Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.04.2020, RV/7106112/2019

Familienbeihilfe - Kürzestmöglicher Beginn des Studiums nach dem Grundwehrdienst

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf, Dorf, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2019 bis September 2019, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) stellte für seinen Sohn S., geb 1999, am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Jänner 2019.

Das Finanzamt (FA) wies den Antrag des Beschwerdeführers (Bf) vom auf Gewährung von Familienbeihilfe ab Jänner 2019 für Sohn S., geb. 1999, nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs 1 lit b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) mit der Begründung ab, dass S. nach dem Präsenzdienst nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt (März 2019) ein Studium begonnen habe. Der Bf dürfe, sobald S. über einen Studienplatz verfüge, ab Oktober 2019 wieder einen Antrag stellen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde (Schreiben vom ) brachte der Bf vor, dass sein Sohn S. im Juni 2018 erfolgreich die HAK Wiener Neustadt mit Matura und ausgezeichnetem Erfolg beendet und anschließend am seinen Grundwehrdienst angetreten, den er bis einschließlich absolviert habe. Er habe sich im Mai 2018 bei der Polizei beworben und sich in den darauffolgenden Monaten dem Aufnahmeverfahren unterzogen. Leider sei es am zu einer Absage gekommen. Daraufhin habe sein Sohn die angestrebte weitere Berufsausbildung ändern müssen und habe beschlossen, dass er stattdessen gerne Medizin studieren wolle. Da jedoch für dieses Studium ein Aufnahmetest erforderlich sei, der lediglich einmal pro Jahr im Juli stattfinde und für den jeweils eine Anmeldung nur im März vorgenommen werden könne, sei ein Studienbeginn im März 2019 nicht möglich gewesen. S. habe sich am für den MedAT angemeldet, der am in Graz stattfinden werde. Nach der negativen Mitteilung im Polizeiaufnahmeverfahren habe S. umgehend zahlreiche Bewerbungen durchgeführt. In der Zeit vom bis sei er bei XY (Z) in Neunkirchen beschäftigt gewesen. Seither habe er leider nur Absagen auf seine durchgeführten Bewerbungen erhalten und sei daher noch immer einkommenslos. S. wohne nach wie vor im gemeinsamen Haushalt mit ihm und werde von ihm sowie seiner Mutter versorgt.

Aufgrund der Tatsache, dass der Aufnahmetest für das Medizinstudium sehr schwierig sei und von den zahlreichen Bewerbern lediglich eine geringe Anzahl einen Studienplatz erhalte, habe sich S. dann am ebenso für ein Studium der Rechtswissenschaften in Graz angemeldet. Für diesen Studienplatz habe er am eine Zusage erhalten und werde sich im Juli 2019 persönlich in Graz dafür anmelden/inskribieren. Das Ergebnis des MedAT werde er erst im August 2019 erfahren.

Somit sei es also nicht richtig, dass S. nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich ab März 2019 zu studieren begonnen habe, sondern befinde er sich derzeit zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung im Oktober 2019 bzw. zwischen der Beendigung des Präsenzdienstes und dem Beginn der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung. Er ersuche daher seinem Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für S. ab stattzugeben.

Die Einstellung der Familienbeihilfe sei bereits ab erfolgt, obwohl der Präsenzdienst erst am angetreten worden sei. Die Fälligkeit eines Unterhaltsanspruches sei am ersten eines jeden Monats. Da der Präsenzdienst 6 Monate dauere und bereits ab die Familienbeihilfe eingestellt worden sei, sei der Antrag auf neuerliche Gewährung ab erfolgt.

Mit Fax vom übermittelte der Bf. eine Studienbestätigung der Universität Graz und brachte vor, dass betreffend MedAT vom mitgeteilt werde, dass sein Sohn den Aufnahmetest für das Medizinstudium leider nicht geschafft habe und er im August 2019 diese Mitteilung bekommen habe. Bei Bedarf könne auch dieser Nachweis (des nicht bestandenen MedAT) nachgereicht werden. Es werde auf eine rasche und positive Erledigung des Familienbeihilfenantrages ab Jänner 2019 gehofft.

