Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.04.2020, RV/7101522/2020

Familienbeihilfe; Vorbereitung auf das Aufnahmeverfahren als Polizeischüler stellt keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Dorf, VNR xxxxxxxxxxx, vertreten durch S, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2018 bis September 2019, zu Recht erkannt: 


Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihre am xxxxxx 1997 geborene Tochter T. auf Grund von deren Berufsausbildung (Bachelorstudium Ernährungswissenschaften an der Universität Wien ab dem Wintersemester 2016) bis September 2019 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen gab die Bf. bekannt, dass ihre Tochter seit Polizeischülerin bei der LPD Wien sei.

Das Finanzamt ersuchte die Bf. daraufhin mit Ergänzungsvorhalt vom um Vorlage von Nachweisen über alle von T. abgelegte Prüfungen ab dem Sommersemester 2018. Weiters wurde die Bf. um Bekanntgabe ersucht, wann ihre Tochter das Studium abgebrochen habe.


In Beantwortung des Schreibens teilte die Bf. am mit, dass T. das Studium nicht abgebrochen habe und legte das Schreiben des Bundesministerium für Inneres vom vor, wonach T. seit  in einem Dienstverhältnis zur polizeilichen Grundausbildung mit der LPD Wien steht.
 


Das Finanzamt forderte in der Folge von der Bf. mit Bescheid vom die für den Zeitraum März 2018 bis September 2019 bezogenen Beträge unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 mit der Begründung zurück, dass die Bf. trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht habe und dadurch ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sei. Es müsse angenommen werden, dass im genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe bzw. bestehe.


Gegen den Rückforderungsbescheid wurde am Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass T. am vorläufig die letzte Prüfung in Biochemie für ihr Bachelorstudium Ernährungswissenschaften belegt habe, um sich in weiterer Folge beginnend ab März 2018 auf die angestrebte Aufnahme als Exekutivbedienstete bei der LPD Wien vorzubereiten. Nach Absolvierung der Auswahlprüfung am habe am das Aufnahmegespräch stattgefunden. Danach sei am der sportmotorische Leistungs- und computerunterstützte Persönlichkeitstest durchgeführt worden. Am habe T. sich der Eignungsprüfung zur Durchführung der psychologischen Eignungsdiagnostik, dem klinisch-psychischen Testverfahren und dem Sporttest unterzogen. Danach sei am das Eignungsinterview und die chefärztliche Untersuchung erfolgt. Mit Schreiben der LPD Wien vom sei ihr das Testergebnis mit 775,49 von 1000 Punkten bekannt gegeben worden. Mit Schreiben der LPD Wien vom sei ihrem Ansuchen auf Aufnahme als Vertragsbedienstete bei der LPD mit Wirksamkeit stattgegeben worden. Die Vorbereitung auf die Aufnahme als Exekutivbedienstete bei der LPD Wien sowie das Durchlaufen des Eignungsverfahrens sei als Berufsausbildung zu werten, sodass die Inanspruchnahme sowohl der Familienbeihilfe als auch des Kinderabsetzbetrages für den gegenständlichen Zeitraum zu Recht erfolgt sei.

Unter Anschluss des Sammelzeugnisses der Universität Wien vom zu Matrikelnummer: ..., der Schreiben je der LPD Wien vom , , , , , und werde der Antrag gestellt, den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes vom , ersatzlos zu beheben und gemäß § 121 a BAO die Einhebung des vorgeschriebenen Rückzahlungsbetrages bis zur Erledigung der Beschwerde auszusetzen.


Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 unter Anführung des festgestellten Sachverhaltes (letzte Prüfung im Studium A033 638 am , Beginn Auswahlverfahren , Aufnahme bei der LPD Wien am ) mit der Begründung ab, dass einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich Tests und Bewerbungsgespräche keine Ausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellen. Die Vorbereitung auf das Aufnahmeverfahren sowie das Durchlaufen des Eignungsverfahrens seien daher nicht als Berufsausbildung iSd Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzusehen, da sowohl die Vorbereitung als auch das eigentliche Aufnahmeverfahren nicht zur Ausübung eines Berufes befähige. Auch die weitere Inskription im Studium A033 638 sei für die Gewährung der Familienbeihilfe unerheblich, da das Studium nicht ernsthaft und zielstrebig weiter betrieben worden sei. Die Familienbeihilfe für T. stehe daher für den Zeitraum März 2018 bis September 2019 nicht zu.


Die Bf. stellte am ohne weitere Begründung einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aus dem Familienbeihilfenakt ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:

Die Tochter der Bf. begann im Wintersemester 2016 mit dem Bachelorstudium Ernährungswissenschaften (A033 638) und legte laut Studienerfolgsnachweis die letzte Prüfung am  in Biochemie ab.

Ab dem Sommersemester 2018 wurde trotz zweimaligem Verlangen des Finanzamtes kein Studiennachweis vorgelegt.

T. war weiterhin im Studium A033 638 inskribiert.

T. steht seit  in einem Dienstverhältnis zur polizeilichen Grundausbildung mit der LPD Wien.

Strittig ist, ob sich die Tochter der Bf. im Zeitraum März 2018 bis September 2019 in Berufsausbildung befunden hat.

Die Bf. vertritt die Auffassung, dass die Vorbereitung auf die Aufnahme als Exekutivbedienstete bei der LPD Wien sowie das Durchlaufen des Eignungsverfahrens als Berufsausbildung zu werten ist.

Laut Bf. hat sich T. ab März 2018 auf die Aufnahme als Exekutivbedienstete bei der LPD Wien vorbereitet.
 

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs 2 Satz 2 FLAG 1967 idF BGBl I 2015/50 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 normiert:

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung:

Strittig ist, ob die Vorbereitung auf das Aufnahmeverfahren als Polizeischüler eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.

Die Bf. vertritt die Auffassung, dass ihr für ihre Tochter T. ein Beihilfenanspruch zukommt.
 

Begriff "Berufsausbildung" iSd § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) - Kriterien des Verwaltungsgerichtshofes

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) enthält keine Definition des Begriffes "Berufsausbildung". Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in ständiger Rechtsprechung in Auslegung des Beihilfentatbestandes nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 (außerhalb der Sonderbestimmungen dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen) Kriterien entwickelt, wann eine Berufsausbildung vorliegt (siehe z.B. ; ; ; ; ; ; ). Nur nach diesen Regeln ist zu beurteilen, ob eine bestimmte Tätigkeit als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 anzusehen ist ().

Nach der ständigen Judikatur des VwGH fallen unter den Begriff "Berufsausbildung" alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl. z.B. ; ; ; ; ).

Ziel einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen (vgl. ). Das Kind muss durch den Abschluss dieser Ausbildung zur Ausübung eines konkreten Berufes befähigt werden (vgl. u.a. ; ; ).

In Auslegung des Beihilfentatbestandes nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 (außerhalb der Sonderbestimmungen dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen) hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsprechung entwickelt, dass ein ernstliches, zielstrebiges und nach außen erkennbares Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich ist, um von einer Berufsausbildung sprechen zu können. Ein solches Bemühen manifestiere sich insbesondere im Antreten zu Prüfungen (). Zwar sei nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; das Kind müsse aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen ().

Berufsausbildung liegt daher vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist (vgl. , und ; ; ; ).

Darüber hinaus kommt es auf die Art der Ausbildung und deren Rahmen und den Lehrinhalt an (vgl. ; ).

Es kommt für die Qualifikation als Berufsausbildung aber nicht darauf an, ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist, und ob sie in Form von Blockveranstaltungen oder in laufenden Vorträgen organisiert ist. Wesentlich ist vielmehr, dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt.

