zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2020, RV/2100916/2019

Unterhaltsabsetzbetrag, Kinderfreibetrag und auswärtige Berufsausbildung für ein volljähriges Kind, für das keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Oststeiermark vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 machte die Beschwerdeführerin neben Werbungskosten und Sonderausgaben den Kinderfreibetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind geltend, und beantragte die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde für die Beschwerdeführerin die Einkommensteuer für das Jahr 2017 festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 könnten Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt werde, nicht im Wege eines Unterhaltsabsetzbetrages berücksichtigt werden. Der beantragte Kinderfreibetrag könne nicht berücksichtigt werden, da der Beschwerdeführerin für dieses Kind im Kalenderjahr nicht mehr als sechs Monate der Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Betreffend die auswärtige Berufsausbildung werde auf die Vorjahresbegründung verwiesen. In dieser wurde ausgeführt, der Sohn sei seit dem Jahr 2011 berufstätig und daher selbsterhaltungsfähig gewesen. Sei ein Kind unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse einmal selbsterhaltungsfähig geworden, falle auch die Unterhaltspflicht der Eltern und damit die Zwangsläufigkeit weiterer Aufwendungen fort. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Pausbetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 lägen daher nicht vor.

Gegen diesen Bescheid vom richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor:
Es ist richtig, dass mein Sohn (…) bereits selbsterhaltungsfähig war. Er hat die HTL (…), Zweig Elektrotechnik absolviert, den Grundwehrdienst abgeleistet und sich hernach Wissen durch praktische Arbeit erworben und hat sich mit meinem Einverständnis entschlossen, das Studium der Elektrotechnik an der TU zu beginnen, welches er äußerst zielstrebig verfolgt (siehe Studienerfolgsnachweis vom ).
Es wird beantragt, zum einen den Unterhaltsabsetzbetrag und zum anderen den Kinderfreibetrag für nicht haushaltszugehörige Kinder geltend machen zu können, sowie die Pauschale für auswärtige Berufsausbildung des Kindes.

