Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.04.2020, RV/7105759/2015

Haftung des Geschäftsführers, Gläubigergleichbehandlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache A.B., Adresse1, vertreten durch Celar Senoner Weber-Wilfert Rechtsanwälte GmbH, Mariahilfer Straße 88A/1/5, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 7.500,35 eingeschränkt.


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Körperschaftsteuer
2011
3.913,68
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/12
1.859,12
Körperschaftsteuervorauszahlung
01-03/13
575,85
Körperschaftsteuervorauszahlung
04-06/13
575,85
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/13
575,85

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als Geschäftsführer der XY GmbH für deren Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 16.848,05 gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen.

Diese setzen sich wie folgt zusammen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Körperschaftsteuer
2011
3.913,68
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/12
1.859,12
Körperschaftsteuervorauszahlung
01-03/13
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
04-06/13
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/13
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
10-12/13
2.437,50

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Geltendmachung der Haftung (§§ 224 i.V.m. § 9 Bundesabgabenordnung) auf folgende Umstände gründe:

Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Der Bf. sei im Zeitraum von Datum1 bis dato zum Geschäftsführer der GmbH bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Gemäß § 80 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen
insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden; sie seien daher verpflichtet, die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft zu entrichten.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien AZ XXXX vom Datum2 sei das
Sanierungsverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss vom Datum3 sei der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben worden.
Demgemäß erhielten die lnsolvenzgläubiger eine Gesamtquote von 25%. Hinsichtlich der die Sanierungsplanquote übersteigenden Abgabenrückstände (lnsolvenzforderungen) sei die Rechtswirkung des § 156 Abs. 1 IO eingetreten. Demnach seien 75 % der o.a. Abgabenforderungen, die im Sanierungsverfahren zu den Konkursforderungen einzuordnen gewesen seien, bei der GmbH nicht mehr einbringlich. Bei der oben angeführten Rückstandsaufstellung sei die am entrichtete 1. Quote in Höhe von € 1.766,76 (= 5% Barquote) bereits in Abzug gebracht worden.
Die mit erfolgte "Aufrechnung" der Insolvenzgutschriften in Höhe von € 1.610,34 sei ebenfalls in Abzug gebracht worden.
Die Berechnung der Haftungssumme ist aus folgender Tabelle zu entnehmen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
abzgl. Quote
Körperschaftsteuer
2011
5.218,24
3.913,68
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/12
2.478,83
1.859,12
Körperschaftsteuervorauszahlung
01-03/13
3.839,00
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
04-06/13
3.839,00
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/13
3.839,00
2.879,25
Körperschaftsteuervorauszahlung
10-12/13
3.250,00
2.437,50
 
 
 
22.464,07
16.848,05

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Körperschaftsteuer sei Folgendes festzuhalten.

Gemäß § 24 Abs. 3 KStG 1988 i.V.m. § 45 Abs. 2 EstG 1988 seien am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November jeweils Vorauszahlungen zu je einem Viertel zu leisten.
Der Abgabenanspruch entstehe bei der Körperschaftssteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen werde. Die veranlagte Körperschaftssteuer werde gemäß § 210 Abs. 1 BAO einen Monat ab Zustellung des  Abgabenbescheides fällig.

Mit Schreiben vom  sei der Bf. aufgefordert worden, darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen.

Die in diesem Schreiben festgesetzte Frist sei zuletzt bis verlängert worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sei es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei.

Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten ().

Dies setze voraus, dass der Geschäftsführer aufgrund seiner besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht im Verfahren die Grundlagen für die behördliche Feststellung des zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Anteils an liquiden Mittel beigebracht habe. Es werde hier an eine Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben zu denken sein, wobei es auf die gesamten Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der anderen Verbindlichkeiten andererseits ankomme.

Der Bf. sei somit der Aufforderung vom - sohin seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun - nicht nachgekommen. Die höchstgerichtliche Judikatur gehe davon aus, dass der Vertreter, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen habe, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkomme, einer besonderen Darlegungspflicht unterliege. Es treffe ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung, "darzutun", aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, er wäre seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. und , 2002/16/0168).

