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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.04.2020, RV/7103171/2013

Steuerliche Behandlung von in Russland erzielten nicht selbständigen Einkünften nach DBA Österreich- Russland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch stV., Adressest.V., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Einkommensteuer 2010 zu Recht erkannt: 

I.  Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit vom deutschen Konzernunternehmen XYHygiene Products GmbH, Deutschland zum österreichischen Konzernunternehmen XYHygiene Products GmbH, Austria entsandt und war ab Mitte August 2007 in Österreich ansässig. Mit wurde der Bf. zur Konzerngesellschaft nach Russland weiter entsandt. Der österreichische Wohnsitz wurde vorerst durch den Bf. aufrecht erhalten und die Familie des Bf. ist auch weiterhin am Familienwohnsitz in Österreich verblieben.  Der Bf. hat im streitgegenständlichen Jahr 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bis August in Österreich und ab September in Russland erzielt. Mit wechselte seine Ansässigkeit von Österreich nach Russland. 

Strittig ist nun die steuerliche Behandlung der im Beschwerdejahr in Russland erzielten Einkünfte.

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit iHv € 404.528,06 abzüglich pauschaler Werbungskosten berücksichtigt.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung führte die steuerliche Vertretung des Bf. unter anderem aus, der Bf. sei mit Juni 2007 von Deutschland nach Österreich entsandt worden und seit August 2007 in Österreich ansässig. Mit  sei er zur Konzerngesellschaft nach Russland weiterentsandt worden. Während dieser Zeit habe er seinen österreichischen Wohnsitz aufrechterhalten, und seine Familie sei ebenfalls in Österreich am Familienwohnsitz verblieben. Daher unterliege der Bf. während des gesamten Kalenderjahres 2010 der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich und auch die Ansässigkeit im Sinne des DBA Russland verbleibe in Österreich.

Weiters seien von den 93 Arbeitstagen des Bf. von 01.09. bis 56 Arbeitstage auf Russland und 37 auf Österreich und diverse Drittländer entfallen. Daher habe der Bf. im maßgeblichen 12-Monatszeitraum mehr als 183 Tage in Russland verbracht. Daher sei das Einkommen von bis  aufzuteilen und jene Bezüge, die auf die Arbeitstage in Russland entfallen, unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen. Die Aufteilung der Einkünfte in diesem Zeitraum gestalte sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Gesamt
Russland
Österreich und diverse Drittländer
Arbeitstage
93
56
37
Einkünfte
171.609,63
103.334,83
68.274,80

Weiters wurden im Bescheid  nicht berücksichtigte Werbungskosten gemäß § 16 Abs 1 Z.4 lit.f EStG in Höhe von € 7.568,64 geltend gemacht sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von insg.€ 55.279,62 erklärt. 

Der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens wurden am folgende Nachweise zum tatsächlichen Aufenthalt des Bf. in Russland von seiner steuerlichen Vertretung beigelegt:

  • "Der von unserem Mandaten unterfertigte Tagesnachweis seit Beginn der Entsendung vom bis (Beilage 1 + 2).

  • Kopien des 3 Jahres-Visums (mit Start am ) sowie der Arbeitserlaubnis (mit Start September 2010) unseres Mandanten in Russland (Beilage 3 + 4).

  • Aufstellung des Reisebüros unseres Mandanten mit sämtlichen Flügen ab Juli 2010 (Beilage 5).

  • Kopie des Mietvertrages für den Wohnsitz unseres Mandanten in Moskau (Beilage 6) in russischer und englischer Sprache. Wie Sie daraus entnehmen können, ist darin ausdrücklich auch der Aufenthalt der Familie unseres Mandanten geregelt.

  • Kopien der Rechnungen für den Besuch der deutschen Schule der Kinder unseren Mandanten in Moskau (Beilage 7 + 8).

  • Wiederholt auch den Entsendungsvertraq unseres Mandanten zur Dienstverrichtung zur russischen Konzerngesellschaft (Beilage 9)." 

Unter anderem enthält der Entsendungsvertrag folgende Bestimmungen, die Nummerierung wurde zur besseren Übersicht vom Gericht hinzugefügt:

  • "Position: General Manager Russia & CIS (Retail) Hygiene.

  • Work Place: Host Company’s premises in Moscow as determined from time to time by the Host Company.

