Rückforderung von Familienbeihilfe - voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** über die Beschwerde vom 11. Feber 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Mai bis September 2018
zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
II.
Der angefochtene (Sammel-)Bescheid, mit dem die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen ausgesprochen wurde, wird ersatzlos aufgehoben.
III.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang:
In Beantwortung eines Schreibens zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe teilte die Beihilfenbezieherin Anfang März 2018 mit, dass ihr Sohn S****** aus gesundheitlichen Gründen das Studiensemester 2017/18 nicht habe abschließen können. Vorgelegt wurde
- ein Ausdruck über eine Überweisung eines Arbeitgebers über einen Betrag von € 384,33 vom ,
- ein Entlassungsbrief einer Klinik vom ,
- ein Studienblatt einer Universität für das Sommersemester 2018, aus welchem hervorgeht, dass der Sohn seit Juli 2015 zum Studium [Studium1] zugelassen ist (mangels Bezahlung des Studienbeitrages zeitlich begrenzt bis ) und im Wintersemester 2016/17 sowie im Sommersemester 2017 zum Bachelorstudium [Studium2] zugelassen war.
Das Finanzamt hielt der Beihilfenbezieherin daraufhin mit Schreiben vom vor, dass der Sohn nach den Eintragungen in der Studiendatenbank im Zeitraum Oktober 2017 bis Mai 2018 (Zeitpunkt des Abbruches des Studiums) keine Prüfungen abgelegt habe und ersuchte um Beantwortung der Frage, ob das Studium in diesem Zeitraum ernsthaft und zielstrebig betrieben worden sei. Für den Fall, dass diese Frage mit "ja" zu beantworten wäre, wurde um Nachreichung folgender Unterlagen ersucht:
- Nachweise über die Ablegung von Prüfungen (auch negative),
- Anmeldungen zu Prüfungen/Lehrveranstaltungen,
- Kauf von Büchern/Skripten,
- Mitschriften
In Beantwortung dieses Schreibens teilte die Beihilfenbezieherin mit, dass ihr Sohn von Mitte September bis Mitte Oktober 2017 stationär in der Psychiatrie eines Spitals aufgenommen gewesen sei und in der Folge noch eine Woche in einer Klinik stationär weiterbehandelt worden wäre. Er wäre in psychiatrischer Behandlung gewesen und würde "bis jetzt" in psychologischer Betreuung sein.
Der Sohn habe sowohl für das Wintersemester 2017/18 als auch für das Sommersemester 2018 inskribiert, wobei er für das Sommersemester "kaum Fächer belegen" habe können, da die meisten schon "vergeben" gewesen seien. Er habe Spanisch "belegt" und dafür auch etwas bezahlen müssen. In der Zeit von Mitte Feber bis Mitte Mai 2018 habe er zudem geringfügig gearbeitet, sei jedoch entlassen worden, weil er sich nicht habe ausreichend konzentrieren können. Es sei dann Ende Mai bis Mitte Juni 2018 zu einer Einweisung in eine geschlossene Einrichtung der Psychiatrie gekommen, im Juli 2018 sei er an einer Tagesklinik therapiert worden und danach wieder in eine Klinik eingewiesen worden. Nach der Entlassung habe er sich nur ganz langsam erholt nahm die monatliche Kontrolle in der Ambulanz wahr. Seit Ende Oktober 2018 gehe es ihm "um einiges" besser, es seien tagtägliche Fortschritte erkennbar und er habe noch einmal an der Universität inskribiert. Auch würde er sich wieder beim vormaligen Arbeitgeber bewerben.
Der Sohn habe sein Studium zielstrebig fortführen wollen, was ihm durch seine Erkrankung jedoch nicht möglich gewesen wäre.