Nachweise einer erfolgten Gläubigergleichbehandlung (für das Fehlen einer diesbezüglichen Pflichtverletzung) habe der Bf. im Zuge des Haftungsvorverfahrens nicht erbracht. Es stehe somit fest, dass er der Verpflichtung, als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, für die Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben zu sorgen, zumindest leicht fahrlässig und damit schuldhaft im Sinne des § 9 BAO nicht nachgekommen sei.
Zu der in der am eingebrachten Stellungnahme werde dem Bf. zur Kenntnis gebracht, das die Veranlagung der Körperschaftsteuer 2013 (im die die Vorauszahlungsbeträge des Jahres 2013 berücksichtigt worden seien) bereits mit Bescheid vom erfolgt sei. Dieser Bescheid sei dem Haftungsvorhalt vom bereits beigelegt worden.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd. § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches
Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur
Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin aufgrund der Rechtswirkung des Zwangsausgleichs nicht mehr eingebracht werden könne. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. E ). Letzteres stehe hier fest.

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit der mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wird der Haftungsbescheid vom dem Grunde und der Höhe nach angefochten.


Verfahrensmängel:

Am Datum2 sei über das Vermögen der GmbH vom HG Wien das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Haftungsgegenständlich seien die Steuerrückstände dieser GmbH. Bis zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen GmbH habe die S- GmbH die Agenden der Buchhaltung geführt und diese die Jahresabschlüsse erstellt. Die S- GmbH habe wegen (bestrittener) offener Forderungen gegen die GmbH, die bezeichnenderweise nicht im Konkursverfahren angemeldet worden seien, rechtswidrig die an sie übergebenen Buchhaltungsbelege nicht herausgegeben. Vielmehr sei der Bf. von der S- GmbHklagsweise vor dem LG ZRS Wien auf Zahlung der angeblichen Rückstände in Anspruch genommen worden. Im dortigen Verfahren sei vom Bf. die Herausgabe der Belege gefordert worden und es sei zu erwarten gewesen, dass die rechtswidrige Urkundenunterdrückung beendet werde.

Mit Schreiben an das Finanzamt für den 1./23. Bezirk vom  sei der
vorgenannte Sachverhalt dem Finanzamt mitgeteilt worden. Der Bf. habe im
weiteren in Erfahrung gebracht, dass der Geschäftsführer der S- GmbH Anfang 2015 verstorben sei. Aus der öffentlichen Ediktsdatei und somit amtsbekannt ergebe sich, dass am das Konkursverfahren über das Vermögen der S- GmbHeröffnet worden sei. Dies habe dazu geführt, dass der genannte Prozess vor dem LG ZRS Wien unterbrochen und die Herausgabe der Buchhaltungsbelege auf diesem Wege unmöglich worden sei. Vielmehr sei nun die Angelegenheit mit der Masseverwalterin zu klären. Die Buchhaltungsbelege hätten erlangt werden können, wobei es sich der Kenntnis des Beschwerdeführers entziehe, ob die Übergabe abschließend sei oder ob Buchhaltungsbelege noch bei der S- GmbH liegen würden oder dort in Verstoß geraten seien. Jedenfalls habe der Tod des Geschäftsführers der S- GmbH und die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der S- GmbH dem Bf. verunmöglicht, dass der Bf. eine strukturierte und klar übersichtliche Aufstellung erstellen habe können, dass das Finanzamt nicht nur wie die anderen Gläubiger behandelt, sondern sogar merklich begünstigt worden sei. Im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht des Finanzamtes hätte dieses das schlichte Faktum der Insolvenzeröffnung über das Vermögen S- GmbH und den dadurch bewirkten „Stillstand“ im vorgenannten Zivilprozess vor dem LG ZRS Wien erheben können. Dann wäre dem Finanzamt auch klar gewesen, warum nicht innerhalb der angekündigten Frist (Ende April 2015) ein entsprechender Nachweis hätte erbracht werden können. Das Finanzamt habe es nicht der Mühe wert gefunden, durch den schriftlich erbetenen Anruf in der Kanzlei der Rechtsvertreter des Bf. nachzufragen, wann der Nachweis erbracht werde — etwa unter Hinweis auf das sonstige Ergehen von Haftungsbescheiden. Vielmehr sei der Haftungsbescheid ohne weiteres erlassen worden.
Hierdurch sei allerdings die Ermittlungspflicht des Finanzamtes verletzt und übersehen worden, dass es Bf. schlicht unmöglich gewesen sei, die entsprechenden Belege in der vom Finanzamt gewünschten Form darzulegen. Das Faktum der Bevorzugung könnte das
Finanzamt aber auch aus den der Steuerveranlagung zu Grunde liegenden Abschlüssen
ersehen.