Maßgeblich ist auch der erforderliche zeitliche Einsatz der schulischen Ausbildung, der - soll eine Berufsausbildung vorliegen - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (vgl. ; ; ; vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 36). Nach der Judikatur des VwGH kommt der zeitlichen Gestaltung und Verteilung einer Ausbildung einschließlich der erforderlichen Vorbereitungs- und Lernzeit Indizwirkung für die zeitliche Inanspruchnahme zu (vgl. ; ).

Betreffend dieses quantitative Erfordernis kann in Übereinstimmung mit der in der Literatur vertretenen Ansicht ein dem Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 genügender Zeitaufwand generell nur dann vorliegen, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden anfällt (vgl. Lenneis in Csazar/Lenneis/Wanke [Hrsg], FLAG § 2 Rz 40; vgl. auch -I/12; ; ).

Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es zur Frage der Berufsausbildung darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (vgl. ; ).
 

Auswahlverfahren für die Aufnahme aus Polizeischüler

Auf der Internetseite http://www.polizeikarriere.gv.at/ablauf_des_auswahlverfahrens.html finden sich zum Auswahlverfahren folgende Informationen:

„Das Auswahlverfahren wird an zwei Testtagen innerhalb kurzer Zeit absolviert.

Psychologische Eignungsdiagnostik

Diese umfasst unterschiedliche Aufgabengruppen wie: Rechtschreib- und Grammatiktest, kognitive Fähigkeitstests sowie einen Persönlichkeitsfragebogen.

Zur Überprüfung deiner Rechtschreib- und Grammatikfähigkeiten werden unterschiedliche Bereiche der aktuellen österreichischen Rechtschreibung sowie der Grammatik erfasst. Du hast nach einer Erklärung am Computer und vorangehender Übungsbeispiele unterschiedliche Aufgaben im Multiple-Choice-Format zu bearbeiten. … Hast du die Mindestkriterien bei der kognitiven Testung erreicht, wirst du unmittelbar nach Absolvierung des Persönlichkeitsfragebogens in das klinisch-psychiatrische Testverfahren übergeleitet.

•Klinisch psychiatrisches Testverfahren

Dieses Screeningverfahren besteht aus drei Testteilen und dient unter anderem dazu, Persönlichkeitsmerkmale und Risikoverhalten abzubilden. Sollten im Rahmen des klinisch-psychiatrischen Screenings Auffälligkeiten festgestellt werden, so wirst du von der jeweiligen Landespolizeidirektion in Kenntnis gesetzt, ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie oder eines klinischen Psychologen, beizubringen. Das Auswahlverfahren setzt du weiterhin fort. Erst dann, wenn die klinisch-psychiatrische Auffälligkeit per Gutachten widerlegt wurde, in weiterer Folge dieses Gutachten vom Polizeiarzt einer Sichtung und Beurteilung unterzogen wird, kannst du für eine mögliche Aufnahme in den Exekutivdienst berücksichtigt werden. …

 •Sporttest

Das Formular „Ärztliche Freigabe für den Sporttest“ musst du im Zuge deiner Bewerbung uploaden. Dies gewährleistet eine Zulassung zur sportlichen Überprüfung….

Der Sporttest besteht aus folgenden, in dieser Reihenfolge durchzuführenden Disziplinen: Achterlauf, Liegestütze, Pendellauf

Vor der Prüfung solltest du dich unbedingt gezielt auf diesen Test vorbereiten. Du findest hierzu Tipps und Videos auf unserer Homepage, die dich zum gezielten Training anleiten, um die geforderten körperlichen Leistungen zu erbringen. Damit du eine positive Absolvierung der sportlichen Überprüfung erreichst, musst du in jeder Disziplin mindestens die Limits der Grundstufe erreichen: Achterlauf, Liegestütz, Pendellauf …

Erst wenn dein Sporttest positiv absolviert wurde, wirst du zum Testtag 2 zugelassen.