  • During the assignment, the Employee will remain an Employee of the Home Company and will be covered by the same terms and conditions of employment, unless these have been modified by this expatriation letter. The period of employment in the Host Country will be treated as a period of continuous employment with the Home Company for both statutory and contractual purposes and will count towards any service-related entitlements, including pension.

  • During the assignment the Employee will be under the day-to-day management of the Host Company and subject to its rules and regulations. Naturally, the Employee must also abide by the laws of the Host Country.

  • During the assignment, the Employee is eligible for membership in the bonus plan that the Host Company applies from time to time. Potential bonus payout is calculated based on the International Assignment Salary.

  • XY will provide the Employee with accommodation according to Host Company Policy.

  • The Employee will continuously be included in the home country company pension plan.

  • The Employee will be covered under the Host Social Security System. In addition, the Company will continue to pay social security contributions in Germany on a voluntary basis. The Employee and his accompanying family will also be included in the XY expatriate medical insurance scheme. In order to enable the employee to re-enter his current private medical plan, XY will reimburse the necessary remainder payments. The German accident insurance will continue.

  • Working Hours: According to the Host Company’s policy.

  •   Vacation entitlement: According to the Host Company’s policy (minimum 25 days).

  •   The Employee is entitled to a company car if applicable according to the Host Company’s standard policy. No contributions to the cost have to be made by the Employee besides gasoline, if in accordance with host country regulations.

  •   Either the Host Company or the Home Company may terminate the assignment effective immediately upon the occurrence of any of the following events: […]

  •   The Home company remains the Employee’s employer during the term of the assignment and therefore home country law will – to the extent legally possible – govern the terms and conditions of the assignment with the Host Company and the Employee’s employment by the Home Company."

Bezüglich der geltend gemachten Werbungskosten und der erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen gab das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom der Berufung antragsgemäß statt, diese wurden im Vorlageantrag durch den Bf. auch nicht weiter beanstandet.

Zu den abweisenden Punkten bestätigte das Finanzamt den in der Berufung ausgeführten Sachverhalt. Weiters wurde ausgeführt, dass sich die Aufenthaltstage in Russland nach der Aufstellung des Bf. wie folgt gliedern würden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aufenthaltstage 2010
ab 1. September
(Anm. Arbeitstage)
in Russland
56 Tage
Österreich und diverse Drittländer
37 Tage
Tage gesamt ab 1. September
93 Tage
 
  
Aufenthaltstage 2011
in Russland
204 Tage
außerhalb Russlands (Anm. und Österreichs)
88 Tage
Österreich
73 Tage

Die Aufenthaltstage im maßgeblichen 12-Monatszeitraum stellte das Finanzamt wie folgt fest:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
   Aufenthaltstage bis Ende Juni 2011 (Anm. seit Jänner 2011)
in Österreich
68 Tage
in Deutschland
22 Tage
in der Ukraine
4 Tage
in Weißrussland
2 Tage
außerhalb Russland gesamt
96 Tage
Tage insgesamt
181 Tage
in Russland somit
85 Tage
Aufenthaltstage 2010
in Russland
56 Tage
Aufenthaltstage gesamt
in Russland
141 Tage

Daher würden die geforderten 183 Tage nicht überschritten und Österreich hätte das Besteuerungsrecht auf die russischen Einkünfte, da nämlich lediglich der Zeitraum ab der Entsendung Anfang September 2010 bis zum Ansässigkeitswechsel Ende Juni 2011 relevant sei. "Bei der Berechnung der erwähnten 183-Tage-Frist war es nach der österreichischen Verwaltungspraxis unerheblich, ob die Fristüberschreitung auf eine in der Folge stattgefundene Ansässigkeitsverlegung nach Österreich zurückzuführen war (siehe EAS 1694). Die Mehrheit der OECD-Staaten hat aber anlässlich der Ausarbeitung des OECD-Updates 2008 die in Z 5.1 des OECD-Kommentars zu Artikel 15 OECD-MA vertretene gegenteilige Auffassung unterstützt. Die Aussagen in EAS 1694 vom sind damit insoweit überholt. (vgl. Kommentar Philipp/Loukota/Jirousek zum Art 15, Randziffer 62,63)."

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte die steuerliche Vertretung des Bf. dazu aus, dass die Behörde auf die OECD Auslegung verwiesen habe. Russland sei hingegen als "Nicht-Mitglied" der OECD auch nicht zur OECD-konformen Auslegung des DBA Österreich-Russland verpflichtet. Daher führe die Vorgangsweise der Behörde zu einer de facto Doppelbesteuerung. Weiters wurden die Gehaltsabrechnungen von Jänner bis Dezember 2011 beigelegt, aus denen ersichtlich sei, dass die russische Gesellschaft die Gehälter ausbezahle und daher zur Gänze russische Steuer anfalle.

