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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2020, RV/7400181/2019

Haftung für Kommunalsteuer; Säumniszuschlag erst nach Insolvenzeröffnung fällig, daher teilweise Stattgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. in der Beschwerdesache von Frau A., Wien, über die Beschwerde der Haftungspflichtigen vom (Poststempel ) gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , Zahl MA 6, zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und

1. der Haftungszeitraum 2016 auf April bis Dezember 2016 eingeschränkt, wobei sich an der Haftungssumme an Kommunalsteuer 2016 laut GPLA-Prüfung von Euro 806,48 keine Änderung ergibt.

2. die Haftung für einen Säumniszuschlag von Euro 16,13 aufgehoben.

3. Darüber hinaus wird die Beschwerde betreffend Kommunalsteuer 2016 von Euro 806,48 und Kommunalsteuer 1-5/2017 von Euro 158,33 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, MA 6, vom wurde Frau A. (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der B. GmbH in der Höhe von EUR 980,94 für den Zeitraum Jänner 2016 bis Mai 2017 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.

Als Begründung wurde ausgeführt:

„Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993 haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des lnsolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegend und sind befugt, die diesem zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 zur Zahl 3 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Sanierungsverfahrens jedenfalls erfüllt.

In den Stellungnahmen vom und wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vorgebracht, die gegenständliche Gesellschaft mit zu 100 % verkauft zu haben und die Zahlungspflicht nicht anzuerkennen, da die Abgaben immer ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Als Hausfrau könne sie den Rückstand mangels eigenem Einkommen auch nicht begleichen. Es seien keine Geschäftsführerbezüge ausbezahlt worden, da Verluste erwirtschaftet worden seien. Beim Verkauf der Firma seien alle Unterlagen des Rechnungswesens auf den neuen Eigentümer übergegangen.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

Mangels Geschäftsunterlagen sind die Bemessungsgrundlagen im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben vom Finanzamt geschätzt worden.

Schon im Hinblick auf eine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflicht ist es zumutbar, sich spätestens im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit jene Informationen zu sichern, die im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflicht die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinne ermöglichen. Entsprechende Unterlagen sind sieben Jahre aufzubewahren.

Das Vorbringen, es seien trotz vertraglicher Vereinbarung aufgrund von Verlusten keine Geschäftsführerbezüge ausbezahlt worden, ist ohne Nachweis als Schutzbehauptung anzusehen.

Zum fehlenden Einkommen wird bemerkt, dass der Abgabenschuldner gemäß § 53 AbgEO i.V.m. § 291a Exekutionsordnung in seiner Existenz geschützt ist. Ansuchen um Zahlungserleichterungen sind zuständigkeitshalber wie unten dargestellt an die Buchhaltungsabteilung 33 zu richten.

Die Beschwerdeführerin war bis im Firmenbuch als Geschäftsführerin der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und hat weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Sie hat somit die ihr als Geschäftsführerin der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und ist daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf besteht, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Der Rückstand setzt sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:
Kommunalsteuer laut GPLA-Prüfung 1-12/2016 Euro 806,48
Säumniszuschlag hierzu Euro 16,13
Kommunalsteuer laut GPLA-Prüfung 1-5/2017 Euro 158,33; Summe Euro 980,94.“

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom teilt die Beschwerdeführerin mit, dass es ihr unzumutbar sei, als Haftungspflichtige in Anspruch genommen zu werden, da sie nicht mehr über die Geschäftsunterlagen verfüge. Sie sei Hausfrau mit vier Kindern, wobei ein Kind Epilepsie hat und ihr Ehemann beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldet sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, MA 6, vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Darstellung von § 6a Abs. 1 KommStG 1993 und § 80 Abs. 1 BAO wie folgt ausgeführt:

„Zu den §§ 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten haben.

Voraussetzungen für die Haftung sind also:

Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, steht nach der Aktenlage fest.

Weiters steht unbestritten fest, dass die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehört.

Ferner wird nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich sind.

Es ist ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden kann, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist.

In der Beschwerde vom wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es der Beschwerdeführerin unzumutbar sei, als Haftungspflichtige in Anspruch genommen zu werden, dass sie nicht mehr über die Geschäftsunterlagen verfüge. Weiters sei die Beschwerdeführerin Hausfrau mit vier Kindern, wobei ein Kind Epilepsie habe und der Ehemann beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldet sei.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

In den Erkenntnissen vom , 2008/15/0220 und 2008/15/0263, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Vertreter (Vorstand, Geschäftsführer) für die nötigen Beweise Vorsorge zu treffen hat. Schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflicht dicker ist es ihm zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinne ermöglichen ().

Umso mehr hätte die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin bereits bei Austreten aus der Geschäftsführerfunktion Vorsorge treffen müssen, um geeignete Beweismittel auf Nachfrage vorlegen zu können. Entsprechende Unterlagen sind sieben Jahre aufzubewahren.

Zum fehlenden Einkommen, der Krankheit eines Kindes unter Arbeitslosigkeit des Ehemannes wird nochmals bemerkt, dass die Beschwerdeführerin als Abgabenschuldnerin gemäß § 53 AbgEO i.V.m. § 291a Exekutionsordnung in ihrer Existenz geschützt ist.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihr die Erfüllung ihrer Pflichten unmöglich war.

Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Die Beschwerdeführerin hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird.“

Im Vorlageantrag vom wurde unter Verweisung auf die Ausführungen in der Beschwerde die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 (KommStG), haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die Kommunalsteuer wird für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG).

Für jedes abgelaufene Kalenderjahr hat der Unternehmer gemäß § 11 Abs. 2 KommStG bis Ende März des folgenden Kalenderjahres der Gemeinde eine Kommunalsteuererklärung abzugeben. Die Steuererklärung hat die gesamte auf das Unternehmen entfallende Bemessungsgrundlage aufgeteilt auf die beteiligten Gemeinden zu enthalten. Die Übermittlung der Steuererklärung hat elektronisch im Wege von FinanzOnline zu erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Vertreterin darzutun, aus welchen Gründen ihr die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat die Vertreterin schuldhaft ihre Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes (vgl. etwa , mwN).

Haftungsvoraussetzungen

Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die erschwerte Einbringung der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden, seine Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für erschwerte Einbringung.

Unbestritten fungierte die Beschwerdeführerin seit der Neueintragung der Gesellschaft im Firmenbuch (Antrag eingelangt am ) bis im Firmenbuch als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin, sie war demnach auf Grund ihrer handelsrechtlichen Vertreterstellung auch zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeit zu den in ihren Vertretungszeitraum fallenden Fälligkeitstagen verpflichtet. Insoweit war der Haftungszeitraum 2016 auf April bis Dezember 2016 einzuschränken, wobei sich an der Haftungssumme für die verbleibenden Zeiträume 2016 laut Bericht der Betriebsprüfung keine Änderung ergibt.

Die zugrundeliegenden Abgabenbescheide sind rechtskräftig.

Laut ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist die Behörde für den Fall, dass einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid vorangeht, daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (vgl. ; ; ; ).

In diesem Sinne sind die gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheide gerichteten Beschwerdeausführungen für das gegenständliche Haftungsverfahren unbeachtlich.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 zur Zahl 3 wurde über das Vermögen der B. GmbH als Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst.

Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung der Abgabenschuldigkeiten angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Ein Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung wurde nicht vorgelegt. Somit haftet die Beschwerdeführerin für den ausständigen Abgabenbetrag zur Gänze. Der Beschwerdeführerin wäre es oblegen, sämtliche Abgaben zu entrichten. Dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre, wurde von ihr nicht behauptet. Sie brachte im gesamten Verfahren nicht vor, dass ihr für die Entrichtung sämtlicher Abgaben zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten nicht ausreichend liquide Mittel zur Verfügung standen. In dieser Nichtentrichtung zu den Fälligkeitstagen liegt ein schuldhaftes Verhalten vor.

Hat die Vertreterin der Abgabepflichtigen ihre Pflicht schuldhaft verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war ().

Der Vertreterin obliegt es, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Der Vertreterin, die fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, ist schon im Hinblick auf ihre mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihr im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtige die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. ; ).

Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde nur dargelegt, dass sie nicht mehr über die Geschäftsunterlagen verfüge. Im Lichte der zitierten Judikatur wäre es jedoch ihre Aufgabe gewesen, genau für diese Fälle eine Beweisvorsorge zu treffen, was sie jedoch offensichtlich nicht umgesetzt hat und daher auch als ihre schuldhafte Pflichtverletzung zu werten ist.

Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung bei der Primärschuldnerin unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden (). Die in der Beschwerde behauptete schlechte wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin kann der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, dass eine Geschäftsführerin, die ihre abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung herangezogen wird, anderenfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.

Zusammengefasst liegen die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme für Kommunalsteuer 4-12/2016 von Euro 806,48 und Kommunalsteuer 1-5/2017 von Euro 158,33 vor.

Säumniszuschlag:

§ 217 Abs. 1 BAO: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

§ 217 Abs. 2 BAO: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

§ 217a Z. 2 BAO: Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes: Säumniszuschläge werden im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche (wie z.B. Säumniszuschläge).

Laut Bericht der Betriebsprüfung vom wurden die Abgabenbescheide mit diesem Datum erlassen, sodass davon auszugehen ist, dass auch der hier gegenständliche Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO erst frühestens am erlassen wurde.

Gemäß § 217a Z. 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Daher war die Bf. zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Säumniszuschlages nicht mehr für die abgabenrechtlichen Belange der Primärschuldnerin zuständig. Der Beschwerde war daher hinsichtlich des Säumniszuschlages von Euro 16,13 stattzugeben.

Darüber hinaus war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass - wie schon von der belangten Behörde festgestellt - die Vollstreckung auf Geldforderungen der Haftungspflichtigen nur ein monatliches Einkommen über dem Existenzminimum möglich ist. Der unpfändbare Freibetrag hat der Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben. Die Frage der Einbringlichkeit der Haftungssumme ist nicht in diesem Verfahren zu klären.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in der höchstgerichtlichen Judikatur nicht eindeutig geklärt wäre, liegt nicht vor, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400181.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at