österreich regelt. Beim Verfahren betreffend Feststellung der Ablehnung der Aufnahmegesuche gemäß der Dublin-Verordnung handelt das BFA aber nicht im Rahmen des Asylgesetzes und die von der Bf. beantragte Gebührenbefreiung für Eingaben im Verfahren nach dem Asylgesetz (§ 70 AsylG 2005) ist daher nicht anwendbar.
Mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwGEGebV) wurde eine der Höhe nach gemäßigte Gebühr für Säumnis- und Bescheidbeschwerden an die genannten Gerichte eingeführt:
§ 1. (1) Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder an ein Verwaltungsgericht eines Landes (Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Vorlageanträge) sind gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.
§ 2. (1) Die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden, Wiedereinsetzungsanträge und Wiederaüfnahmeanträge (samt Beilagen) beträgt 30 Euro, für Vorlageanträge 15 Euro.
Die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 kann schon deshalb nicht greifen, weil diese Befreiung nicht auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgedehnt wurde und sich damit nicht auf die Eingabengebühr für Beschwerden erstreckt. ().“
5. Vorlageantrag
Im daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht wurde von der Bf. nochmals ausführlichdargestellt, weshalb die der Gebührenschuld zu Grunde liegenden Anträge unter den Anwendungsbereich der Dublin III-VO und des AsylG fallen würden. Zu Unrecht gehe die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei gegenständlichen Anträge um keine Angelegenheit des AsylG handle.
Der Begriff des Asylwerbers dürfe dabei nicht nur national betrachtet werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der Dublin Verordnung ein Asylantrag auch in Österreich als gestellt anzusehen, wenn dieser in einem anderen Mitgliedsstaat gestellt wurde und es in weiterer Folge aufgrund der Zuständigkeitskriterien der Dublin Verordnung zu einer Überstellung nach Österreich kommt ().
Im Rahmen einer systematischen Betrachtung des § 70 AsylG 2005 seien daher jedenfalls auch Personen umfasst, die einen Antrag auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat gestellt haben und nunmehr eine Feststellung über die (Un)Zustängiekeit Österreichs begehren.
Das bedeute im Ergebnis, dass eine Gebührenvorschreibung in Asylsachen nicht vorgesehen sei. Eine Ausnahmebestimmung zu § 70 AsylG 2005 finde sich im aktuellen österreichischen Rechtsbestand nicht. Die erfolgte Gebührenfestsetzung behafte die angefochtene Entscheidung mit Rechtswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen § 70 AsylG 2005.
6. Vorlage der Beschwerde ans BFG
Bei der Vorlage der Beschwerde ans BFG verwies das FA im Vorlagebericht vom auf die Beschwerdevorentscheidung. Beim Verfahren betreffend Feststellung der Ablehnung der Aufnahmegesuche gemäß der Dublin-Verordnung (§ 3 Abs. 2 BFA-VG) handle das BFA nicht im Rahmen des Asylgesetzes, das die Frage der Anerkennung von internationalem Schutz von Fremden in Österreich regle (§ 3 Abs. 1 BFA-VG).
7. Beweiserhebung durch das BFG
Vom des BFG wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die elektronisch vom FA vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr.***.
Dadurch konnten die oben angeführten Feststellungen über den Verfahrensablauf getroffen werden.
Weiters wurden noch Abfragen im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) zu den in den Befunden genannten Geschäftszahlen getätigt und wird unter Zugrundelegung des vorgelegten Akteninhaltes folgender Sachverhalt festgestellt:
II. Sachverhalt
1. Anträge vom
Am stellten 1. FAMILIENNAME A, 2. FAMILIENNAME B, 3. FAMILIENNAME C, 4. FAMILIENNAME B D, 5. FAMILIENNAME E und 6. FAMILIENNAME F (gemeinsam bezeichnet als „Familie FAMILIENNAME“) in einem gemeinsamen Schriftsatz, alle vertreten durch die Bf. beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz BFA) einen Antrag auf Feststellung der (Un-)Zuständigkeit der Republik Österreich in beim BFA nach der Dublin III Verordnung anhängigen Konsultationsverfahren.