Das Finanzamt legte daraufhin die Berufung mit den bezughabenden Akten dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor und führte in seiner Stellungnahme aus, dass der maßgebliche Zeitraum für die Anwendung der 183-Tage-Regel strittig sei.

Mit Beschluss vom ersuchte das BFG den Bf. folgende Fragen mit entsprechenden Nachweisen zu beantworten:

  • "Hat die XYHygiene Products LLC Moskau im beschwerdegegenständlichen Jahr, wie vom Bf. für das Jahr 2011 angegeben, die Gehälter ausbezahlt und russische Steuer abgeführt?

  • Wenn nein, wurden die Gehälter an die XYHygiene Products LLC Moskau weiterverrechnet und wurde für diese russische Steuer abgeführt?"

In der nach einem Fristverlängerungsansuchen fristgerecht eingebrachten Beantwortung führte die steuerliche Vertretung des Bf. aus:

"Aufgrund jener im Beschwerdezeitpunkt (03/2012) gegen den gegenständlichen Bescheid 2010 vorliegenden Gehaltsabrechnungen der Russischen Konzerngesellschaft (inklusive Ausweis der Steuerabzugs in Russland) sind wir davon ausgegangen, dass die Abrechnung auch für die wenigen Monaten ab Entsendungsbeginn in 2010 (wie auch im Entsendungsvertrag grundsätzlich festgehalten), dementsprechend erfolgt ist. Ein diesbezügliches Auskunftsverlangen hatte nunmehr jedoch ergeben, dass aufgrund lokaler Gegebenheiten eine Besteuerung im Jahr 2010 nicht erfolgt ist. Von September bis Dezember 2010 wurde unser Mandant auf einer eigenen Kostenstelle bei der österreichischen Konzerngesellschaft geführt, als Expat abgerechnet und Lohnsteuer in Österreich abgeführt.

Ein ausländischer Besteuerungsnachweis ist uE für die DBA-rechtliche Steuerfreistellung in Österreich aufgrund des vorliegenden Sachverhalts allerdings nicht erforderlich, da die DBA-Steuerberechtigung des Tätigkeitsstaates (aufgrund > 183 Aufenthaltstagen unseres Mandanten in Russland im gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA Russland relevanten 12-Monatszeitraum) zweifelsfrei nachgewiesen werden kann und mehrfach im Zuge des Verfahrens auch wurde (vgl. nochmals jene in Kopie beiliegende Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom hinsichtlich unserer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom )  und somit auch die Anspruchsberechtigung auf eine korrespondierende Steuerfreistellung gewiss ist (vgl. Loukota, Ausländische Besteuerungsnachweise, SWI 2000, 120).

Auch der UFS hat mehrfach bestätigt, dass weder die Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung noch die Vorlage eines Steuerbescheides materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer DBA-rechtlich gebotenen Steuerfreistellung sind, wenn die Erfüllung der dazu im DBA vorgesehenen Voraussetzungen auch durch andere Beweismittel nachgewiesen werden kann (vgl. -G/06). Diese Voraussetzungen wurden wie vorab angeführt uE zweifelsfrei nachgewiesen.

Vgl. dazu auch - wonach bei fehlender „subject to tax” Klausel der Umstand, ob der andere Staat die ihm DBA-rechtlich zur Besteuerung überlassenen Einkünfte tatsächlich besteuert hat, nicht entscheidungsrelevant ist.

Wie vorab angeführt wurde unser Mandant von September bis Dezember 2010 auf einer eigenen Kostenstelle bei der österreichischen Konzerngesellschaft geführt, als Expat abgerechnet und Lohnsteuer in Österreich abgeführt. Wie und ob hier Kosten nach Russland weiterverrechnet wurden, lässt sich in 2019 nicht mehr feststellen. Es ist allerdings unseres Erachtens, wie auch die eingangs gestellte Frage nach einem Besteuernachweis nicht entscheidungsrelevant, da die DBA-Steuerberechtigung des Tätigkeitsstaates Russland im Zuge des Verfahrens nachgewiesen wurde.

