Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2020, RV/7100236/2020

Einräumung eines Vorbehaltsfruchtgenussrechts - Auswahlermessen bei der Bestimmung des Abgabenschuldners

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch NN., über die Beschwerden vom samt Ergänzungen vom gegen die beiden Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erfassungsnummern zz1 und zz2, betreffend Gebühren zu Recht erkannt: 

Die zwei o.a. angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Erfassungsnummer zz1, (Bescheid 1), setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn Bf., im Grunde des § 33 TP 9 GebG eine Gebühr in der Höhe von € 11.603,51 fest.

Mit Bescheid vom , Erfassungsnummer zz2, (Bescheid 2), setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem Bf. im Grunde des § 33 TP 9 GebG eine Gebühr in der Höhe von € 12.879,44 fest.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vom samt Ergänzungen vom .

Auf Antrag des Bf. gem. § 262 Abs. 2 lit. a BAO legte das Finanzamt die Verwaltungsakte jeweils ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht vor.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Sachverhalt:

Zu Bescheid 1:

Dieser Bescheid bezieht sich auf den Notariatsakt vom mit der Geschäftszahl Nr1, der als Übergabsvertrag und zugleich Vertrag zugunsten Dritter bezeichnet wird.

In diesem Vertrag heißt es u.a. (auszugsweise Wiedergabe):

Präambel:

Herr Bf. ist auf Grund des Kaufvertrages vom [Datum] Alleineigentümer der Liegenschaft Einlagezahl Zl1 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, mit dem Grundstück Zl2 Bauflächen (Gebäude) Bauflächen (Gebäudenebenflächen) im unverbürgten Katasterausmaß von zzz m² und der Grundstücksadresse Adresse1

Herr Bf. Ist weiters auf Grund des Kaufvertrages vom [Datum] Alleineigentümer der Liegenschaft Einlagezahl Zl3 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, mit den Grundstücken Zl4 Gärten (Gärten) Zl5 Bauflächen (Gebäude) im unverbürgten Katasterausmaß von ZzZ m² und der Grundstücksadresse Adresse2.

Erstens (Übergabe und Übernahme):

Herr Bf., im weiteren Übergeber genannt, übergibt hiemit an seine Tochter Frau Name1 im weiteren Übernehmerin genannt, und diese übernimmt von dem Erstgenannten die dem Übergeber zur Gänze gehörigen Liegenschaften Einlagezahl Zl1 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, bestehend aus dem Grundstück Zl2 Bauflächen (Gebäude) Bauflächen (Gebäudenebenflächen) im unverbürgten Gesamtausmaß von zusammen zzz m² und der Grundstücksadresse ADRESSE1 in Ort.1 und Einlagezahl Zl3 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, bestehend aus den Grundstücken Zl4 Gärten (Gärten) und Zl5 Bauflächen (Gebäude) im unverbürgten Gesamtflächenausmaß von ZzZ m² und der Grundstücksadresse ADRESSE2 in Ort.1, samt allem, was mit diesen Liegenschaften erd-, mauer-, niet- und nagelfest verbunden ist, sowie mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zugehör der Vertragsobjekte, sowie mit allen Rechten und Befugnissen, mit welchen der Übergeber die Vertragsobjekte bisher selbst besessen und benützt hat oder dieser dieselbe doch zu besitzen und zu benützen berechtigt war, gegen Vorbehalt der nachstehenden Übergabsgegenleistungen.

Zweitens (Gegenleistungen)

A) Fruchtgenussrecht

Als Gegenleistung für die vorstehende Übergabe bedingt sich der Übergeber auf Lebenszeit des jeweils Letztversterbenden, und zwar entweder des Übergebers, dessen Ehegattin Name2 oder dessen Sohn Name3 von der Übernehmerin die Einräumung des lebenslänglichen unentgeltlichen Fruchtgenussrechtes im Sinne der §§ 509 fortfolgende des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches an den im Vertragspunkt „Erstens“ beschriebenen Übergabsobjekten aus.