(…) ist Halbwaise und bezog im Jahr 2016 eine Hinterbliebenenrente in Höhe von € 298,64, bzw. ab € 301,03. Den entsprechenden Pensionsbescheid habe ich Ihnen bereits übermittelt und lege diesen nun nochmals bei. Wie Sie aus dem Bescheid der PVA Ort1 ersehen können, wird bei der Berechnung seines Anspruches die „anrechenbare Unterhaltsleistung“ durch den 2. Elternteil mit einem Monatsbetrag von € 257,82 ausgewiesen, weshalb ich mich verpflichtet habe, diesen monatlichen Unterhaltsbeitrag an ihn zu leisten, was auch notwendig ist, damit er seine Lebensbedürfnisse decken kann.
Es ist für mich unverständlich, warum meine Unterhaltsleistungen steuerlich nicht absetzbar sein sollten. Alle Geldunterhaltspflichtigen müssen meiner Meinung nach jedenfalls im österreichischen Steuerrecht gleichbehandelt werden, weil, falls hier Unterschiede gemacht würden, diese Vorgangsweise gegen das Gleichbehandlungsprinzip, welches in den Menschenrechten verankert ist und gegen geltendes EU-Recht verstoßen würde.
Dazu führe ich weiters aus:
Fällt die vom Kind erlangte Selbsterhaltungsfähigkeit weg, kann es (altersunabhängig) zum Wiederaufleben der elterlichen Unterhaltspflicht kommen (bspw. OGH … uvm). Die elterliche Unterhaltspflicht kann auch mit Aufnahme einer gerechtfertigten beruflichen Weiterbildung wiederaufleben (Unterhaltsrecht, LexisNexis, Schwimann/Kolmasch, 8. Auflage).
Aus meiner Sicht handelt es sich bei dem von (…) gewählten Studium eindeutig um eine gerechtfertigte Weiterbildung, sodass die Unterhaltspflicht meinerseits auflebt und die Unterhaltszahlungen sodann nach meinem Rechtsverständnis jedenfalls auch steuerlich absetzbar sein müssten.
Weiter aus Unterhaltsrecht Schwimann/Kolmasch: „Für eine Unterhaltspflicht der Eltern für die Zeit einer qualifizierten Weiterbildung nach eindeutig abgeschlossener Berufsausbildung (bzw. nach Eintritt in das Berufsleben) ist zunächst das elterliche Einverständnis mit der Weiterbildung einschließlich der weiterlaufenden Unterhaltspflicht entscheidend. Maßgeblich für die Bejahung der Unterhaltspflicht ist, ob sich das Kind durch die Weiterbildung eine „sichere Erwartung besseren Fortkommens“, „größere Berufschancen“ oder „eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der beruflichen Verbesserung“ erwerben kann.“
Meiner Meinung nach, trifft all das auf meinen Sohn zu. Er erwirbt sich zusätzliche Kenntnisse, um bessere Berufschancen zu haben und er betreibt sein Studium äußerst zielstrebig. Wie bereits oben erwähnt, war und bin ich mit der Weiterbildung meines Sohnes selbstverständlich einverstanden.
Im Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark sind zwar Begründungen angeführt, weshalb der Unterhaltsabsetzbetrag und der Kinderfreibetrag nicht zuerkannt wurden, bezüglich der Pauschale für auswärtige Berufsausbildung wurde auf den Vorjahresbescheid verwiesen.
Es wird ausgeführt, dass in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Oststeiermark vom (betr. Einkommenssteuerbescheid 2016) der Unterhaltsabsetzbetrag, als auch der Kinderfreibetrag zuerkannt wurden. Die Situation hat sich inzwischen nicht geändert. Im Jahr 2017 waren die dieselben Voraussetzungen gegeben.
Mir ist es völlig unverständlich, weshalb bei gleichbleibenden Verhältnissen die Unterhaltszahlungen im Jahr 2016 absetzbar sind und im Jahr 2017 nicht mehr sein sollten.
Weiters wird die Berücksichtigung aller meiner Sonderausgaben beantragt.
Aus dem Einkommenssteuerbescheid 2017 ist zu entnehmen, dass Sie lediglich € 20,-- für die (…) berücksichtigt haben, nicht jedoch € 60,- für (…), € 100,- für (…) und € 10,- für (…).
Das Bundesfinanzgericht wird ersucht, zum einen den Unterhaltsabsetzbetrag und den Kinderfreibetrag und zum anderen sämtliche im Jahr 2017 geleisteten Sonderausgaben steuerlich anzuerkennen und meiner Beschwerde stattzugeben.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 1. Satz EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind, das nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € monatlich zu.
Die in Verfassungsrang stehende Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 lautet:
"5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen."
Nach der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 (zB Krankheitskosten der Kinder) weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu be-rücksichtigen. Ein Unterhaltsabsetzbetrag steht somit für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die - an sie selbst oder an Dritte – keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, nicht zu.
Für Ihren Sohn wurde bis Juli 2016 Familienbeihilfe ausbezahlt. Aus diesem Grund konnte im Jahr 2016 der Unterhaltsabsetzbetrag noch für sieben Monate berücksichtigt werden. Ab August 2016 steht mangels gesetzlicher Voraussetzungen kein Unterhaltsabsetzbetrag zu. Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 EStG 1988 steht ein Kinderfreibetrag zu. Als Kinder im Sinne des Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Da Ihnen im Jahr 2017 kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, kann auch kein Kinderfreibetrag berücksichtigt werden.
Für die Berücksichtigung eines Steuerfreibetrages für die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes ist die Tatsache wesentlich, dass die gesetzlichen Bestimmungen eine Ausbildung außerhalb des Wohnortes anführen. Als Wohnort gilt der Familienwohnsitz gemeinsam mit den Eltern (vgl. ) bzw. wie hier bei der Mutter. Mehraufwendungen, dem Grunde nach, liegen dann vor, wenn zum Beispiel durch die auswärtige Berufsausbildung die Teilnahme an den Familienmahlzeiten zu den üblichen Essenszeiten nicht möglich ist (vgl. ). Da aber Ihr Sohn seit September 2015 aus Ihrem Haushalt ausgeschieden ist einen eigenen Haushalt am Ausbildungsort führt, konnten unter diesem Titel schon rein begrifflich keine Mehraufwendungen anfallen (keine auswärtige Ausbildung aus der Sicht der Berufungswerberin). Der laufende Unterhalt stellt keine Außergewöhnlichkeit dar (vgl. ). Daher ist die monatliche Unterhaltsleistung allenfalls als Deckung des laufenden Unterhaltes anzusehen, welche aber gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 bei Ihnen zu keiner außergewöhnlichen Belastung führt, weil derartige Aufwendungen auch beim Sohn selbst keine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Für bestimmte Sonderausgaben (z.B. Spenden, Kirchenbeiträge) sieht § 18 Abs. 8 EStG 1988 vor, dass sie grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie der Abgabenbehörde von der empfangenden Organisation auf Grundlage eines verpflichtenden elektronischen Datenaustausches bekannt gegeben werden. Das betrifft Zuwendungen und Beiträge, die ab 2017 erfolgen und daher in der Veranlagung 2017 zu berücksichtigen sind. Der Steuerpflichtige muss zum Zweck des Datenaustausches der empfangenden Organisation seinen Vor- und Zunamen und sein Geburtsdatum bekannt geben. Ab 2017 können von der Übermittlungspflicht betroffene Sonderausgaben ohne Bekanntgabe dieser Daten in der Veranlagung nicht mehr berücksichtigt werden. In Ihrem Fall wurde bisher nur eine Spende an die (…) in Höhe von € 20,- übermittelt. Weshalb für die anderen getätigten Spenden bisher keine Übermittlung erfolgt ist, können Sie nur durch eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Spendenorganisation klären. Die übermittlungspflichtige Organisation ist verpflichtet, auf Veranlassung durch den Steuerpflichtigen - wenn die entsprechenden Daten an die Spendenorganisation bekanntgegeben wurden - eine eventuelle Nachübermittlung durchzuführen. Eine solche Nachübermittlung würde automatisch zu einer Berichtigung des bereits ergangenen Einkommensteuerbescheides 2017 führen.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . In diesem führte die Beschwerdeführerin aus:
Bei der Berechnung der Einkommenssteuer für das Jahr 2017 wurden weder der Unterhaltsabsetzbetrag, noch der Kinderfreibetrag und auch nicht der Freibetrag für auswärtige Berufsausbildung meines Sohnes (…) berücksichtigt.
Aufgrund seines Elektrotechnikstudiums an der TU Ort2 wurde die Wohnungsnahme meines Sohnes in Ort2 notwendig. Selbstverständlich sind durch diese auswärtige Berufsausbildung zusätzliche Kosten für mich entstanden und bestehen bis heute. Mein Sohn bezog im Jahr 2017 eine Halbwaisenpension - Ausführungen hierzu entnehmen Sie bitte meiner Beschwerde vom . Bis Juli 2016 hatte er Anspruch auf Familienbeihilfe, weshalb laut Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom im Einkommenssteuerbescheid 2016 der Unterhaltsabsetzbetrag für 7 Monate zuerkannt werden konnte, ebenso wie der Kinderfreibetrag.
Mein Sohn könnte seine Lebensbedürfnisse nicht decken, wenn er keine Unterhaltszahlungen von mir erhalten würde. Es bezieht das sog. „Selbsterhalterstipendium", welches seit dem Anspruchsverlust auf Familienbeihilfe um eben diesen monatlichen Betrag aufgestockt wurde.
Weiters ist er an der TU Ort2 geringfügig angestellt und erzielt aus dieser Tätigkeit ein monatliches Einkommen von € 145,-- (10 x jrl.). Eine darüber hinausgehende Berufstätigkeit würde jedenfalls zu Lasten des Studienerfolges gehen, weshalb ich zur Unterhaltspflicht gezwungen bin.
Mein Gatte (…) ist am (…) plötzlich aus dem Leben gerissen worden. Er hat sein ganzes Leben lang schwer als Tischlermonteur gearbeitet und seine Abgaben geleistet. Selbstverständlich würde auch er unseren Sohn finanziell unterstützen, um das Studium unseres Sohnes zu ermöglichen. Nun habe ich alleine die ergänzenden finanziellen Mittel aufzubringen, die meinem Sohn zur Deckung der Lebensbedürfnisse fehlen und dies soll steuerlich nicht absetzbar sein?
Erschwerend kommt noch dazu, dass mein Sohn (…) mit Ablauf des Monats Juli 2018 keinen Anspruch auf Halbwaisenpension mehr hat, was das finanzielle Auskommen zusätzlich erschwert. Zum Zeitpunkt des Ablebens meines Gatten war unser Sohn Gerd selbsterhaltungsfähig, weil er nach der im Juni 2010 erfolgreich abgelegten HTL-Matura (…) und dem in Anschluss abgeleisteten Grundwehrdienst einer Vollzeitbeschäftigung nachging. Er hatte somit auch keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aus meiner Sicht müssten im Sinne der Gleichberechtigung der österreichischen Steuerzahler zumindest der Unterhalts- und Kinderabsetzbetrag, sowie der Freibetrag für außergewöhnliche Belastungen zumindest für einen Zeitraum von weiteren 31 Monaten, beginnend mit August 2016, in eventu ab Jänner 2017 gewährt werden, weil (…), falls er bereits im März 2013 studiert hätte, Anspruch auf Familienbeihilfe eben von März 2013 bis September 2015 (31 Monate) gehabt hätte.
Aus dem Studienerfolgsnachweis können sie ersehen, dass (…) sein Studium äußerst zielstrebig verfolgt. Aus den Medien ist zu entnehmen, dass die österreichische Wirtschaft gut ausgebildete Fachleute sucht und speziell im Bereich der Elektrotechnik Nachfrage besteht.
Ich bin der Meinung, dass die Bereitschaft eines jungen Menschen, ein so schweres Studium zu absolvieren, noch dazu, wenn schon einmal Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben war, im Steuerrecht entsprechende Berücksichtigung finden muss, weshalb ich mich mit der Beschwerdevorentscheidung nicht einverstanden erklären kann.
Auf der einen Seite werden Absolventen der Technischen Universitäten gesucht, auf der anderen Seite behandelt das österreichische Steuersystem die Unterhaltspflichtigen mit zweierlei Maß!
Ich verweise auf meine Ausführungen in meiner Beschwerde und beantrage diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Ich ersuche das Bundesfinanzgericht meiner Beschwerde stattzugeben und zeichne (…)

