Nicht fristgerechte und nicht ausreichende Beantwortung eines Mängelbehebungsauftrags
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde vom der Bf., Adresse, vertreten durch Stb., Adresse, gegen die Bescheide vom des Finanzamtes Wien 4/5/10 betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2014 und Umsatzsteuer für das Jahr 2014, beschlossen:
Die Beschwerde gilt gemäß § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Begründung
Verfahrensgang:
Die Bescheide betreffend USt und Feststellungen der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2014 wurden aufgrund einer Schätzung am erlassen. Die Bescheide wurden der Beschwerdeführerin (Bf) laut zustellungsbevollmächtigtem steuerlichen Vertreter (Stb) am zugestellt. Es wurde am letzten Tag der Rechtsmittelfrist, am , ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis gestellt.
Die Frist wurde bis verlängert. Am wurde nochmals um Fristverlängerung bis ersucht.
Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid vom abgewiesen.
Die Beschwerde wurde am eingebracht. Es wurde ersucht, die Begründung nachreichen zu dürfen.
Mit versandte das Finanzamt (FA) einen Mängelbehebungsauftrag, da die Beschwerde keine Begründung sowie keine Angaben darüber enthalte, in welchen Punkten die Bescheide angefochten und welche konkreten Änderungen beantragt werden. Es wurde aufgetragen, die Mängel bis zum zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte die Beschwerde als zurückgenommen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2014 und Umsatzsteuer für das Jahr 2014 als zurückgenommen erklärt, da dem Auftrag, die Mängel zu beheben, nicht entsprochen worden sei.
Am wurde der Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht gestellt, da sich aus der beiliegenden Mängelbehebung vom ergebe, dass die Beschwerden ergänzt und sowohl die Begründung als auch die beantragten Änderungen ausdrücklich mitgeteilt worden seien. Auch die Steuererklärungen 2014 seien eingereicht worden. Auch daraus würden sich die beantragten Änderungen ergeben. In eventu wurde der Antrag gestellt, die Bescheide gemäß § 299 BAO aufzuheben.
In der Beilage wurde eine Kopie eines mit datierten Antwortschreibens auf den Mängelbehebungsauftrag vorgelegt. Darin wird angeführt, dass die USt- und F-Erklärung für 2014 ans Finanzamt erstellt worden seien und die Bf auf Informationen der Betriebsprüfung warte. Unabhängig davon werde beantragt, die Veranlagung entsprechend den genannten Steuererklärungen vorzunehmen.
Mit Vorhalt vom wurde ein Beweis der rechtzeitigen Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags verlangt.
Mit Schreiben vom wurden (nochmals) die mit datierte Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags sowie eine Kopie des Kuverts sowie des Postausgangsbuches des Stb übermittelt. Auf dem Kuvert befand sich ein Stempel der Frankiermaschine des Stb und im Postausgangsbuch ein entsprechender Eintrag, beides datiert mit .
Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung des Vorlageantrags sowie die Bestätigung der mittels BVE erfolgten Zurücknahmeerklärung der Beschwerde.
Streitgegenstand:
In Streit steht, ob dem Mängelbehebungsauftrag vom entsprochen wurde.
Dazu stellt das BFG folgenden Sachverhalt fest:
Der Mängelbehebungsauftrag vom wurde bis zum nicht beantwortet. Überdies war die dem FA im Zuge des Vorlageantrags am übermittelte Antwort unzureichend.
Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:
1. Nichtbeantwortung
Das FA konnte keinen Eingang einer Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags feststellen.
Nach der Zurücknahmeerklärung wurde vom Stb die rechtzeitige Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags behauptet und als Nachweis eine Kopie der Seite des Postausgangsbuches sowie eine Kopie des Kuverts mit einem Stempel, beides datiert mit (letzter Tag der Frist zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags) vorgelegt.
Ein Rückschein wurde nicht vorgelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders, die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender (vgl. ).
Nicht ausreichend ist ein bloßer Beweis der Postaufgabe (vgl. , bei dem bei einem nicht im FA auffindbaren Schreiben nur keine Indizien „gegen“ ein Einlangen des Schreibens beim FA gesprochen hätten – was nach VwGH als nicht ausreichend beurteilt wurde, um von einem Einlangen des Schreibens beim FA ausgehen zu können).
Im ggstdl Fall wurde das Schriftstück nicht eingeschrieben aufgegeben. Das FA konnte keinen Eingang feststellen. Den Nachweis, dass das Schriftstück bei der Behörde einlangte, konnte die Bf nicht erbringen.
Die Bf konnte nicht einmal nachweisen, dass das Schriftstück rechtzeitig aufgegeben wurde. Für den Nachweis der rechtzeitigen Aufgabe des Schriftstücks ist nach der ständigen Judikatur des VwGH und BFG/UFS ebenfalls die Partei beweispflichtig:
Vgl. Erkenntnis des ; ; :
"Eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe nicht "eingeschrieben" zur Post gibt, sondern lediglich in den Postkasten wirft, nimmt das Risiko auf sich, den von ihr geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können."