Vorgelegt werde eine Aufstellung (Beilage 1), welche die Zahlungen an die Gläubiger der GmbH im Zeitraum ab 2011 darlegen würden. Zur Bescheinigung der
Gläubigeranzahl werde der Ausdruck der AVZ (Beilage 2) vorgelegt.

Zusammenfassend werde der Umstand, dass das Finanzamt weder von Amts wegen die
Unmöglichkeit der rechtzeitigen Vorlage der Bescheinigung (infolge der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der S- GmbH) berücksichtigt, noch mit entsprechenden Fristerstreckungsbeschlüssen auf die Fristerstreckungsanträge des Bf. reagiert habe, was als relevante Verfahrensmängel geltend gemacht werde. Die Nichtreaktion auf die Firsterstreckungsanträge habe beim Bf. den Eindruck erweckt, dass beim Finanzamt das Faktum der Insolvenz der der S- GmbH bekannt sei und eben vorläufig zugewartet werde. Wären diese Mängel vermieden worden, wäre hervorgekommen, dass den Bf. überhaupt keine Haftung treffe.

2. Bestreitung der Höhe des Haftungsanspruches:

Primär haftungsgegenständlich seien KöSt-Rückstände für das Jahr 2013. Es entspreche dem Erfahrungssatz, dass im Jahr vor Insolvenzeröffnung kein Gewinn mehr erzielt werde. Die Steuererklärung, die einen Gewinn ausweise, beruhe vermutlich darin, dass von Seiten der S- GmbH, die Belege mangelhaft bearbeitet/weitergegeben worden seien. Der Gf. der S- GmbHsei zudem Anfang 2015 verstorben, was die Herausgabe/ die Bearbeitung der steuerlichen Unterlagen der GmbH zudem verunmöglicht habe. Die Köst könne nur idH der Mindest-Köst geschuldet sein. Die Unmöglichkeit der Erlangung der Unterlagen wäre vom Finanzamt aufzugreifen gewesen.

3. Kein Verschulden des Beschwerdeführers:

Den Bf. treffe an der Nichtabfuhr der Körperschaftssteuer kein Verschulden.
Dies betreffe insbesondere die Körperschaftssteuer 10-12/13. Ab 11/13 seien nämlich
überhaupt keine Gläubiger mehr befriedigt worden.

4. Berücksichtigung der Sanierungsplan-Quoten:

Das Finanzamt habe - ebenso wie dies bei der WGKK üblich sei - im Falle der
Inhaftungnahme die im Sanierungsplan festgelegten Quoten zur Gänze bereits von einem
Haftungsbescheid in Abzug zu bringen. Diese Quoten erhalte das Finanzamt ja im Wege des Sanierungsplanes. Diese Schulden seien reguliert und an diese Schuldenregulierung sei auch das Finanzamt gebunden.

Zusammenfassend werde der Antrag gestellt, den Haftungsbescheid vom aufzuheben, in eventu den Haftungsbescheid vom aufzuheben und die Sache an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Sachentscheidung zurück zu verweisen.

****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom  gab das Finanzamt der Beschwerde hinsichtlich der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2013 statt und schränkte die Haftung auf € 14.410,55 ein.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf. als ehemaliger Geschäftsführer der GmbH mit Haftungsbescheid vom für die aushaftenden und von der Abgabenbehörde als uneinbringlich eingestuften Abgabenschuldigkeiten dieses Unternehmens gemäß §§ 9 und 80 BAO im Ausmaß von € 16.848,05 in Anspruch genommen worden sei. Es handle sich dabei um die Körperschaftsteuer für
das Jahr 2011 sowie um Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen für die Zeiträume Juli bis August 2012 sowie Jänner bis Dezember 2013. Bei den vorgeschriebenen Beträgen handle es sich jedoch nicht um die gesamten offenen Beträge für diese Steuerarten und Zeiträume, sondern um die um die Ausgleichsquote von 25% verminderten Beträge. Begründet worden sei diese Aktion mit dem Umstand, dass über diese GmbH am Datum2 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei. Mit Beschluss vom Datum3 war der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben worden sei. Infolge der Rechtswirkung des § 156 Abs.1 IO seien somit 75% dieser Forderungen bei der Primärschuldnerin nicht mehr einbringlich. Diese sollten nun im Wege der Geschäftsführerhaftung hereingebracht werden.