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommen. Mit dem neuen Sachbescheid (Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017) vom selben Tag berücksichtigte die belangte Behörde Zuwendungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 in der Höhe von 120 Euro als Sonderausgaben (mit Bescheid vom fanden solche in der Höhe von 20 Euro Berücksichtigung). In der Begründung des neuen Sachbescheides wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe Informationen zu Spenden, Beiträgen an eine Kirche oder Religionsgesellschaften, zu Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung oder für den Nachkauf von Versicherungszeiten erhalten.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom dem Bundesfinanzgericht vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der am geborene Sohn der Beschwerdeführerin hat im Schuljahr 2009/2010 eine Höhere Technische Lehranstalt abgeschlossen und danach seinen Präsenzdienst abgeleistet. Von April 2011 bis einschließlich September 2015 war der Sohn der Beschwerdeführerin bei einem Unternehmen beschäftigt. Im Wintersemester 2015/16 hat er an der Technischen Universität Ort2 mit dem Bachelorstudium für Elektrotechnik und Informationstechnik begonnen. Im Veranlagungsjahr 2017 bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Der Sohn der Beschwerdeführerin bezog im Veranlagungsjahr eine Waisenpension (von der Pensionsversicherungsanstalt) und Studienbeihilfe für Selbsterhalter. Mit Vereinbarung vom verpflichtete sich die Beschwerdeführerin ihrem Sohn gegenüber zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 250 Euro.

