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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.04.2020, RV/5100321/2015

Verjährung und fristwahrende Verlängerungshandlungen der Behörde und aliquoter Veräußerungsfreibetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Name, Adresse, St.Nr. 000* , vertreten durch Steuerberatung, Adresse , über die Beschwerde vom gegen den gemäß § 295 BAO geänderten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig im konkreten Beschwerdefall war, ob der für das Jahr 2006 gemäß § 295 BAO erlassene Einkommensteuerbescheid vom wegen Verjährung nicht hätte  ergehen dürfen. 

  • Vorgeschichte- Verfahren bei der ehemaligen atypisch stillen Gesellschaft (ehemalige  P GmbH u. Mitgesellschafter zu St.Nr. 000*):

Über das Vermögen der Geschäftsherrin ( Firmenbuch-Nr. 0000*) der ehemaligen atypisch stillen Gesellschaft, an der die Beschwerdeführerin (Bfin.) als stille Gesellschafterin beteiligt war, wurde mit Beschluss v. der Konkurs eröffnet. Eine Reihe von atypisch stillen Gesellschaftern (natürliche Personen) haben sich an der genannten Gesellschaft zu St.Nr. 000* beteiligt. Am wurde die P-GmbH (Geschäftsherrin) aus dem Firmenbuch gelöscht.

Durch die Beendigung der GmbH ergaben sich auf der Ebene der ehemaligen aufgelösten Gemeinschaft zu berücksichtigende Veräußerungsgewinne für die einzelnen Beteiligten - so auch für die Bfin (über die Tangente der F-Gesellschaft in den EST-Bescheid der Bfin. am ).

Das zuständige Finanzamt 1 erließ daher - nach vorausgegangenen Amtshandlungen - am  den Feststellungsbescheid  für das Jahr 2006.Da für die Bfin. keine Auffüllungsverpflichtung bezüglich ihres negativen Kapitalkontos bestand, wurde der Stand des negativen Kapitalkontos  von der BP als Veräußerungsgewinn gem. § 24 Abs. 2 EStG 1988 eingestuft (vgl. Tz 2 des BP-Berichtes).

Ein Gesellschafter erhob gegen diesen Feststellungsbescheid 2006, der an die ehemaligen Gesellschafter gerichtet war,  eine Beschwerde. Durch die Zurückziehung der Beschwerde wurde das Verfahren von der zuständigen Abgabenbehörde (FA 1) gegenstandslos erklärt (Beschwerdevorentscheidung v.-händischer Bescheid). Damit trat formelle Rechtskraft im Feststellungsverfahren ein.

Von der Bfin. wurde kein Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid 2006 erhoben.

2. Einkommensteuerverfahren der Bfin. für das Jahr 2006

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) erzielte im Beschwerdezeitraum neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und anderen Einkünften auch solche aus der Beteiligung an der genannten atypisch stillen Gesellschaft, der ehemaligen Firma P-GmbH und Mitgesellschafter, St.Nr. 000*.

Für das Jahr 2006 ergaben sich für die Bfin. insgesamt folgende Bescheide hinsichtlich Einkommensteuer: 


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Erstbescheid 2006
Abänderung gem. § 295 BAO
Abänderung gem. § 295 BAO
Abänderung gem. § 295 BAO
Abänderung gem. § 295 BAO
Abänderung gem. § 295 BAO zu St.Nr. 0/000* (Feststellungsbescheid der P-Gesellschaft v. )

Die Änderungen gemäß § 295 BAO in den Jahren 2009 bis 2012 waren jeweils mit anderen Beteiligungen in Zusammenhang stehend. Dadurch ergaben sich geänderte Einkünfte je nach Einkunftsart.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid2006 vom ist der letzte Bescheid in dieser Reihe von Einkommensteuerbescheiden. Inhaltlich berücksichtigte dieser Einkommensteuerbescheid 2006 die Tangente aus dem Feststellungsbescheid v.  des Finanzamtes BEO (1) zur St.Nr.000* (Ansatz von Veräußerungsgewinnen infolge Beendigung einer atypisch stillen Gesellschaft v. durch Konkurseröffnung). Das FA A wollte auch noch das Rechtsmittelverfahren zu St.Nr. 000* abwarten, deswegen verzögerte sich auch noch die Umsetzung der Tangente  aus dem F-Verfahren . Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid v. wurde die gesonderte Mitteilung der P- Gesellschaft (atypische stille Gesellschaft) v. schließlich umgesetzt. Der Veräußerungsgewinnanteil, der auf die Bfin. entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis entfiel, betrug € 8.918,23 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Es ergab sich daher eine Abgabennachforderung v. € 4.317,18.

