Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2020, RV/7103177/2011

Zurückweisung eines verspäteten Vorlageantrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache XY, über die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , EW-AZ 1, EW-AZ 2 und EW-AZ 3 betreffend Einheitsbewertung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Herr X ist am xxxx.2006 verstorben. Aus diesem Anlass wurden die nachfolgenden Bescheide erlassen:

EW-AZ 1:

1) Hinsichtlich des Grundbesitzes (Einfamilienhaus), yyy, am
- Zurechnungsfortschreibungsbescheid (§ 21 Abs. 4 BewG) ab .

EW-AZ 2:

2) Hinsichtlich des Grundbesitzes Betriebsgrundstück bewertet als Fabriksgrundstück, zzz, am

- Zurechnungsfortschreibungsbescheid (§ 21 Abs. 4 BewG) ab (mit BVE vom korrigiert auf )

(und am  ein Zurechnungsfortschreibungsbescheid (§ 21 Abs. 4 BewG) ab (mit BVE vom aufgehoben), nicht Gegenstand des Verfahrens)

EW-AZ 3 (Anm.: mit gelöscht und in der EW-AZ 2 erfasst)

3) Hinsichtlich der Liegenschaft www im Ausmaß von 915 m2, am

- Zurechnungsfortschreibungsbescheid (§ 21 Abs. 4 BewG) ab

Gegen alle Fortschreibungsbescheide wurden Berufungen eingebracht.

Weiters ergingen folgende Berufungsvorentscheidungen:

EW-AZ 1, am ,

ad 1)

- Abweisung der Berufung soweit sie sich gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom richtet

EW-AZ 2 am :

ad 2)

- Abweisung der Berufung soweit sie sich gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom richtet, Abänderung des Stichtages auf

EW-AZ 3 am :

ad 3)

- Abweisung der Berufung gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom

Mit Schreiben vom , mit FAX übermittelt am , wurde Vorlageantrag eingebracht.

Begründet wurde u.a.:

"Die angefochtenen Berufungsvorentscheidungen wurden mir wegen meiner andauernden Ortsabwesenheit am hinterlegt und mit Beendigung meiner Ortsabwesenheit am behoben. Die Erledigung konnte ferner deshalb nicht eher erfolgen, weil meine in Wien alleine lebende Tochter in diesem Zeitraum plötzlich schwer erkrankt war und vor und nach zwei Spitalsaufenthalten samt Operation mangels anderer verfügbarer Personen von mir betreut werden musste...."

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt um folgende Ergänzungen:

"In Ihrem Vorlageantrag vom betreffend die Berufungsvorentscheidungen vom führen Sie aus, dass Sie an der in diesen Bescheiden genannten Zustelladresse dauernd ortsabwesend gewesen seien. Deshalb seien diese Bescheide am hinterlegt worden und hätten von Ihnen erst nach Beendigung ihrer Ortsabwesenheit am behoben werden können.

Sie werden in diesem Zusammenhang ersucht, bekanntzugeben,
- von wann bis wann genau sie von der Adresse a (
Anm.: richtig "b"), ortsabwesend waren und
- wo sie sich während dieser Zeit der Ortsabwesenheit aufgehalten haben.

Diesbezügliche Nachweise (z.B. Hotelrechnungen, Zeugenaussagen,...) sind vorzulegen.

Es wird darauf hingewiesen, dass der ordnungsgemäße Zustellnachweis gem. § 17 ZuStellG eine öffentliche Urkunde ist und es somit Sache des Empfängers ist, Umstände und entsprechende Beweise vorzubringen, die geeignet sind, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zustellung aufkommen zu lassen. Ansonsten ist davon auszugehen, dass die Berufungsvorentscheidungen am ersten Tag der Abholfrist iSd § 17 Abs. 3, also am , als zugestellt gelten." 

