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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.04.2020, RV/7100775/2012

Unzulässiger Bescheidadressat: "Nachname Vorname&ME n Nachname Vorname" - Einkommensteuerbescheide unwirksam - Zurückweisung der Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek in der Beschwerdesache der A**** T****&ME n A**** R****, vormals [Adresse], vormals vertreten durch Dkfm. Mag. DDr. Wilhelm Kryda, 1170 Wien, Jörgerstraße 37/2, über die Beschwerde (vormals Berufung) ge­gen die als Bescheide intendierten Erledigungen des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom be­tref­fend Einkommensteuer für die Jahre 2001, 2002 und 2005 den Beschluss:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung

Das Beschwerdeverfahren betrifft die Einkommensteuer des am verstorbenen Dr. R**** A****. Das Finanzamt erließ nach dessen Tod jeweils mit Datum vom (gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderte) als Einkommensteuerbescheide intendierte Erledigungen für die Jahre 2001, 2002 und 2005.

Diese Erledigungen („Einkommensteuerbescheide“) adressierte das Finanzamt jeweils wie folgt:

„ A**** T****&ME n A**** R****
z.H. Dkfm Mag DDr Kryda Wilhelm
Jörgerstraße 37/2
1170 Wien“

Erben des am verstorbenen Dr. R**** A**** waren laut Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom aufgrund der unbedingten Erbantrittserklärung jeweils zur Hälfte dessen Eltern T**** A**** und Dr. S**** A****.

Der genannte Dr. S**** A**** ist am xx.xx.2012 verstorben. Alleinerbin nach Dr.  S**** A**** war laut Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom aufgrund einer unbedingten Erbantrittserklärung dessen Ehefrau T**** A****.

T**** A**** ist am xx.xx.2018 verstorben. Alleinerbin nach T**** A**** ist laut Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom Frau U**** B****, nach dem der am xx.xx.2018 vorverstorbene V**** B**** aufgrund des erblasserischen Testamentes die bedingte Erbantrittserklärung abgegeben hatte. Die Verlassenschaft wurde U**** B**** zur Gänze eingeantwortet.

Erbin nach Dr. R**** A**** ist somit letztlich Frau U**** B****.

Gegen diese geänderten „Einkommensteuerbescheide“ wendet sich die Beschwerde (vormals Berufung). Darin wird zusammengefasst vorgebracht, die „Einkommensteuerbescheide“ hätten wegen Verjährung nicht erlassen werden dürfen.
Die Festsetzungsverjährungsfrist betrage fünf Jahre und werde durch nach außen erkennbare Amtshandlungen im letzten Jahr der Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert.
Die Einkommensteuer für das Jahr 2001 sei daher im Jahr 2007
die Einkommensteuer für das Jahr 2002 im Jahr 2008 und
die Einkommensteuer für das Jahr 2005 im Jahr 2011 verjährt gewesen.
Sei einmal Verjährung eingetreten, so lebe der Abgabenanspruch durch spätere Amtshandlungen nicht wieder auf.
Die Verjährungsbestimmungen für hinterzogene Abgaben kämen nicht zur Anwendung, weil „[z]um Zeitpunkt bis 2006“ nicht nachgewiesen werden könne, dass Hinterziehungen stattgefunden hätten, auch ein Betrug könne aus den Aussagen oder Handlungen des Geschäftsführer s für diese Zeit nicht abgeleitet werden.
Die Berufung gelte auch für den Fall, dass die Berufungsbehörde den Grundlagenbescheid aus welchem Grund auch immer als nichtig ansehen sollte.

Das Finanzamt erließ eine ebenfalls an A**** T****&ME n=A**** R****
z.H. Herrn Dkfm Mag DDr Kryda Wilhelm gerichtete abweisende Berufungsvorentscheidung und führte als Begründung aus, die Verjährung der Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2011 sei noch nicht eingetreten. Für die Jahre ab 2001 komme die verlängerte Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zur Anwendung. Im Feststellungsverfahren seien entsprechende Unterbrechungshandlungen gesetzt worden. Die Verjährungsfrist sei durch die Hinterziehung um zwei Jahre verlängert worden (für das Jahr 2001 bis 2008), aufgrund der in den Jahren 2005 und 2006 erstmalig durchgeführten Außenprüfung um ein Jahr (bis 2009) sowie aufgrund der in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführten Betriebsprüfung um weitere zwei Jahre (bis 2011).

