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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2020, RV/2100001/2020

Anlassfallwirkung VfGH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache
Bf., vertreten durch BDO Steiermark GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Schubertstraße 62, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom und 08.1012018, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs 4 BAO zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahren nach der Aufhebung durch den VfGH , E 184/2019-11

Der Beschwerdeführer, Bf., hat am einen Antrag gemäß § 295 Abs 4 BAO betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom gestellt, da dieser auf einem „Nicht-Bescheid“ basiert.

Dieser Antrag wurde seitens des Finanzamts mit Bescheid vom zurückgewiesen, weil die Eingabe nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgte.

Am hat der Bf. einen weiteren Antrag gemäß § 295 Abs 4 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheids 2007 vom gestellt, da auch dieser auf einem „Nicht-Bescheid“ basiert.

Dieser Antrag wurde seitens des Finanzamts mit Bescheid vom zurückgewiesen, weil die Eingabe nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgte.

Das BFG hat erwogen

Der Verfassungsgerichtshof hat am ; E 184/2019 zu Recht erkannt, dass der Bf. durch das Erkenntnis des wegen Anwendung der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung des § 295 Abs 4 BAO in seinen Rechten verletzt worden ist:

Mit Erkenntnis vom , G 159/2019 ua. hat der VfGH nämlich den Satz "Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen." in § 295 Abs. 4 BAO, BGBl. 194/1961, idF BGBl. I 70/2013 als verfassungswidrig aufgehoben.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück.

Dem in Art. 140 Abs. 7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).

Da die VfGH-Beschwerde des Bf. am beim VfGH eingelangt ist, kommt ihr nach der Rechtsprechung Anlassfallwirkung zu. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Damit ist es nicht zulässig, die Anträge vom und vom wegen Fristversäumnis zurückzuweisen.

Die angefochtenen Zurückweisungsbescheide waren daher wie im Spruch ersichtlich aufzuheben.

Durch die Aufhebung sind die Anträge wiederum unerledigt. Das Finanzamt ist bei der Erledigung an die vom VfGH zuerkannte Anlassfallwirkung gebunden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at