Der Vorhalt wurde am  hinterlegt und am als nicht behoben an die Behörde zurückgestellt. Am erließ das Finanzamt einen Zurückweisungsbescheid mit folgender Begründung:

"Trotz eines entsprechenden Vorhaltes vom , zugestellt am , haben sie nicht nachgewiesen, dass Sie im Zeitpunkt der Hinterlegung der Berufungsvorentscheidungen vom an der Adresse a, ortsabwesend waren. Damit gelten die Berufungsvorentscheidungen am ersten Tag der Abholfrist iSd § 17 Abs.3 ZuStellG, also am , als zugestellt.

Weil die Antragsfrist gemäß § 245 bzw. §276 ABO (Anm. richtig: BAO) somit bereits am abgelaufen ist, war der Vorlageantrag vom , eingebracht beim Finanzamt A im FAX-Wege am , 21 Uhr 53, als verspätet zurückzuweisen."

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid hat die Bf. am Berufung, nun mehr Beschwerde, eingebracht und im Wesentlichen begründet, sie habe von dem Ersuchen vom (s.o.) keine Kenntnis haben können, weil ihr keine Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten eingeworfen worden sei. Im Übrigen stamme die Handschrift auf dem im Akt befindlichen Rückschein nicht vom Zusteller, wie leicht aus den anderen Rückscheinen im Akt zu entnehmen sei. Vom Zustellvorgang des Zurückweisungsbescheides habe sie keine Kenntnis erhalten können, da sie vom Schweizaufenthalt (vom bis ) zurückkommend wegen eines verlorenen Gepäckstückes erst um 2 Uhr Früh des den Flughafen Schwechat verlassen konnte, um anschließend ihren Rehab-Aufenthalt in c, anzutreten. Von dort sei sie am nach b zurück gekehrt. Der Sachverhalt sei nicht nur durch den Zeugen xy bestätigt, sondern sei durch eine Abfrage im Melderegister von Amts wegen elektronisch überprüfbar. Am sei sie noch (seit Samstag) an ihrem weiteren Wohnsitz in d, Straße, gewesen um am einen Spitalsaufenthalt im f Krankenhaus, e, (op) anzutreten. Nach dem Spitalsaufenthalt sei sie an ihren weiteren Wohnsitz in d zurückgekehrt, weil sie dort eine ebenerdige Wohnung habe, in b aber 3 Geschoße ohne Lift hochgehen müsste. Zurückgekehrt sei sie am . Der Sachverhalt sei von xy als Zeuge bestätigt. Im Übrigen sei ihre Wohnadresse nicht g sondern b. Einer solchen Aufforderung könne sie denkunmöglich nachkommen. Die geforderte Hotelrechnung gebe es nicht, da ihr weiterer Wohnsitz aktenkundig in ihrem Eigentum stehe. Der Spitalsaufenthalt sei von Amts wegen mit einer elektronischen Meldeabfrage überprüfbar gewesen.

Die Bf. bringt vor, die angefochtenen Bescheide verletzten sie in ihren Parteienrechten, sowie gebe die Behörde im angefochtenen Bescheid den tragenden Bestimmungen des Zustellgesetztes einen denkunmöglichen Inhalt, der Parteien- und Verfassungsrechte so schwer verletze, dass sie mit Gesetzlosigkeit gleichzusetzen sei.

2.Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG

Da die gegenständliche Berufung am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Der Geschäftsverteilungsausschuss hat die Rechtssache nun mehr der Gerichtsabteilung 1088 zur Erledigung zugewiesen.

2. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Einheitswertakten des Finanzamtes A, EW-AZ 1, 2.

3. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 276 Abs. 1 BAO idF bis konnte die Abgabenbehörde erster Instanz, sofern die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273 BAO) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2 BAO, § 86a Abs. 1 BAO, § 275 BAO) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3 BAO, § 274 BAO) zu erklären war, die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hie bei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen.