Tag 2 besteht aus:

Ärztliche Untersuchung …

Bei der klinischen Untersuchung werden die gesundheitliche und somit die körperliche Eignung für den Exekutivdienst durchgeführt: Harnabgabe, Seh-und Hörtest, Größen-und Gewichtsmessung, EKG, Spirometrie und Fahrradergometrie sowie die abschließende klinische Untersuchung.

Eignungsinterview

Das Eignungsinterview dient zur Erhebung der Persönlichkeitsmerkmale durch persönliche Vorstellung und standardisierte Fragestellungen durch eine 3er Kommission."


Vorbereitungskurse für die Aufnahmeprüfung

Internetrecherchen zufolge werden auch Vorbereitungskurse, z.B. ein Kurs mit 40 Unterrichtseinheiten, für das Aufnahmeverfahren der Polizei angeboten (https://www.aufnahmepruefung.at/polizei/vorbereitung/ ), in denen Bewerber gezielt auf den schriftlichen Aufnahmetest, das Aufnahmegespräch und den Sporttest vorbereitet werden. Der schriftliche Aufnahmetest besteht aus drei Teilen: Deutschtest, Intelligenztest, Persönlichkeitstest. Dafür wird im Kurs folgendes trainiert: Rechtschreibung und Grammatik, Erfahrung und Übung im Umgang mit Intelligenztests, Auftritt und Selbstbewusstsein in der Prüfungssituation. Für den Sportteil gibt es ebenfalls eine Vorbereitung in Form von Koordinations- und Fitnessübungen und praktischen Tipps für das individuelle Training.

Die Bf. vertritt die Auffassung, dass die Vorbereitung ihrer Tochter auf die angestrebte Aufnahme als Exekutivbedienstete anspruchsbegründend für die Familienbeihilfe ist.

T. legte die letzte Prüfung in dem von ihr im Wintersemester 2016 begonnenen Bachelorstudium Ernährungswissenschaften am ab und bereitete sich nach den Angaben der Bf. ab März 2018 auf die angestrebte Aufnahme als Exekutivbedienstete bei der LPD Wien vor. Das Auswahlverfahren begann am , das Aufnahmegespräch fand am statt. Am erfolgte der sportmotorische Leistungs- und computerunterstützte Persönlichkeitstest. Am unterzog sich T. der Eignungsprüfung zur Durchführung der psychologischen Eignungsdiagnostik, dem klinisch-psychischen Testverfahren und dem Sporttest. Am erfolgte das Eignungsinterview und die chefärztliche Untersuchung. Mit Schreiben der LPD Wien vom wurde das Testergebnis bekanntgegeben und mit Schreiben der LPD Wien vom wurde dem Ansuchen von T. auf Aufnahme als Vertragsbedienstete bei der LPD mit Wirksamkeit stattgegeben.

Vom Beginn der Vorbereitungszeit (März 2018) bis zum Dienstantritt (September 2019) vergingen somit 17 Monate.

Die Vorbereitungszeit für die Aufnahmeprüfung als Exekutivbeamter stellt - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar:

In qualitativer Hinsicht kann auf Grund des in Kursen angebotenen Lerninhaltes (Rechtschreibung und Grammatik, Erfahrung und Übung im Umgang mit Intelligenztests, Auftritt und Selbstbewusstsein in der Prüfungssituation, Vorbereitung in Form von Koordinations- und Fitnessübungen und praktischen Tipps für das individuelle Training) nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Vorbereitung für die Aufnahmeprüfung über die Schulausbildung hinausgehende neue Kenntnisse erlangt wurden, wodurch keine Ausbildung für die Ausübung des angestrebten Berufes und somit keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vorlag.

In quantitativer Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung bei einem Zeitraum von 17 Monaten keinesfalls die volle Zeit von T. in Anspruch genommen hat. Im Übrigen wurden von der Bf. zum Ausmaß der Vorbereitungszeit ihrer Tochter keinerlei Angaben gemacht.

