Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2020, RV/7104756/2018

Rückforderung Familienbeihilfe - mündliche und schriftliche Matura bestanden, vorwissenschaftliche Arbeit verspätet abgegeben (angebliche Krankheit)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde des Bf., Wien, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate Juli 2017 bis September 2017, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog für seine Tochter T., geb. Okt97, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die für den Zeitraum Juli 2017 bis September 2017 bezogenen Beträge unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) idgF mit der Begründung zurück, dass T. die vorwissenschaftliche Arbeit noch nicht abgeschlossen habe und das Studium erst im Sommersemester 2018 beginne.

Gegen den Rückforderungsbescheid wurde vom Bf. am Beschwerde erhoben und das untenstehende Zeugnis des Bundesoberstufenrealgymnasiums Wien *** vorgelegt:

"Reifeprüfungszeugnis (ungültig)
T.
geboren am Okt97
hat sich an dieser Schule Oberstufenrealgymnasium mit Darst. Geometrie oder erg. Unterricht in Biologie und Umweltkunde, Physik und Chemie (mit autonomer Stundentafel ohne speziellen Schwerpunkt), 5. - 8. Klasse, Lehrplan BGBl, Nr. 88/1985 in der geltenden Fassung vor der zuständigen Prüfungskommission gemäß den Vorschriften über die abschließende Prüfung (BGBl. II Nr. 174/2012 in der geltenden Fassung) der Reifeprüfung (ungültig) unterzogen und diese nicht bestanden."


Mit Vorhalt vom wurde der Bf. vom Finanzamt um Vorlage folgender Unterlagen ersucht:

Reifeprüfungszeugnis
Bestätigung der Schule, wann die vorwissenschaftliche Arbeit abgegeben und präsentiert wurde
Fortsetzungsbestätigung/Inskriptionsbestätigung als ordentliche Studentin (bzw. Bekanntgabe, warum die Tochter als außerordentliche Studentin gemeldet ist und ev. Zulassungsbescheid der Universität

Der Bf. legte daraufhin die Studienbestätigung der Universität Wien vor, wonach seine Tochter im Sommersemester 2018 als außerordentliche Studierende des Studiums A 990 (Besuch einzelner Lehrveranstaltungen) angemeldet war. Die Bestätigung der Schule über die Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit wurde nicht vorgelegt.


In der Folge wurde die Beschwerde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und der Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

"Ihre Tochter T. hat am die 8. Klasse des Bundesoberstufenrealgymnasium Wien **** abgeschlossen. Laut vorliegendem (ungültigem) Reifeprüfungszeugnis vom wurden die mündliche und schriftliche Matura positiv bewertet. Keine Beurteilung enthält das Zeugnis hinsichtlich der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA). Mit Überprüfungsschreiben vom gaben Sie den Studienbeginn mit Sommersemester 2018 an, da die VWA noch fehlt.

Im Zuge Ihrer Beschwerde wurde eine Bestätigung der Schule über die Anmeldung zur Präsentation der VWA am vorgelegt.

Bis dato wurden weder ein Nachweis für die Präsentation der VWA noch das Maturazeugnis vorgelegt.

Im Sommersemester 2018 ist T. im Studium A 990 (Besuch einzelner Lehrveranstaltungen UniStG) als außerordentliche Studentin gemeldet."

Weiters wurden die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) angeführt, wonach Familienbeihilfe für volljährige Kinder u.a. dann zusteht, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.

§ 10 der Prüfungsordnung AHS laute:

"Die erstmalige Abgabe der schriftlichen Arbeit hat bis zum Ende der ersten Woche des zweiten Semesters der letzten Schulstufe zu erfolgen. Die Zeiträume für die Abgabe der schriftlichen Arbeit im Falle der Wiederholung der vorwissenschaftlichen Arbeit sind die erste Unterrichtswoche, die ersten fünf Unterrichtstage im Dezember und die erste Woche des zweiten Semesters. In allen Fällen hat die Abgabe sowohl in digitaler Form (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) als auch in zweifach ausgedruckter Form (bei Einbeziehung praktischer und/oder grafischer Arbeitsformen auch unter physischer Beigabe der praktischen und/oder grafischen Arbeiten) zu erfolgen."