In Eventu wurde beantragt, dass den griechischen Aufnahmegesuchen zugestimmt werde.
Zusätzlich wurde die Erlassung von einstweiligen Anordnungen nach dem Unionsrecht beantragt, damit die Antragsteller 1. bis 5. vorläufig nach Österreich zur Aufrechterhaltung des Familienlebens und zur Wahrung der Rechte der Kinder vorläufig nach Österreich einreisen können.
Diese Anträge wurden vom BFA mit Bescheid vom zu den Zahlen 1.***,2***,3.***,4***,5**,6.`***, insofern erledigt, als alle Anträge zurückgewiesen wurden.
2. Säumnisbeschwerden vom
Am brachte die Bf. beim BFA für die Antragsteller 1. bis 5. in einem gemeinsamen Schriftsatz Säumnisbeschwerde beim BFA zu den Geschäftszahlen ***** ein.
Die Säumnisbeschwerde gem § 8 VwGVG iVm Art 47 GRC und Art 4 Abs 3 EUV bezieht sich ausdrücklich nur auf den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht vom auf vorläufige Zustimmung zum griechischen Antrag auf Aufnahme der ersten fünf Antragsteller nach der Dublin lll-VO.
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde vom wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wurde vom BFA mit Bescheid vom (Spruchpunkt V.) eingestellt. Eine Vorlage der Säumnisbeschwerde ans BVwG erfolgte nicht. Zur Begründung verwies das BFA ua. auf § 16 Abs 1 VwGVG.
3. Bescheidbeschwerden vom
Am brachte die Bf. beim BFA für „Familie FAMILIENNAME“ Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid vom ein. Diese Beschwerden wurden vom BVwG mit Erkenntnis vom zu den ******** – abweisend – erledigt.
Mit Erkenntnis vom , Ro 2018/19/0005 hat der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis, insoweit damit die Beschwerden gegen die Auferlegung von Verwaltungsabgaben abgewiesen werden, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die Revision als unbegründet abgewiesen.
4. keine Entrichtung der Gebühren
Für diese insgesamt 6 Anträge an das BFA, 5 Säumnisbeschwerden und 6 Bescheidbeschwerden wurden vor Erlassung des gegenständlichen Gebührenbescheides keine Gebühren an das FA GVG entrichtet.
III. Beweiswürdigung
Unstrittig ist auf Grund der übereinstimmenden Angaben der Bf. in ihren Schriftsätzen und den Angaben des Finanzamtes im angefochtenen Bescheid sowie der vorgelegten Aktenteile, dass die Bf. für die „Familie FAMILIENNAME“ die genannten Anträge bzw Beschwerden beim BFA einbrachte und dass hierfür vor Erlassung der angefochtenen Bescheide keine Gebührenentrichtung erfolgte.
Aus dem Inhalt der mit den Befunden vom BFA vorgelegten Säumnisbeschwerde ist eindeutig zu entnehmen, dass die Säumnisbeschwerden ausschließlich hinsichtlich des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht, auf vorläufige Zustimmung zum griechischen Antrag auf Aufnahme der ersten fünf BF nach der Dublin lll-VO, eingebracht wurde. Es liegen daher 5 Säumnisbeschwerden (und nicht 6 Säumnisbeschwerden) vor.
IV. Rechtslage und Erwägungen
Gemäß § 14 Tarifpost 6 (TP 6) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von 14,30 Euro.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 leg. cit. die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.
Gemäß § 11 Abs. 1 GebG entsteht die Gebührenschuld bei Ansuchen um Erteilung und Ausfolgung eines Aufenthaltstitels (§ 14 Tarifpost 8 Abs. 5) sowie bei den im § 14 Tarifpost 10 Abs. 1 Z 1 bis 9 angeführten Schriften in Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken- und Musterangelegenheiten mit Überreichung, bei den übrigen Eingaben sowie bei Beilagen und Protokollen gemäß § 14 Tarifpost 7 Abs. 1 Z 1 und 2 in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird.