Auf die Dauer der Ausübung des Fruchtgenussrechtes werden sämtliche auf die vorgeschriebenen Vertragsobjekte entfallenden Betriebskosten, öffentlichen Abgaben, Versicherungsprämien und dergleichen, sowie der Erhaltungsaufwand und allfällige Zinsen von den jeweiligen Fruchtgenussberechtigten bezahlt.

Die Verwaltung der Vertragsobjekte ich durch die Fruchtgenussberechtigten vorzunehmen. Ihnen steht das Recht zu, auf die Einkünfteerzielung Einfluss zu nehmen, indem sie am Wirtschaftsleben teilnehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestalten. Sie besitzen die Möglichkeit die sich ihnen bietenden Marktchancen zu nutzen, Leistungen hinsichtlich der Übergabsobjekte zu erbringen oder zu verweigern. Die Fruchtgenussberechtigten tragen das Unternehmerrisiko. Den Fruchtgenussberechtigten sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im ertragsteuerlichen Sinn zuzurechnen.

Auf die Dauer der Ausübung ihres Fruchtgenussrechtes bezahlen die Fruchtgenussberechtigten auch sämtliche mit den Übergabsobjekten verbundenen Kosten und tragen alle Aufwendungen, wie insbesondere die Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung (Netto-Fruchtgenuss).

Der Übergeber wendet jedoch von dem ihm in diesem Vertrag eingeräumten 100%igen Fruchtgenussrecht die Hälfte, also das 50%ige Fruchtgenussrecht, seiner Ehegattin Name2, geboren am TTMMJJ auf deren Lebensdauer bereits mit Wirksamkeit per zu.

Neuntens (Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA):

Für sämtliche unter Vertragspunkt „Zweitens“ vereinbarten Fruchtgenusszuwendungen und Fruchtgenusseinräumungen gilt, dass die jeweilige fruchtgenussberechtigte Person der Liegenschaftseigentümerin (Fruchtgenusseinräumungsverpflichteten) eine Zahlung als Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA unter Berücksichtigung der Absetzungen von Instandsetzungen zu leisten hat.

Zehntens (Kosten):

Sämtliche mit der Errichtung, Vergebührung und grundbücherlichen Durchführung dieses Übergabsvertrages verbundenen Kosten, Steuern und Abgaben aller Art werden von der Übernehmerin getragen, über deren alleinigen Auftrag dieser Übergabsvertrag vom beurkundenden Notar unter angemessener Berücksichtigung der Wünsche und Vorstellungen aller Vertragsparteien errichtet wurde.

Zu Bescheid 2:

Dieser Bescheid bezieht sich auf den Notariatsakt vom mit der Geschäftszahl Nr2, der als Übergabsvertrag bezeichnet wird.

In diesem Vertrag heißt es u.a. (auszugsweise Wiedergabe):

Präambel:

Herr Bf. ist auf Grund des Schenkungsvertrages vom [Datum] zu einem ideellen Hälfteanteil (B-LNr.x) auf Grund des Tauschvertrages vom [Datum] sowie der Einantwortungsurkunde vom [Datum] zu einem ideellen Ein-Drittel-Anteil (B-LNr. y), und auf Grund der Einantwortungsurkunden vom [Datum] und [Datum] zu einem ideellen Ein-Sechsetel-Anteil (B-LNr. z), insgesamt somit zur Gänze, Eigentümer der Liegenschaft Einlagezahl Nr.1 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, bestehend aus den Grundstücken Nr.2 Bauflächen (Gebäude) Bauflächen (Gebäudenebenflächen) Nr.3 Bauflächen (Gebäude) Bauflächen (Gebäudenebenflächen) und Nr.4 Bauflächen (Gebäude) Gärten (Gärten) in unverbürgten Katasterausmaß von zusammen zZz m² und der Grundstücksadresse Adr.1 in Ort.1.