Der Begriff „Berufsausbildung" sei im Gesetz nicht näher definiert. Auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäben sich als wesentliche Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reiche für sich alleine noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzunehmen. Die Ausbildung müsse ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Dies werde dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind durch Prüfungsantritte innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung erfülle (Verweis auf das Erkenntnis des ). Eine Ausbildung, bei der das Kind während längerer Zeit zu keiner Prüfung antrete, könne nicht als Berufsausbildung gewertet werden (Verweis auf die Erkenntnisse des und vom / 98/13/0042). Der laufende Schulbesuch für sich allein reiche nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung anzunehmen. Vielmehr müsse das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen innerhalb angemessener Zeit erkennbar sein (Verweis auf das Erkenntnis des ).

Die vorwissenschaftliche Arbeit (kurz: VWA) sei eine der drei Säulen der Reifeprüfung. Von einer ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung sei im Falle der Wiederholung von nicht bestandenen Maturaprüfungen dann auszugehen, wenn das Kind regelmäßig zum frühestmöglichen Termin zu allen im Vortermin negativ beurteilten Prüfungen antrete, wobei die vorwissenschaftliche Arbeit wie jedes andere Prüfungsfach zu betrachten sei. Gegenständlich habe T. 2 Teile der 3-teiligen Reifeprüfung zum vorgesehenen Termin bestanden und hätte somit mit Schulbeginn des nächsten Schuljahres zum 1. Nebentermin antreten können. Da T. den ehestmöglichen Termin für die Absolvierung des letzten Teils der Matura nicht wahrgenommen habe, sei kein nach außen erkennbares Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben. Es bestehe daher im rückgeforderten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Dementsprechend sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.


Der Bf. stellte am einen Vorlageantrag und brachte vor, dass seine Tochter am 2. Februar nicht antreten habe können, weil sie innerhalb dieser Zeit (Mitte November) Abnormalitäten im Körper (starkes Kribbeln in Armen und Beinen) verspürt habe. Sie sei von der Rudolfstiftung zu einer MR-Untersuchung aufgefordert worden. Es habe viele Monate gedauert bis man erkannt habe, was sie habe. Es seien ihr Medikamente verschrieben worden, die sie regelmäßig nehmen habe müssen. Sie habe sich nicht konzentrieren können bzw. sei sie nicht in der Lage gewesen, den Termin am 2. Februar wahrzunehmen, weshalb sie mit dem Direktor einen neuen Termin vereinbart habe. Dies stehe in der Schulbestätigung.

Vorgelegt wurde folgende Schulbesuchsbestätigung:

"Schulbesuchsbestätigung
Für Frau T.
geboren am ***Okt. 1997
Es wird bestätigt, dass die Schülerin im Schuljahr 2016/17 die 8. Klasse dieser Schule abgeschlossen hat. Da sie jedoch noch keine vorwissenschaftliche Präsentation (VWA) abgelegt hat, befindet sie sich immer noch im Matura-Prüfungsstadium.
Wien, "

Die Schulbesuchsbestätigung enthielt folgenden handschriftlichen Vermerk:

"Herbsttermin 2018 findet zw. 15.10. - statt."

Weiters wurden zwei Ambulanzkarten der Rudolfstiftung vom und vom vorgelegt, denen zufolge T. wegen aufsteigender Parästhesien (Anm.: Missempfindungen des Körpers (Parästhesien) spiegeln sich anhand von Taubheitsgefühlen, Kribbeln sowie diversen anderen Empfindungen wieder. Sie können psychische aber auch körperliche Ursachen aufweisen. In den meisten Fällen treten sie als Folge von Nervenerkrankungen auf. Quelle: https://krank.de/krankheiten/paraesthesien/ ) untersucht wurde.

Aus der Ambulanzkarte vom geht hervor, dass T. eine Zuweisung für ein Schädel und HWS-MRT erhielt.