Werden in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt, so ist gemäß § 12 Abs.1 GebG für jedes Ansuchen die Eingabegebühr zu entrichten. Besteht zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder leiten sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ab, so ist die Gebühr hingegen nur im einfachen Betrage zu entrichten (§ 7 GebG).
Zur Entrichtung von Stempelgebühren sind gemäß § 13 Abs.1 Z. 1 GebG verpflichtet:
bei Eingaben, deren Beilagen und die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird oder das Protokoll verfasst wird.
Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie gemäß § 13 Abs. 2 GebG zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Gemäß § 13 Abs. 3 GebG ist mit den in Abs.1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühr zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 2 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014, sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (u.a. Beschwerden) gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.
Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe, und mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.
Gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden 30 EUR.
§ 70 AsylG 2005 lautet in der bis geltenden in der Stammfassung wie folgt.
„Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten.“
Seit der Novellierung durch BGBl. I Nr. 56/2018 (In Kraft getreten mit ) lautet § 70 AsylG 2005:
„Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen gilt auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.“
Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 70 AslyG 2005 in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 nicht die Eingabengebühr für Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht erfasst (vgl. und ). Erst nach der mit in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 gilt die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Novellierung des § 70 AsylG 2005 lauten wie folgt (siehe 189 der Beilagen XXVI. GP - Regierungsvorlage):
„Mit Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0122, hat der VwGH festgehalten, dass die Gebührenbefreiung gemäß § 70 nur für das Verfahren vor dem Bundesamt, nicht aber für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gilt. Aus § 70 lasse sich daher insbesondere keine Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr (§ 1 BuLVwG-EGebV) in Abweichung von § 14 TP 6 des Gebührengesetzes 1957 – GebG, BGBl. Nr. 267/1957, ableiten.
Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die für das verwaltungsbehördliche Verfahren geltende Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen nunmehr auf das Beschwerdeverfahren vor dem BVwG erstreckt, wobei dies nur für Verfahren nach dem AsylG 2005 gilt. Die vorgeschlagene Neuregelung ist insofern sachlich gerechtfertigt, als Fremden und Asylwerbern in diesen Beschwerdeverfahren bereits nach geltender Rechtslage (§ 52 BFA-VG) ein gesetzlicher Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung zukommt und es damit systemwidrig erscheinen würde, diese Personengruppe u.a. der Pflicht zur Entrichtung der Eingabegebühr gemäß § 1 BuLVwG-EGebV zu unterwerfen.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass § 52 BFA-VG die Verfahrenshilfe in den davon erfassten Beschwerdeverfahren nicht abschließend regelt und daher zwar der kostenlosen Beigabe eines Rechtsanwaltes, nicht aber einer Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr entgegensteht (). Da Asylwerber und sonstige Fremde die Anforderungen an eine – wenn auch eingeschränkte – Gewährung von Verfahrenshilfe in vielen Fällen grundsätzlich erfüllen werden, würde die Gebührenpflicht durch Gewährung von Verfahrenshilfe im entsprechenden Umfang (§ 8a Abs. 2 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a oder c ZPO) nachträglich wieder entfallen. Die vorgeschlagene Festschreibung der Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG erübrigt die Stellung entsprechender Verfahrenshilfeanträge und dient damit auch der Verwaltungs- und Verfahrensökonomie.