Das Finanzamt habe vorerst einen Haftungsvorhalt erlassen, mit dem der nunmehrige Bf. auf die beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme hingewiesen worden sei. Dieses Schreiben habe ausführliche Information zur sachlichen, insbesondere aber auch zur rechtlichen Lage einschließlich der Aufforderung, den Nachweis über die Einhaltung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes zu führen, enthalten. Da dieser Aufforderung nicht nachgekommen worden sei, habe die Abgabenbehörde den nun bekämpften Haftungsbescheid erlassen.

Dagegen richte sich nun die Beschwerde vom . Darin werde im wesentlichen
angeführt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, den ihm erteilten
Auftrag nachzukommen, da er nicht über die dazu notwendigen Unterlagen verfügt habe.
Desgleichen hätte das Finanzamt aus den ihm vorgelegten Unterlagen „das Faktum der
Bevorzugung..ersehen...können...“. Das Verschulden des Beschwerdeführers werde bestritten, insbesondere hinsichtlich der KöSt-Vorauszahlung für das letzte Quartal 2013, da ab November 2013 überhaupt keine Gläubiger mehr befriedigt worden seien. Außerdem habe man die die Sanierungsplan-Quoten nicht berücksichtigt. Beigelegt gewesen wären Unterlagen, die den „Geldzufluss zu den 4 späteren Gläubigern“ darstellen sollten, sowie ein Anmeldungsverzeichnis.

Bei der Verwirklichung des Haftungstatbestandes gemäß §§ 9, 80 BAO komme es darauf an, dass während der Funktion als Geschäftsführer eine Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben vorgelegen sei, die nicht eingehalten worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe (vgl. etwa ).

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Vertreter (vgl. ).

Auf diesem laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Trete der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann könne ihm die uneinbringllche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ). Dem Vertreter obliege es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen ().

Damit gehe das Argument, wonach der Beschwerdeführer über keine Aufzeichnungen verfügt habe, von vornherein ins Leere. Es wäre seine Sache gewesen, schon zu Beginn von Zahlungsstockungen (private) Vorsorge zu treffen, nötigenfalls den  Gleichbehandlungsgrundsatz auf Grund eigener Aufzeichnungen zu führen. Dem sei er jedoch nicht nachgekommen. Auch aus den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellungen lasse sich nicht entnehmen, welche Verbindlichkeiten zu den einzelnen Abgabenfälligkeiten insgesamt bestanden hätten bzw. in welchem (anteilsmäßigen) Ausmaß diese auch befriedigt worden wären. Damit sei auch für die Behörde kein Vergleich mit der tatsächlich nur anteilmäßig erfolgten Begleichung der offenen Forderungen möglich gewesen.

Hinsichtlich der bemängelten Sanierungsplan-Quoten sei das Vorbringen schlichtweg
unzutreffend. Die Begründung des Haftungsbescheides habe eine ansprechende
tabellarische Berechnung enthalten. Soweit es die Höhe des Haftungsbetrages betreffe, so sei anzumerken, dass die für das Jahr 2013 vorgeschriebenen Vorauszahlungen so ziemlich genau die Höhe des bescheidmäßig festgesetzten Jahres- Körperschaftsteuerbescheides betragen hätten (dies habe übrigens zu einer geringfügigen Gutschrift bei der Veranlagung geführt).

Hinsichtlich der Vorauszahlung für das letzte Quartal 2013 folge die Behörde jedoch dem
Einwand des Beschwerdeführers, dass es ab November 2013 zu überhaupt keinen Zahlungen mehr gekommen sei. Hinsichtlich dieses Teilbetrages werde die Haftung eingeschränkt.


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
K
2011
3.913,68
K
07-09/12
1.859, 12
K
01-03/13
2.879,25
K
04-06/13
2.879,25
K
07-09/13
2.879,25
K
 
14.410,55

**** 

Dagegen beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, ohne das bisherige Vorbringen zu ergänzen.

****

Mit Vorhalt vom  wurde dem Bf. die Möglichkeit zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises eingeräumt.