Am wurde das Maturazeugnis vom nachgereicht und die Studienbestätigung der Universität Wien vorgelegt, wonach T. im Wintersemester 2018 an der Universität Wien als ordentliche Studierende des Studiums A198 407 425 Bachelorstudium Lehramt Sek (AB) UF Englisch UF Psychologie und  Philosophie inskribierte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen:

Die Tochter des Bf. besuchte im Schuljahr 2016/17 die 8. Klasse eines Bundesoberstufenrealgymnasiums in ***** Wien.

T. hat den schriftlichen und mündlichen Teil der aus drei Teilen bestehenden Matura im Juni 2017 bestanden.

Die vorwissenschaftliche Arbeit wurde nicht zu den in § 10 der Prüfungsordnung der AHS festgesetzten Terminen abgegeben.

T. hat die Matura am bestanden.

Im Sommersemester 2018 und im Wintersemester 2018/2019 war T. im Studium A990 (Besuch einzelner Lehrveranstaltungen UniStG) als außerordentliche Studentin gemeldet.

Im Wintersemester 2018 nahm T. an der Universität Wien als ordentliche Studentin ein Lehramtsstudium auf.

Strittig ist, ob das Finanzamt die für den Zeitraum Juli 2017 bis September 2017 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert hat, da es den Anspruch im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wegen nicht ernsthaft und zielstrebig betriebener Berufsausbildung verneinte.

Angemerkt wird, dass das Finanzamt die Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge betreffend T. für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 eingestellt hat und die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge erst wieder seit Beginn des Lehramtsstudiums (Oktober 2018) ausbezahlt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat nur über den Rückforderungszeitraum Juli 2017 bis September 2017 abzusprechen.

Rechtliche Beurteilung:

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Strittig ist, ob das Finanzamt die für den Zeitraum Juli 2017 bis September 2017 ausbezahlten Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert hat, da es für den Rückforderungszeitraum von einer nicht ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung ausging (Anm.: Die Familienbeihilfe wurde ab Oktober 2017 nicht mehr ausbezahlt und erst wieder ab dem Studienbeginn von T. im Oktober 2018 gewährt.

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs 2 Satz 2 FLAG 1967 idF BGBl I 2015/50 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Diese Regelung findet auch auf die Berufsausbildung Anwendung (vgl. ).

Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. ).

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge § 26 FLAG 1967 anzuwenden.
 

Matura (Reifeprüfung nach einer höheren Schulausbildung)

Die Matura besteht aus einer mündlichen und einer schriftlichen Prüfung sowie aus einer vorwissenschaftlichen Arbeit.

Wie schon festgehalten, wurde von T. die schriftliche und mündliche Matura im Juni 2017 bestanden, jedoch die vorwissenschaftliche Arbeit nicht zu den in § 10 der Prüfungsordnung der AHS festgesetzten Terminen abgegeben.

Die Prüfungsordnung der AHS regelt zur Matura und zur vorwissenschaftlichen Arbeit Folgendes:

§ 2

(1) Die Reifeprüfung besteht am Realgymnasium unter besonderer Berücksichtigung der sportlichen Ausbildung, am Oberstufenrealgymnasium unter besonderer Berücksichtigung der sportlichen Ausbildung sowie am Werkschulheim ***** aus einer Vorprüfung und einer Hauptprüfung, an den übrigen Formen aus einer Hauptprüfung.

(2) Die Vorprüfung besteht aus mündlichen, praktischen oder mündlichen und praktischen Prüfungen.

(3) Die Hauptprüfung besteht aus
1. einer vorwissenschaftlichen Arbeit (einschließlich deren Präsentation und Diskussion),
2. einer Klausurprüfung, bestehend aus Klausurarbeiten sowie allenfalls mündlichen Kompensationsprüfungen, und
3. einer mündlichen Prüfung, bestehend aus mündlichen Teilprüfungen.

Nach Wahl der Prüfungskandidatin oder des Prüfungskandidaten sind drei Klausurarbeiten und drei mündliche Teilprüfungen oder vier Klausurarbeiten und zwei mündliche Teilprüfungen abzulegen.