Gegen einen solchen Bescheid (= Berufungsvorentscheidung), der wie eine Entscheidung über die Berufung wirkte, konnte gemäß § 276 Abs. 2 BAO innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden (Vorlageantrag).

Zur Einbringung eines solchen Antrages war der Berufungswerber und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirkte. Wurde ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so galt gemäß § 276 Abs. 3 BAO ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung dadurch nicht berührt wurde, die Berufung von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt.

Bei Zurücknahme des Antrages galt die Berufung wieder als durch die Berufungsvorentscheidung erledigt; dies galt, wenn solche Anträge von mehreren hie zu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge. Auf das Recht zur Stellung des Vorlageantrages war gemäß § 276 Abs. 4 BAO in der Berufungsvorentscheidung hinzuweisen. § 93 Abs. 4 bis 6 BAO, § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4 BAO, § 249 Abs. 1 BAO, § 255 BAO, § 256 BAO sowie § 273 Abs. 1 BAO waren sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hatte die Abgabenbehörde eine Berufung (hier: den Vorlageantrag) durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung (hier: der Vorlageantrag) a) nicht zulässig war oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Das Finanzamt hatte noch die Bestimmungen der BAO idF bis zum anzuwenden. Ab dem ist die Rechtssache als Beschwerde zu behandeln und sind die Bestimmungen der BAO idF ab dem anzuwenden.

Nach § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Nach § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 109 BAO).

Nach § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (lit. a). Zustellungen sind nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idgF, vorzunehmen.

§ 17 Zustellgesetz lautet:

"Hinterlegung § 17. 

(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Die rechtmäßige Hinterlegung hat die Wirkung der Zustellung.

Als Zustellzeitpunkt gilt

  • bei Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch der Tag der Hinterlegung (§ 23 Abs 4 ZustG),

  • ansonsten der erste Tag der Abhol­frist; dies gilt auch bei Hinterlegung wegen Annahmeverweigerung ( Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungs­verfahrensrecht 10, Tz 220).

Die Hinterlegung gilt als Zustellung unabhängig davon, ob der Empfänger tatsächlich von ihr Kenntnis erlangt und ob das Dokument behoben wird ( ) sowie ob hiebei Hindernisse auftreten; solche Umstände können allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund bilden ( ; , 2001/20/0425).

Das hinterlegte Dokument gilt (bei rechtmäßiger Hinterlegung) dann nicht mit dem ersten Tag der Abhol­frist als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger (bzw der Vertreter iSd § 13 Abs 3 ZustG) wegen Abwesenheit nicht rechtzeitig vom Zustellv­organg Kenntnis erlangen konnte.

Die Zustellung wird bei Hinterlegung am Tag nach der Rückkehr an die Abgabestelle nur dann wirksam, wenn dieser Tag noch innerhalb der Abhol­frist liegt; weiters  dann, wenn die Behebung „an diesem Tag auch möglich ist, dh ein Hindernis (etwa das Geschlossensein der Dienststelle wegen Arbeitsruhe) ihr nicht entgegensteht“ ( Walter/ Thienel, Verwaltungs­verfahrensgesetze, 1984).

Dieses Wirksamwerden der Zustellung tritt auch ein, wenn der Empfänger nach seiner Rückkehr an dem Tag, an dem die Abholung möglich wäre, oder vorher die Abgabestelle wieder verlässt ( , ZfVB 1994/3/1169; , 99/18/0395; vgl , ZfVB 1998/5/1715).

Will eine Behörde davon ausgehen, ein Dokument sei durch Hinterlegung zugestellt, so trifft sie von Amts wegen die Pflicht festzustellen, ob auch tatsächlich durch Hinterlegung eine Zustellung bewirkt wurde und ob nicht etwa der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellv­organg Kenntnis erlangen konnte ( ). Daher ist das Parteiengehör zB vor Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung zu wahren (zB , 89/13/0277; , 94/10/0010, ZfVB 1996/3/1236).