Abschließend dürfen wir, auch unter Hinweis auf die Verfahrenslänge von mittlerweile mehr als 7 Jahren unsere Verwunderung über ein neuerliches Ersuchen um Ergänzung zum Ausdruck bringen, und dem gegenüber auf jene trotz Auslandssachverhalten kurzen Bearbeitungsdauern und Bereitstellung von Informationen seitens unseres Mandanten hinweisen."

In ihrer Stellungnahme zu der ergänzenden Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom führte die belangte Behörde folgendes aus:

"Streitgegenständlich für das Veranlagungsjahr 2010 ist die Besteuerung der unselbständigen Einkünfte ab der Weiterentsendung nach Russland  (zur russischen Konzerngesellschaft), und zwar weiterhin in voller Höhe. Jene Bezugsteile, die auf Arbeitstage in Russland entfielen, wurden der österreichischen Besteuerung vollumfänglich unterworfen.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde hervorgebracht, dass sofern die österreichische Verwaltung bei der Berechnung der 183 Tage Anwesenheit die OECD-Auslegung ins Treffen führe, Russland (als Nicht-OECD-Mitglied) demgegenüber diese nicht anwende, es dann im Resultat zu einer Doppelbesteuerung käme. Dies wäre dem Umstand geschuldet, dass Österreich dann die Anwesenheitstage in Russland ab dem vollzogenen Ansässigkeitswechsel nicht berücksichtigen würde (somit weniger als 183 Tage Anwesenheit), Russland (vermeintlich) hingegen schon (somit mehr als 183 Tage Anwesenheit).

Im Kontext der ursprünglich vorgebrachten Beschwerdeargumentation wäre aus Sicht der Abgabenbehörde nicht nachvollziehbar, weshalb das Vorliegen/Nichtvorliegen eines ausländischen Besteuerungsnachweises- wie nunmehr im Zuge der Ergänzungsantwort vom vorgebracht-gänzlich unbeachtlich sei. Gerade der Umstand, dass es hinsichtlich des Veranlagungszeitraumes 2010 im Ergebnis zu keiner Doppelbesteuerung gekommen ist, deutet daraufhin, dass es bei der Berechnung der 183 Tage Anwesenheit ( im Verhältnis Österreich/Russland) offenbar nicht zu entsprechenden Auffassungsunterschieden gekommen ist, auch wenn Russland (im Gegensatz zu Österreich) nicht Mitglied der OECD ist. Die Österreichische Finanzverwaltung jedenfalls berücksichtigt bei der Berechnung der Anwesenheitstage die Auslegungsvorgaben der OECD (OECD-MK zu Art 15 Abs 2 lit a OECD-MA); demnach werden Tage, an denen ein Steuerpflichtiger im Staat der Arbeitsausübung ansässig ist, nicht in die Berechnung der 183 Tage einbezogen (siehe Beschwerdevorentscheidug vom /gesonderte Bescheidbegründung)."

Den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat nahm der steuerliche Vertreter im Namen des Bf. mit Schriftsatz vom zurück, womit die Zuständigkeit zur Entscheidung der erkennenden Richterin als Einzelrichterin zukommt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Das Verfahren betreffende Anbringen wirken ab auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Das BFG nimmt aufgrund der festgestellten Aktenlage den folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Bf. war seit August 2007 in Österreich ansässig. Mit wurde er zur Konzerngesellschaft nach Russland entsandt. Während dieser Zeit hielt er seinen österreichischen Wohnsitz aufrecht, seine Familie verblieb anfangs ebenfalls in Österreich am Familienwohnsitz. Von bis zum Nachzug seiner Familie Ende Juni 2011 hielt sich der Bf. weniger als 183 Tage in Russland auf. Hingegen war er von bis und auch von bis mehr als 183 Tage in Russland. Dieser Sachverhalt ist soweit unstrittig.

Eine exakte Feststellung der Aufenthaltstage des Bf. in Russland erübrigt sich insofern, als lediglich die (Nicht-)Überschreitung der 183 Tage relevant ist. Die Feststellung des Finanzamtes der Aufenthaltstage von bis ist für das Gericht anhand der vom Bf. vorgelegten Aufstellung der Aufenthaltstage nachvollziehbar und schlüssig und wird auch vom Bf. nicht bestritten. Auch wenn das Finanzamt im Zeitraum von bis nur die Arbeitstage und nicht die Aufenthaltstage des Bf. in Russland berücksichtigt hat, so ändert dies, selbst wenn der Bf. alle Nichtarbeitstage in Russland verbracht hätte, nichts am Ergebnis, dass sich der Bf. im Zeitraum von bis weniger als 183 Tage in Russland aufgehalten hat. 