Durchführung der vorwissenschaftlichen Arbeit

§ 9

(1) Die schriftliche Arbeit (einschließlich allfälliger praktischer und/oder grafischer Arbeiten) ist als selbstständige Arbeit außerhalb der Unterrichtszeit zu bearbeiten und anzufertigen, wobei Ergebnisse des Unterrichts mit einbezogen werden dürfen. In der letzten Schulstufe hat eine kontinuierliche Betreuung zu erfolgen, die unter Beobachtung des Arbeitsfortschrittes vorzunehmen ist. Die Betreuung umfasst die Bereiche Aufbau der Arbeit, Arbeitsmethodik, Selbstorganisation, Zeitplan, Struktur und Schwerpunktsetzung der Arbeit, organisatorische Belange sowie die Anforderungen im Hinblick auf die Präsentation und Diskussion, wobei die Selbstständigkeit der Leistungen nicht beeinträchtigt werden darf.

(2) Die Erstellung der Arbeit ist in einem von der Prüfungskandidatin oder vom Prüfungskandidaten zu erstellenden Begleitprotokoll zu dokumentieren, welches jedenfalls den Arbeitsablauf sowie die verwendeten Hilfsmittel und Hilfestellungen anzuführen hat. Das Begleitprotokoll ist der schriftlichen Arbeit beizulegen.

(3) Zur Dokumentation der Arbeit sind Aufzeichnungen, insbesondere Vermerke über die Durchführung von Gesprächen im Rahmen der Themenfindung und der Festlegung des Erwartungshorizontes sowie im Zuge der Betreuung und nach Fertigstellung der Arbeit im Hinblick auf die Präsentation und Diskussion, zu führen und dem Prüfungsprotokoll anzuschließen.

(4) Die Dauer der Präsentation und der Diskussion hat zehn bis 15 Minuten pro Prüfungskandidatin und Prüfungskandidat zu betragen.

Prüfungstermine der vorwissenschaftlichen Arbeit

§ 10.

Die erstmalige Abgabe der schriftlichen Arbeit hat bis zum Ende der ersten Woche des zweiten Semesters der letzten Schulstufe zu erfolgen. Die Zeiträume für die Abgabe der schriftlichen Arbeit im Falle der Wiederholung der vorwissenschaftlichen Arbeit sind die erste Unterrichtswoche, die ersten fünf Unterrichtstage im Dezember und die erste Woche des zweiten Semesters. In allen Fällen hat die Abgabe sowohl in digitaler Form (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) als auch in zweifach ausgedruckter Form (bei Einbeziehung praktischer und/oder grafischer Arbeitsformen auch unter physischer Beigabe der praktischen und/oder grafischen Arbeiten) zu erfolgen.

Aus § 10 der Prüfungsverordnung ergibt sich somit, dass die erstmalige Abgabe der schriftlichen Arbeit bis zum Ende der ersten Woche des zweiten Semesters der letzten Schulstufe zu erfolgen hat. Die Zeiträume für die Abgabe der schriftlichen Arbeit im Falle der Wiederholung der vorwissenschaftlichen Arbeit sind die erste Unterrichtswoche, die ersten fünf Unterrichtstage im Dezember und die erste Woche des zweiten Semesters.
 

Schul- bzw. Berufsausbildung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 allgemein (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl zB ). Zur Berufsausbildung gehört (ihrem Inhalt nach) zweifellos die allgemein bildende Schulausbildung ().

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinn des § 3 des Studienförderungsgesetzes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. ; , ). Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Lehrplan oder einer Studienordnung vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung selbst.

Die Berufsausbildung muss auch „in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen“ (vgl ; ).

Ist das Ziel der Ausbildung die Ablegung der Matura, ist nach der (überwiegenden) Judikatur des UFS und des BFG als Vergleichsmaßstabregelmäßig der für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand heranzuziehen, also mindestens 30 Wochenstunden, wobei im Übrigen dazu regelmäßig noch der Aufwand für die Vorbereitung zu Hause kommt (s zB -F/07; ; ; , , vgl. auch Lenneis in Csazar/Lenneis/Wanke [Hrsg], FLAG § 2 Rz 40).

Das Vorliegen einer Berufsausbildung, die diesem quantitativen Erfordernis entspricht, wird vom Bf. nicht behauptet.
 

