Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2020, RV/7105433/2014

Familienheimfahrten eines verheirateten Steuerpflichtigen mit getrennter Hauptwohnsitzmeldung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105433/2014-RS1
Die Hauptwohnsitzmeldung im Zentralen Melderegister hat lediglich eine Indizwirkung (). Die Feststellung des Familienwohnsitzes eines verheirateten Steuerpflichtigen ist eine Sachverhaltsfeststellung, die gemäß den allgemein gültigen Beweisregeln aufgrund der erhobenen Beweise zu treffen ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Gertraud Hausherr als beisitzende Richterin, Kommerzialrat Ing. Friedrich Nagl als fachkundigen Laienrichter und Mag. Johannes Denk als fachkundigen Laienrichter über die als Beschwerde weitergeltende Berufung der VNBf FNBf, Ti, GasseB XYZ, 1X2X3X OrtA, vertreten durch Jürgen Sykora, Tullnerbachstraße 92a Tür 1, 3011 Purkersdorf, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 12/13/14 Purkersdorf, Marxergasse 4, 1030 Wien, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009, Steuernummer XXX/XXXX, nach der am am Bundesfinanzgericht in Wien über Antrag der Partei in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, des steuerlichen Vertreters sowie von Oberrat Mag. Patric Flament für das Finanzamt abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang bis zur mündlichen Verhandlung

Am wurde die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 durch den steuerlichen Vertreter elektronisch eingereicht. Per Telefax übersandte er als Beilage eine Aufstellung der geltend gemachten Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten, die auf Basis eines verheirateten Steuerpflichtigen mit gemeinsamen Familienwohnsitz in OrtA errechnet wurden.

Am erging ein erklärungsgemäßer Einkommensteuerbescheid, indem die geltend gemachten Werbungskosten und der geltend gemachte Kirchenbeitrag anerkannt wurden.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 gemäß § 299 BAO alt aufgehoben.

Am wurde ein neuer Einkommensteuerbescheid 2009 erlassen, indem lediglich der Werbungskostenpauschbetrag und der Kirchenbeitrag anerkannt wurden.

Am wurde durch den steuerlichen Vertreter Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhoben.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurden die angeforderten Belege vorgelegt.

Am erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung, in der es Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung im Betrag von 8.524,53 € anerkannte. Es wurden lediglich Kosten eines alleinstehenden Steuerpflichtigen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten anerkannt, da nach Ansicht des Finanzamtes aufgrund der getrennten Hauptwohnsitzmeldungen der Ehegatten im Jahr 2009 - die Beschwerdeführerin war in OrtA, der Ehegatte der Beschwerdeführerin war in OrtB hauptwohnsitzgemeldet - kein gemeinsamer Familienwohnsitz der Eheleute in OrtA bestanden habe.

Der Kirchenbeitrag wurde mangels damaliger Vorlage eines Zahlungsbeleges nicht anerkannt.

Im Vorlageantrag vom wurden Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten im Betrag von 12.439,69 € sowie ein Kirchenbeitrag in Höhe von 120,00 € geltend gemacht. Der bezahlte Kirchenbeitrag wurde belegmäßig für das Jahr 2009 nachgewiesen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 am dem Bundesfinanzgericht vor.

Mündliche Verhandlung

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung haben die Parteien eingangs wesentliche Interessen, die einer Veröffentlichung gemäß § 23 BFGG entgegenstehen, nicht bekannt gegeben.

Aus der hierüber aufgenommenen Niederschrift:

Steuerliche Vertretung

Seitens der steuerlichen Vertretung wird festgehalten, dass beantragt werde, die Werbungskosten mit 12.439,69 € sowie den Kirchenbeitrag mit 120,00 € steuerlich zu berücksichtigen. Die ursprünglich geltend gemachten Aufwendungen für Coaching bei Dr. FNCh in Höhe von 90,00 € und von 276,00 € werden nicht mehr beantragt.