Der vorstehende Sachverhalt stand aufgrund der von der Beschwerdeführerin gemachten Ausführungen und Angaben, aufgrund der von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und aufgrund der vom Bundesfinanzgericht durchgerührten Abfragen (unstrittig) fest.

Gemäß § 300 Abs. 1 BAO können ab Vorlage der Beschwerde (§ 265) bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung (§ 264 Abs. 6) bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben.

Die mit den Bescheiden vom erfolgte Wiederaufnahme des Verfahrens und die neue Sachentscheidung sind vor der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erlassen worden; diese Bescheide waren daher nicht nichtig.

§ 253 BAO lautet: „Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

Ein neuer Sachbescheid, der bei einer Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ergeht, ist ein an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretender Bescheid im Sinne des § 253 BAO. Die Bescheidbeschwerde vom gilt daher als gegen den Einkommensteuerbescheid vom gerichtet.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-) Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

§ 34 Abs. 7 EStG 1988 bestimmt (auszugsweise):
(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. (…)

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

Für den volljährigen Sohn der Beschwerdeführerin wurde im Veranlagungsjahr keine Familienbeihilfe ausbezahlt. Unstrittig war auch, dass die Aufwendungen für die universitäre Ausbildung des Sohnes bei diesem dem Grunde nach nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen wären (solche Gründe wurden weder vorgebracht noch waren solche ob der freiwilligen Entscheidung des Sohnes, die Berufstätigkeit aufzugeben und ein Studium zu beginnen, für das Bundesfinanzgericht zu erkennen). Der Unterhaltsabsetzbetrag war daher nicht zu berücksichtigen.

