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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2020, RV/7101477/2013

Fortbildungskosten bei Aufgabe des Wohnsitzes im Inland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seine Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde des A***B***, Adresse***SK*** gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2011 machte der Beschwerdeführer unter dem Titel "Fortbildungskosten“ ua Werbungskosten in Höhe von 20.750,00 Euro geltend. Das Finanzamt anerkannte die in Rede stehenden Ausgaben nicht als Werbungskosten. Aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen habe der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz am aufgegeben. Die im Anschluss geleisteten Zahlungen seien nicht zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer brachte vor, bei den beantragten Werbungskosten iHv 20.750,00 Euro handle es sich um die bezahlten Studiengebühren für das MBA-Programm an der Universität für Wirtschaft „SDA Bocconi“ in Mailand. Die Studiengebühren ständen im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, die er in der Bank***AG*** bis ausgeübt habe. Die Studiengebühren seien am bezahlt worden, die Bezahlung stünde somit auch in einem zeitlichen Zusammenhang mit der in Österreich ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Er habe für das Full-time-Studium in Italien ab Oktober 2011 seine berufliche Tätigkeit in Österreich vor allem wegen der zeitlichen Beanspruchung des Studiums beenden müssen. Das abgeschlossene Studium ermögliche ihm, in Zukunft einen mit seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit verwandten Beruf in einer leitenden Position auszuüben.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Strittig ist, ob Kosten für ein Studium in Italien bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Österreich als Werbungskosten (Fortbildungskosten) steuerlich zu berücksichtigen sind. Zeitgleich mit der Aufnahme des Studiums in Italien hat der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in Österreich aufgegeben, seine berufliche Tätigkeit in Österreich beendet und keine inländischen Einkünfte mehr bezogen.

Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2011 bis 30.9. in Österreich nicht selbständig tätig. Danach hat er in Österreich keine Einkünfte mehr bezogen.

Der Beschwerdeführer hatte einen Wohnsitz in Österreich, den er am aufgegeben hat (ZMR-Bestätigung, Akt Seite 72; Datum der Wohnungsübergabe laut Übergabeprotokoll für die Wohnung in Wien, Akt Seite 73). Im Anschluss ist der Beschwerdeführer nach Italien gezogen (Mietvertrag, Akt Seiten 58f) um ein MBA Studium zu beginnen.

Seit hat der Beschwerdeführer weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

In Italien (Mailand) hat Beschwerdeführer ein Vollzeit-MBA-Studium (SDA Bocconi School of Management) absolviert. Die Vorkurse begannen am , das Studium am (Bestätigung der SDA Bocconi, Masters Division, Akt Seite 29). Die Studiengebühren für dieses Studium iHv 20.750,00 Euro wurden vom Beschwerdeführer am bezahlt.

Die Feststellungen sind unstrittig und finden Deckung in den angeführten und den weiteren aktenkundigen Schriftstücken und Beweismitteln.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 1 EStG sind unbeschränkt steuerpflichtig alle natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt mit der Begründung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland und endet mit dem Tod, der Aufgabe des Wohnsitzes und/oder des gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland.

Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben sind beschränkt steuerpflichtig. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 EStG aufgezählten Einkünfte, entsteht durch den Bezug inländischer Einkünfte und endet durch Wegfall der inländischen Einkünfte.

Bei unterjährigem Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht (sowie in umgekehrten Fällen), sind zwei Steuerabschnitte gegeben, die - allenfalls unter Zugrundelegung einer Zwischenbilanz - zu zwei getrennten Veranlagungsverfahren und somit zu zwei Steuerbescheiden führen ( ). Sowohl hinsichtlich der Erfassung und Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage als auch hinsichtlich ihrer Besteuerung sind jeweils unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen vorgesehen. Der Veranlagung für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht ist das Einkommen zu Grunde zu legen, welches der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum bezogen hat.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer mit Ende September 2011 () seinen Wohnsitz in Österreich aufgegeben, seine berufliche Tätigkeit in Österreich beendet und das Studium in Italien aufgenommen.