Finanzamt

Seitens des Finanzamtes wird nicht bestritten, dass Sonderausgaben in Höhe von 120,00 € Kirchenbeitrag vorliegen. Nach Ansicht des Finanzamtes sind Werbungskosten in Höhe von 8.524,53 € gegeben und zwar für eine vorübergehende und nicht für eine unbefristete doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten.

Der Vorsitzende verkündet den

Beschluss

auf Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei und auf Einvernahme von Mag. VNGt FNBf als Zeugen zum Beweisthema gemeinsamer Wohnsitz mit der Beschwerdeführerin.

Beschwerdeführerin

VNBf FNBf Ti, … wird als Partei (§ 78 BAO) gemäß § 143 BAO vernommen.

Der Vorsitzende weist die Partei auf die gesetzlichen Weigerungsgründe (§ 171 BAO), ihre Verpflichtung zu vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung gemäß § 119 BAO sowie auf die Bestimmungen der §§ 13, 14, 33 Finanzstrafgesetz hin.

Die Beschwerdeführerin gibt zur Sache an, dass sie seit März 1981 verheiratet sei. Sie habe 2 Kinder, eines sei im Jahr 1987 geboren und eines im Jahr 1981.

Im Jahr 1981 habe sie gemeinsam mit ihrem Ehegatten in OrtA in der GasseA ijk gewohnt.

Etwa wie der älteste Sohn eineinhalb Jahre gewesen war, glaublich im Jahr 1982, sei die Familie in die GasseB OrtA übersiedelt.

Ursprünglich habe die Familie in einer kleineren Wohnung (TOP wahrscheinlich def) gewohnt, danach wurden zwei Wohnungen zusammengelegt, wobei die zweite die TOP ghi gehabt haben dürfte.

"Wir haben seit jeher in OrtA gelebt, die Kinder sind dort auch zur Schule gegangen."

Über Befragen durch den Vorsitzenden, warum ihr Ehegatte bis August 2013 mit Hauptwohnsitz in AdrSchwiegereltern, gemeldet gewesen sei:

"Ich kann mir das nur so erklären, dass seinerzeit übersehen worden ist, eine Ummeldung von den Eltern vorzunehmen. Das war die Wohnung, in der mein Ehegatte aufgewachsen ist. Mein Ehegatte hat während unserer Ehe nie tatsächlich in der GasseD gewohnt."

Die Beschwerdeführerin habe seinerzeit gemeinsam mit den Kindern in der GasseD einen Nebenwohnsitz angemeldet, da sie aus mehreren Gründen eine Wiener Adresse gebraucht habe. Tatsächlich habe sie aber dort nie gewohnt.

Über Befragen durch den Vertreter des Finanzamts:

"Ich hatte in OrtA einen Mietvertrag mit der Hausverwaltung Hv. Das Haus hat damals meinem Schwiegervater gehört, nunmehr gehört es auch meinem Ehegatten - nehme ich an."

Seitens des Finanzamtsvertreters wird ein Grundbuchsauszug sowie ein Notariatsakt betreffend das Haus in der GasseB vorgelegt, aus welchem ersichtlich ist, dass im Jahr 2012 das Eigentum in Bezug auf dieses Haus vom Schwiegervater der Beschwerdeführerin an ihren Ehegatten übertragen worden ist. Im Notariatsakt wird als Anschrift des Ehegatten der Beschwerdeführerin AdrSchwiegereltern angegeben. Die Urkunden werden zum Akt genommen.

Die Beschwerdeführerin gibt dazu an, dass ihr aktueller Mietvertrag aus dem Jahr 2007 stamme und mit der Hausverwaltung Hv abgeschlossen worden sei.

Über Befragen durch den steuerlichen Vertreter:

Bei dem Haus in OrtA handelt sich um ein Mehrfamilienhaus. Ursprünglich hätten mehrere Parteien darin gewohnt, jetzt wohne dort im Wesentlichen die Familie.