Unberührt bleibt wie schon nach bisheriger Rechtslage die Gebührenpflicht im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH und im Revisionsverfahren vor dem VwGH. Ebenso unberührt bleibt die Gebührenpflicht im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG, wenn Gegenstand der Beschwerde ausschließlich eine Entscheidung oder Maßnahme des Bundesamtes nach dem FPG oder dem GVG-B 2005 ist.“
Zur Befreiung der Anträge der „Familie FAMILIENNAME“ von Verwaltungsabgaben nach der Bestimmung des § 70 AsylG 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Folgendes ausgesprochen:
„Die Anträge der Revisionswerber im vorliegenden Verfahren verfolgen den Zweck, im Rechtsweg eine Zuständigkeit Österreichs zur inhaltlichen Prüfung der in Griechenland gestellten Anträge auf internationalen Schutz der Zweit- bis Sechstrevisionswerber nach der Dublin III-VO zu erreichen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Erlassung der Bescheide über diese Anträge der Revisionswerber um Amtshandlungen unmittelbar für Zwecke des AsylG 2005 im Sinne von dessen § 70 zweiter Satz. Dafür spricht auch der aus den oben zitierten Gesetzesmaterialien erkennbare Zweck des § 70 AsylG 2005, Antragsteller auf internationalen Schutz - diese Stellung zu erreichen ist gerade Zweck der Anträge - in Bezug auf einen solchen Antrag aus humanitären und verwaltungsökonomischen Gründen von den in dieser Bestimmung genannten Kosten zu befreien.“
Daraus folgt für die rechtliche Beurteilung der hier gegenständlichen Eingabengebühren:
Anträge auf Feststellung vom
Bei den am eingebrachten Anträgen der Bf. für die „Familie FAMILIENNAME“ auf Feststellung der Zuständigkeit Österreichs nach der Dublin III – Verordnung handelt es sich um Eingaben im Asylverfahren und kommt daher hierfür die Befreiung nach § 70 AsylG 2005 zur Anwendung (vgl. dazu ).
Die Festsetzung der Eingabengebühren im Gesamtbetrag von € 85,80 für diese 6 Anträge ist daher zu Unrecht erfolgt und ist daher der Beschwerde insofern Folge zu geben und die diesbezügliche Festsetzung aufzuheben.
Säumnisbeschwerden vom
Die Säumnisbeschwerden stellen Beschwerden iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV dar, für die die Gebührenschuld gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerden, dh am entstanden ist.
Zu diesem Zeitpunkt war die Bestimmung des § 70 AsylG 2005 noch nicht auf Beschwerden vor dem Bundesverwaltungsgericht anwendbar (vgl. und ).
Die Höhe der Gebühr beträgt gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV € 30,00 je Säumnisbeschwerde.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegen mehrere gebührenpflichtige Ansuchen im Sinne des § 12 Abs.1 GebG dann vor, wenn in ein und demselben Schriftsatz, sei es auch von ein und derselben Person, mehrere Amtshandlungen begehrt werden, die untereinander in keinem Zusammenhang stehen. Liegt allerdings ein innerer Zusammenhang der Anträge vor, ist eine Kumulierung der Gebührenpflicht nicht vorzunehmen. Ein innerer Zusammenhang mehrerer in einem Schriftsatz gestellter Anträge liegt dann vor, wenn ein Antrag nur ein Akzessorium zu einem der anderen Anträge darstellt. Die Gleichartigkeit von Ansuchen und der begehrten Amtshandlungen hingegen bedeutet noch nicht, dass die mehreren Amtshandlungen in einem inneren Zusammenhang stehen. (vgl. z.B. VwGH18.7.2002, 2002/16/0158, , ).
Auch bei Kumulierung der Beschwerden mehrerer Familienmitglieder in einem Schriftsatz („Familienverfahren“ nach dem AsylG) besteht eine mehrfache Gebührenpflicht (vgl. , die Behandlung der dagegen zur Zl. 2010/16/0226 eingebrachten Beschwerde wurde durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom abgelehnt).
Durch die Rechtsprechung des BFG (vgl. ) und des VwGH () ist bereits geklärt, dass es sich bei der Bf. nicht um eine Vereinigung handelt, die ausschließlich Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke verfolgt, und ist der Schriftenverkehr der Bf. mit den öffentlichen Behörden und Ämtern daher nicht nach § 2 Z 3 GebG befreit.