Aus einer weiteren Beilage (Studienplatzzusage der Universität Graz) geht hervor, dass S. zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften für das Studienjahr 2019/20 zugelassen wurde.

Im Hinblick auf die obige Begründung und die Tatsache, dass die Begründung im Abweisungsbescheid nicht richtig sei, ersuche er, seinem Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für seinen Sohn ab stattzugeben.

Die Einstellung der Familienbeihilfe sei bereits ab erfolgt, obwohl der Präsenzdienst erst am angetreten worden sei. Die Fälligkeit eines Unterhaltsanspruches sei am ersten eines jeden Monats. Da der Präsenzdienst 6 Monate gedauert habe und bereits ab die Familienbeihilfe eingestellt worden sei, sei der Antrag auf neuerliche Gewährung ab erfolgt.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG 1967 mit folgender Begründung ab:

S. habe im Juni 2018 die Reifeprüfung erfolgreich abgelegt, im Zeitraum bis den Präsenzdienst abgeleistet und ab Oktober 2019 mit dem Studium Rechtswissenschaften an der Uni Graz begonnen. Da S. bereits im Jänner 2019 abgerüstet habe, wäre ein Studienbeginn im Sommersemester 2019 noch möglich gewesen. Es sei nicht das "Wunschstudium" maßgeblich, sondern nur, ob objektiv eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Ein Wechsel auf das Wunschstudium wäre im Oktober 2019 noch immer möglich gewesen.

Der Bf. stellte am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht und verwies zunächst auf seine Beschwerdeausführungen.

Weiters verwies der Bf. auf die Antragsfristen für Bachelor- und Diplomstudien, die für das Sommersemester meist von Jänner bis Anfang Februar laufen würden. Da S. vom bis bei XY gearbeitet habe und anschließend sofort weitere Bewerbungen durchgeführt habe, weil er ein Eigeneinkommen bis zum Studienbeginn im Herbst erzielen habe wollen, sei es ihm gar nicht mehr fristgerecht möglich gewesen, einen Antrag auf Zulassung zu einem Studium fürs Sommersemester zu stellen. Zu dem Zeitpunkt, als es noch möglich gewesen wäre, für das Sommersemester 2019 zu inskribieren, habe sich sein Sohn beruflich neu orientieren müssen, hätte bereits einen Job gefunden gehabt und sei überzeugt gewesen, dass er auch wieder eine weitere neue Arbeitsstelle finden werde und sei engagiert auf Suche gewesen. Er habe Berufserfahrung sammeln und Eigeneinkommen erzielen wollen und habe sich intensivst auf den MedAT vorbereitet. Da jedoch aufgrund obgenannter Gegebenheiten und nachdem er realisieren habe müssen, dass er doch nicht unverzüglich eine neue Arbeitsstelle bekommen würde, die Inskriptionsfristen für das Sommersemester bereits abgelaufen gewesen seien und somit ein Beginn eines Studiums ab nicht mehr möglich gewesen sei, habe S. somit zum ehestmöglichen Zeitpunkt, nämlich seine Schul- und Berufsausbildung nach der Matura und Ableistung seines Präsenzdienstes wieder fortgesetzt.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung sei angeführt worden, dass S., da er bereits im Jänner 2019 abgerüstet habe, ein Studienbeginn im Sommersemester 2019 noch möglich gewesen wäre. Weiters sei nicht das „Wunschstudium" maßgeblich, sondern nur, ob objektiv eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen worden sei.

Seiner Meinung nach werde bei dieser Begründung jedoch außer Acht gelassen, dass S. sich unverzüglich nach der Ableistung seines Präsenzdienstes () einen Arbeitsplatz gesucht und gefunden hatte (Arbeitsbeginn ) und auch nach dieser Tätigkeit im Jänner gerne wieder gearbeitet hätte, sich intensivst auf Arbeitsplatzsuche begeben habe, um Berufserfahrung zu sammeln und ein Eigeneinkommen zu erzielen. Es sei daher für ihn diese Ungleichbehandlung nicht nachvollziehbar, warum nur als Anspruchsgrund für die Gewährung der Familienbeihilfe eine Berufsausbildung (hier: Studienbeginn bereits im Sommersemster) zähle und nicht auch die Bemühungen eines Kindes, nach der Matura und vor Beginn des Studiums im Herbst, einen Arbeitsplatz zu erlangen, Berufserfahrung und damit auch Versicherungszeiten zu sammeln und ein Eigeneinkommen zu erzielen.