Der Vertreter des Finanzamts legt eine Adressenabfrage hinsichtlich des Hauses GasseB vor. Diese wird ebenfalls zum Akt genommen.

Über Befragen durch den Vertreter des Finanzamtes, worum es sich bei der auf TOP ghi gemeldeten VNSchwT FNSchwT handle, gibt die Beschwerdeführerin an, dass diese ihre mittlerweilige Schwiegertochter sei.

Durch den Vorsitzenden zu ihrer beruflichen Laufbahn gefragt, gibt die Beschwerdeführerin an, dass sie bis September 2008 bei der AG1 GmbH in OrtB beschäftigt gewesen sei. Danach sei sie bis zum Jahr 2009 arbeitslos gemeldet gewesen. Im Jahr 2009 sei sie Geschäftsführerin der AG2 GmbH in OrtC geworden, einer hundertprozentigen Tochter der AG2a OrtC.

Über Vorhalt, dass die Angaben im Vorlageantrag, wonach der Dienstbeginn am TT1.MM1. 2009 gewesen sei, im Widerspruch zum aktenkundigen Lohnzettel stehen, der einen Dienstbeginn am TT2.MM2. 2009 angebe, erklärt die Beschwerdeführerin, dass sie ihrer Erinnerung nach am TT2.MM2. 2009 zu arbeiten begonnen habe. Es könne aber sein, dass es schon vorher entsprechende Gespräche in OrtC gegeben hat. Im Dienstvertrag sei als Beginn der TT2.MM2. 2009 angegeben.

Als Geschäftsführerin arbeite sie Vollzeit.

Sie fahre jedes Wochenende von OrtA nach OrtC und zurück, die Fahrzeit betrage etwa zwischen 2 Stunden und 2 Stunden 15 Minuten. Diese vergleichsweise kurze Fahrzeit resultiere daher, dass sie am Montag später in OrtC beginne und die Fahrtrichtung jeweils gegen die Fahrtrichtung der übrigen Pendler sei.

Die Gespräche, wonach die Beschwerdeführerin die Position der Geschäftsführerin übernehmen sollten, haben im April 2009 stattgefunden, die Anstellung in OrtC sei dann sehr rasch gegangen.

Die Beschwerdeführerin habe rasch eine Wohnung in OrtC suchen müssen und zunächst für drei Monate zu einer Bruttomiete von 1.200,00 € für eine voll eingerichtete Wohnung in der GasseC hij gewohnt. Da die 1.200,00 € doch sehr hoch gewesen seien, sei sie in weiterer Folge in ein in der Nähe gelegenes Hotel, in das Hotel HotelOrtC, gezogen. Dort habe das Appartement 900 € im Monat gekostet. Durch Zufall habe sie dann erfahren, dass in der GasseC hij eine andere Wohnung frei werde, diese habe sie dann ab MonatYZ 2009 zu einer Miete von 425,59 € bezogen. Diese Wohnung habe sie heute noch und werde sie voraussichtlich Ende des Jahres anlässlich ihrer Pensionierung aufgeben.

Über Befragen durch den steuerlichen Vertreter:

Die Beschwerdeführerin sei im Alter von etwa 50 Jahren arbeitslos geworden und habe eine Stelle gesucht, die ihrer Qualifikation entspreche. Sie sei zuvor immer als Führungskraft tätig gewesen. Freilich wäre sie auch bereit gewesen, eine niedriger qualifizierte Funktion zu übernehmen, wenn sich eine solche in der Nähe ihres Wohnortes angeboten hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. 2008, 2009 sei zufolge der Finanzkrise die allgemeine Arbeitsmarktsituation schwierig gewesen.

Im Jänner 2009 habe sie eine Stellenanzeige der AG2a gelesen, in weiterer Folge sei es dann zu den Vertragsverhandlungen gekommen. Die Beschwerdeführerin habe die Arbeit in OrtC in Kauf genommen, auch wenn sie mit einem Pendeln verbunden gewesen sei. Damals sei freilich auch im Raum gestanden, dass der Arbeitsplatz nach OrtB verlegt werden könne, wozu es aber nicht gekommen sei.