Die auf Grund eines mit dem Bundesminister für Inneres bzw. dem Bundeskanzler geschlossenen Bestellungsvertrages gemäß § 48 BFA-VG mit der Besorgung von Rechtsberatungen betraute Bf. und mit Verfahrensanordnungen des BFA den Beschwerdeführern amtswegig zur Seite gestellte Rechtsberaterin hat die Beschwerden, wenn auch auf Wunsch der einzelnen Beschwerdeführer, im Rahmen ihrer Tätigkeit als bestellte Rechtsberaterin eingebracht und hat ungeachtet dessen, ob sie im Einzelfall gemäß § 52 BFA-VG in der jeweiligen Fassung zur wunschgemäßen Vertretung verpflichtet oder nicht verpflichtet werden konnte, damit Leistungen für den Bund erbracht. Dies begründet jedoch keine persönliche Befreiung der Bf. von den Gebühren nach dem Gebührengesetz. Gemäß § 2 Z 1 GebG sind zwar der Bund und die von ihm betriebenen Unternehmungen sowie öffentlich-rechtliche Fonds, deren Abgänge er zu decken verpflichtet ist, von den Gebühren befreit. Eine persönliche Befreiung von den Gebühren für Vertragspartner des Bundes besteht selbst dann nicht, wenn der Bund verpflichtet ist, diesem die Gebühren zu ersetzen (vgl. unter Hinweis auf ).
Seit enthält das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) auf Grund der Novellierung durch BGBl. I Nr. 24/2017 in § 8a VwGVG eine Regelung über die Verfahrenshilfe. Alleine die Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages verhindert nicht das Entstehen der Gebührenschuld, da § 64 Abs. 3 ZPO auf die bewilligte, nicht auf die beantragte Verfahrenshilfe abstellt (vgl. ). Im vorliegenden Beschwerdefall wurde von der Bf. nicht einmal geltend gemacht, dass ein Verfahrenshilfeantrag eingebracht worden wäre. Es liegt auch kein Hinweis dafür vor, dass das für ein etwaiges Verfahrenshilfeverfahren zuständige Gericht (hier Bundesverwaltungsgericht) eine Verfahrenshilfe bewilligt hätte.
Für die Gebührenpflicht ist nicht entscheidend, wie die Säumnisbeschwerden letztendlich erledigt werden. Auch bei Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahren durch das BFA und Unterbleiben einer Vorlage der Säumnisbeschwerden an das Bundesverwaltungsgericht besteht die Gebührenpflicht. Die Gebührenschuld für die Säumnisbeschwerde entsteht nach § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt des Einlangens beim BFA als jener Stelle, bei der sie nach den Verfahrensvorschriften einzubringen ist (vgl. ). Mit dem Entstehen der Gebührenschuld wurde die Gebühr auch fällig.
Wird eine Abgabe nicht spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, sondern erst später, so ist die Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet (vgl. ).
Dieses Erkenntnis baut auf der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf, wonach die Nichtentrichtung von Stempelgebühren zum ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist und sie die Voraussetzung für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 203 BAO, als einen Akt der Abgabenbemessung, bildet (vgl. 501/77 ua.). Der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides gemäß § 203 BAO hat keinen Einfluss auf die Zahlungspflicht des Gebührenschuldners (vgl. 1057, 1058/78 und 1337, 1338/78).
Allerdings beziehen sich die Säumnisbeschwerden ausdrücklich nur auf die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht durch die Antragsteller 1. – 5. und wurden in der Säumnisbeschwerde auch nur die 5 Geschäftszahlen der Antragsteller 1. – 5. genannt (dh keine Säumnisbeschwerde wurden für den 6. Antragsteller F FAMILIENNAME eingebracht).
Für die insgesamt 5 Säumnisbeschwerden ist daher eine Gebührenschuld iHv insgesamt € 150,00 entstanden.