Es sei nur leider so, dass S. auf sämtliche Bewerbungsschreiben oder telefonische Anfragen sehr häufig Absagen mit der Begründung erhalten habe, dass jemand mit Berufserfahrung gesucht werde, die ihm fehle. Er habe sich auch in den unterschiedlichsten Bereichen beworben, also nicht nur für Jobs, die seiner kaufmännischen Ausbildung entsprechen, sondern er habe diverse Jobs angenommen, weshalb er sich u.a. auch bei Supermärkten und im Gastgewerbe beworben habe. Bewerbungsunterlagen könnten als Nachweis seiner Bemühungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes bei Bedarf jederzeit vorgelegt werden.

Aufgrund seiner nunmehr im Nachhinein im Internet durchgeführten Recherchen habe er zu seinem Bedauern feststellen müssen, dass tatsächlich die Gewährung der Familienbeihilfe abgewiesen werde, mit der Begründung, dass man im Sommersemester mit irgendeinem Studium beginnen müsse und Studierenden dafür eine Erleichterung geboten werde, in dem die ersten drei Semester als erstes Studienjahr gelten, für das der Studienerfolg nachgewiesen werden müsse. Es wäre aber selbst, wenn er dieses Wissen bereits früher gehabt hätte, nicht seine Intention gewesen, die Familienbeihilfe durch Unehrlichkeit zu erlangen, und die Antragsvoraussetzungen nur dadurch zu erfüllen, in dem eine „Schein-Inskription“ erfolge.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde und führte u.a. aus, ab Oktober 2019 sei die Familienbeihilfe (wieder) gewährt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Folgender unstrittige Sachverhalt steht fest:

Der Sohn des Bf, S., geb. am 1999, beendete im Juni 2018 erfolgreich die HAK Wiener Neustadt mit Matura.

Vom bis einschließlich absolvierte S. den Grundwehrdienst.

Vom bis war er bei einer Restaurantkette beschäftigt.

Im März 2019 meldete sich S. für die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium an.

Am erfolgte die Registrierung zum (erstmals durchgeführten) Aufnahmeverfahren für das Studium der Rechtswissenschaften in Graz für das Studienjahr 2019/20. Da kein weiteres Aufnahmeverfahren stattfand, wurde S. aG der Anmeldung zum Studium zugelassen.

Im August 2019 erfuhr S., dass er die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium nicht bestanden hatte.

Im Wintersemester 2019/2020 begann S. das Studium Rechtswissenschaften an der Karl Franzens Universität Graz.

Ab Jänner 2019 wurde die Familienbeihilfe vom FA nicht gewährt.

Ab Oktober 2019 wurde die Familienbeihilfe vom FA (wieder) gewährt.

Rechtliche Beurteilung:

§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 sieht einen Familienbeihilfeanspruch für volljährige Kinder vor, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

§ 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 sieht einen Familienbeihilfeanspruch für volljährige Kinder vor, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Gemäß § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 haben Personen Anspruch für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs 1 lit l sublit aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs 1 lit l sublit aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird.

Nach § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro zu.

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Der Bf bringt zusammengefasst vor, dass sich sein Sohn im Mai 2018 bei der Polizei beworben und sich in den darauffolgenden Monaten dem Aufnahmeverfahren unterzogen, jedoch leider am eine Absage erhalten habe. Danach habe er seinen angestrebten Berufswunsch ändern müssen und habe beschlossen, stattdessen Medizin zu studieren. Da jedoch für dieses Studium ein Aufnahmetest erforderlich sei, der lediglich einmal pro Jahr im Juli stattfinde und für den jeweils eine Anmeldung nur im März vorgenommen werden könne, sei ein Studienbeginn im März 2019 nicht möglich gewesen. Er habe sich im März 2019 für die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium angemeldet. Am habe sich S., da der Aufnahmetest für das Medizinstudium sehr schwierig sei, für das Studium der Rechtswissenschaften in Graz angemeldet.
Im August 2019 erfuhr S., dass er die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium nicht bestanden hatte.

