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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2020, RV/5101271/2018

1. Pendlerpauschale - Berechnung vor Berücksichtigung des Pendlerrechners 2. Differenzwerbungskosten bei fehlender Übernachtung 3. Auswärtige Berufsausbildung Kinder - Entfernung Wohnort - Ausbildungsort

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Fa vom , betreffend Einkommensteuer 2008 zu Recht: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am langte im Finanzamt vom Beschwerdeführer (Bf) eine mit datierte Einkommensteuererklärung 2008 samt Beilagen ein. In der Erklärung beantragte der Bf die Anerkennung von Werbungskosten in Höhe von € 1.986,28 sowie den Pauschalbetrag für die auswärtige Berufsausbildung von zwei Kindern für jeweils 12 Monate. In der Beilage zum Antrag befanden sich die monatlichen Auslagen-Abrechnungen des Bf bei seinem Arbeitgeber mit den dort beantragten Tages- und Kilometergeldern für berufliche Fahrten.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurden die Werbungskosten in voller Höhe anerkannt. Die beantragten außergewöhnlichen Belastungen für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder wurde nicht berücksichtigt.

Am nahm das Finanzamt das Einkommensteuerverfahren 2008 gem. § 303 BAO auf. In dem am selben Tag erlassenen Einkommensteuerbescheid wurden die Werbungskosten nur mehr in Höhe von € 1.142,39 sowie die auswärtige Berufsausbildung der Kinder mit € 2.200,00 berücksichtigt. Begründend wurde angeführt, dass die Reisekosten um € 843,89 zu kürzen gewesen seien, da nach fünf Tagen an einem anderen Arbeitsort ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werden würde. Zudem wurde ergänzt, dass der Pauschalbetrag für die auswärtige Berufsausbildung für eines der Kinder aufgrund eines Studienwechsels lediglich nur für 8 Monate gewährt werden könne.

Dagegen brachte der Bf mit Schreiben vom Beschwerde ein, in welcher er ersuchte die Reisekosten wie beantragt zu berücksichtigen und zusätzlich ein Pendlerpauschale gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit c EStG 1988 für eine Entfernung von 41 km zu gewähren. In der Beilage befand sich ein Ausdruck aus dem Pendlerrechner vom . Aus diesem ergab sich für den abgefragten Tag ) das große Pendlerpauschale in der Höhe von € 2.568,00 jährlich.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf darüber aufgeklärt, dass der Pendlerrechner erst ab 2014 gültig und daher weitere Angaben zum Arbeitsweg erforderlich seien. Zusätzlich wurde betreffend die beantragten Reisekosten um weitere Informationen gebeten.

Mit Schreiben vom teilte der Bf mit, dass seine Erfahrungen in Bezug auf die Anreise zu seiner Arbeitsstätte in keinem Widerspruch zu den Ergebnissen des Pendlerrechners stünden und gab die Adresse der Arbeitsstätte bekannt. Seine Dienstreisen würden in Abhängigkeit vom Zielort von seiner Wohn- bzw. Arbeitsadresse aus angetreten. Der Dienstgeber versteuere sowohl die Kosten einer Wochenkarte in Wien, als auch über das gesetzliche Maß hinausgehende Diäten.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurden betragsmäßig Werbungskosten in Höhe von € 792,54 anerkannt. Die Pauschalbeträge für die auswärtige Berufsausbildung von Kindern wurde nicht anerkannt. Das kleine Pendlerpauschale wurde in der Begründung gewährt, allerdings betragsmäßig versehentlich nicht berücksichtigt.

Dagegen brachte der Bf am einen Vorlageantrag ein und erklärte, dass die Kosten der SWK bei ihm aufgrund seiner Tätigkeit beruflich veranlasst seien, zudem sei das Pendlerpauschale in Widerspruch zur Beschwerdevorentscheidung nicht zuerkannt worden. Die Tagesgelder wären iZm der Begründung eines neuen Mittelpunkts der Tätigkeit für fünf Tage zu berücksichtigen. Aufgrund des Wohnsitzes in der Peripherie N sei zudem mit einer Wegzeit von nahezu vier Stunden für An- und Heimreise zum Studium zu rechnen, weshalb die Zuerkennung des Pauschalbetrages für auswärtige Berufsausbildung nicht ausschließlich wegen des Studienförderungsgesetzes abschlägig zu entscheiden gewesen sei.

Die Abgabenbehörde lege den Akt am dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung vor.

Mit Beschluss vom ersuchte das Bundesfinanzgericht um Stellungnahme zum Sachverhalt, insbesondere zu den beantragten Werbungskosten.