Bemerkt wird, dass im Rahmen dieses Feststellungsbescheides v. keine Begünstigung gem. § 24 EStG 1988 oder sonstige Begünstigung spruchgemäß ausgewiesen war.

Die Höhe des vom Finanzamt 1 zum Auflösungszeitpunkt errechneten Veräußerungsgewinnes für das Jahr 2006 wurde von der Bfin. damals nicht bekämpft.

In der Beschwerde gegen den gemäß § 295 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid wurde von der Bfin. Folgendes ausgeführt (wörtliche Wiedergabe des Vorbringens):

In den Einkünften aus Gewerbebetrieb ist ein Veräußerungserlös der Beteiligung P St.Nr. 000* enthalten. Die Firma wurde 2006 aufgelöst und bereits am amtswegig gelöscht. 7 Jahre später () wurde offensichtlich eine neue Steuernummer vergeben und der Veräußerungserlös meinem Wohnsitzfinanzamt A mitgeteilt. Eineinhalb Jahre später () wird jetzt für mich ein neuer Bescheid für 2006 dazu ausgefolgt. Nach Ansicht meiner Steuerberatung ist der gesamte Vorgang zu hinterfragen, da bereits seit längerem Einhebungsverjährung eingetreten ist. Die amtswegige Löschung ist prinzipiell nur mit der sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzbehörde möglich. Das Datum dieser Bescheinigung ist mir unbekannt, muss jedoch vor dem liegen. Da bereits mehr als 7 Jahre vergangen sind, ist hier die Einhebungsverjährung eingetreten. Zur Klärung dieser Umstände werde ich bei Zurückweisung meiner Beschwerde sämtliche Rechtsmittel ergreifen. Ich stelle daher den Antrag, den Einkommensteuerbescheid 2006 zu korrigieren und den Ergebnisanteil betreffend der Steuernummer 000* zu streichen. Weiters ersuche ich um sofortige Aussetzung der Abgabennachforderung sowie der „Verzugszinsen“ in der Höhe von € 580,90 bis zu einer endgültigen Erledigung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde vom Finanzamt A zusammenfassend Folgendes ausgeführt:

Im Zeitraum 2011-2013 wurden im Feststellungsverfahren verschiedene Verlängerungshandlungen bewirkt. Mit Prüfungsauftrag der Betriebsprüfung vom sowie dessen Verständigung an die Bfin. sowie an deren steuerliche Vertretung mit Zustellnachweis am wurde bekannt gegeben, dass hinsichtlich des Jahres 2006 auf der Ebene der ehemaligen atypisch stillen Gesellschaft eine Prüfung durchgeführt werde. Am wurde ein E-Mail der steuerlichen Beratung betreffend der konkreten Beteiligung (Kapitalkonto) der Bfin. aufgelistet. Ein weiteres E-Mail erging am von der Betriebsprüfung. An wurde um Fristverlängerung durch die steuerliche Vertretung ersucht. Diesem wurde am entsprochen. Am wurde der Feststellungsbescheid erlassen. Dieser Bescheid des Finanzamtes BEO wurde der steuerlichen Vertretung samt Betriebsprüfungsbericht am zugestellt. Ein Gesellschafter (von insgesamt 31 Beteiligten) erhob Beschwerde gegen diesen Feststellungsbescheid. Die Beschwerde sei schließlich am zurückgenommen worden, weshalb mittels Beschwerdevorentscheidung vom das zuständige Finanzamt eine Gegenstandsloserklärung durchführte. Damit war der Bereich der Feststellungsebene formell rechtskräftig. Das Finanzamt A führte weiters die Amtshandlungen bezüglich Einkommensteuer auf: Die Tangente des FA 1 vom sei vom Finanzamt A schließlich am umgesetzt worden. Hinsichtlich dieser Verzögerung wurde auf die verfahrensrechtliche Gesetzeslage hingewiesen. Weiters sei ein Telefonat mit der steuerlichen Vertretung –am - wegen der Verteilung der Begünstigungen (anteiliger Freibetrag oder 3-Jahres-Verteilung) geführt worden. Schließlich gab die steuerliche Vertretung bekannt, dass ein aliquoter Freibetrag von Euro 283,24 akzeptiert würde. Am sei der gemäß § 295 BAO geänderte Einkommensteuerbescheid 2006 erlassen worden. Aus all den genannten Gründen sei daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Die einzelnen Verfahrensschritte wurden in dieser Beschwerdevorentscheidung wie folgt vom FA A aufgelistet:

"Da die am vorgenommene Vorschreibung der Einkommensteuer 2006 in einem unmittelbaren und ursächlichen Zusammenhang mit dem Feststellungsverfahren der   ehemaligen P und Mitges. (Str.Nr. 000*) steht, wurde seitens des Finanzamtes A im Rahmen der Beschwerdebearbeitung in den Feststellungsakt des Finanzamtes BEO Einsicht genommen. Hieraus ergeben sich folgende verfahrenswesentliche Punkte:

Am Unternehmen P (FN 000*) waren bis 2006 31 natürliche Personen als atypisch stille Gesellschafter beteiligt. Die atypisch stille Gesellschaft trat unter dem Namen „P. Mitges". auf. Mit Beschluss des Landesgerichtes G vom 111* wurde ein Konkursantrag mangels Vermögen bei der P (FN 000*) abgewiesen. Die Gesellschaft war infolge der rechtskräftigen Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens gem. § 39 FBG aufgelöst. Am wurde die GmbH im Firmenbuch amtswegig gelöscht.

Am wurde seitens des Finanzamtes BEO der Prüfungsauftrag betreffend des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens 2006 ausgestellt (Prüferin AD Name). Dem Prüfungsauftrag beigelegt wurde auch die Verständigung über die Durchführung der Betriebsprüfung sowie der Vorhalt an die Bfin., wonach Unterlagen iZm einer eventuellen Auffüllung des negativen Kapitalkontos angefordert wurden. Dieser Prüfungsauftrag sowie der Vorhalt wurde der Bfin. , z.H. der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertretung B am nachweislich zugestellt (RSB-Zustellung). (Anmerkung des FA A: Seitens des Finanzamtes BEO wurde der Prüfungsauftrag an alle ehemaligen Gesellschafter der P-GmbH einzeln zugestellt).

Am übersandte Mag. B (Steuerberater bei B) ein Mail an die Prüferin, mit der Bitte um Übermittlung von Unterlagen, woraus sich die Entwicklung des negativen Kapitalstandes ersehen lässt.

Am erfolgte seitens der Prüferin eine Übersendung der gewünschten Aufstellung über die Entwicklung des negativen Kapitalkontos an den steuerlichen Vertreter Mag. B.

Am wurde ein E-Mail von Name an die Prüferin mit der Bitte um Fristverlängerung versandt.

Am erfolgte ein E-Mail von der Prüferin an Mag. B, wonach einer Fristverlängerung bis zugestimmt wird.

Am erfolgte seitens des zuständigen Finanzamtes BEO die Bescheidausfertigung über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2006 sowie die Ausfertigung des Bp-Berichtes für die ehemalige Gesellschafterin (Bfin.).

Am wurde die Bescheidausfertigung über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 sowie der Bp-Bericht dem bevollmächtigten steuerlichen Vertreter B zugestellt.

(Anmerkung: Seitens des Finanzamtes BEO wurden im März 2013 die Bescheidausfertigungen einschließlich Bp-Bericht an alle ehemaligen Gesellschafter der P und Mitges. einzeln zugestellt).

Am wurde seitens eines Gesellschafters gegen den Feststellungsbescheid 2006 Beschwerde eingebracht.

Am wurde die Beschwerde des Gesellschafters schriftlich zurückgenommen.

Es erfolgte am die Ausfertigung der Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO mit der betreffenden Gegenstandloserklärung des Finanzamtes BEO

Mit Zurücknahme der Beschwerde sowie der Gegenstandsloserklärung ist das Feststellungsverfahren 2006 der ehemaligen P und Mitges. in formelle Rechtskraft erwachsen.