Der Bf. wurde ersucht, den im Rahmen der einem Geschäftsführer obliegenden Behauptungs-und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus- in Form einer Gegenüberstellung aller liquiden Mittel und Verbindlichkeiten ab dem jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits sowie die Verwendung der vorhandenen Mittel ankommt, wobei auch die Zug-um-Zug- Geschäfte zu berücksichtigen sind, - innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens vorzulegen.

****

Vorhaltsbeantwortung vom :

1. Berücksichtigung der Quotenzahlung von 11%

Im Sanierungsverfahren über das Vermögen der XY GmbH, XXXX, sei ein 25%-iger Sanierungsplan abgeschlossen und bestätigt worden. Hierauf seien 11% bezahlt worden (5% Barquote und 6% Quote) . Aus diesem Grund reduziere sich die noch gegenständlich geltend gemachte Haftung von € 14,410‚55 um 11% idH € 1.585,16 auf € 12.825,38.

2. Haftung für KÖSt 01-09/2013 idH € 2.879,25/Quartal

Die Finanzbehörde habe mit Beschwerdevorentscheidung vom festgestellt, dass ab November 2013 überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet wurden. Davon ausgehend sei die Haftung für 10-12/13 um diesen Teilbetrag eingeschränkt worden.

Der Beschwerdeführer stelle den geforderten Liquiditätsstatus somit für den Zeitraum 01- 09/2013 wie folgt dar:

Die XY GmbH habe im Geschäftsjahr 2013 ein einziges Konto bei der Privatbank AG, IBAN: --- geführt. In diesen Zeitraum sei der gesamte Zahlungsverkehr über dieses Konto erfolgt und ergebe sich hieraus sämtliche Zahlungen (auch aus Zug- um Zug Geschäften) und sämtliche Eingänge. Diese Entwicklung an Einnahmen/Ausgaben stelle sich dementsprechend kurzgefasst wie folgt dar:


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Monat
Einnahmen in €
Ausgaben
01/2013
11.495,10
13.899,91
02/2013
646,39
3.604,23
03/2013
13.146,78
7.856,87
04/2013
15.123,49
16.608,13
05/2013
20.914,82
11.422,70
06/2013
13.700,26
23.769,46
07/2013
23.900,08
24.148,36
08/2013
33.505,21
34.159,38
09/2013
23.775,71
22.739,03
 
156.207,74
158.208,07

Zu den oben berechneten Ausgaben (= bezahlte Schulden) von € 158.208,87 seien noch die eben nicht befriedigten Verbindlichkeiten gemäß dem dg bereits erliegenden Anmeldungsverzeichnis hinzuzurechnen. Die Summe der Verbindlichkeiten gemäß dem Anmeldungsverzeichnis belaufe sich auf € 158.246,02. So ergäben sich Gesamtverbindlichkeiten (inkl. aushaftender und entrichteter Abgabenschulden sowie Zug-um-Zug-Geschäfte) von € 316.416,14.

Davon ausgehend errechne sich eine Quote von 49,36% (Einnahmen = liquide Mittel von € 156.207,74 : Gesamtverbindlichkeiten von € 316.416,14 X 100 = 49,36%).

Die Abgabenquote errechne sich wie folgt:

An das Finanzamt seien insgesamt € 8.449,64 bezahlt worden (vgl. die db bereits erliegende Aufstellung). Die Abgabenverbindlichkeiten seien dg bekannt und dem Beschwerdeführer seien von Seiten der vormaligen Steuerberatung der XY GmbH Buchhaltungsunterlagen der genannten GmbH zunächst gar nicht und später lückenhaft übergeben worden. Die Nachlässigkeit der S- GmbH habe ua zur Insolvenz dieser GmbH geführt. An der Nichterlangung von Unterlagen treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden. An Buchungsmitteilungen 2013 habe er nur die Bumi 5 erhalten, die allerdings dem Zeitpunkt nahe komme, zu dem die Finanzbehörde die Zahlungseinstellung festgestellt habe (Anfang November 2013). Daraus ergebe sich per ein Rückstand von € 29.050,00.  Dementsprechend errechne sich eine Abgabenquote von rd 29% (€ 8.449,64 : € 29.050,00 = 29,08%).