Ebenso ist die genaue Feststellung, in welchen 12-Monatszeiträumen sich der Bf. mehr als 183 Tage in Russland aufgehalten hat und in welchen nicht, nicht entscheidungsrelevant, da, wie unten ausgeführt, lediglich der Zeitraum bis zum Wechsel der Ansässigkeit am maßgeblich ist. Welcher "maßgebliche 12-Monatszeitraum" in der Berufung angesprochen wird und warum in diesem die 183 Tage überschritten worden sind, ist für das Gericht weder aus der Berufung noch aus den sonstigen vorgelegten Unterlagen ersichtlich.

Von bis  wurde der Bf. von der österreichischen Konzerngesellschaft bezahlt und Lohnsteuer in Österreich abgeführt. Ab wurde sein Gehalt von der russischen Konzerngesellschaft abgerechnet und auch russische Steuer abgezogen. Ob die Kosten des Bf. von der österreichischen Konzerngesellschaft an die russische Konzerngesellschaft weiterverrechnet worden sind, ist, nach Angabe der steuerlichen Vertretung des Bf., 2019 nicht mehr feststellbar.

Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 26 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) hat jemand dort einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Gemäß § 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Diese Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß Artikel 4 Z 1 des Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 10/2003, (DBA Russland) ist eine Person in dem Vertragsstaat ansässig, der nach dem Recht dieses Vertragsstaats dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Gemäß Art 4 Z 2 lit a DBA Russland ist eine natürliche Person, die in nach Z 1 in beiden Vertragsstaaten ansässig ist, in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Gemäß Art 15 Z 1 DBA Russland dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Vertragsstaat besteuert werden.

Allerdings dürfen gemäß Art 15 Z 2 DBA Russland Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbstständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) sich der Empfänger im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten aufhält und
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

Gemäß Art 23 Z 1 lit a DBA Russland nimmt die Republik Österreich Einkünfte einer in der Republik Österreich ansässigen Person von der Besteuerung aus, wenn diese Einkünfte nach diesem Abkommen in der Russischen Föderation besteuert werden dürfen.

Gemäß Art 23 Z 1 lit d DBA Russland dürfen Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person, die nach diesem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, gleichwohl in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

Erwägungen

Der Bf. ist gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Verbindung mit (iVm) § 26 Abs. 1 BAO in Österreich 2010 jedenfalls unbeschränkt steuerpflichtig, da er seinen Wohnsitz hier aufrechterhalten hat und auch seine Familie noch am Familienwohnsitz gewohnt hat. Daher sind die Einkünfte aus Russland in Österreich nach innerstaatlichem Recht steuerpflichtig.

Gemäß Art 4 Z 1 DBA Russland ist der Bf. aufgrund seiner unbeschränkten Steuerpflicht aufgrund seines Wohnsitzes sowohl in Österreich als auch in Russland ansässig. Diesen Ansässigkeitskonflikt löst Art 4 Z 2 lit a DBA Russland über den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf., da er auch in beiden Staaten eine ständige Wohnstätte innehat. Für den Mittelpunkt in Österreich spricht vor allem, dass seine Familie bis Ende Juni 2011 in Österreich geblieben ist, während für den Mittelpunkt in Russland lediglich sein Arbeitsort spricht. Daher ist der Bf. bis zum Nachzug seiner Familie Ende Juni 2011 in Österreich ansässig. Diese rechtliche Würdigung ist soweit unstrittig.

Gemäß Art 15 Z 1 DBA Russland dürfen die Einkünfte aus der Tätigkeit in Russland grundsätzlich dort besteuert werden. Allerdings dürfen gemäß Art 15 Z 2 DBA Russland jene Einkünfte, die die Bedingungen der lit a bis c erfüllen, in Russland nicht besteuert werden. Im gegenständlichen Fall ist nun strittig, welcher Zeitraum für die Beurteilung der Überschreitung der 183 Aufenthaltstage der Art 15 Z 2 lit a DBA Russland heranzuziehen ist.