Erstens (Übergabe und Übernahme):

Herr Bf., im weiteren Übergeber genannt, übergibt hiemit an seine Tochter Name1, im weiteren Übernehmerin genannt, und diese übernimmt von dem Erstgenannten die dem Übergeber zur Gänze gehörige, in der Präambel beschriebene Liegenschaft Einlagezahl Nr.1 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, samt allem was mit dieser Liegenschaft erd-, mauer-, niet- und nagelfest verbunden ist, sowie mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zugehör des Vertragsobjektes, sowie mit allen Rechten und Befugnissen, mit welchen der Übergeber das Vertragsobjekt bisher selbst besessen und benützt hat oder dieser dasselbe doch zu besitzen und zu benützen berechtigt war, gegen Vorbehalt der nachstehenden Übergabsgegenleistungen.

Ausdrücklich wird festgehalten, dass das im alleinigen Eigentum des Übergebers oder seiner Ehegattin stehende Inventar, welches sich in dem vom Übergeber und seiner Ehegattin bewohnten, auf der Liegenschaft errichteten Wohnhauses mit der Adresse XStraße befindet, sowie sonstige im ausschließlichen Eigentum des Übergebers oder seiner Ehegattin stehende Fahrnisse, soweit sie auf der Vertragsliegenschaft vorhanden sind, wie sie liegen und stehen, nicht mitübergeben werden.

Zweitens (Gegenleistungen der Übernehmerin):

A) Wohnungsgebrauchsrecht:

Als Gegenleistung für die vorstehende Übergabe bedingt sich der Übergeber für sich persönlich sowie für seine Ehegattin, Frau Name2, auf ihre fernere Lebensdauer die Einräumung des nachstehenden Rechtes hiemit aus, und es verpflichtet sich die Übernehmerin für sich persönlich und für ihre Erben und Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft Einlagezahl Nr.1 Katastralgemeinde Ort1, Bezirksgericht ORT1, zur Leistung beziehungsweise zur Duldung dieses Rechtes, wie folgt:

Das lebenslängliche, unentgeltliche und höchstpersönliche Wohnungsgebrauchsrecht gemäß Paragraph 521, erster Satz des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches in dem vom Übergeber und seiner Gattin bereits bisher bewohnten und benützten, auf der Übergabsliegenschaft errichtenden Wohnhauses (Nebengebäude) mit der Adresse XStraße, bestehend aus Keller, Parterre und erstem Stock, mit einer Gesamtfläche inklusive Keller von rund zzZ m².

Während der Dauer des hiemit bedungenen Wohnungsgebrauchsrechtes werden die anfallenden Instandhaltungskosten sowie die anfallenden Instandsetzungskosten – letztere jedoch nur, solange dem Übergeber auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung tatsächlich zufließen – vom Übergeber und Frau Name2 beglichen.

Sämtliche auf das Wohnhaus (Nebengebäude) entfallenden Betriebskosten, wie beispielsweise Strom, Wasser, Müllabfuhr und Heizung, sowie die Prämien für die Gebäudeversicherungen und die Grundsteuer werden auf die Dauer der Ausübung ihres Wohnungsgebrauchsrechtes vom Übergeber und Frau Name2 selbst getragen.

Die Übernehmerin bestellt dem Übergeber und Frau Name2 vorstehendes Wohnungsgebrauchsrecht zur Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes im Sinne dieses Vertragsabsatzes ob dem bereits oben beschriebenen Wohnhaus (Nebengebäude) mit der Adresse XStraße, bestehend aus Keller, Parterre und erstem Stock, mit einer Gesamtfläche inklusive Keller von rund zzZ m², welche Rechtseinräumung und Dienstbarkeitsbestellung vom Übergeber und Frau Name2 vertragsmäßig und rechtsverbindlich angenommen wird.