Im Jahr 2011 sind daher zwei Steuerabschnitte gegeben. Der erste Steuerabschnitt betrifft den Zeitraum von 1.1. bis . In diesem Zeitraum war der Beschwerdeführer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Der Veranlagung im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht ist daher das Einkommen zu Grunde zu legen, das er im Jahr 2011 bis bezogen hat.

Der zweite Steuerabschnitt beginnt mit dem Tag nach der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes (27.9.201), das ist der . Ab diesem Zeitpunkt ist der Beschwerdeführer in die beschränkte Steuerpflicht eingetreten. Diese endete mit dem Ende des Bezugs inländischer Einkünfte am .

Ab war der Beschwerdeführer in Österreich mangels eines Wohnsitzes oder seines gewöhnlichen Aufenthaltes und mangels im § 98 EStG aufgezählter Einkünfte nicht mehr steuerpflichtig.

Für die steuerliche Behandlung der hier strittigen Studiengebühren ergibt sich daher für die Steuerabschnitte von bis und von bis Folgendes:

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit ergeben sich nach Abzug von Werbungskosten. Zu den Werbungskosten zählen gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG ua auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit. Es ist daher im vorliegenden Fall zu klären, ob die gelten gemachten Studiengebühren im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen können.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Studiengebühren stünden im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, die er in Österreich bis ausgeübt habe, wird nicht gefolgt. Der erforderliche Zusammenhang kann weder nach wirtschaftlichen Grundsätzen noch nach einer zeitlichen Zuordnung erkannt werden.
Aufwendungen für die berufliche Fortbildung sind zwar nicht nur dann Werbungskosten, wenn ohne sie eine konkrete Gefahr für die berufliche Stellung oder das berufliche Fortkommen bestünde oder durch sie ein konkret abschätzbarer Einfluss auf die gegenwärtigen oder künftigen Einkünfte gegeben wäre. Dem Wesen einer die Berufschancen erhaltenden und verbessernden Berufsfortbildung entsprechend genügt es vielmehr, wenn die Aufwendungen an sich - auch ohne zunächst konkret erkennbare Auswirkungen auf die Einkünfte - geeignet sind, im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (vgl zB ). Wenn aber, wie im vorliegenden Fall die Fortbildungsmaßnahmen mit keinerlei steuerpflichtigen Einnahmen zusammenhängen, ist die steuerliche Anerkennung der dafür angefallenen Kosten nicht denkbar. Wie ein erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses begonnenes Studium geeignet sein soll, im ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden oder sich sonst auf dieses Dienstverhältnis auswirken soll, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus behauptet der Beschwerdeführer auch gar nicht, ob überhaupt und wenn, welche in Österreich steuerpflichtigen Einkünfte er zukünftig erzielen will. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den davor erzielten Einkünften aus nichtstelbständiger Arbeit ist daher nicht gegeben.
Diese Ausführungen beziehen sich sowohl für die Ermittlung der Einkünfte im Zeitraum der unbeschränkten (1.1. bis 27.9.) als auch der beschränkten Steuerpflicht (28.9. bis 30.9.).
Auch kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es bestünde ein zeitlicher Zusammenhang der Zahlung (am ) der Studiengebühren mit seinem aufrechten Dienstverhältnis so nicht gefolgt werden. Die Zahlung der gegenständlichen Studiengebühren ist am , also am letzten Tag eines aufrechten Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers in Österreich, erfolgt. Ein zeitlicher Zusammenhang der Zahlung liegt vielmehr gerade mit der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit (am ), dem Wohnsitzwechsel und der Aufnahme des Studiums in Italien vor.

Ab war der Beschwerdeführer in Österreich nicht steuerpflichtig. Es erübrigt sich somit die Erörterung über die Anerkennung von Werbungskosten für diesen Zeitraum.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist daher gemäß § 279 BAO abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101477.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at