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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2020, RV/5100076/2017

Nachweis von Kosten für Familienheimfahrten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht:

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer machte im Rahmen seiner Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2015 unter anderem Kosten für Familienheimfahrten im Betrag von 1.836,00 Euro steuerlich geltend.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2015 ohne Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten festgesetzt. Begründend wurde dazu im vorgenannten Bescheid wie folgt ausgeführt: „Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung auf Dauer liegen insbesondere dann vor, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, können die Aufwendungen nur vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend kann bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von 6 Monaten angesehen werden.“

Mit am bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer gegen den oa Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin ersuchte der Beschwerdeführer um Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten für 6 Monate (1.836,00 Euro).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die oa Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde dazu wie folgt ausgeführt: „Der Anspruch für die doppelte Haushaltsführung gilt für eine gewisse Übergangszeit, nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung, auch für Alleinstehende, und zwar schon allein deshalb, weil die Beschaffung eines Wohnsitzes am Beschäftigungsort sowie die Auflösung des bisherigen (Familien-)Wohnsitzes üblicherweise eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen (vgl. ). Als Richtschnur kann bei alleinstehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von sechs Monaten angenommen werden. Dieser Anspruch besteht aber nur unmittelbar nach der Annahme der Beschäftigung und nicht im Folgejahr. Die Beschwerde war abzuweisen.

In einem am bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben, das in verständiger Würdigung als Antrag auf Vorlage der oa Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu werten war, führte der Beschwerdeführer aus, dass Alleinstehende Kosten für Familienheimfahrten für 6 Monate geltend machen können.

Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlagebericht führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:

Der Beschwerdeführer begann seine Tätigkeit in Österreich am . In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 wurden Familienheimfahrten in Höhe von 1000,-€ beantragt. Da keine Nachweise vorgelegt wurden und keine steuerliche Auswirkung gegeben war, wurden diese vor Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2014 vom gelöscht. Der Beschwerdeführer legte gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel ein. Mit der Veranlagung 2015 begehrte der Beschwerdeführer erneut die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung. Mit Hinweis auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung wird die Abweisung beantragt, weil der sechs-Monats-Zeitraum für die vorübergehende doppelte Haushaltsführung mit der Verwirklichung des Sachverhaltes (Beginn der Beschäftigung an einem Ort dessen Entfernung vom Familienwohnsitz so weit ist, dass eine tägliche Rückkehr unzumutbar ist) beginnt, dh. in concreto am . Dieser Zeitraum hat sohin im Oktober 2014 geendet.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Beschlusses insbesondere die nachstehenden Fragen zu beantworten und die angeforderten Beweismittel vorzulegen

  • Bitte machen Sie Angaben zu Ort und Dauer der im Jahr 2015 für den Dienstgeber erfolgten Arbeitseinsätze (Tätigkeitsnachweise) und legen Sie eine diesbezügliche Bestätigung des Dienstgebers vor.

  • Bitte machen Sie Angaben darüber, wo Sie während der für den Dienstgeber erfolgten Arbeitseinsätze gewohnt haben und legen Sie eine diesbezügliche Bestätigung des Dienstgebers vor.

  • Legen Sie eine Bestätigung des Dienstgebers vor, wofür die im Jahr 2015 ausbezahlten nicht steuerbaren Bezüge gemäß § 26 Z 4 und § 3 Abs 1 Z 16b EStG 1988 im Gesamtbetrag von 5.507,00 Euro geleistet wurden.

  • Legen Sie – falls zutreffend – eine Bestätigung des Dienstgebers vor, dass keine Reisekostenersätze für die Anreise von Ihrem Wohnsitz (***Adresse***) zum Arbeitsort ausbezahlt wurden.

  • Legen (…) Sie Aufzeichnungen über Anzahl und Zeitpunkt der erfolgten Familienheimfahrten vor. Bitte legen Sie zudem Belege über die angefallenen Kosten vor (Fahrkarten/Tickets bei Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln; Kopie des Zulassungsscheins sowie Aufzeichnungen über die Anzahl der gefahrenen Kilometer bei Reise mit einem PKW).

Der oa Beschluss ist dem Beschwerdeführer laut internationalem Rückschein am zugegangen. Bis zum heutigen Tag ist beim Bundesfinanzgericht keine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingelangt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum vom bis zum für die ***Arbeitgeberin***, einem im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung tätigem Unternehmen, als Maurer tätig.

Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum bis seinen gemeldeten Hauptwohnsitz an der Adresse ***Adresse***. Ab dem hatte der Beschwerdeführer seinen gemeldeten Hauptwohnsitz in ***Adresse2***.

Im Rahmen seiner Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2015 machte der Beschwerdeführer Kosten für Familienheimfahrten im Betrag von 1.836,00 Euro als Werbungskosten geltend. Die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen wurden vom Beschwerdeführer jedoch dem Grunde und der Höhe nach weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen. Ist nach den Umständen des Einzelfalles der Beweis nicht zumutbar, genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (vgl ; ).

Im vorliegenden Fall hat das erkennende Gericht den Beschwerdeführer mit Beschluss vom dazu aufgefordert, die Aufwendungen für Familienheimfahrten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachzuweisen. Der Beschwerdeführer hat auf diesen Beschluss nicht reagiert und damit seiner Mitwirkungsverpflichtung (vgl § 138 BAO) nicht entsprochen. Er hat keinen Nachweis über seinen Arbeitsort, die Durchführung der Fahrten und die dadurch erwachsenen Aufwendungen erbracht. Er hat auch keine Angaben hinsichtlich des verwendeten Transportmittels, der Häufigkeit der Fahrten und der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten sowie zu allfälligen Kostenersätzen seitens des Arbeitgebers gemacht. Die Höhe der Fahrtaufwendungen ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdeführer eingereichten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Streitjahr, da dort lediglich jener Betrag angeführt ist, der dem höchsten Pendlerpauschale nach § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG entspricht (1.836,00 Euro für einen Zeitraum von 6 Monaten).

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten können vor diesem Hintergrund nicht als erwiesen angenommen werden. Im Übrigen sind die obigen Sachverhaltsfeststellungen allesamt aktenkundig und unstrittig. Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen insoweit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs 1 Satz 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 idF BGBl I 2015/118 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit d leg cit angeführten Betrag übersteigen, nicht abgesetzt werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, so können Familienheimfahrten von der Wohnung am Beschäftigungsort zum Familienwohnsitz als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Aufgabe des bisherigen Familienwohnsitzes unzumutbar ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl zB ).

Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gem §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl zB ). Wie unter Punkt 2 dargelegt wurde, wurde der Anfall der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Werbungskosten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Im Übrigen wird auf das zu einem vergleichbaren Fall ergangene Erkenntnis des , verwiesen. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Frage, ob die vom Beschwerdeführer als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten tatsächlich angefallen sind, ist eine auf Sachverhaltsebene zu lösende Tatfrage. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde – nicht mit Zustellung, sondern mit zu laufen (§ 6 Abs 2 iVm § 1 Abs 1 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes [Art 16 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 2020/16]).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100076.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at