B) Vorbehaltsfruchtgenussrecht:

Als weitere Gegenleistung für die vorstehende Übergabe bedingt sich der Übergeber für sich persönlich auf seine fernere Lebensdauer die Einräumung des nachstehenden Vorbehaltsfruchtgenussrechtes hiemit aus, zu welcher Duldung und Leistung sich die Übernehmerin hiemit für sich persönlich sowie für ihre Erben und Rechtsnachfolger im Besitze des Vertragsobjektes verpflichten, und zwar:

Das lebenslängliche, unentgeltliche und höchstpersönliche Vorbehaltsfruchtgenussrecht im Sinne der Paragraphe 509 ff des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches an allen Wohnungen beziehungsweise Geschäftslokalen des Hauses YStraße/XStraße, jedoch nur hinsichtlich des dem Übergeber gehörigen ideellen Ein-Drittel-Anteils der Übergabsliegenschaft (B-LNr. y), sowie des dem Übergeber gehörigen ideellen Ein-Sechstel-Anteils der Übergabsliegenschaft (B-LNr. z), insgesamt somit zur 50 Prozent der Übergabsliegenschaft, da auf dem dem Übergeber gehörigen ideellen Hälfteanteil der Übergabsliegenschaft (B-LNr. x) und C-LNr. zz gemäß Punkt Drittens des Schenkungsvertrages vom [Datum] einverleibt ist. Selbstverständliche hat der Rechtsnehmer im Rahmes seines Fruchtgenussrechtes das Recht auf fünfzig Prozent sowohl des gewöhnlichen als auch des ungewöhnlichen Ertrages im Sinne des Paragraph 511 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere auf fünfzig Prozent der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (als Fruchtgenussberechtigter im steuerlichen Sinn – Vorbehaltsfruchtgenuss).

Die Verwaltung der Vorbehaltsobjekte ist durch den Übergeber und dessen Mutter Frau Name4 vorzunehmen. Ihnen steht das Recht zu, auf die Einkünfteerzielung Einfluss zu nehmen, indem sie am Wirtschaftsleben teilnehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestalten. Sie besitzen die Möglichkeit die sich ihnen bietenden Marktchancen zu nutzen, Leistungen hinsichtlich der Vorbehaltsobjekte zu erbringen oder zu verweigern. Der Übergeber und dessen Mutter Frau Name4 tragen das Unternehmerrisiko. Ihnen sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezüglich der Vorbehaltsobjekte im ertragsteuerlichen Sinne zuzurechnen.

Sämtliche vom Vertragsobjekt anfallenden Betriebskosten, öffentliche Abgaben und sonstige Kosten, wie etwa für Reparaturarbeiten, Versicherungsprämien und dergleichen, sowie den Erhaltungsaufwand und allfällige Zinsen bezahlen weiterhin der Übergeber und dessen Mutter Frau Name4 und erklären, diesbezüglich die Übernehmerin vollkommen schad- und klaglos zu halten (Nettofruchtgenuss).

Die Übernehmerin bestellt dem Übergeber das vorstehende Vorbehaltsfruchtgenussrecht zur Dienstbarkeit des Fruchtgenussrechtes gemäß Paragraphe 509 ff des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches sowie im Sinne dieses Vertragspunktes an allen Wohnungen beziehungsweise Geschäftslokalen des Hauses YStraße, welche Rechtseinräumung und Dienstbarkeitsbestellung vom Übergeber vertragsmäßig und rechtsverbindlich angenommen wird.

Achtens (Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA):

Für sämtliche unter Vertragspunkt „Zweitens“ vereinbarten Fruchtgenusszuwendungen und Fruchtgenusseinräumungen gilt, dass die jeweilige fruchtgenussberechtigte Person der Liegenschaftseigentümerin (Fruchtgenusseinräumungsverpflichteten) eine Zahlung als Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA unter Berücksichtigung der Absetzungen von Instandsetzungen zu leisten hat.

Neuntens (Kosten):

Sämtliche mit der Errichtung, Vergebührung und grundbücherlichen Durchführung dieses Übergabsvertrages verbundenen Kosten, Steuern und Abgaben aller Art werden von der Übernehmerin getragen, über deren alleinigen Auftrag dieser Übergabsvertrag vom beurkundenden Notar unter angemessener Berücksichtigung der Wünsche und Vorstellungen aller Vertragsparteien errichtet wurde.