"Im Einkommensteuerverfahren der Bfin. sind in Zusammenhang mit  dem Feststellungsverfahren 2006 von BEO folgende relevante Verfahrensschritte ersichtlich:

Am erfolgte die Übersendung der Mitteilung über die gesonderte Feststellung 2006 der ehemaligen P GmbH und Mitges vom Finanzamt BEO an das Finanzamt A, wonach ein Veräußerungsgewinn von EUR 8.918,23 für die ehemalige Gesellschafterin (Bfin.) anzusetzen ist (bisher ohne Berücksichtigung eines Freibetrages gem. § 24 Abs. 4 EStG). Noch im April 2013 erfolgte ein Telefonat mit dem steuerlichen Vertreter in Bezug auf den Ansatz des  Veräußerungsgewinnes für das Jahr 2006. Im konkreten Fall wurde beim steuerlichen Vertreter angefragt, ob eine 3-Jahres-Verteilung des Veräußerungsgewinnes oder der Ansatz des aliquoten Freibetrages gewählt werden soll. Im Telefonat wurde vereinbart, dass der steuerliche Vertreter eine E-Mail zwecks Wahl „Freibetrag oder 3-Jahres-Verteilung" an das Finanzamt A übersenden wird.

Am erfolgte ein neuerliches Telefonat mit dem steuerlichen Vertreter in Bezug auf die bescheidmäßige Verarbeitung der Mitteilung vom . Neuerlich wurde beim steuerlichen Vertreter angefragt, ob eine 3-Jahres-Verteilung des Veräußerungsgewinnes oder der Ansatz des aliquoten Freibetrages gewählt werden soll.

Am wurde ein E-Mail des steuerlichen Vertreters (Mag. B) übersandt, worin um Ansatz des aliquoten Freibetrages (lt. E-Mail steuerlicher Vertreter EUR 283,24) ersucht wurde.

Am erfolgte seitens des Finanzamtes A die Bescheiderlassung gern. § 295 BAO für das Jahr 2006, wonach der Veräußerungsgewinn mit EUR 8.634,36 angesetzt wurde.

Am übersandte eine Mitarbeiterin des Finanzamtes A nach telefonischer Anfrage eine E-Mail an Name, wo alte Beteiligungen für 2006 einschließlich der steuerlichen Ergebnisse nochmals dargestellt wurden.

Das "Zuwarten" zwischen (Tag der gesonderten Mitteilung (Tangente) aus dem Feststellungsverfahren des 1 - FA) und der Erlassung des Einkommensteuerbescheides am wurde vom FA A wie folgt begründet:

"Die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit des Abwartens der Rechtskraft ist von der prozessökonomischen Erwägung getragen, der Abgabenbehörde die wiederholte Bescheidanpassung zu ersparen, wenn der geänderte Feststellungsbescheid im Zuge eines  Rechtsmittelverfahrens neuerlich geändert wird ( sowie ausführlich dazu Ritz, BA04, § 295, Tz. 13). Im konkreten Fall ist erst durch die Zurücknahme der Beschwerde eines anderen Gesellschafters sowie der anschließenden Gegenstandsloserklärung der Beschwerde der Feststellungsbescheid 2006 im Jahr 2014 in formelle Rechtskraft erwachsen. Es war daher seitens des Finanzamtes A nicht rechtswidrig, die Bescheidänderung gem. § 295 BAO im Einkommensteuerverfahren erst im Jahr 2014 durchzuführen (§ 295 Abs. 1 letzter Satz BAO). Durch das Zuwarten der Bescheiderlassung im Einkommensteuerverfahren Name bis zur formellen Rechtskraft des Feststellungsvefahrens 2006 der ehemaligen P und Mitges. ergaben sich auch im Einzelnen keine nachteiligen steuerlichen Auswirkungen für die Bfin., da die Anspruchszinsen in der Gesamthöhe von EUR 580,90 ohnehin nur bis aufgelaufen sind."

Dagegen wurde rechtzeitig der Vorlageantrag erhoben. Darin wurde ausgeführt:

"Ich stelle den Vorlageantrag auf Entscheidung zum oben genannten Bescheid/Sachverhalt aus folgenden Gründen: Ich ersuche mit meinem Antrag um Prüfung des Sachverhaltes da aus meiner Sicht einerseits Verjährung eingetreten ist und weil ich zu dieser Beteiligung von meinem Vermögensberater auch immer wieder differente Auskünfte erhalten habe. In der Begründung sind meiner Meinung nach Rechtsauffassungen und Interpretationen angeführt, die auch eine andere Auslegung zum Sachverhalt zulassen.  Gleichzeitig halte ich fest, dass es für mich als Laie in der Komplexheit (Ineinandergreifen unterschiedlicher Rechtsgrundlagen -Steuerrecht, Konkursrecht, etc..) wie sich diese Beteiligung darstellt nicht wirklich nachvollziehbar ist, wie es sein kann, dass aus dem Jahr 2006 im Jahr 2014 Steuern anfallen und die Firma bereits 2008 gelöscht wurde. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass nach einem abgeschlossenen Konkursverfahren noch Forderungen erwachsen können, die 8 Jahre später steuerwirksam werden können. Im Zuge einer Auskunft wurde ich auch vom meinem damaligen Vermögensberater darüber informiert, dass die Kapitalkontoliste mit den 31 Beteiligten aus 2006 vom FA O rein willkürlich herangezogen wurde und dass seitens einer Steuerkanzlei aus Wien dazu angeblich Beschwerde/Berufung eingebracht wurde. Die angeführte rechtliche Würdigung (Begründung S4) ist für mich auch nicht nachvollziehbar. Die in der Ablehnung angeführten Begründungen und die dazu im Hintergrund gelaufenen Kommunikation sind mir in den Zusammenhängen auch nicht klar. Aus Telefonaten die einer Klärung dienen und getätigte Abläufe (Beschwerde oder Rückzug einer Beschwerde von Personen im Verfahrenshintergrund) die für mich als Steuerzahler niemals nachvollziehbar sein können, können in meinem Rechtsverständnis auch nicht für mich persönlich rechtlich relevant sein. Auf diese Prozesse habe ich weder Einfluss noch kann ich ein Rechtsmittel anwenden. Aus internen Amtshandlungen kann in meiner Rechtsauffassung nur dann für mich auch Rechtskraft erwachsen, wenn ich einerseits darüber informiert bin und dann auch von allen relevanten Möglichkeiten eines Einspruches (Beschwerde etc.) Gebrauch machen kann. Mir geht es wirklich um die Klärung und um die Rechtssicherheit in dieser Angelegenheit und auch um die Gleichbehandlung der 31 anderen an diesem „Gewerbebetrieb" Beteiligten. Es kann in meiner Rechtsauffassung und in meinem Rechtsverständnis nicht sein, dass es da unterschiedliche Behandlungsvarianten bei gleicher Gesetzeslage geben kann."

Beweiswürdigung:

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

Das Gericht hatte zunächst zu überprüfen, ob der am erlassene Einkommensteuerbescheid 2006 nicht bereits verjährt war.

A) Verjährung und Feststellungsverfahren ?

Nach § 207 Abs 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nicht aber die Erlassung von Feststellungsbescheiden der Verjährung. Grundlagenbescheide (zB. Feststellungsbescheide gem. § 188 BAO oder Nichtfeststellungsbescheide) können ohne Bedachtnahme auf Verjährungsfristenerlassen werden (zB bzw. Ritz im BAO Kommentar 5. Auflage, § 188 Tz 14 b).

B) Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO  (FA 1 zu St.Nr. 0/000*)

Gemäß § 188 Abs. 1 lit. b BAO werden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Aus dem Normengefüge und der Systematik der Bundesabgabenordnung ist hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen, dass alle Feststellungen, die die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus […] Gewerbebetrieb […] betreffen, im Feststellungsverfahren mit Bindungswirkung für die Abgabenbescheide der Teilhaber getroffen werden sollen, weil abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenem Verfahren zu treffen sind, in dem der maßgebende Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann. Das der Einkommensteuerfestsetzung vorgelagerte Feststellungsverfahren ist, wenngleich es zunächst dazu dient, alle Fragen, die sämtliche Gesellschafter gemeinsam betreffen, mit Wirkung für und gegen alle gemeinsam zu lösen, dennoch nicht daran gehindert, die unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse einzelner Gesellschafter zu berücksichtigen (siehe mwN).

Die Beteiligung der Bfin. an der ehemaligen atypisch stillen Gesellschaft (P-GmbH u. Mitgesellschafter) war unstrittig. Ebenso, dass die ehemalige Gesellschaft mit Beschluss v. (Konkurseröffnung der Geschäftsherrin, der P-GmbH) aufgelöst war.

Der als Grundlagenbescheid geltender Feststellungsbescheid wurde vom FA 1 am erlassen. Es liegt die Erlassung von Feststellungsbescheiden (§ 188 BAO) nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (Ritz in BAO-Kommentar zu § 188 BAO, 5.Auflage, Tz 14 a ,unter Hinweis auf ).