Nach Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG Kommentar, 2. Auflage, 2020, § 2 Rz 132 fordert der Gesetzgeber, „dass die Berufsausbildung nach Beendigung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen oder fortgesetzt wird (in diesem Sinne auch ; oder ).

Das Gesetz verlangt in § 2 Abs 1 lit d und e die Unmöglichkeit („frühestmöglicher“) eines früheren Beginns (oder einer früheren Fortsetzung) einer Berufsausbildung, bloße Untunlichkeit reicht für die Verwirklichung dieser Tatbestände nicht aus ( zu ungünstigem Sommersemesterbeginn). Daher ist auch ein nach den studienrechtlichen Vorschriften möglicher Quereinstieg in ein gewähltes Studium mit der Möglichkeit, bereits in diesem Semester (zB Sommersemester 2003) mit der Berufs­ausbildung zu beginnen und auch Prüfungen ablegen zu können, der frühestmögliche Zeitpunkt im Sinne der lit e. Wird erst zu einem späteren Zeitpunkt (zB Wintersemester 2003/2004) mit der Berufs­ausbildung begonnen, besteht kein Anspruch auf FB (s ).

Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn noch nicht feststeht, welche Berufs­ausbildung gewählt und dadurch mit der Berufsausbildung erst im Herbst 2007 begonnen wird, obwohl der Präsenzdienst bereits im März 2007 beendet wurde und daher bereits mit Beginn des Sommersemesters 2007 die Berufsausbildung möglich gewesen wäre ().

Das alleinige Streben, mit einer bestimmten Berufsausbildung zu beginnen, ohne diese Absicht – aus welchen Gründen immer – in die Tat umzusetzen, erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug der FB (s u vgl ).

Der frühestmögliche Zeitpunkt ist jener, zu dem ein die Aufnahmevoraussetzungen Erfüllender mit dem Studium beginnen hätte können (). Nicht von Relevanz ist, ob zur Studienvorbereitung Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmsprüfungen zu bestehen waren. Nach Absolvierung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes ist dies jener Zeitpunkt, in dem das Kind die Möglichkeit hat, mit der Ausbildung zu beginnen oder diese fortsetzen kann. Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen oder diese fortgesetzt wird, sind unbeachtlich und gewähren keinen Anspruch auf FB. Der Beginn eines Wunschstudiums durch ein Kind, das nach mehreren Aufnahmeprüfungen an verschiedenen Ausbildungsstätten nach über einem Jahr an einer bestimmten Universität aufgenommen wurde, fällt nicht mehr unter diese Bestimmung ().

Ist von einem Bewerber der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausbildungsbeginns nicht ersichtlich und ist daher nicht berechenbar, wann (wie lange vor Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes) er sich bewerben müsste, um möglichst unmittelbar nach Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, so würde nach Ansicht des VwGH eine Auslegung des § 2 Abs 1 lit e, vom Bewerber zu fordern, sich gleichsam „auf gut Glück“ möglichst lange vor dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes zu bewerben, um „möglichst rasch“ nach Ende dieses Dienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, der Bestimmung einen unsachlichen Inhalt beimessen.

Vielmehr ist dem Erfordernis des § 2 Abs 1 lit e dann entsprochen, wenn die Bewerbung um eine solche Ausbildung unmittelbar nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs­dienstes oder des Zivildienstes erfolgt und in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl) ohne dem Bewerber anzulastende Verzögerung gesetzt werden ()).“

Nach der Judikatur des VwGH sind somit persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe bei der Beurteilung, ob eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen werde, unbeachtlich. Der frühestmögliche Zeitpunkt ist nach rein objektiven Kriterien zu beurteilen ().