Diese Bestimmung der Art 15 Z 2 DBA Russland entspricht inhaltlich der der Art 15 Z 2 UN-Musterabkommens (UN-MA) und der der Art 15 Z 2 OECD-Musterabkommens (OECD-MA). Der UN-Kommentar (UN-MK) zu Art 15 UN-MA gibt den Inhalt des OECD-Kommentars (OECD-MK) zu Art 15 OECD-MA wortgleich wieder. Dieser führt in Z 5.1 zu Artikel 15 OECD-MA aus:

"Days during which the taxpayer is a resident of the source State should not, however, be taken into account in the calculation. Subparagraph a) has to be read in the context of the first part of Paragraph 2, which refers to “remuneration derived by a resident of a Contracting State in respect of an employment exercised in the other Contracting State”, which does not apply to a person who resides and works in the same State. The words “the recipient is present”, found in subparagraph a), refer to the recipient of such remuneration and, during a period of residence in the source State, a person cannot be said to be the recipient of remuneration derived by a resident of a Contracting State in respect of an employment exercised in the other Contracting State."

Demnach ist nach dem OECD-MK zu Art 15 OECD-MA und somit auch nach dem UN-MK zu Art 15 UN-MA für die Berechnung der Aufenthaltstage lediglich der Zeitraum bis zum Wechsel der Ansässigkeit heranzuziehen.

Der Bf. beruft sich im Vorlageantrag unter anderem darauf, dass der OECD-MK zur Auslegung des DBA Russland nicht herangezogen werden dürfe, da Russland kein Mitglied der OECD sei. Dem ist allerdings nur grundsätzlich zuzustimmen. Da sich nämlich das UN-MA und der UN-MK dem OECD-MA und dem OECD-MK in den bereits genannten, relevanten Punkten gleichen, kommt im Ergebnis dem OECD-MK auch in dieser Konstellation Bedeutung bei der Auslegung zu (vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/ Z 0 Rz 54 (Stand , rdb.at)).

Weiters wurde das DBA Russland durch BGBl. III Nr. 89/2019 novelliert und im Protokoll unter Auslegung des Abkommens ergänzt, dass als vereinbart gilt, dass den Bestimmungen des Abkommens, die nach den entsprechenden Bestimmungen des OECD-MA abgefasst sind, die Bedeutung zukommt, die im OECD-MK dazu dargelegt wird. Dazu sind in lit a bis d hier nicht anwendbare Ausnahmen angeführt. Auch wenn diese Bestimmung erst später ergänzt worden ist, lässt die Formulierung "es gilt als vereinbart" auch eine Anwendung des OECD-MK auf frühere Sachverhalte zu. Auch die Erläuterungen zur entsprechenden Regierungsvorlage sprechen von einer "Klarstellung" der Bedeutung des OECD-MK. Ebenso spricht auch die Formulierung in der, ebenfalls authentischen, englischen Fassung "it is understood" für die Zulässigkeit der Anwendung des OECD-MK auf frühere Sachverhalte und schließt den Umkehrschluss, dass der OECD-MK erst ab Inkrafttreten der Novellierung für die Auslegung heranzuziehen ist, aus (vgl. Lang, Überlegungen zur österreichischen DBA-Politik, SWI 2012, 121)

Jedenfalls ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts der entsprechende Abschnitt des OECD-MK als Kommentar zu dieser 183-Tage Regel zu sehen und ist daher auch als unverbindliche Expertenmeinung zu berücksichtigen. Im Sinne einer systematischen Interpretation, der auch nach Art 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge Bedeutung zukommt, ist daher im Ergebnis der Auslegung des OECD-MK zuzustimmen. Dementsprechend hat sich der Bf. im gegenständlichen Fall im maßgeblichen Zeitraum von bis weniger als 183 Tage in Russland aufgehalten. Art 15 Z 2 lit a DBA Russland war daher erfüllt.

Allerdings müssen, damit Russland kein Besteuerungsrecht auf die beschwerdegegenständlichen in Russland erzielten nicht selbständigen Einkünfte des Bf. zukommt, die Voraussetzungen der Art 15 Z 2 lit a bis c DBA Russland kumulativ vorliegen. Damit Art 15 Z 2 lit b DBA Russland erfüllt ist, darf der Bf. weder von noch für einen russischen Arbeitgeber gezahlt werden. Der Begriff des "Arbeitgebers" ist dabei im DBA nicht näher definiert.

Nach der jüngeren, mittlerweile mehrfach bestätigten, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist dieser Begriff abkommensautonom zu interpretieren und darunter der wirtschaftliche Arbeitgeber zu verstehen. Demnach sei der der Arbeitgeber eines Steuerpflichtigen, der dessen Kosten wirtschaftlich getragen hat (erstmals ). Auf andere Merkmale hat der VwGH bislang nicht abgestellt.