Die Jahre später erfolgte Neubewertung (Erfassung von Veräußerungsgewinnen im Feststellungsbescheid v.  für das Jahr 2006 ) durch das Finanzamt 1 war - wenn erst im Nachhinein erkannte Fehler aus der Sicht der Behörde hervorkommen- nicht nur zulässig, sondern auch geboten. Auf ein allfälliges Verschulden der Behörde kommt es dabei nicht an. Wenn dies im Wege einer "Steuernummer  Neu" erfolgt, kann ihr diese Maßnahme auch nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Auf Grund der Änderung dieses Grundlagenbescheides war gemäß § 295 Abs. 1 BAO der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 abzuändern, was mit Bescheid vom durch das Finanzamt A erfolgt ist.

C) Eingeschränktes Beschwerderecht gemäß § 252 BAO

Nach § 252 Abs. 1 BAO ist das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide insofern eingeschränkt, als ein solcher Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur in Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Beschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen, wenn der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (vgl. dazu Ritz, BAO 6 (2017) § 252 Rz 3 sowie bspw , , 2000/15/0001 und , 2004/13/0069).

Sowohl die Grundlagen- als auch die abgeleiteten Sachbescheide sind – mangels gegenteiliger Hinweise – gegenüber der Bfin. wirksam ergangen.

Nur gegen den gemäß § 295 BAO geänderten abgeleiteten Einkommensteuerbescheid v. wurde Beschwerde erhoben.

§ 295 (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

(2) Ist ein Bescheid von einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

(3) Ein Bescheid ist ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist.

(4) Wird eine Bescheidbeschwerde, die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines

- Feststellungsbescheides (§ 188) oder eines

- Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat,

gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (Abs. 1) auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen.

(5) Die Entscheidung über Aufhebungen und Änderungen nach den Abs. 1 bis 3 steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des aufzuhebenden bzw. zu ändernden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

Daraus folgt, dass das Einkommensteuerfinanzamt FA A grundsätzlich an die Feststellungen des FA 1 gebunden ist.

Eine Umsetzung wäre nur dann nicht rechtens gewesen, wenn zum Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2006 am bereits Verjährung eingetreten wäre.

D) Verjährung und Einkommensteuer 2006:
 

Zur Abgabenfestsetzungsverjährung wird vom Gericht Folgendes ausgeführt:

§ 207 Abs. 1 BAO lautet:

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Gemäß § 207 Abs. 2 beträgt die Verjährungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer fünf Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch (§ 4 BAO) entstanden ist.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO idF. des AbgÄG 2004, BGBI 1 2004/180 verlängert sich die Verjährungsfrist ab durch eine nach außen gerichtete Amtshandlung zur Durchsetzung des Abgabenanspruches um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr vorgenommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Die absolute Verjährungsfrist beträgt gem. § 209 Abs. 3 BAO idF des AbgÄG 2004 zehn Jahre.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Abgabenbehörde eine nach außen erkennbare Handlung zur Geltendmachung eines bestimmten   Abgabenanspruches unternehmen, um eine Verlängerung der Verjährung zu bewirken (vgl. ). Gemäß Verwaltungsgerichtshof (; , 98/15/0056) bewirken abgabenbehördliche Prüfungen, deren Gegenstand Feststellungsverfahren (Feststellungsbescheide) sind, die Verlängerung der Verjährung der von den Feststellungsbescheiden abgeleiteten Abgaben (Ritz, BAO-Kommentar, § 209, Tz 16). Der dem Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Prüfungsauftrag bewirkt ebenfalls die Verjährungsfristverlängerung. Weitere typische Amtshandlungen sind die Erlassung von Bescheiden, Ergänzungsvorhalte oder auch Zeugeneinvernahmen. Als Amtshandlung kommt jedoch auch ein Telefongespräch in Betracht (vgl. Ritz, BA0, 4.Auflage,§ 209 Tz 2 unter Hinweis auf ). Ebenso sind E-Mails des Finanzamtes gemäß der UFS-Rechtsprechung UFSI vom , RV/0750-I/08 als Amtshandlungen anzusehen.

Nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs wurden daher durch den Prüfungsauftrag (hier v. ) von der Außenprüfung unternommen. Da nicht nur Bescheide betreffend Feststellung von Einkünften, sondern bereits entsprechende Prüfungsaufträge und Prüfungshandlungen auf die Geltendmachung von bestimmten Einkommensteueransprüchen gerichtet sind, bilden auch diese Handlungen Verlängerungshandlungen iSd § 209 Abs. 1 BAO. Dabei ist es unerheblich, ob diese Handlungen dem Abgabepflichtigen überhaupt in seiner Eigenschaft als (einkommensteuerpflichtigem) Gesellschafter einer Personenvereinigung ohne eigener Rechtspersönlichkeit bekannt geworden sind (). Die Auffassung, dass eine nach außen erkennbare Amtshandlung gegenüber einem bereits feststehenden Abgabepflichtigen nur dann verjährungsunterbrechend wirke, wenn sie für diesen erkennbar gewesen sei, findet im Gesetz keine Stütze ().

Auf den Verfahrensablauf hinsichtlich der einzelnen Amtshandlungen im Feststellungsverfahren, aber auch im Einkommensteuerverfahren wird hingewiesen.

Die dort beschriebenen Begründungen (siehe Beschwerdevorentscheidung v.) werden auch vom Gericht geteilt.

Zusammenfassend bedeutet das, dass Feststellungen iSd §§ 185 ff vorbereitende Maßnahmen zur Abgabenfestsetzung sind; nach außen erkennbare Amtshandlungen im Zuge eines Feststellungsverfahrens haben für die Abgaben, derentwegen die Feststellung zu erfolgen hat, verjährungsfristverlängernde Wirkung ( GZ. RV/0668-W/07).

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der angefochtene erlassene Einkommensteuerbescheid 2006 vom nicht verjährt war.

E) Konkurseröffnung über das Vermögen der P-GmbH (St.Nr. 000*- Geschäftsherrin)

Eine (auch atypische) stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft; eine Eintragung im Firmenbuch erfolgt nicht. Ein gemeinschaftliches Vermögen besteht nicht, vielmehr wird die Einlage des stillen Gesellschafters so geleistet, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Unternehmens übergeht (§ 179 Abs. 1 UGB). Die Auflösung der stillen Gesellschaft bedeutet bereits die Vollbeendigung der zwischen dem Unternehmensinhaber und dem stillen Gesellschafter begründeten schuldrechtlichen Beziehung, der sodann die Auseinandersetzung der vermögensrechtlichen Ansprüche folgt (vgl. Hochedlinger in Jabornegg/Artmann, Kommentar zum UGB2, §§ 184, 185 Rz 22). Die stille Gesellschaft endet bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes ohne Abwicklung (Hochedlinger, aaO, § 186 Rz 1).Damit tritt die Vollbeendigung der stillen Gesellschaft aber bereits mit dem Wirksamwerden der Auflösung ein.

Eine unechte stille Gesellschaft endet - wie ausgeführt- ohne Abwicklung mit Wirkung eines Auflösungsgrundes. Dies gilt auch dann, wenn die stille Gesellschaft gemäß § 185 Abs. 2 UGB durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst werde.

Nach § 185 Abs. 2 UGB führt die Eröffnung eines Konkursverfahrens über einen Gesellschafter zwingend zur Auflösung einer (atypisch) stillen Gesellschaft. Diese Auflösungsbestimmung ist nicht disponibles Recht. Durch frühere Verlustzuweisungen entstandene negative Kapitalkonten stellen daher - sofern keine Nachschüsse erfolgen - zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Geschäftsherrin steuerpflichtige Veräußerungsgewinne der zwingend ausscheidenden stillen Gesellschafter dar.

Die vom VwGH entwickelte Judikatur zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (Ausscheiden der wesentlichen Betriebsgrundlagen aus dem Betriebsvermögen) kommt mangels Gesellschaftsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft nicht zur Anwendung.

Ein gesetzlicher Auflösungsgrund und darum handle es sich bei § 185 Abs. 2 UGB könne nämlich nicht abbedungen werden, da die stille Gesellschaft mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unternehmers erlösche und auch später (zB nach einem Zwangsausgleich) nicht mehr fortgeführt werden könnte. Daher habe zu diesem Zeitpunkt die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen und zwar unabhängig davon, ob im gleichen Jahr noch das Insolvenzverfahren beendet werden könne oder die Löschung der Geschäftsherrin im Firmenbuch erfolgt sei (s. ESt-RL Rz 5994b). Diese Rechtsmeinung habe auch der UFS geteilt (vgl. GZ. RV/0353-L/06; , GZ. RV/3852-W/10).