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2011/16/0057, ausgesprochen, dass im Fall des Unterbleibens der Ausbildung mangels Aufnahme des Bewerbers – unerheblich aus welchem Grund – die Berufsausbildung nicht im Sinn des § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 begonnen werde. Die einer tatsächlichen Ausbildung vorangehenden Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs stellen noch keine Ausbildung dar.

Der VwGH führt aus wie folgt:

 „Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfordert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die tatsächliche Fortsetzung oder den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes.

Die Möglichkeit, eine bestimmte gewünschte Berufsausbildung zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt zu beginnen, war auch im Jahr 1980 zur Zeit der Schaffung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG bereits fallweise von einer Bewerbung, von einem Auswahlverfahren und von einer Zulassung zur Ausbildung oder von einer Aufnahme in eine Ausbildungseinrichtung abhängig. Beschränkungen des Zugangs zu einer Berufsausbildung – auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens – durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze mögen zwar im Streitzeitraum des Jahres 2007 weit mehr verbreitet gewesen sein als im Jahr 1980, waren aber auch aus der Sicht des Gesetzgebers des Jahres 1980 bereits vorhersehbar und nicht auszuschließen. Fälle, in denen zwar der gewünschte und angestrebte Beginn der frühestmögliche nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes ist, der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung aber wegen der erwähnten Beschränkung später erfolgt, oder Fälle, in denen die iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG frühestmögliche Berufsausbildung zwar gewünscht und angestrebt wird, aber dieser Wunsch nach einem Aufnahme- oder Bewerbungsverfahren tatsächlich nicht oder nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt werden kann, bilden daher keine planwidrige Lücke, die durch Ausdehnen des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG auch auf jene Fälle (durch Analogie) geschlossen werden müssten.

Soweit der Beschwerdeführer die von seinem Sohn angestrebte Ausbildung an der Fachhochschule ins Treffen führt, ist der belangten Behörde im Ergebnis Recht zu geben, dass einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellen und im Falle des Unterbleibens der Ausbildung (weil der Bewerber nicht aufgenommen wurde – wobei es unerheblich ist, ob mangels hinreichender Qualifikation etwa auf Grund eines negativen Testergebnisses bei der Bewerbung oder „lediglich infolge Platzmangels“ -) diese Berufsausbildung eben nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen wird.

Das Risiko, für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeitlich vorgestaffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, ist Berufsausbildungen, welchen keinen unbeschränkten Zugang haben, immanent. Die von der belangten Behörde angesprochene Möglichkeit, eine andere als die bevorzugte Ausbildung zu beginnen, für welche keine solche Beschränkung besteht, im Beschwerdefall etwa bereits mit dem Sommersemester 2007 an der Wirtschaftsuniversität zu inskribieren, wäre nur eine von mehreren Möglichkeiten gewesen, einem solchen Risiko zu begegnen. Die andere als die bevorzugte Ausbildung erst dann zu beginnen, nachdem sich eine solche Beschränkung als schlagend erwiesen hatte und das Risiko verwirklicht war, stellt lediglich eine weitere Möglichkeit dar, auf ein solches Risiko zu reagieren.“

Nichts Anderes kann im vorliegenden Fall gelten.

Der Sohn des Bf beendete am den Grundwehrdienst.
Er meldete sich im März 2019 für die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium an und erfuhr im August 2019, dass er die Zulassungsprüfung nicht bestanden hat.
Es handelt sich daher um den Fall des Unterbleibens der Ausbildung mangels Aufnahme des Bewerbers, sodass die Berufsausbildung nicht im Sinne des § 2 Abs 1 lit e FLAG 1967 begonnen wurde. Die einer tatsächlichen Ausbildung vorangehenden Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs stellen noch keine Ausbildung dar ().

Auch beim Berufwunsch S., zur Polizei zu gehen, handelt es sich um keine Ausbildung, da S. laut Vorbringen in der Beschwerde am , somit noch während des Grundwehrdiensts, eine Absage erhielt, sodass es sich auch diesbezüglich um den Fall des Unterbleibens der Ausbildung mangels Aufnahme des Bewerbers handelt.