Krankheit als Grund für die verspätete Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit

Im Vorlageantrag wird die verspätete Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit damit begründet, dass T. am nicht antreten habe können, weil sie innerhalb dieser Zeit (Anm.: Mitte November) Abnormalitäten im Körper verspürt habe (starkes Kribbeln in Armen und Beinen). Es habe viele Monate gedauert, bis man erkannt habe, was sie habe. Sie habe Medikamente einnehmen müssen und sich nicht konzentrieren können und sei nicht in der Lage gewesen, den Termin am wahrzunehmen, weshalb sie mit dem Direktor einen neuen Termin vereinbart habe. Dies stehe in der Schulbestätigung. Zum Nachweis wurden zwei Ambulanzkarten der Rudolfstiftung vom 24. und vorgelegt.

Zum Vorbringen, dass die Erkrankung von T. die Ursache für die verzögerte Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit war, ist festzuhalten, dass dieses in Zusammenhang mit der Frage, ob im streitgegenständlichen Zeitraum eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 vorlag, in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage keine Berücksichtigung finden kann.

§ 2 Abs 1 lit b vierter und fünfter Satz FLAG 1967 sieht zwar vor, dass die Studienzeit unter anderem bei einer Studienbehinderung von (mindestens) drei Monaten durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) um ein Semester verlängert wird. § 2 Abs 1 lit b vierter und fünfter Satz FLAG 1967 ist nach seiner Stellung im Gesetz aber eindeutig nur dann anwendbar, wenn das Kind eine in § 3 Studienförderungsgesetz genannte Einrichtung besucht, nicht aber im gegenständlichen Fall des Besuchs eines Gymnasiums (vgl in diesem Zusammenhang zB auch und ).

Hingewiesen wird noch darauf, dass für den Fall, dass das Kind eine in § 3 Studienförderungsgesetz genannte Einrichtung besucht, und ein zwingender Zusammenhang zwischen der Krankheit einerseits und der behaupteten Studienbehinderung andererseits für den medizinischen Laien nicht erkennbar ist, die Beurteilung, ob die Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zu einer Studienbehinderung zu führen, ebenso einem Arzt vorbehalten ist wie die Diagnose der Krankheit selbst. Eine schlüssige ärztliche Bestätigung ist hierzu erforderlich (). Ebenso muss auch dargelegt werden, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt war, dass es am Studium verhindert war ( , vgl. weiters Hebenstreit/Lenneis/Reinalter  in  Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b–l) [Rz 28 – 139]).
 

Meldung als außerordentlich Studierende

Zur Meldung von T. als außerordentliche Studentin im Sommersemester 2018 im Studium A 990 (Anm.: Außerordentliche Studierende sind zu einem Universitätslehrgang oder dem Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern zugelassen. Sie absolvieren daher kein ordentliches Studium) wird festgestellt, dass die Absolvierung eines Studiums als außerordentlich Studierende an einer Universität (nach einem nicht schädlichen Studienwechsel) keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b darstellt, weil die Studierende zu keinem speziellen Beruf ausgebildet wird. Das außerordentliche Studium ist unter der Studienkennzahl U 990 (Besuch einzelner Lehrveranstaltungen) geführt. (UFSG , RV/0649-G/09, , ).

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Tochter des Bf. die mündliche und schriftliche Matura im Juni 2017 positiv abgelegt, jedoch die vorwissenschaftliche Arbeit zu den in § 10 der Prüfungsverordnung vorgesehenen Terminen nicht abgegeben hat.

Die Matura wurde erst nach Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit am bestanden.

Die Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe der vorwissenschaftlichen Arbeit weder zum regulären Termin noch zum ersten Nachtermin ist unter dem Aspekt der ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung familienbeihilfenschädlich (vgl. ).

Nachdem vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 im streitgegenständlichen Zeitraum (und bis zum Beginn des Studiums im Wintersemester 2018) nicht vorlag (vgl zu ähnlichen Fällen zB auch ; ), erfolgte die Rückforderung durch das Finanzamt zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Sachverhaltsfrage, die die Behörden bzw. das Gericht in freier Beweiswürdigung zu treffen haben. 

Dass § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht normiert, die von subjektiven Momenten unabhängig ist, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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