Über Befragen durch die Berichterstatterin:

Es dürfte stimmen, wenn im Grundbuch die Grundfläche des Gebäudes mit 256 m² ausgewiesen ist. Es gäbe einen Keller, ein Erdgeschoss, ein Obergeschoss und ein Dachgeschoss. Sie wohne mit ihrem Ehegatten im Erdgeschoss.

"Wir haben eine ganz normale aufrechte Ehe geführt und in einer Wohnung zusammengelebt, auch wenn es zuvor im Haus getrennte Wohnungen gegeben hatte, bevor sie zusammengelegt worden sind. Wir waren immer in einer einzigen Wohnung."

Ende der Parteienvernehmung: 11:00 Uhr.

Zeuge

Der Zeuge gab zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt an:

Mag. VNGt FNBf, ..., Ehegatte der Beschwerdeführerin.

Der Zeuge wird über den Anspruch auf Zeugengebühren (§ 176 BAO), die gesetzlichen Weigerungsgründe (§ 171 BAO) und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage (§ 289 StGB) belehrt und ermahnt, die Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen (§ 174 BAO). Der Zeuge wird darauf hingewiesen, dass er gemäß § 175 BAO auch unter Eid vernommen werden kann.

Der Zeuge gibt - vorerst unbeeidigt vernommen - an:

Er wolle aussagen.

Er beantrage keine Zeugengebühren.

Der Zeuge sei mit der Beschwerdeführerin seit März 1981 verheiratet. Ihrer Ehe seien 2 Kinder entsprungen, geboren 1981 und 1987.

Der Zeuge habe seit der Eheschließung in OrtA gewohnt, und zwar damals in der GasseF. Die GasseF sei einige 100 m von der GasseB entfernt. Der Zeuge habe mit seiner späteren Ehegattin bereits seit dem Jahr 1979 gemeinsam in der GasseF gewohnt.

Im Jahr 1982 seien sie dann in die GasseB übersiedelt. Er habe mit der Beschwerdeführerin immer in derselben Wohnung in der GasseB gewohnt, das habe sich seit dem Jahr 1982 nicht geändert.

Der Zeuge glaube, dass vor rund 25 Jahren zwei Wohnungen zusammengelegt worden sind und mit einem Durchgang verbunden worden seien.

In der GasseD habe sich die Wohnung seiner Eltern befunden und wohne dort nunmehr sein Vater.

Gefragt, warum er keine Ummeldung nach OrtA vorgenommen habe:

"Ich habe darauf vergessen. Ich habe mich seit der Studentenzeit nicht mehr umgemeldet."

Der Zeuge sei im Jahr 2009, wie schon zuvor und danach, bei der AG3 beschäftigt gewesen, der Firmensitz sei in OrtB. An dieser Beschäftigung habe sich seither nichts geändert. Er sei dort Vollzeit beschäftigt und erziele ein steuerlich relevantes Einkommen.

Über Befragen durch den fachkundigen Laienrichter Kommerzialrat Ing. Nagl:

"Ich hatte meiner Erinnerung nach niemals einen eigenen PKW, sondern jeweils Dienstwagen. Daher hat sich für mich auch nicht die Frage gestellt, ob der Dienstwagen in OrtB oder in BundeslandC angemeldet wird."

Über Befragen durch die Berichterstatterin:

"Mein Wohnsitzfinanzamt war stets das für OrtA zuständige Finanzamt. Es gab auch niemals Probleme mit der Zuständigkeit des Finanzamts."

Über Befragen durch den Vorsitzenden, warum im Notariatsakt aus dem Jahr 2012 als Adresse jene in der GasseD aufscheine:

"Dies hat der Notar gemacht, da ich damals in der GasseD mit Hauptwohnsitz gemeldet war."