Mit Schreiben vom beantworte der Bf das Schreiben. Er blieb im Wesentlichen bei seinen bisherigen Aussagen und ersuchte um Zuerkennung des großen Pendlerpauschales aufgrund der Berechnungen des Pendlerrechners, Zuerkennung der Reisekosten aufgrund der unterschiedlichen Dienstorte in Wien, die Anerkennung der Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder aufgrund des Willens des Gesetzgebers.

Mit Beschluss vom ersuchte das Bundesfinanzgericht um Nachweis der Reisekosten und Darlegung der Studien seiner Söhne.

Der Bf beantwortete das Ersuchen mit Schreiben vom .

Das Bundesfinanzgericht ersuchte ergänzend mit Schreiben vom um Aufklärung betreffend den Widerspruch von Angaben des Bf. Der Bf Beantwortete das Schreiben umgehend mit E-Mail vom

Festgestellter Sachverhalt

Der Bf ist seit 1983 als Revisor tätig. Seine Aufgabe ist (und war) nahezu ausschließlich die Prüfung der Jahresabschlüsse von überwiegend gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften sowie gemeinnützigen Gesellschaften und Aktiengesellschaften gem. §§ 5 und 28 WGG.
Der Bf war im Jahr 2008 unselbständig erwerbstätig. Seinen Wohnort (Familienwohnsitz) hatte an der Adresse Adr. Sein Dienstort befand sich in Dienstort. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt mehr als 40 km aber weniger als 60 km. Die Wegzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt weniger als 2,5 Stunden

Die vom Bf durchgeführten Prüfungen im Jahr 2008 fanden – wenn auch in unterschiedlichen Bezirken – in Wien statt. Übernachtungen fanden keine statt.

Der Bf hat zwei Söhne. Sohn S hat im Jahr 2008 an der WU Wien (1090 Wien) ganzjährig studiert. Sohn F hat im Jahr 2008 bis Juni an der TU Wien studiert, ab September hat er an der SAE (1060 Wien) studiert. Für beide Kinder bezog der Bf im Jahr 2008 Familienbeihilfe (für Sohn S 12 Monate, für Sohn F 8 Monate).

Die Entfernung zwischen Wohnort und Ausbildungsort beträgt weniger als 80 km. Die Fahrzeit zwischen Wohnort und Ausbildungsort beträgt unter einer Stunde.

Beweiswürdigung

Gem. § 167 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.
Gem. § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist, oder nicht.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt, die Vorbringen der Abgabenbehörde und des Bf sowie den vorgelegten Unterlagen des Bf. Die durchgeführte behördliche Abfrage betreffend Fahrplanauskunft ÖBB wurde nicht bestritten.

Hinsichtlich der behördlichen Abfragen von Google-Maps ist auszuführen, dass sowohl die Abgabenbehörde als auch der Bf von einer Distanz Wohnung - Arbeitsstätte zwischen 40 und 60km ausgehen. Eine Fahrzeit von über 2,5h wird vom Bf nicht vorgebracht.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Würdigung:

1. Pendlerpauschale

Gem. § 16 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2008 geltenden Fassung laut BGBl I 99/2007 bzw. BGBl I 85/2008 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. […] Werbungskosten sind auch:
Z 6 )
Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer Fahrtstrecke von
 20 km bis 40 km               546 Euro jährlich (ab 7/2008 630 Euro jährlich)
 40 km bis 60 km             1.080 Euro jährlich (ab 7/2008 1.242 Euro jährlich)
 über 60 km                  1.614 Euro jährlich (ab 7/2008 1.857 Euro jährlich
c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von
 2 km bis 20 km                297 Euro jährlich (ab 7/2008 342 Euro jährlich)
 20 km bis 40 km             1.179 Euro jährlich (ab 7/2008 1.356 Euro jährlich)
 40 km bis 60 km             2.052 Euro jährlich (ab 7/2008 2.361 Euro jährlich)
 über 60 km                  2.931 Euro jährlich (ab 7/2008 3.372 Euro jährlich)

Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 durch den Verkehrsabsetzbetrag und ein gegebenenfalls zustehendes Pendlerpauschale abgegolten. Arbeitsstätte (Dienstort) ist jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig wird. Tatsächliche Fahrtkosten (zB Kilometergeld) können daher für derartige Fahrten nicht steuerfrei gewährt werden.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist unstrittig, dass die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mehr als 40 km und weniger als 60km betrug. Strittig ist jedoch, ob dem Bf im Jahr 2008 für die Zurücklegung seines Weges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar gewesen war, und somit das große Pendlerpauschale zugestanden ist.
Der Bf legte in seiner Beschwerde die Berechnung des Pendlerrechners bei, bei der das große Pendlerpauschale berechnet wurde.
Zunächst ist festzuhalten, dass gem. § 5 der Pendlerverordnung, BGBl II 276/2013 diese erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2014 anwendbar ist. Dies bedeutet, dass sie für das streitgegenständliche Jahr keine Anwendung findet.
Mangels Anwendbarkeit der Pendlerverordnung im Jahr 2008 sind daher die Voraussetzungen gemäß den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit.c ESTG 1988 in der für 2008 geltenden Fassung zu prüfen.
Das Argumenten des Bf – der Pendlerrechner sei eine von der Behörde zur Verfügung gestellte Berechnung – ist zwar richtig, jedoch hat sich die Rechtslage derart geändert, dass dieser eben für die Vorjahre nicht anwendbar ist (vgl.  https://www.bmf.gv.at/services/berechnungsprogramme/pendlerrechner-faq.html).
Es ist daher die Gesetzeslage im Jahr 2008 zu prüfen, ob für den Bf überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar war.
Was unter dem Begriff „Zumutbarkeit“ zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zur Auslegung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes gibt es aber bereits umfangreiche Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates sowie auch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den diesbezüglich gleichlautenden Vorgängerbestimmungen.

Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels gilt als nicht zumutbar, wenn bei einer Wegstrecke ab 40 km die Wegzeit von 2,5 Stunden überschritten wird.
Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird. Unter Fahrtstrecke ist bei Benützung eines KFZ jene kürzeste Strecke zu verstehen, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, um die auf Grund bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen zeitaufwändige Befahrung von Ortsdurchfahrten (verkehrsberuhigte Zonen) zu vermeiden (,96/14/0003).

N befindet sich an der Weststrecke. Es fuhren (und fahren) regelmäßig Züge von N nach Wien und wieder retour. Die Fahrzeit dauert mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca 1 Std 30 Min. (google.maps), bzw. wird beim Routenplaner der Öbb teilweise sogar weniger angegeben. Aufgrund der ermittelten Werte kann auf jeden Fall von einer Wegzeit von unter 2,5 Stunden ausgegangen werden. Darüber hinaus führt der Bf auch keine längere Fahrtzeit zu seiner Arbeitsstätte an.

Dem Bf ist demnach überwiegend die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Es steht ihm daher das kleine Pendlerpauschale (40 – 60 km) in Höhe von € 1.161,00 (€ 540,00 für das erste Halbjahr und € 621,00 für das zweite Halbjahr) zu.

Angemerkt wird auch, dass der Pendlerrechner überarbeitet wurde. Würde man zB heute den Pendlerrechner benutzen, würde dem Bf ebenfalls „nur“ das kleine Pendlerpauschale zustehen.

2. Reisekosten

Gem. § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendete Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung grundsätzlich nicht abgezogen werden.

Gem. § 16 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2008 geltenden Fassung laut BGBl I 99/2007 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. […] Werbungskosten sind auch:
Z 9
Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Tagesgeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.

Tagesgelder ersetzen einem eine berufliche Reise durchführenden Arbeitnehmer jenen Verpflegungsmehraufwand, der ihm deshalb entsteht, weil ihm die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten am Ort seines dienstlichen Tätigwerdens nicht bekannt sind. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt dazu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die Rechtfertigung der Annahme von Werbungskosten anlässlich einer ausschließlich beruflich veranlassten Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liege bei kurzfristigen Aufenthalten in dem bei derartigen Reisebewegungen in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gem. § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsmehraufwendungen. Die steuerliche Anerkennung eines Verpflegungsmehraufwandes unter dem Titel der Reise ist nach der Rechtsprechung im Ergebnis dann nicht möglich, wenn von einer auch die Kenntnis der Verpflegungsmöglichkeit bewirkenden Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten ausgegangen werden kann ().
Bei längeren oder wiederkehrenden Aufenthalten an einem Einsatzort oder in einem Einsatz- oder Zielgebiet ist somit von der Kenntnis über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der üblichen (günstigeren) Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig sind. Dahinter steht die Überlegung, dass es der längere Aufenthalt dem Steuerpflichtigen ermöglicht, sich über die (günstigeren) Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so einen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden (, ).

§ 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 verweist betreffend die Höhe der zu berücksichtigenden Aufwendungen auf die Bestimmung des § 26 Z 4 EStG 1988.