Die durch frühere Verlustzuweisungen entstandenen negativen Kapitalkonten stellen daher - sofern keine Nachschüsse erfolgen - zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Geschäftsherrin steuerpflichtige Veräußerungsgewinne der zwingend ausscheidenden stillen Gesellschafter dar (vgl. GZ. RV/3852-W/10).

Nach der Rechtsprechung des VwGH endet die stille Gesellschaft bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes ohne Abwicklung. Die Auflösung der stillen Gesellschaft bedeutet bereits die Vollbeendigung der zwischen dem Unternehmensinhaber und dem stillen Gesellschafter begründeten schuldrechtlichen Beziehung, der sodann die Auseinandersetzung der vermögensrechtlichen Ansprüche folgt (vgl. Zl. 2010/15/0026; Hochedlinger in Jabornegg/Artmann, Kommentar zum UGB2, §§ 184, 185 Rz 22).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Textierung des § 185 Abs. 2 UGB eindeutig, dass der Auflösungsgrund der Konkurseröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters zwingend ist und abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages unwirksam wären.

Die zwingende Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft im Konkursfall hat somit nach § 187 Abs. 1 UGB zur Folge, dass ein Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters entsteht (vgl. Zib/Dellinger, Unternehmensgesetzbuch, § 187, Rz. 4).

Im vorliegenden Fall hatte die mit erfolgte Konkurseröffnung über das Vermögen der P GmbH zur Folge, dass die atypisch stille Gesellschaft (P-GmbH u. Mitgesellschafter) beendet wurde. Mit zwingender Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft scheiden somit sämtliche Gesellschafter aus dieser Gesellschaft infolge der mit erfolgten Konkurseröffnung aus.

F) Veräußerungsgewinn:

Nach § 24 Abs 2 letzter Satz EStG 1988 ist im Falle eines Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos, den er nicht auffüllen muss, zu erfassen.

Der Veräußerungsgewinn ist nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von 7 300 Euro und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 7.300 Euro übersteigt.

Auf die Ergebnisse zum F-Verfahren wird verwiesen (BP-Bericht , Tz 2).

Was die insgesamte Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. Qualifikation des Betrages laut negativem Kapitalkonto als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 anlangt, so hätten die entsprechenden Einwendungen aus verfahrensrechtlicher Sicht gemäß dem oben zitierten § 252 BAO nur in einem Beschwerdeverfahren betreffend den zu Grunde liegenden Feststellungsbescheid der P-GmbH u. Mitgesellschafter für das Jahr 2006 zum Erfolg führen können. Dies wurde jedoch von der Bfin. unterlassen.

Angemerkt muss an dieser Stelle aber werden, dass der Verwaltungsgerichtshof sich in seinem Erkenntnis vom , 94/14/0160, bereits mit der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 24 Abs. 2 dritter Satz beschäftigt hat. Seiner Ansicht nach bestehen keine Bedenken gegen deren Verfassungsmäßigkeit, da die sachliche Rechtfertigung für diese Regelung darin begründet liege, dass die ausscheidenden Gesellschafter die Verluste, die zu dem Negativstand des Kapitalkontos geführt hätten, in der Regel steuerlich geltend machen könnten.

G) Aliquotierung des Veräußerungsfreibetrages:

Die Berücksichtigung des aliquotierten Freibetrages auf der Einkommensteuerebene war zulässig, weil im Feststellungsbescheid v. diesbezüglich keinerlei Ausweis erfolgte. Dies ist auch nicht notwendig, weil dies keinen notwendigen Spruchbestandteil darstellt (siehe Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. § 24, IV. Freibetrag (§ 24 Abs 4) , Rz 53 mwH). Es bestand daher insoweit keine Bindungswirkung.

Die steuerliche Vertretung bzw. die Bfin. erhob auch keine Einwendungen gegen die Höhe des vom Finanzamt anerkanntenaliquoten Veräußerungsfreibetrages idH v. € 283, 87.Der Ansatz der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid v. war daher rechtmäßig.

Es war daher - wie im Erkenntnisspruch ersichtlich- zu entscheiden.

H) Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist eine Revision nicht zulässig, da in diesem Erkenntnis der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt wird (vgl. Zl. 2010/15/0026).

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Verjährung
Verlängerungshandlungen
Konkurs (atypisch stille Gesellschaft)
Ende einer atypisch stillen Gesellschaft
aliquoter Veräußerungsfreibetrag
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100321.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at