Am meldete sich S. zum Studium der Rechtswissenschaften an, welches er im Oktober 2019 begann. Die tatsächliche Berufsausbildung begann daher mit der Inskription zum rechtswissenschaftlichen Studium an der Karl Franzens Universität Graz mit dem Wintersemester 2019/2020.

Für dieses Studium an der Universität Graz hätte sich S. bereits im Jänner 2019 anmelden können und hätte daher bereits im März 2019 (Sommersemester 2019) mit dem Studium beginnen können.

Festzuhalten ist, dass es im Sommersemester 2019 für das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Graz kein Aufnahmeverfahren gab, dieses wurde erstmals mit dem Wintersemester 2019/2020 eingeführt (vgl. https://rewi.uni-graz.at/de/neuigkeiten/detail/article/neue-zugangsregeln-fuer-jus-diplomstudium/).

Die reguläre Inskriptionsfrist für das Sommersemester 2019 dauerte vom (vgl. https://de.readkong.com/page/uni-graz-tipps-fur-erstsemestrige-2018-19-7343625?p=3). Ein Beginn des Studiums ist auch im Sommersemester möglich (vgl. https://studienzugang.uni-graz.at/de/haeufig-gestellte-fragen/kann-man-auch-im-sommersemester-mit-dem-studium-beginnen/).

Zum Vorbringen im Vorlageantrag, S. habe vom gearbeitet und nachher Bewerbungen verfasst, ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe handelt, welche bei der Beurteilung, ob eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen werde, nach der Judikatur unbeachtlich sind. Dasselbe gilt für die weiteren persönlichen Gründe, die vom Bf vorgebracht werden: Zeitmangel, die Überzeugung, eine weitere neue Arbeitsstelle zu finden und die Absicht, Berufserfahrung zu sammeln. Diese glaubhaft vorgebrachten Gründe mögen verständlich sein, allerdings normiert die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit e FLAG eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, dass keine Familienbeihilfe gebührt, wenn sich ein volljähriges Kind nicht in Ausbildung befindet (von weiteren gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen). Diese Bestimmung ist daher eng auszulegen.

Da die Familienbeihilfe für volljährige Kinder grs. an die Ausbildung knüpft, entspricht das Vorbringen des Bf, „auch die Bemühungen eines Kindes, nach der Matura und vor Beginn des Studiums im Herbst, einen Arbeitsplatz zu erlangen, Berufserfahrung und damit auch Versicherungszeiten zu sammeln und ein Eigeneinkommen zu erzielen,“ sollten anspruchsbegründend für den Bezug der Familienbeihilfe sein, nicht den gesetzlichen Normen und der Konzeption des FLAG 1967 und kann diesem Vorbringen daher nicht gefolgt werden.

Das Vorbringen in der Beschwerde, die Einstellung der Familienbeihilfe sei bereits ab erfolgt, obwohl der Präsenzdienst erst am angetreten worden sei, behandelt einen Zeitraum, der nicht vom streitgegenständlichen umfasst ist und war daher darauf nicht einzugehen.

Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass der tatsächliche Beginn des rechtwissenschaftlichen Studiums an der Karl Franzens Universität Graz im Wintersemester 2019/2020 angesichts der Möglichkeit, dort bereits im Sommersemester 2019 zu inskribieren, nicht frühestmöglich nach Ende des Präsenzdienstes gelegen war.

Zum Vorbringen im Vorlageantrag, der Bf habe um ehestmögliche Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe zumindest ab ersucht, ist festzuhalten, dass das FA laut Ausführungen im Vorlagebericht die Familienbeihilfe ab Oktober 2019 gewährt hat, sodass sich auf Grund der durch das im Oktober 2019 begonnene Studium von S. der Sachverhalt jedenfalls ab 10/2019 geändert hat, woraus folgt, dass vom BFG über den Zeitraum Jänner bis September 2019 abzusprechen war.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der ggstdl Rechtsfrage folgt der einheitlichen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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