Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2020, RV/7103467/2019

Unterhaltsabsetzbetrag bzw. Kinderfreibetrag für ein volljähriges Kind

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache X, y, vertreten durch Anton Stephan Hetzer, Ortnergasse 3/18, 1150 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt Wien 8/16/17 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

X (Beschwerdeführerin, i.d.F. Bf.) erzielte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2016 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.
In ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung machte sie u.a. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie den Kinderfreibetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind (L) geltend.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde die Bf. aufgefordert, die beantragten Versicherungsprämien sowie die außergewöhnlichen Belastungen zu belegen.

In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom legte die Bf. eine Aufstellung der Gesundheitskosten für 2015 und 2016 samt den 2 betragsmäßig höchsten Rechnungen vor.

Am erließ die Behörde einen Einkommensteuerbescheid, in dem die außergewöhnlichen Belastungen, nicht aber die beantragten Sonderausgaben bzw. der Kinderfreibetrag und der Unterhaltsabsetzbetrag Berücksichtigung fanden.
In der Begründung legt die Behörde dar, dass für das Kind mit dem Geburtsdatum xx.xx.1990 kein Kinderfreibetrag berücksichtigt werden kann, da der Bf. im Kalenderjahr der Unterhaltsabsetzbetrag für nicht mehr als 6 Monate zusteht.
Im Übrigen seien die angeforderten Unterlagen nur zum Teil vorgelegt worden, sodaß sie nur in Höhe der nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen seien.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde erhoben und darin erläutert, die Topfsonderausgaben hätten in dem Bescheid keinen Ansatz gefunden. Eine erklärungsgemäße Veranlagung wurde beantragt.

Mit einer weiteren Eingabe vom wurden von der Bf. Versicherungsbestätigungen für als Sonderausgaben zu berücksichtigende Zahlungen i.H.v. € 558,92 nachgereicht. 

Am erging eine Beschwerdevorentscheidung, mit der der Erstbescheid abgeändert und diesem Sonderausgaben in der nachgewiesenen Höhe zu Grunde gelegt wurden.

Der Bf. brachte in der Folge am einen Vorlageantrag ein. Moniert wurde, dass sowohl der Kinderfreibetrag als auch der Unterhaltsabsetzbetrag für die nicht haushaltszugehörige Tochter im Rahmen der Veranlagung keine Berücksichtigung gefunden hätten. Ein Antrag auf erklärungsgemäße Veranlagung wurde gestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:  

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

§ 34 Abs. (7) Z 1 u. 5 EStG 1988 lauten:

Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

§ 106 Abs. 1 + 2 EStG 1988 lauten:

(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

§ 106a Abs. 1 EStG 1988 lautet:

Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 steht ein Kinderfreibetrag zu.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit a FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dazu zählen u.a. volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Die Bf. hat im Rahmen der ArbeitnehmerInnenveranlagung die Berücksichtigung des Kinderfreibetrages sowie den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind (L) beantragt.

L wurde am xx.xx.1990 geboren und hat Ende 2014 das 24. Lebensjahr überschritten. Da L im Jahr 2016 bereits das 25. Lebensjahr überschritten hat, kommen auch die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. g-k FLAG nicht zur Anwendung, die zu einem Bezug der Familienbeihilfe bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres berechtigen. 
L war nach der benannten Bestimmung ebensowenig zu wie die Bf. bezugsberechtigt.

Nach der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 (zB Krankheitskosten der Kinder) weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen. Ein Unterhaltsabsetzbetrag steht somit für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die - an sie selbst oder an Dritte - keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, nicht zu (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 12. EL, § 33 Anm. 94; Doralt/Herzog, § 33 Tz 41, mit Verweis auf ).

Umstände, die darauf hinweisen würden, dass die Zahlungen der Bf. für Aufwendungen geleistet worden wären, die bei der Tochter als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen waren, wurden weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag geltend gemacht.

Der Bf. stand somit kein Unterhaltsabsetzbetrag für L zu.

Der Kinderfreibetrag § 106a Abs. 1 EStG 1988 steht für Kinder i.S.d. § 106 Abs. 1 EStG 1988 zu.

§ 106 Abs. 1 EStG 1988 normiert, dass als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu.

Da ein Familienbeihilfenbezug für L nicht mehr vorlag, stand der Bf. auch kein Kinderfreibetrag zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständlichem Erkenntnis erging in Anwendung der benannten gesetzlichen Bestimmungen, Judikate liegen bereits vor (siehe oben bzw. etwa ). Eine Revision war daher als nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at