Nach der Judikatur sei die Differenz zur Haftung heranzuziehen, weil die Haftung des § 9 BAO eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit voraussetze. Bestehe aber nur die Pflicht zur anteiligen Entrichtung, so sei die Verletzung dieser Pflicht nur kausal für den anteiligen Abgabenausfall. (vgl etwa Berufungsentscheidung - Steuer (Referent) des ). Die Differenz der Abgabenquote zur gesamten Quote betrage rd 20%. Somit sei die Haftung für 2013 zumindest auf € 1.537,51 (=3 Quartale an Köst à € 2.879,25 = € 8.637,75 davon abzgl. 11% idH € 950,15 = € 7.687,59 und davon 20% = € 1.537,51) einzuschränken.

Beweis: Kopie der Kontoauszüge für I. Quartal bis III. Quartal 2013 (Konvolut 3)

Bestätigung Sanierungsplan der XY GmbH (Beilage 4);

Bei der Finanzbehörde aufliegende Buchungsmitteilungen;

Einvernahme des Beschwerdeführers

Es werde der Antrag gestellt, die Haftung für I. Quartal bis III. Quartal dementsprechend aufzuheben; in eventu auf € 1.537,51 einzuschränken.

II.

Der Finanzstatus solle gemäß dem behördlichen Auftrag vom ab dem Zeitraum 2011 erfolgen. Hierzu sei festzuhalten, dass das gegenständliche Haftungsverfahren seit dem , mithin nunmehr weit über 4 Jahren anhängig sei (Haftungsbescheid vom ). Zwischenzeitlich seien 4 Jahre vergangen und es habe sogar die buchhalterische Aufbewahrungspflicht für das Geschäftsjahr 2011 geendet. Dementsprechend mühsam sei es, für den Antragsteller, den Liquiditätsstatus ab 2011 zu erstellen. Die Arbeiten seien im Gange und es werde eine entsprechende Rekonstruktion der (gar nicht mehr aufzubewahrenden) Unterlagen unternommen. Es werde dementsprechend der Antrag gestellt, die Frist zur Erbringung dieses Liquiditätsstatus um zumindest 2 Monate, mithin bis zum zu erstrecken.

****

Weder bis zum noch bis dato wurde eine Liquiditätsrechnung für 2011 und 2012 vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.

Ein Haftungsbescheid ist ein Sammelbescheid. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde hinsichtlich der Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2013 stattgegeben. Auf die Beschwerdevorentscheidung wird verwiesen.

Der Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Es entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Abgabenbescheide auch im Wege von Sammelbescheiden erlassen werden können. Der angefochtene Haftungsbescheid enthält eine Vielzahl einzelner Bescheide, die jeweils ihr eigenes Schicksal haben und jeder für sich bekämpfbar ist. Der hier gegenständliche Vorlageantrag lässt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine Interpretation des Parteienwillens nicht dahingehend zu, dass auch hinsichtlich der mit der Berufungsvorentscheidung vom Haftungsausspruch ausgenommenen Abgabenschuldigkeiten die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt wurde. Aus dem Charakter des Haftungsbescheides als Sammelbescheid ist daher insoweit von einer Teilrechtskraft der Beschwerdevorentscheidung in Bezug auf die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2013 auszugehen.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung des Bf. als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

I. Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in der Entscheidung eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049, im Wesentlichen ausgeführt, dass die Haftung nach § 9 BAO einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet sei, denn diese gesetzlich begründete Mitschuld habe ein pflichtwidriges Verhalten des Vertreters und einen dadurch bewirkten (zu befürchtenden) Einnahmenausfall der Finanzbehörde zur Voraussetzung. Durch die Normierung einer Mithaftung im Abgabenverfahren werde die Einbringung einer Schadenersatzklage entbehrlich. Unter diesem Gesichtspunkt erweise sich die Ansicht als gerechtfertigt, dass der Abschluss eines Ausgleichs (Zwangsausgleichs) keinen Einfluss auf die Haftung nach § 9 BAO habe und zum Einen die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vertreters und dem eingetretenen Schaden zu beachten sei, zum Anderen der Abschluss eines Ausgleichs (Zwangsausgleichs) keinesfalls den (teilweisen) Untergang der Ersatzforderung bewirke. Der Gedanke der Akzessorietät könne nicht losgelöst von den ihn bestimmenden Gesichtspunkten insoweit verselbständigt werden, dass Vertreter von der im öffentlichen Recht wurzelnden Abgabenhaftung auch in Konstellationen freigestellt werden, die geradezu im Kernbereich der ratio legis lägen. Die Haftung sei nur insofern akzessorisch, als sie das Bestehen des Abgabenanspruchs zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhalts voraussetze. Ob ein Erlöschen der Schuld auch dem Haftungspflichtigen zugutekomme, sei hingegen nach dem Zweck der den Schulderlöschensgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen. Davon ausgehend stelle der Ausgleich (Zwangsausgleich) des Primärschuldners keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar. Es wäre auch sachlich nicht zu rechtfertigen, dass es zur Haftungsfreistellung auf den grundsätzlich nicht vorhersehbaren Zeitpunkt der (letztinstanzlichen) Erlassung des Haftungsbescheides ankommen sollte; dies mit der Wirkung, dass bei einer Erledigung vor Bestätigung des Ausgleichs (Zwangsausgleichs) die Haftung des Geschäftsführers unausweichlich weiter bestünde, danach aber nicht mehr festgestellt werden dürfte. Es käme dabei vom Sicherungsgedanken des Abgabengläubigers durch die Haftungsbestimmungen her auch zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung zu der jedenfalls in vollem Umfang gegebenen Haftung eines Geschäftsführers bei (bloßem) Konkurs des Primärschuldners.