Rechtsgrundlagen

§ 15 GebG bestimmt:

(1) Rechtsgeschäfte sind nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

(2) Als Urkunden gelten auch bei schriftlicher Annahme eines Vertragsanbotes das Annahmeschreiben. Wird die mündliche Annahme eines Vertragsanbotes beurkundet, so gilt diese Schrift als Annahmeschreiben.

(3) Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssteuergesetz fallen, sind von der Gebührenpflichtausgenommen; dies gilt auch für Rechtsgeschäfte, sofern und insoweit diese unter das Stiftungseingangssteuergesetz fallen.

In § 33 GebG werden die Tarife der Gebühren für Rechtsgeschäfte normiert.

Tarifpost 9 bestimmt dazu:

Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, von dem Werte des bedungenen Entgeltes ........................................................................... 2 v.H.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG sind zur Entrichtung der Gebühr bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde verpflichtet.

Trifft die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung zwei oder mehrere Personen, so sind sie gem. § 28 Abs. 6 leg. cit. zur ungeteilten Hand verpflichtet.

Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind gem. § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Gebühr von 2 v.H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 33 TP 9 GebG ist, dass die Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt wird.

Soll nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden, liegt dadurch eine "subjektive Äquivalenz" und Entgeltlichkeit vor (siehe dazu , , sowie Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 12 zu § 33 TP 9 GebG).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass laut den o.a. Notariatsakten die jeweils fruchtgenussberechtigte Person (also z.B. der Bf.) der Liegenschaftseigentümerin (der Tochter des Bf. als Fruchtgenusseinräumungsverpflichtete) eine Zahlung als Substanzabgeltung in Höhe der jährlichen AfA unter Berücksichtigung der Absetzungen von Instandsetzungen zu leisten hat (siehe Punkt „Achtens“ bzw. „Neuntens“ der beiden Übergabsverträge.

Darüber hinaus wurde in beiden Übergabsverträgen vereinbart, dass hinsichtlich der oben beschriebenen Vertragsobjekte sämtliche Betriebskosten, öffentlichen Abgaben, Versicherungsprämien und dergleichen sowie der Erhaltungsaufwand und allfällige Zinsen vom jeweiligen Fruchtgenussberechtigten zu bezahlen sind. Die Tochter des Bf. als Übernehmerin wurde also diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos gehalten.

Angesichts dieser Umstände kann kein Zweifel daran bestehen, dass „subjektive Äquivalenz“ und Entgeltlichkeit iSd oben zitierten Rechtsprechung vorliegt. Den diesbezüglichen Einwänden des Bf. konnte daher nicht gefolgt werden.

Es ist somit als erstes Zwischenergebnis festzuhalten, dass es sich in beiden Fällen um die entgeltliche Einräumung einer Dienstbarkeit handelt und dass somit die Voraussetzungen für die Verwirklichung des Tatbestands des § 33 TP 9 GebG erfüllt wurden.

In einem weiteren Schritt ist nunmehr zu prüfen, wer als Abgabenschuldner zur Entrichtung dieser Gebühr herangezogen werden kann.

Nach den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Buchstabe a GebG ist zur Entrichtung der Gebühren bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften (dass es sich im Streitfall um solche handelt, steht auf Grund der vorstehenden Ausführungen zweifelsfrei fest) der Unterzeichner zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist.

Die beiden o.a. Notariatsakte wurde u.a. vom Bf. und von seiner Tochter unterzeichnet.

Diese beiden Personen waren demnach gesamtschuldnerisch verpflichtet (siehe § 28 Abs. 6 GebG).

Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses hängt es gemäß § 891 zweiter Satz ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem Einzigen fordern will. Der Gläubiger kann daher jeden der Mitschuldner nach seinem Belieben in Anspruch nehmen, bis er die Leistung vollständig erhalten hat. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht daher der Abgabenbehörde - dem Gläubiger - die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will.

Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen hat (vgl. ).

Die Unterlassung einer Begründung dafür, warum gerade einer von mehreren Solidarschuldnern herangezogen wird, stellt einen Mangel dar, der einen Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belasten kann ().