Die Interpretation dieses Arbeitgeberbegriffs des OECD-MK fasst Waser in Aigner/Kofler/Tumpel (Hrsg), DBA-Kommentar2 (2019), Art 15, Rz25f, wie folgt zusammen, dies entspricht nach Ansicht des Gerichts auch dem Inhalt des OECD-MK:

"Der OECD-MK sieht zur Beurteilung der Arbeitgebereigenschaft einerseits die Art der erbrachten Leistung als entscheidend an, andererseits die Frage, inwieweit die von der natürlichen Person erbrachte Leistung einen wesentlichen Bestandteil der Unternehmenstätigkeit des Leistungsempfängers darstellt („integral part of the business activities“). Welches Unternehmen Verantwortung und Risiken für die Arbeitsergebnisse der natürlichen Person zu übernehmen hat, spielt eine entscheidende Rolle bei Beurteilung der Arbeitgebereigenschaft (Art 15 Z 8.13 OECD-MK). Ergänzend sollen die folgenden Faktoren berücksichtigt werden (Art 15 Z 8.14 OECD-MK):

  • Wer ist berechtigt, der natürlichen Person hinsichtlich der zu erbringenden Leistung Weisungen zu erteilen?

  • Wer kontrolliert bzw. hat die Verantwortung über den Ort der Leistungserbringung?

  • Wird die von der natürlichen Person bezogene Vergütung unmittelbar vom zivilrechtlichen Arbeitgeber an den Leistungsempfänger in Rechnung gestellt? Indiz für eine Arbeitgebereigenschaft des Leistungsempfängers soll dabei die Art der Kalkulation der vom Leistungserbringer fakturierten Vergütung sein. Wenn diese einen unmittelbaren Bezug zu den Gehaltskosten aufweist und der Gewinnaufschlag in Höhe eines Prozentsatzes der Lohn- und Gehaltskosten berechnet wird, soll dies Indiz für die Arbeitgebereigenschaft des Leistungsempfängers sein. Das soll dann nicht gelten, wenn die Lohn- und Gehaltskosten nur einer von vielen Kostenfaktoren sind.

  • Wer stellt der natürlichen Person die notwendigen Arbeitsmittel und Werkzeuge zur Verfügung?

  • Wer bestimmt Zahl und Qualifikation der die Leistung erbringenden natürlichen Personen?

  • Wer ist berechtigt, die natürliche Person auszuwählen, welche die Leistung erbringen soll und wer ist berechtigt, die mit der Person geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen zu kündigen?

  • Wer ist berechtigt, hinsichtlich der Arbeits­leistung der natürlichen Person disziplinäre Maßnahmen zu setzen?

  • Wer bestimmt Urlaub und Arbeitsplanung der Person?

Arbeitgeber im Sinne des zwischenstaatlichen Steuer­rechts soll demnach jener sein, der ein Recht auf den Arbeitserfolg hat, der die Verantwortlichkeit und Risiken trägt, der die Leistung geschuldet und unter dessen Leitung und Kontrolle die nichtselbständige Arbeit ausgeübt wird, dem die Weisungsbefugnis zukommt und der den Arbeitslohn ausbezahlt. Beim letzten Kriterium kommt es nicht darauf an, zu wessen Lasten der Arbeitslohn bezahlt wird. Der OECD-MK stellt tendenziell also auf einen wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff ab, was durch eine Beispielsammlung im OECD-MK auch dokumentiert ist."

Im gegenständlichen Fall kann nicht mehr festgestellt werden, wer die Kosten des Bf. im Zeitraum von bis tatsächlich wirtschaftlich getragen hat. Da sich der VwGH bislang zu weiteren, in Betracht kommenden Merkmalen zur Entscheidungsfindung, wer nun als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist, nicht geäußert hat, orientiert sich das Bundesfinanzgericht unter anderem an den angeführten Merkmalen im OECD-MK, dessen Bedeutung bereits oben klargestellt worden ist. Nach dem Entsendungsvertrag des Bf. sprechen folgende Merkmale dafür, die eine Konzerngesellschaft oder die andere als Arbeitgeber iSd Art 15 Z 2 lit b DBA Russland anzusehen. Die Zahl in Klammer verweist auf den jeweiligen Punkt des oben angeführten Auszugs des Entsendungsvertrags des Bf., der dies geregelt hat:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Österreichische Konzerngesellschaft
Russische Konzerngesellschaft
Arbeitsverhältnis bleibt aufrecht (3, 13)
Bestimmt Arbeitsort (2)
Bf. bleibt durchgehend in deren Betriebspensionssystem (7)
Bf. unterliegt deren Aufsicht und muss sich an deren Regeln halten (4)
 