Ab trat zwar die Insolvenzordnung in Kraft, die Rechtsprechung ist jedoch auch für das neu geschaffene Sanierungsverfahren zu beachten.

Das Sanierungsverfahren der Gesellschaft stand daher der Haftungsinanspruchnahme des Bf. nicht entgegen.

Soferne der Bf. vorbringt, es könne nur die Höhe der Mindest-Köst geschuldet sein, ist dem entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die Behörde für den Fall, dass dem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid vorangeht daran gebunden ist und sich grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten hat (vgl. z.B. ).  Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt.

Der Vorauszahlungsbescheid für die Körperschaftsteuer 2013 vom wurde dem Haftungsbescheid beigelegt. Die Einwendung zur Höhe des Abgabenanspruches geht somit ins Leere.

2.) Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen:

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien  vom Datum2  wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, mit Beschluss vom Datum3 der Sanierungsplan mit einer 25 %igen Quote bestätigt.

Daraus ergibt sich die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen im Ausmaß von 75% bei der Primärschuldnerin.

Die Quote wurde bereits im Haftungsbescheid berücksichtigt. Dem Beschwerdevorbringen, dass die Sanierungsplanquoten zu berücksichtigen seien, kann somit nicht gefolgt werden, da eine nochmalige Berücksichtigung der Quote nicht möglich ist.

Angemerkt wird, dass mit Beschluss des Gerichtes vom Datum4 über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet und dieser nach erfolgter Schlussverteilung mit Beschluss vom Datum5 aufgehoben wurde. Am wurde die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht. Auch aus diesem Grunde steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin fest.

3.) Stellung des Bf. als Vertreter

Gemäß Firmenbuchauszug vertrat der Bf. die GmbH seit  Datum6 als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens (Datum2) und nach rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsverfahrens (Datum3 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens (Datum4) und zählt damit zum Kreis der in § 80 BAO genannten Vertreter, welche bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden können.

4.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Geschäftsführer

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Dabei ist zu beachten, dass sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Auf diesem, nicht aber auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ( mwN).

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom wurde eine Liquiditätsberechnung für 2013 vorgelegt. Hinsichtlich der Jahre 2011 und 2012 wurde ersucht, die Frist zur Erbringung des Liquiditätsstatus bis zum zu verlängern. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Verfahren seit nunmehr vier Jahren anhängig sei und sogar die Aufbewahrungspflicht für das Geschäftsjahr 2011 verstrichen sei.

§ 132 BAO lautet:

(1) Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sind sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluß des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluß des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluß des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

(2) Hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen kann die Aufbewahrung auf Datenträgern geschehen, wenn die vollständige, geordnete, inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist. Soweit solche Unterlagen nur auf Datenträgern vorliegen, entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe.

(3) Wer Aufbewahrungen in Form des Abs. 2 vorgenommen hat, muß, soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben beibringen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

Der Einwand, dass die Aufbewahrungspflicht für die Bücher und Schriften aus dem Jahr 2011 bereits geendet habe, ist nicht zielführend, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen trifft, sodass er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Wer weiß, dass Unterlagen zu Beweiszwecken bedeutsam sind, riskiert bei ihrer Vernichtung, dass diese Vorgangsweise - vor allem, soweit ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft - in freier Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt wird (vgl. Ritz, BAO-Kommentar6, § 132, Tz. 9).