Der Bf beantragte im vorliegenden Fall die Differenzwerbungskosten für insgesamt 62 beruflich veranlasste Fahrten.
Für die Berücksichtigung von Reisekosten als Werbungskosten werden vom VwGH strenge Voraussetzungen statuiert. So liegt eine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur vor, wenn eine Entferung vom Ort der ständigen Tätigkeit von zumindest etwa 25 km erreicht wird (). Darüber hinaus ist eine auf § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 gestützte Berücksichtigung Tagesgeldern (auch wenn es nur die Differenz zu den vom Arbeitgeber bereits bezahlten Aufwendungen darstellt) als Werbungskosten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht möglich, wenn sich der Abgabepflichtige nur während des Tages an einer neuen Arbeitsstätte aufhält. Dies ist den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zufolge damit zu begründen, dass allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehraufwendungen in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden können. Nur wenn eine Nächtigung erforderlich ist, sind Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen (; ).

Die beantragten Differenzwerbungskosten des Bf iHv € 917,74 können daher nicht berücksichtigt werden, da sich der Bf nur während des Tages an einer Arbeitsstätte außerhalb des Dienstortes aufhielt, ohne dass dabei eine Nächtigung erforderlich war. Das Vorliegen eines steuerlich zu berücksichtigenden Verpflegungsmehraufwandes ist somit der oa Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bereits dem Grunde nach ausgeschlossen ().

Betreffend die übrigen Werbungskosten iHv € 563,40 ist wie folgt auszuführen: Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gem. § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen.

Mit Beschluss vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die beantragten Werbungskosten zu erläutern und nachzuweisen. Mit Schreiben vom gab der Bf bekannt, dass dieser Betrag vom DG im Wege der Lohnverrechnung der Lohnsteuerbasis hinzugerechnete Kostenersätze für Reisekosten darstellen. Auf Nachfrage des Bundesfinanzgerichts bei der Abgabenbehörde wurden die versehentlich nicht vorgelegten Gehaltsabrechnungen übermittelt und sind demzufolge nachgewiesen.

Die beantragten Reisekosten in Höhe von € 563,40 stellen daher Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 dar.

3. Auswärtige Berufsausbildung Kinder

Gem. § 34 Abs. 8 EStG 1988 idF BGBl I 71/2003 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Gem. § 1 der Verordnung des BMF zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl II 449/2001 (im Folgenden VO), liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.
Gem. § 2 der VO gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

Der Wohnort A liegt in einer Entfernung von 33 km zu Wien. Somit liegt die Entfernung unbestritten unter 80 km.

Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung des BMF zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl II 624/1995 idF BGBl II 449/2001, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1993, zeitlich noch zumutbar ist.
Grundsätzlich besagt § 2 Abs. 2 der Verordnung, dass eine Nachweisführung der täglichen Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel von mehr als einer Stunde zulässig sei. Zu beachten ist allerdings, dass § 2 Abs. 1 und 2 der besagten Verordnung zur Ermittlung der Fahrzeit ausschließlich auf die Grundsätze des § 26 Abs. 3 StudFG verweisen. Diese Bestimmung ordnet aber lediglich an, dass eine Fahrzeit von mehr als einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels keineswegs mehr zumutbar ist. Es kommt damit nur auf die Hin- und Rückfahrt vom und zum Studienort an. Bei der Ausmittelung der Wegzeiten sind daher - ohne Begrenzung - Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort nicht einzurechnen (, ).
Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens – diese wurden seitens des Bf nicht bestritten oder  in Zweifel gezogen - steht fest, dass zwischen dem Wohnort der Familie des Bf (N, Katastralgemeinde A) und dem Ausbildungsort (Wien) in regelmäßigen Abständen Züge der ÖBB verkehr(t)en. Die Fahrzeit für diese Strecke (N – Wien Westbahnhof) beträgt je nach Kurs zwischen 38 Minuten (Regionalzug) und 50 Minuten (Schnellbahn).

Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe nochmals ) lediglich auf die Hin- und Rückfahrt vom und zum Studienort abgestellt wird und die Fahrzeit unter einer Stunde beträgt, sind die beantragten Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder im Jahr 2008 nicht anzuerkennen.

4. Sonstige Werbungskosten

Gem. § 16 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Die beantragten Aufwendungen betreffend Arbeitsmittel iHv € 60,00 können nicht anerkannt werden, gibt doch der Bf selber im Schreiben vom bekannt, es handle sich um pauschale Werbungskosten aus privaten Verbindungsentgelten.

Gem. § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern […] und andere Nebenkosten nicht abgezogen werden. Demzufolge können die Portokosten aus der Korrespondenz mit dem Finanzamt iHv 17,88 nicht als Aufwendungen geltend gemacht werden.

Die beantragten Aufwendungen betreffend die Fachliteratur iHv € 276,00 und Betriebsratsumlage iHv 151,34 sind nachgewiesen, stehen außer Streit und sind somit als Werbungskosten anzuerkennen.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

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