Über Befragen durch den Vertreter des Finanzamts, aus welchen Gründen die Ehegattin in der GasseB top ghi und der Zeuge (nunmehr) in der GasseB top def gemeldet ist:

"Ich wüsste nicht warum."

Über Befragen durch der steuerlichen Vertreter:

"Die Ehe passt. Was soll ich dazu noch weiter ausführen."

Es sei nie ein Thema gewesen, dass er seine Berufstätigkeit nach OrtC verlege. Der Zeuge sei seit dem Jahr 2001 bei AG3 in OrtB tätig.

Über Befragen durch den fachkundigen Laienrichter Mag. Denk:

Vor seiner Beschäftigung bei der AG3 sei der Zeuge freiberuflicher Unternehmensberater gewesen.

Der Zeuge sei mit etwa 14 Jahren mit seinen Eltern in die GasseD gezogen. Damals habe seine Mutter die Meldezettel ausgeführt. Die GasseD sei eine Mietwohnung. Das Haus in der GasseD gehöre einem seiner Brüder.

Über Befragen durch den Finanzamtsvertreter:

Nach Erinnerung des Zeugen dürfte der Firmensitz bei der freiberuflichen Tätigkeit in OrtA gewesen sein.

Der Finanzamtsvertreter gibt dazu an, dass sich nach der damaligen Rechtslage die Zuständigkeit des Finanzamts am Unternehmenssitz orientiert habe und daher aus der Finanzamtszuständigkeit nicht auf den Wohnort geschlossen werden könne.

Der Zeuge führt weiter aus, dass anlässlich des Todes seiner Mutter, die Hälfteeigentümerin des Hauses in der GasseB gewesen sei, sein Vater den Hälfteanteil seiner Mutter geerbt habe. Dem Wunsch der Mutter entsprechend sei deren Anteil zunächst an seinen Vater gegangen, in weiterer Folge sei dem Zeugen vom Vater im Jahr 2012 das Alleineigentum übertragen worden.

Über Befragen durch den Finanzamtsvertreter:

Es sei richtig, dass seine Gattin daher nunmehr einen Mietvertrag mit ihm habe, vorher seien seine Eltern die Vermieter gewesen.

Der steuerliche Vertreter bringt ergänzend vor, dass einer in der Verhandlung mit dem Handy vorgenommenen Abfrage im Gewerbeinformationssystem zufolge der Zeuge seit dem Jahr 2001 den Unternehmenssitz in OrtA gemeldet habe.

Über Befragen durch den fachkundigen Laienrichter Mag. Denk:

Es habe zunächst im Haus in der GasseB auch familienfremde Parteien gegeben. Das Haus werde nach wie vor durch eine Hausverwaltung verwaltet, die auch andere Liegenschaften der Familie verwalte.

Ende der Einvernahme: 11:30 Uhr.

Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin gibt über ergänzendes Befragen durch den fachkundigen Laienrichter Kommerzialrat Ing. Nagl an, dass sie in der GasseE in OrtB gemeinsam mit ihrer Mutter gewohnt habe und danach ohne ihre Mutter nach OrtA in die GasseA gezogen sei. Gleichzeitig mit ihr sei in die Wohnung in OrtA in der GasseA der nunmehrige Ehegatte eingezogen.

Aus welchen Gründen noch Jahre danach eine Nebenwohnsitz-Meldung in der GasseE bestand, könne die Beschwerdeführerin nicht sagen.

Vertreter des Finanzamts

In rechtlicher Hinsicht führt der Vertreter des Finanzamtes aus:

Dadurch, dass der Ehegatte nunmehr Alleineigentümer des Hauses in OrtA sei, leistet die Beschwerdeführerin, wenn sie dies tue, Mietzahlungen für die Ehewohnung an ihren Ehegatten. Derartige Zahlungen seien steuerlich nicht anzuerkennen.