Der Bf. wurde mit Bescheid vom , somit lange vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht zur Haftung herangezogen, hatte somit zweifelsfrei Kenntnis von diesem Verfahren und musste nach Ablauf des Konkursverfahrens damit rechnen, dass diese Unterlagen für die Prüfung in diesem Haftungsverfahren von Bedeutung sein würden.

Gemäß der Beantwortung des Haftungsvorhaltes vom verweigerte die steuerliche Vertretung die Herausgabe der Buchhaltungsunterlagen 2013 und 2014, die Jahre davor waren somit nicht betroffen, die Unterlägen wären somit in der Verfügungsmacht des Bf. gestanden.

Ein Gleichbehandlungsnachweis für 2011 und 2012 wurde bis dato nicht vorgelegt.

(Anm.: Der Bf. wurde mit Schreiben des  zur Vorlage eines Gleichbehandlungsnachweises aufgefordert, da aus der der Beschwerde beigelegten Berechnung lediglich die Zahlungen an 4 Gläubiger ausgewiesen ist, jedoch weder die Höhe der liquiden Mittel, die Gesamtschulden noch die Zahlungen im Zusammenhang mit Zug um Zug Geschäften erkennbar waren.)

Gründe für die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer 2011 und 7-9/2012 wurden nicht dargetan, weshalb vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen ist. Eine quotenmäßige Einschränkung der Haftung für diese Abgabenschuldigkeiten kommt mangels Vorlage eines Gleichbehandlungsnachweises nicht in Betracht.

Die Beschwerde war daher insoweit abzuweisen.

Betreffend das Jahr 2013 hat der Bf. dargetan, dass die Buchhaltungsunterlagen 2013 und 2014 von der damaligen steuerlichen Vertretung zunächst gar nicht, später nur lückenhaft herausgegeben worden seien.

Die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, dass es dem Vertreter obliege, entprechende Beweisvorsorgen zu treffen () ist zwar zutreffend, jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Bf. nicht vorhersehen konnte, dass ihm die Herausgabe der Unterlagen vom Steuerberater verweigert würde, bzw. die Buchhaltung nur unvollständig erfolgen werde, weshalb das Bundesfinanzgericht diesbezüglich nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgeht.

Dennoch hat der Bf. sich dahingehend bemüht einen Gleichbehandlungsnachweis zu erstellen, der im Hinblick auf die vom Bf. vorgebrachten erschwerten Umstände, vom Bundesfinanzgericht anerkannt wird, obwohl er nicht stichtagsbezogen ist und hinsichtlich der aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten zwar nicht ziffernmäßig genau ist, der herangezogene aushaftende Betrag von € 29.050,00 jedoch dem Jahresdurchschnitt entspricht.

Gemäß der vorliegenden Berechnung betrug der Quotenschaden 20%.

Demzufolge war die Haftung für die Körperschaftsteuervorauszahlungen 1-9/2013 je Quartal € 575,85 einzuschränken. Eine weitere Reduzierung durch Anrechnung der Sanierungsplanquote war nicht möglich, da der Bf. mit Haftungsbescheid vom um den diese Quote (25%) verminderten Betrag zur Haftung herangezogen wurde (vgl. Begründung des Haftungsbescheides vom , Seite 2).

Weitere Vorbringen, die das Verschulden des Bf. an der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlungen 1-9/2013 ausschließen würden, wurden nicht vorgebracht.

Die Haftung reduziert sich daher wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Körperschaftsteuer
2011
3.913,68
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/12
1.859,12
Körperschaftsteuervorauszahlung
01-03/13
575,85
Körperschaftsteuervorauszahlung
04-06/13
575,85
Körperschaftsteuervorauszahlung
07-09/13
575,85
Summe:
 
7.500,35

5.) Kausalzusammenhang:

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6.) Ermessen:

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensübung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen.

Laut Firmenbuchauszug ist der Bf. einziger Geschäftsführer der Gesellschaft, somit der einzige in Betracht kommende Haftende im Sinne der § 9 Abs. 1 BAO, und können diese Abgabenschulden bei der Gesellschaft nicht mehr eingebracht werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Behörde daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 45 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 210 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105759.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at