Vgl. Berufungsentscheidung des :
"Ist es Sache der Partei, das Einlangen bei der Behörde nachzuweisen und bedient sie sich dabei der Post, so ist die rechtzeitige Überreichung des Fristverlängerungsansuchens bzw. dessen rechtzeitige Aufgabe zur Post nachzuweisen (). Sie hat zu diesem Zweck den Rückschein über die Postaufgabe vorzulegen. Es ist nicht Sache der Behörde, durch umfangreiche Erhebungen die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels festzustellen (; , 2000/16/0645)."
Vgl. Berufungsentscheidung des :
"Auch die Vorlage der Ablichtung des Postausgangsbuches stellt nach Ansicht des Berufungssenates keinen Beweis für die Behauptung der Bw. dar, da sich daraus nicht ergibt, wann das Schriftstück tatsächlich in den Briefkasten eingeworfen wurde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Schriftstück zwar am verfasst wurde, jedoch aus welchem Grund auch immer, somit auch irrtümlich, entgegen der Eintragung im Postausgangsbuch erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgegeben wurde."
Im ggstdl Fall stellt auch die Vorlage der Ablichtung des Postausgangsbuches und einer Kopie des Kuverts keinen Beweis für die Behauptung der Bf dar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Schriftstück zwar am verfasst wurde und geplant war, es an diesem Tag bei der Post aufzugeben, es jedoch aus welchem Grund auch immer, etwa irrtümlich, entgegen der Eintragung im Postausgangsbuch und entgegen dem Stempel, der nach Recherchen des BFG von der Frankiermaschine des Stb stammt und somit in der Kanzlei des Stb angebracht wurde (beides datiert mit „“), „liegen geblieben“ ist und (vorerst) nicht aufgegeben, sondern erst als Beilage zum Vorlageantrag am an das FA übermittelt wurde.
Da der Nachweis für das Einlangen des Schriftstücks bei der Behörde und auch der Nachweis der Aufgabe des Schriftstücks bei der Post zum behaupteten Zeitpunkt nicht gelungen ist, war davon auszugehen, dass das Schriftstück nicht fristgerecht aufgegeben wurde und eine fristgerechte Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags somit nicht erfolgte. Ein aktenkundiger Eingang des Schriftstücks ist weit verspätet, nämlich erst als Beilage zum Vorlageantrag, somit am , festzustellen.
2. Unzureichende Beantwortung
Dass die Beantwortung überdies unzureichend war, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Gemäß § 250 Abs 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde u.a. die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, sowie eine Begründung zu enthalten.
Diese Punkte fehlen zur Gänze, sodass die Behörde zu Recht nach § 85 Abs 2 BAO vorgegangen ist. Demnach hat die Behörde bei (hier: inhaltlichen) Mängeln von Eingaben „dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich rechtzeitig eingebracht.“
Wird einem rechtmäßigen Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen, so ist mit Bescheid (bei Mängeln der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung bzw. mit Beschluss) auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz 18, Tz 19c m.w.N.).
Im ggstdl Fall wurde dem rechtmäßigen Mängelbehebungsauftrag nicht nur weit verspätet, sondern auch unzureichend entsprochen. Die Bf bringt vor, es sollten durch das Finanzamt noch Informationen zu den (bekämpften) Feststellungen im Betriebsprüfungsverfahren mitgeteilt werden. Unabhängig davon seien „zwischenzeitig die Steuererklärungen 2014 erstellt“ worden und ergebe sich daraus, „dass die angefochtenen Schätzbescheide 2014 jedenfalls unrichtig“ seien. Es werde „ausdrücklich beantragt, die Umsatzsteuer und auch die Gewinnfeststellung für das Jahr 2014 entsprechend den genannten Steuererklärungen für das Jahr 2014 zu veranlagen.“
Das (sinngemäße) Vorbringen, man warte noch auf Informationen des FA, ist keine Behebung von Mängeln.
Der Verweis auf Steuererklärungen, die nicht beigelegt waren und deren Eingang vom FA (ebenfalls) nicht festgestellt werden konnte, ist ebenfalls nicht geeignet, die dargelegten Mängel zu beheben.
Daher hätte auch ein Nachweis der rechtzeitigen Aufgabe des Schriftstücks und ein Nachweis des Einlangens bei der Behörde am Ergebnis nichts geändert, da diesfalls wegen unzureichender Mängelbehebung ein Zurückweisungsbescheid zu erlassen gewesen wäre.
3. Ergebnis
Die Behörde hat zu Recht Beschwerdevorentscheidungen erlassen, mit denen die Beschwerde gegen die bekämpften Bescheide als zurückgenommen gilt.
Demnach hat das auf Grund des Vorlageantrags zuständige BFG die Zurücknahme der Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs 1 lit b BAO zu verfügen.
4. Sonstiges
Im Übrigen wird bemerkt, dass über den im Vorlageantrag in eventu gestellten Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO (sofern darüber noch nicht abgesprochen wurde) vom FA zu entscheiden sein wird.
5. Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn er von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der gegenständliche Beschluss folgt der oben angeführten ständigen Judikatur des VwGH, weshalb eine Revision nicht zuzulassen ist.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz:
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101159.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at