In den beiden angefochtenen Bescheiden bleibt das Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses völlig unerwähnt. Auch eine Begründung, warum der Bf. und nicht etwa seine Tochter als Abgabenschuldner(in) herangezogen worden ist, ist den beiden Bescheiden nicht zu entnehmen.

Dies ist umso bemerkenswerter, als es unter Punkt „Neuntens“ bzw. „Zehntes“ der beiden o.a. Übergabsverträge heißt:

„Sämtliche mit der Errichtung, Vergebührung und grundbücherlichen Durchführung dieses Übergabsvertrages verbundenen Kosten, Steuern und Abgaben aller Art werden von der Übernehmerin getragen, über deren alleinigen Auftrag dieser Übergabsvertrag vom beurkundenden Notar unter angemessener Berücksichtigung der Wünsche und Vorstellungen aller Vertragsparteien errichtet wurde.“

Haften für eine Abgabenschuld zwei oder mehrere Gesamtschuldner, so wird sich die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte (Fellner, a.a.O. Rz. 30 zu § 28 GebG).

Dadurch, dass die Abgabenbehörde in beiden angefochtenen Bescheiden jegliche Begründung für die Heranziehung des Bf. als Abgabenschuldner vermissen lässt, erweisen sie sich als rechtswidrig. Denn jede Ermessensentscheidung ist so weit zu begründen, dass ihre Nachprüfbarkeit gewährleistet ist. Da sich die Tochter des Bf. in beiden Verträgen zur Tragung aller damit verbundenen Kosten und Abgaben aller Art (dazu zählen auch Gebühren nach dem GebG, siehe Ritz, BAO5, § 1 Tz 2) verpflichtet hat - Schwierigkeiten bei der Einbringung sind weder ersichtlich oder aktenkundig – spricht nach der Aktenlage nichts für die Festsetzung der Gebühr gegenüber dem Bf.

Wenn das Finanzamt in einer zu dieser Frage ergangenen Stellungnahme vom meint, die Tochter des Bf. habe sich nur hinsichtlich der Grunderwerbsteuer zur Kostentragung verpflichtet, kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden, zumal angesichts der zitierten Formulierungen in den beiden Verträgen von einer umfassenden Kostentragungsverpflichtung der Tochter des Bf. ausgegangen werden muss, die jedenfalls die Gebühren nach dem GebG mitumfasst.

Dem Finanzamt ist zwar zuzustimmen, wenn es darauf hinweist, dass der Übergeber laut den beiden Notariatsakten für sämtliche von den Vertragsobjekten anfallenden Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und sonstigen Kosten, wie etwa für Reparaturarbeiten usw. aufzukommen hat. Die Verpflichtung zur Tragung dieser ausschließlich objektbezogenen Aufwendungen darf nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes jedoch nicht mit der Verpflichtung zur Tragung jener Kosten verwechselt werden, die sich alleine aus der Vergebührung der betreffenden Rechtsgeschäfte ergeben.

Mit den beiden o.a. Notariatsakten wurden die oben näher beschriebenen Dienstbarkeiten entgeltlich eingeräumt. Die Tochter des Bf. hat sich ausdrücklich zur Tragung der mit der Vergebührung dieser Verträge verbundenen Kosten verpflichtet.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sprechen daher nach der Aktenlage alle Umstände dafür, die Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, dass der Abgabenbescheid an die Tochter des Bf. und nicht an den Bf. zu richten ist. Eine diesbezügliche Änderungsbefugnis steht dem Bundesfinanzgericht allerdings nicht zu.

Denn es ist dem Bundesfinanzgericht verwehrt, eine Person erstmals in die Schuldnerposition zu verweisen (siehe etwa , 0090). Die beiden angefochtenen Bescheide, denen mit keinem Wort zu entnehmen ist, warum die Festsetzung der Gebühr gerade gegenüber dem Bf. erfolgt ist, waren daher schon aus diesem Grunde aufzuheben. Angesichts dieser Sachlage konnte eine nähere Auseinandersetzung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen entfallen.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 15 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 28 Abs. 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 891 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 28 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100236.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at