Der Gebührenbescheid war daher auch hinsichtlich der Säumnisbeschwerde insofern abzuändern, als nicht € 180,00, sondern insgesamt € 150,00 festgesetzt werden.
Bescheidbeschwerden vom
Am brachte die Bf. beim BFA für „Familie FAMILIENNAME“ Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid vom ein.
Für diese Beschwerden ist gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV die Gebührenschuld nach dem entstanden und ist daher hierfür bereits die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG 2005 in der novellierten Fassung des BGBl. I Nr. 56/2018, die auch das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht umfasst, anzuwenden.
Die Festsetzung der Gebühren im Gesamtbetrag von € 180,00 für die Bescheidbeschwerden ist daher zu Unrecht erfolgt und ist daher der Beschwerde insofern Folge zu geben und die diesbezügliche Festsetzung aufzuheben.
Heranziehung der Bf. als Gebührenschuldnerin
Nach der Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG wird derjenige zum Gesamtschuldner "mit den im Abs. 1 der Gesetzesstelle genannten Personen", wer im Namen eines anderen eine Eingabe überreicht.
Bei der für eine (Säumnis-)Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu entrichtenden Gebühr handelt es sich nach dem klaren Wortlaut um eine Eingabengebühr nach § 14 TP 6 GebG. Damit sind eindeutig für diese Eingabengebühr nach § 14 TP 6 GebG grundsätzlich die anderen Bestimmungen des GebG, u.a. § 13 Abs. 3 leg. cit., anzuwenden (vgl. ).
Dem Gesetz kann über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner nichts entnommen werden (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I unter Hinweis auf , und vwGH , 2013/16/0101).
Gegen die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempelgebühren und Rechtsgebühren, Rz 16 zu § 13 GebG unter Hinweis auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1257/00).
Es liegt jedoch im Ermessen der Behörde - im Sinne des § 20 Bundesabgabenordnung (BAO) - ob sie das Leistungsgebot (den Abgabenbescheid) nur an einen der Gesamtschuldner richtet und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder alle Gesamtschuldner richten will (vgl. , ,92/16/0013, , 2001/16/0306, , 2001/16/0606, , 2001/16/0599 uva.).
Die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (vgl. ).
Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (vgl. , , 82/16/0022, , 2001/16/0606). Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. 16/0747/79, 16/0749/79, , 82/16/0022, , 89/13/0115, , 89/17/0050, , 90/13/0238, , 95/16/0082).
Nach den eigenen Angaben der Bf. in ihren Schriftsätzen wäre eine Festsetzung der Gebühren beim anderen Gesamtschuldner auf Grund der angespannten finanzieller Situation nicht zweckmäßig gewesen. Das Finanzamt hat daher für die gegenständlichen Gebühren – ebenso wie bei den ebenfalls die Bf. betreffenden Verfahren zu und auf deren Ausführungen daher auch verwiesen wird) zu Recht die Bf. für die gegenständlichen Gebühren in Anspruch genommen.
Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG
Nach § 9 Abs. 1 GebG 1957 ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben, wenn eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt wird.
Ist die Gebühr im Sinne des § 203 BAO bescheidmäßig vorzuschreiben, so tritt die Gebührenerhöhung akzessorisch dazu.
Zufolge der Ausgestaltung der Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG als objektive Säumnisfolge bleibt für die Berücksichtigung von Billigkeitsgründen kein Raum. Auf die Erkennbarkeit der Gebührenpflicht durch den Abgabepflichtigen kommt es nicht an (vgl. ).
Da die bescheidmäßige Gebührenfestsetzung auf € 150,00 reduziert wurde, ist die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG Auf € 75,00 zu reduzieren.
Der Beschwerde war daher teilweise Folge zugeben und die angefochtenen Bescheide wie im Spruch ersichtlich abzuändern. Dem darüber hinausgehenden Begehren konnte hingegen aus den oben genannten Gründen keine Rechnung getragen werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zu klärenden Rechtsfragen sind durch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 12 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 § 2 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 § 70 AsylG 2005, Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105601.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at