Um von einer Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit zu sprechen, muss das Kind zu Prüfungen antreten, welche in Ausbildungsvorschriften vorgesehen sind. Im vorliegenden Fall wurde von der Bf. nicht einmal vorgebracht, wie sich T. auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet hat (z.B. Kurs). Aber selbst wenn T. einen Kurs bzw. mehrere Kurs besucht hätte, läge keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vor.

Das Bundesfinanzgericht stellte erst jüngst in einer Beschwerdeangelegenheit, wo sich der Sohn des Bf. auf die Aufnahmeprüfung für das von ihm angestrebte Medizinstudium vorbereitet und dazu auch nachweislich diverse Kurse besucht hat, im Erkenntnis vom , RV/3100177/2019, auszugsweise Folgendes fest:

„Aus dem Umstand, dass sich der gesamte Arbeitsaufwand auf die Vorbereitung für eine Aufnahmeprüfung konzentriert, keine (über die Schulausbildung hinausgehenden) neuen Kenntnisse vermittelt werden bzw Übungen/Trainings für die Vorbereitung auf die Testung der Persönlichkeitsmerkmale in Form von Prüfungssimulationen, jedoch keine Prüfungen im eigentlichen Sinn, erfolgen, liegt mit dem Besuch der in Rede stehenden Kurse keine Ausbildung für die Ausübung eines angestrebten Berufes, somit keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke,FLAG2 § 2 Rz 45, Stichwort "Aufnahmeprüfungen"). Die Zeit der Vorbereitung auf einen Aufnahmetest vermittelt demnach gegenständlich keinen Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967.

Die in der Literatur (vgl Lenneis aaO) aufgeworfene Frage, ob "im Falle des Bestehens der Aufnahmeprüfung und nachfolgendem Beginn des Studiums die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung als Teil der Berufsausbildung anzusehen" sei, ist durch die oben genannte Judikatur (arg: einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches stellen noch keine Ausbildung dar, was grundsätzlich auch für die Vorbereitung darauf zu gelten hat) bereits beantwortet und kann die tatsächliche Ausbildung eben erst nach erfolgreichem Absolvieren zB der Aufnahmeprüfung begonnen werden.“

Im Übrigen erkennt das Bundesfinanzgericht in ständiger Rechtsprechung, dass selbst die Ausbildung zum Polizisten keine Ausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.

Das Finanzamt hat daher in seiner Beschwerdevorentscheidung rechtsrichtig festgestellt, dass einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich Tests und Bewerbungsgespräche keine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 darstellen, da sowohl die Vorbereitung als auch das eigentliche Aufnahmeverfahren nicht zur Ausübung eines Berufes befähigen.


Unterbrechung des Studiums

Zum Vorbringen der Bf., wonach ihre Tochter das Bachelorstudium Ernährungswissenschaften "unterbrochen" habe, wird festgestellt, dass die Zulassung zu einem Studium, ohne dieses tatsächlich zu betreiben, für sich alleine für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht ausreicht (vgl. ).

Im Erkenntnis vom , RV/6100252/2015, stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass als Zeiten der "Berufsausbildung" im Sinne des FLAG nur solche Zeiten gelten können, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden könne, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse sei nicht ausreichend.

Die Zulassung an einer Hochschule bzw. die Bestätigung über die Meldung zu einem Studium sei als reiner Formalakt nicht geeignet, eine Berufsausbildung im genannten Sinne nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (vgl. ; ; vgl. weiters die Entscheidung des -I/13).

Da im vorliegenden Fall im Zeitraum März 2018 bis September 2019 keine Schul-/Berufsausbildung von T. vorlag, hat das Finanzamt von der Bf. die für den genannten Zeitraum bezogene Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
 

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, wann eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorliegt, ist durch den VwGH hinreichend beantwortet (; ; ). Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at