Der steuerliche Vertreter brachte einen Vorlageantrag ein, wobei in der Sache kein Vorbringen erstattet wurde.

Gemäß § 93 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Die mit der Personenumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal.

Gemäß § 19 Abs 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Die Abgabenschuld geht auf den Gesamtrechtsnachfolger dann über, wenn der Abgabenanspruch vor dem die Gesamtrechtsnachfolge bewirkenden Ereignis (zB Tod) entstanden ist. Nach dem Tod des Erblassers ist ein Bescheid über eine in dessen Person entstandene Abgabenschuld vor der Einantwortung an die Verlassenschaft, nach der Einantwortung an die Erben als Rechtsnachfolger zu richten.

Sind zur Entrichtung einer Abgabe mehrere Personen als Gesamtschuldner verpflichtet, so kann gegen sie ein einheitlicher Abgabenbescheid erlassen werden. Einheitliche Abgabenbescheide haben alle Gesamtschuldner im Spruch zu nennen, die Gemeinschaft als solche kann nicht Bescheidadressat sein. Vielmehr müssen die einzelnen Mitglieder der Schuldnermehrheit bereits im Abgabenbescheid mit der ihnen zukommenden zivilrechtlichen Klassifikation individuell angesprochen werden (; ).

Die Beschwerde richtet sich gegen drei als „Einkommensteuerbescheide“ intendierte Erledigungen des Finanzamtes, die ausdrücklich an „A**** T****&ME n A**** R****, z.H. (...) [Steuerberater]" adressiert sind.
Diese Erledigungen betreffen die Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2001, 2002 und 2005 des am xx.xx.2010 verstorbenen Dr. R**** A****.

Da Dr. R**** A**** im Zeitpunkt der „Bescheid“erlassung bereits verstorben war, waren ihn betreffende Bescheide zu diesem Zeitpunkt an seine eingeantworteten Erben zu richten bzw zu adressieren.

Die Verlassenschaft nach Dr. R**** A**** wurde mit Einantwortungsbeschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom zu je der Hälfte dessen Eltern T**** A**** und Dr. S**** A**** eingeantwortet. An diese waren daher die entsprechenden Bescheide zu richten.

Die angefochtenen „Bescheide“, die als Bescheidadressaten " A**** T****&ME n A**** R****" aufweisen, konnten somit keine Rechtswirkungen entfalten, da die Erbengemeinschaft als solche nicht Bescheidadressat sein kann sondern vielmehr die einzelnen Mitglieder der Schuldnermehrheit bereits im Abgabenbescheid mit der ihnen zukommenden zivilrechtlichen Klassifikation individuell angesprochen werden müssen. Dies ist im Beschwerdefall nicht geschehen. Die "Einkommensteuerbescheide" wurden daher nicht rechtswirksam.

Gemäß § 260 Abs 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen ( Ritz, BAO6, § 260 Tz 8).

Im Beschwerdefall waren die als „Einkommensteuerbescheide“ intendierten angefochtenen Erledigungen an eine Erbengemeinschaft gerichtet, welche als solche nicht Bescheidadressat sein kann. Mangels geeignetem Bescheidadressaten handelt es sich daher bei den angefochtenen Erledigungen nicht um Bescheide.

Die dagegen gerichtete Beschwerde ist daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß 260 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Adressierung:

Dieser Beschluss ist nach dem Gesagten daher an U**** B**** als Erbin nach dem vorverstorbenen V****B****, dieser als Erbe nach T**** A****, diese 1. als Erbin nach Dr. S**** A****, dieser als Erbe nach Dr. R**** A**** sowie 2. als Erbin nach Dr. R**** A**** zu richten (abgekürzt: An U**** B**** als mittelbare Erbin nach Dr. R**** A****).

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Streitfall ist lediglich die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Bescheidadressaten auf den unstrittigen Sachverhalt anzuwenden. Bei dieser schlichten Rechtsanwendung ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100775.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at