Voraussetzung für eine steuerliche Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung sei unter anderem, dass dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für 2 Wohnsitze erwachsen. Dies sei hier offenkundig in Bezug auf das Haus in OrtA nicht der Fall, es liegt daher keine Doppelbelastung vor.

Darüber hinaus sei ein Familienwohnsitz nach der Aktenlage nicht nachgewiesen worden, weswegen nur in den mit der Beschwerdevorentscheidung festgesetzten Umfang Werbungskosten vorlägen.

Über Befragen durch den Vorsitzenden:

Nach Ansicht des Finanzamtes seien die Aufwendungen für die Familienheimfahrten getrennt von den Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung zu sehen, hinsichtlich der Aufwendungen für die Familienheimfahrten bestünden keine Bedenken, diese anzuerkennen.

Über Befragen durch den Vorsitzenden, aus welchen Gründen nach dem Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens das Finanzamt das Vorliegen einer gemeinsamen Ehewohnung in OrtA im Beschwerdezeitraum verneine:

Nach der Aktenlage, insbesondere nach den polizeilichen Meldungen und auch den Angaben im Notariatsakt aus dem Jahr 2012, habe sich der Hauptwohnsitz von Mag. FNBf stets in OrtB befunden.

Es bestünden auch unterschiedliche Meldeadressen in OrtA, einmal top def und einmal top ghi.

Nach der Aktenlage spreche alles dafür, dass ein gemeinsamer Familienwohnsitz in der GasseB nicht bestanden hat.

In der top ghi gemeldet seien neben der Beschwerdeführerin ihr Sohn und dessen nunmehrige Gattin, ferner die Tochter.

Dies spreche nach Ansicht des Finanzamts nicht für ein gemeinsames Zusammenleben mit dem Ehegatten, da der Ehegatte nunmehr in top Nummer def gemeldet sei, nachdem er im Beschwerdezeitraum überhaupt nicht in der GasseB gemeldet gewesen sei.

Steuerlicher Vertreter:

Dem wird seitens des steuerlichen Vertreters entgegengehalten, dass seiner Ansicht nach das Beweisverfahren eindeutig ergeben habe, dass es eine gemeinsame Familienwohnung in OrtA einerseits und andererseits eine berufsbedingte Zweitwohnung in OrtC gegeben habe.

Sowohl die Berufungswerberin als auch ihr Ehegatte hätten jeweils steuerlich relevante Einkünfte erzielt, sodass eine doppelte Haushaltsführung steuerrechtlich anzuerkennen sei.

Zum Argument des Finanzamtes, dass der Beschwerdeführerin keine Aufwendungen für die Ehewohnung in OrtA erwachsen seien, sei zu sagen, dass Kosten für die Beschwerdeführerin an beiden Wohnsitzen angefallen seien.

Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin gibt ergänzend an, es sei ihr und ihrem Ehegatten immer klar gewesen, dass sie sich die Kosten der Wohnung in OrtA teilen, wie dies in einer aufrechten Ehe auch üblich sei. Hingegen zahle sie die Kosten für die Wohnung in OrtC zur Gänze selbst.

Vertreter des Finanzamts:

Seitens des Finanzamtes wird abschließend beantragt, der Beschwerde in Bezug auf den nachgewiesenen Kirchenbeitrag Folge zu geben.

Im Übrigen werde beantragt, wie in der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden, also die doppelte Haushaltsführung für eine Übergangszeit von 6 Monaten anzuerkennen und die Familienheimfahrten auf Dauer.

Steuerlicher Vertreter:

Seitens der steuerlichen Vertretung wird abschließend beantragt, der Senat möge wie im Vorlageantrag beantragt entscheiden (Kirchenbeitrag, doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten).

Der Vorsitzende verkündet den

Beschluss,

dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 90 Abs. 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Schlagworte
Indizwirkung des Melderechtes
Beweiswürdigung eines Sachverhaltes
Familienheimfahrt eines verheirateten Steuerpflichtigen
tatsächlicher Familienwohnsitz
Hauptwohnsitzmeldung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105433.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at