Zu den Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ist festzuhalten, dass die in den einschlägigen Bestimmungen normierte Berücksichtigung der Unterhaltslasten nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Erfordernissen entspricht (). Auch die Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 verstößt nicht gegen die Baugesetze der Verfassung (; ).

Gemäß § 106a Abs. 2 EStG 1988 ist für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 bei Steuerpflichtigen, denen der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird, von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen.

Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten gemäß § 106 Abs. 2 EStG 1988 auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

Da der Beschwerdeführerin im Veranlagungsjahr für ihren Sohn – wie vorstehend dargelegt – ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 nicht zustand, war die Berücksichtigung des beantragten Kinderfreibetrages ausgeschlossen.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die zuletzt genannte Bestimmung trifft eine (Sonder-)Regelung für Mehraufwendungen im Rahmen der Unterhaltspflicht, die aufgrund der Auswärtigkeit der Berufsausbildung erwachsen und entgegen § 34 Abs. 7 EStG 1988 Berücksichtigung finden. Sieht man § 34 Abs. 8 EStG 1988 als Spezialnorm gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 ergibt sich, dass die Gewährung des Freibetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht auf Kinder im Sinne des § 106 EStG 1988 eingeschränkt ist. Der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung steht daher bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für Kinder zu, die nicht als Kinder im Sinne des § 106 EStG 1988 gelten (Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III D § 34 Anhang II Tz 7).

Ein Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 steht nur zu, wenn im Einzugsbereich des Wohnorts keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Unter Wohnort ist die jeweilige Ortsgemeinde zu verstehen. Maßgeblich ist der Familienwohnort, also jener Ort, an welchem das Kind die Möglichkeit hat, an der familiären Haushaltsführung und Verpflegung teilzunehmen. Verfügt das Kind über eine Wohnung am Studienort, erfolgt die Ausbildung dennoch außerhalb des Wohnortes, wenn sich der Familienwohnsitz nicht am Ausbildungsort befindet und das Kind weiterhin in den elterlichen Haushalt integriert ist. Keine auswärtige Berufsausbildung liegt vor, wenn das Kind nicht mehr dem elterlichen Haushalt angehört (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Rz. 68).

Der Sohn der Beschwerdeführerin war bis Mitte September 2015 am Wohnsitz seiner Mutter mit Hauptwohnsitz gemeldet, seither, also mit Aufnahme seines Studiums, ist der Sohn mit Hauptwohnsitz in Ort2 gemeldet (eine Meldung mit Nebenwohnsitz am Wohnort der Mutter liegt nicht vor). Die Beschwerdeführerin hat in ihren Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2016 und 2017 den Kinderfreibetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind beantragt (für das Jahr 2016 fanden die beantragten Freibeträge Berücksichtigung). Mit ihren eigenen Erklärungen hat die Beschwerdeführerin somit klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ihr Sohn im Veranlagungsjahr (so wie auch im Jahr davor) nicht (mehr) ihrem Haushalt angehört hat bzw. in diesen integriert war. Bestätigung findet die Erklärung der Beschwerdeführerin in der polizeilichen Meldung und auch darin, dass sich die Beschwerdeführerin zu den Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht, wonach der Sohn nicht mehr ihrem Haushalt angehört habe, nicht geäußert hat.

Der Wohnort des Sohnes der Beschwerdeführerin lag im verfahrensgegenständlichen Jahr in Ort2, also in der Ortsgemeinde, in der er studiert hat. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Pauschbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 waren daher nicht gegeben. Ergänzend ist festzuhalten, dass es der Systematik des § 34 EStG 1988 entspricht, wonach aus sittlichen Gründen geleistete Unterhaltszahlungen nicht in einem weiteren Ausmaß berücksichtigt werden können als die gesetzlich geregelten Unterhaltslasten ().

Es bedurfte daher keiner Erwägungen, ob bei Vorliegen der Voraussetzungen (zum Beispiel Wohnort außerhalb des Studienortes) für ein Kind, das bereits selbsterhaltungsfähig gewesen ist und das im Veranlagungsjahr ein so genanntes Selbsterhalterstipendium erhalten hat, der Pauschbetrag zugestanden wäre.

Das Bundesfinanzgericht erlaubt sich abschließend auf das in Artikel 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip hinzuwiesen, wonach die gesamte staatliche Verwaltung aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf. Die Beantwortung der hier strittigen Fragen hatte daher nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf die einschlägigen Bestimmungen und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100916.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at