Beigelegt wurden
- 5 Seiten handschriftlicher Notizen (auf einer Seite ist das Datum vermerkt),
- die Kopie eines Einbandes eines Buches,
- eine Studienbestätigung für das Wintersemester 2017/18,
- Anmeldebestätigungen für Spanischkurse an der Universität im Zeitraum 19. Feber bis bzw 13. März bis ,
- die Anmeldung zu einer Vorlesung im Zeitraum 1. Feber bis ,
- zwei ärztliche Bescheinigungen, nach welchen der Sohn in den Zeiträumen bis 16. Feber 2018 sowie 15. Mai bis nicht in der Lage gewesen sei "Lehrveranstaltungen/Prüfungen" zu besuchen,
- ein Studienblatt für das Sommersemester 2018, nach welchem die Zulassung zum Studium [Studium1] mit geendet hat,
- ein Befundbericht vom Oktober 2018 sowie ein Entlassungsbrief vom Juni 2018 sowie
- eine Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit eines Psychotherapeuten vom November 2018.
Aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden Sozialversicherungsauszug ergibt sich, dass der Sohn der Beihilfenbezieherin im Jahr 2014 und 2015 in der Ferienzeit in einem Dienstverhältnis gestanden ist. In der Zeit ab Ende September 2015 bis April 2017 war er bei einem Arbeitgeber (zum Teil geringfügig) als Arbeiter beschäftigt. Auch von Mitte Feber bis Mitte Mai 2018 erfolgte eine geringfügige Beschäftigung bei diesem Arbeitgeber im Wohnbundesland der Beihilfenbezieherin. Beginnend im Juli 2017 war der Sohn in einem einmonatigen Dienstverhältnis als Angestellter, was auch für den September 2017 für zwei Wochen zutraf. Diese beiden Dienstverhältnisse erfolgten zu einem Arbeitgeber in einem anderen Bundesland. Im April 2018 und im Feber 2019 gab es weitere geringfügige Dienstverhältnisse wiederum im Wohnbundesland der Beihilfenbezieherin. Ab Jänner 2019 bezog der Sohn Arbeitslosengeld.
Nach der vom Finanzamt durchgeführten Abfrage im Zentralen Melderegister befindet sich der Hauptwohnsitz der Beihilfenbezieherin seit August 2011 in [Wohnort]. Der Sohn war unter dieser Adresse bis August 2015 und von Oktober 2017 bis Jänner 2019 gemeldet.
Im Oktober 2018 beantragte die Beihilfenbezieherin die Zuerkennung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ab Oktober 2018.
Unter Hinweis auf (ein nicht mit dem Verwaltungsakt vorgelegtes) Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen wurde dieser Antrag mit Bescheid vom abgewiesen.
Mit Bescheid gleichen Datums forderte das Finanzamt die für den Zeitraum Mai bis September 2018 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung und Kinderabsetzbeträgen zurück. Unter Verweis auf die Bezug habenden Gesetzesstellen und das oben genannte Gutachten wurde festgehalten, dass sich der Sohn der Beihilfenbezieherin seit Mai 2018 nicht mehr in Berufsausbildung befinden würde.
Gegen beide Bescheide wurde Beschwerde erhoben. Der Sohn leide unter einer schweren psychischen Erkrankung und sei daher nicht arbeitsfähig und werde dies auch zukünftig nicht sein. Es werde eine neuerliche Zuweisung zu einer "amtsärztlichen" Untersuchung beantragt. Wenn seitens des Arztes bestätigt werde, dass der Sohn dauernd außer Stande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, könne "z.B. in 2 Jahren" kontrolliert werden und - falls sich der Gesundheitszustand wider Erwarten verbessert hätte - eine neue Einschätzung gemacht werden. Beigelegt wurde eine mit 8. Feber 2019 datierte Stellungnahme jenes Psychotherapeuten, welcher bereits im November 2018 eine Stellungnahme abgegeben hatte.
Das Finanzamt beauftragte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen mit der Erstellung einer neuerlichen Bescheinigung auf Basis eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die zwei in Rede stehenden Bescheide als unbegründet abgewiesen.
Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin nach gewährter Fristverlängerung rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. In der Begründung bezog sich die Beschwerdeführerin lediglich auf den Rückforderungsbescheid und begehrte lediglich, dass sie nicht zur Rückzahlung verpflichtet werde und schloss das ihr vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen übermittelte Sachverständigengutachten vom an. Darin wird bescheinigt, dass der Sohn auf Grund seiner im Sommer 2017 aufgetretenen Erkrankung, bei welcher trotz adäquater medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung einschließlich stationärer Therapie keine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausreichende psychopathologische Stabilität erreicht werden konnte, voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und dies einen Dauerzustand darstellen werde.
Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht daher auch nur die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid samt den Akten des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.
Über Rückfrage des Bundesfinanzgerichtes bestätigte das Finanzamt im März 2020, dass der Sohn im Sommersemester 2017 Prüfungen im Ausmaß von 8 ECTS-Punkten im Biologiestudium abgelegt hat. Vom Finanzamt wurde aus diesem Grund auch nicht bestritten, dass sich der Sohn bis inklusive dem Sommersemester 2017 in Berufsausbildung befunden hat.
2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Aus den Akten des Beschwerdeverfahrens ergibt sich folgender Sachverhalt:
- Der Sohn der Beschwerdeführerin wurde [Geb.Dat.] geboren.
- Aus dem Studienblatt der Universität ergibt sich, dass der Sohn ab dem Wintersemester 2015/16 zum Studium [Studium1] zugelassen war und diese Zulassung nach dem Wintersemester 2017/18 endete. Im Wintersemester 2016/17 und im Sommersemester 2017 bestand auch eine Zulassung zum Bachelorstudium [Studium2]. Im letztgenannten Studium wurden im Sommersemester 2017 Prüfungen im Ausmaß von acht ECTS-Punkten abgelegt.
- Im Wintersemester 2017/18 war der Sohn nach einer ärztlichen Bestätigung eines Allgemeinmediziners im Zeitraum von bis 16. Feber 2018 krankheitsbedingt nicht in der Lage Lehrveranstaltungen zu besuchen und Prüfungen abzulegen. Auch von einem Psychotherapeuten wurde am bescheinigt, dass der Sohn ab Herbst 2017 krankheitsbedingt nicht in der Lage war den Anforderungen eines Studiums oder einer "normalen" Arbeitsbelastung Stand zu halten.
- Im Rückforderungszeitraum (Mai bis September 2018) lebte der Sohn nach dem im Akt enthaltenen Melderegisterauszug in einem Haushalt mit der Beschwerdeführerin.
- Aus der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Basis des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom ergibt sich schlüssig, dass der Sohn der Beschwerdeführerin auf Grund seiner im Sommer 2017 aufgetretenen Erkrankung voraussichtlich dauernd außer Stande sein wird, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Damit wurde auch das ärztliche Sachverständigengutachten vom , in welchem zwar eine "derzeitige" Erwerbsunfähigkeit attestiert worden ist, bei Fortführung der Behandlung jedoch von der Möglichkeit einer Vollremission ausgegangen wurde, vom gleichen Arzt unter Beachtung der Krankengeschichte revidiert. Das Gutachten und die Bescheinigung aus dem Jahr 2019 ist daher der rechtlichen Würdigung zu Grunde zu legen.
- Der Sohn der Beschwerdeführerin stand im Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen im 22. Lebensjahr.
3. Rechtslage:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben nach § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Gleiches gilt nach § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs 5 FLAG 1967), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs 1 lit b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden
Nach § 8 Abs 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um € 152,90.
Als erheblich behindert gilt nach Abs 5 der zitierten Bestimmung ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
§ 8 Abs 6 FLAG 1967 bestimmt, dass der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen ist.
Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden (§ 33 Abs 3 EStG 1988).
Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
4. Erwägungen:
Wie sich aus § 8 Abs 4 FLAG 1967 ergibt, erhöht sich die Familienbeihilfe im Fall einer erheblichen Behinderung um einen bestimmten Betrag monatlich. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe bestehen muss, um auch einen Anspruch auf den Erhöhungsbetrag haben zu können (vgl idS Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 18).
Der im vorliegenden Fall einzig mögliche Anspruchsgrund, der der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe vermittelt, ist in § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 definiert. Diese Gesetzesbestimmung stellt darauf ab, dass beim Kind krankheitsbedingte Umstände vor Vollendung eines bestimmten Lebensjahres in einem Ausmaß eingetreten sind, die bedingen, dass das Kind voraussichtlich auf Dauer außer Stande sein wird, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Liegen Umstände vor, die zwar innerhalb der normierten Frist bestehen, aber voraussichtlich nicht auf Dauer das Kind an der Verschaffung des eigenen Unterhalts hindern, oder treten die Umstände, die das Kind an der Verschaffung des eigenen Unterhalts hindern, erst außerhalb der normierten Frist ein, besteht kein Familienbeihilfenanspruch nach dieser Gesetzesstelle. Letztgenanntes gilt auch in jenen Fällen, in welchen eine Verschlechterung/Weiterentwicklung einer bereits innerhalb der Frist bestehenden Erkrankung letztlich erst nach Fristende dazu führt, dass das Kind nicht (mehr) in der Lage ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der volljährige Sohn der Beschwerdeführerin stand, wie letztlich auf Grund der Tatsache von abgelegten Prüfungen im Studium [Studium2] auch vom Finanzamt zugestanden, (zumindest) im Sommersemester 2017 noch in Berufsausbildung. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine Berufsausbildung im Folgesemester nicht habe fortsetzen wollen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Sohn der Beschwerdeführerin das 21. Lebensjahr bereits vollendet. Da er aber noch in Berufsausbildung gestanden ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ist für das Bestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 zu prüfen, ob zu diesem Zeitpunkt eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, eingetreten ist. Als Nachweis dafür dient eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen.
Unter diesen Prämissen ist es Aufgabe des Bundesfinanzgerichtes die vorliegenden ärztlichen Gutachten und Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf deren Schlüssigkeit zu untersuchen (vgl ). Dazu ist - wie oben ausgeführt - festzuhalten, dass dem ärztlichen Gutachten aus dem Jahr 2019 in Verbindung mit jenem aus dem Jahr 2017 schlüssig zu entnehmen ist, dass mit Eintritt der Erkrankung im Sommer 2017 auch eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bestanden hat. Damit sind aber die Voraussetzungen des Anspruchsgrundes des § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 seit Sommer 2017 (und damit auch im Rückforderungszeitraum) erfüllt und es erübrigt sich zu prüfen, ob - wovon das Finanzamt offenbar ausgegangen ist und deshalb eine Rückforderung erst ab Mai 2018 vorgenommen hat - der Sohn in der Folge im Wintersemester 2017/18 auf Grund der Meldung zur Fortsetzung im Studium [Studium1] noch bis zur Beendigung dieses Studiums im April 2018 in Berufsausbildung gestanden ist, wobei diesbezüglich wegen der erheblichen Behinderung kein allzu strenger Maßstab anzulegen wäre (vgl dazu § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967 und Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2 Rz 31).
Da somit im Rückforderungszeitraum ein Anspruch auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung nach § 2 Abs 1 lit c iVm § 8 Abs 4 und 5 FLAG 1967 bestanden hat, wurde die Familienbeihilfe nicht zu Unrecht bezogen und war der Rückforderungsbescheid ersatzlos aufzuheben.
Gleiches gilt für den gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlten Kinderabsetzbetrag.
5. Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht auf Grund des letztlich unstrittigen Sachverhaltes entsprechend der eindeutigen und klaren Gesetzesbestimmungen im konkreten Einzelfall entschieden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100776.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
PAAAC-24225