Teilnahme am Bonusplan möglich (5)
 
Unterkunft nach deren Standard (6)
 
Regelt Sozialversicherung (8)
 
Regelt Arbeitsstunden (9)
 
Regelt Urlaubsanspruch (10)
 
Fahrzeug nach deren Standard (11)
Kann Bf. entlassen (12)

Im Ergebnis ist daher die Arbeitgebereigenschaft der russischen Konzerngesellschaft zuzusprechen, da die typischen Arbeitgebermerkmale bei der russischen Konzerngesellschaft jedenfalls überwiegen. Auch wenn das Gehalt von der österreichischen Konzerngesellschaft ausbezahlt worden ist und keine Informationen zu einer etwaigen Weiterverrechnung mehr vorliegen, schadet dies letztlich auch deshalb nicht, weil es nach dem Wortlaut des Art 15 Z 2 lit b DBA Russland auch genügt, wenn zwar nicht von einem aber für einen russischen Arbeitgeber gezahlt wird.

Ebenso spricht für dieses Ergebnis, dass ab die russische Konzerngesellschaft selbst die Bezüge des Bf. abgerechnet und gezahlt hat. Dass sich nämlich erst zum Jahreswechsel die tatsächliche Beziehung zwischen der russischen Konzerngesellschaft und dem Bf. 4 Monate nach dem Beginn der Entsendung so gravierend verändert hätte, dass erst ab diesem Zeitpunkt die russische Konzerngesellschaft als Arbeitgeber iSd Art 15 Z 2 lit b DBA Russland anzusehen wäre, scheint für das BFG nur wenig nachvollziehbar und nicht glaubhaft.

Somit sind aber die Voraussetzungen des Art 15 Z 2 lit b DBA Russland im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Dementsprechend hat Russland gemäß Art 15 Z 1 das Besteuerungsrecht auf die Einkünfte für die in Russland ausgeführten Tätigkeiten. In Österreich werden diese Einkünfte gem. Art 23 Z 1 lit a DBA Russland von der Besteuerung ausgenommen. Sie werden allerdings bei der Bemessung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen im Rahmen eines Progressionsvorbehalts berücksichtigt (Art 23 Z 1 lit d DBA Russland).

Die Aufteilung der Einkünfte von bis  auf in Russland und auf in anderen Staaten ausgeführten Tätigkeiten erfolgt, wie vom Bf. in seiner Berufung angegeben, nach den jeweils dort verbrachten Arbeitstagen. Dementsprechend sind in Österreich diese russischen Einkünfte iHv. € 103.334,83 und Sonderzahlungen iSd § 67 Abs 1 EStG 1988 iHv. € 4642,15 von der Einkommensteuer zu befreien und lediglich  im Rahmen eines Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen.

Wie die steuerliche Vertretung des Bf. weiters im Rahmen ihrer ergänzenden Vorhaltsbeantwortung vom Dezember 2019 zutreffend ausgeführt hat, ist für die Befreiung dieser Einkünfte in Österreich deren tatsächliche Besteuerung in Russland nicht Voraussetzung. Somit war dem Beschwerdebegehren in diesem Punkt Folge zu geben.

Bezüglich der in der Beschwerde geltend gemachten Werbungskosten sowie der darin erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen  war der diesbezüglich stattgebenden BVE zu folgen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur Rechtsfrage der Auslegung der "183-Tage-Klausel" in den österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt und sich der Verwaltungsgerichtshof ebenso wenig zu den für die Beurteilung und Interpretation des abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriffs notwendigen Merkmalen -abgesehen von der Frage der wirtschaftlichen Kostentragung -geäußert hat, war die Revision zuzulassen.

 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 Z 2 DBA RUS (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Russische Föderation (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 10/2003
Art. 23 Z 1 DBA RUS (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Russische Föderation (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 10/2003
Art. 15 Z 1 DBA RUS (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Russische Föderation (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 10/2003
Schlagworte
DBA Österreich-Russland
Progressionsvorbehalt
Ansässigkeit
183 Tage-Regel
Arbeitgeberbegriff
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103171.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at