Der ordnungsgemäße Zustell­nachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis ist nach § 292 Abs 2 ZPO möglich (zB ; , 2004/16/0197; , NZ 2008, 151; ). Siehe auch § 22 ZustG.

Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellv­organges aufkommen zu lassen ( ; , 95/19/0764).

Als Beweismittel kommen ua in Betracht:

  • Einreisestempel in den Reisepass ( ),

  • Flugtickets ( , ZfVB 1990/5-6/2397),

  • (sonstige) Fahrausweise, Hotel­rechnungen und Zeugen (vgl , ZfVB 1988/6/2259; , 93/02/0210, ZfVB 1997/6/786; , 2004/16/0197),

  • eine Aufenthaltsbestätigung (UVS Salzb urg , 3/118/3-1991), wie zB die Bestätigung eines Unterkunftsgebers (zB Krankenhauses),

  • die Aussage des Empfängers selbst

    (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, ZustellG, § 17, VII. Beweisfragen [Rz 21 – 23] )

Im streitgegenständlichen Fall wurden die mit datierten Berufungsvorentscheidungen nach den Angaben des vorliegenden Zustellnachweises bzw. Rückscheines (RSa-Zustellung) der Berufungswerberin (nun mehr Beschwerdeführerin) nach einem vergeblichen Zustellversuch am  mit Einlegung einer Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten beim Postamt ---- zur Abholung hinterlegt und der Beginn der Abholfrist mit  bestimmt. Da diese Berufungsvorentscheidungen auch die Rechtsbelehrung über die Möglichkeit der Stellung eines Vorlageantrages enthalten haben, begann mit dem , dem Tag an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten worden ist, auch die Vorlageantragsfrist des § 276 Abs. 2 BAO von einem Monat und endete diese somit gemäß § 108 Abs. 2 und Abs. 3 BAO am Freitag, den . Da der verfahrensgegenständliche Vorlageantrag erst am  mittels Fax beim Finanzamt A eingebracht worden ist, war grundsätzlich von einer verspäteten Einbringung des Vorlageantrages auszugehen.

Das Finanzamt hat seiner amtswegigen Ermittlungspflicht folgend und in Wahrung des Parteiengehörs den o.a. Vorhalt vom an die Bf. gesandt, welcher ebenfalls nicht behoben wurde. Wenn die Bf. einwendet, sie habe von dem Ersuchen vom (s.o.) keine Kenntnis haben können, weil ihr keine Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten eingeworfen worden sei, so ist dazu zu sagen, dass sie zumindest mit Einbringung des Vorlageantrages selbständig Belege (Aufenthaltsbestätigung des Krankenhauses, Flugtickets, Aufenthaltsbestätigung Rehab,...) hinsichtlich ihrer Abwesenheiten hätte beibringen können um ihr Vorbringen zu untermauern.

Durch bloße Akteneinsicht bzw. Ausfolgung von Abschriften kann grundsätzlich keine Frist neu in Gang gesetzt werden. Wenn die Bf. in ihrer Berufung (nun mehr Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid ausführt, unter einem werde dem Ersuchen um Ergänzung vom , welches ihr ebenfalls am in Kopie überreicht worden sei, schriftlich entsprochen, so ist dazu zu sagen, dass zwar der dargestellte Sachverhalt in der Berufung (nun mehr Beschwerde) geschildert wird, aber trotz Kenntnis vom Inhalt des Ergänzungsersuchens wiederum keinerlei Belege hie für vorgelegt wurden.

Der ordnungsgemäße Zustell­nachweis ist - wie bereits ausgeführt - eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung. Ein Gegenbeweis wurde nicht erbracht. Wenn die Bf. ausführt, die Handschrift auf dem im Akt befindlichen Rückschein stamme nicht vom Zusteller, wie leicht aus den anderen Rückscheinen zu entnehmen sei, so kann das nicht zu dem erstrebten Erfolg führen, da es sich nicht um die gleiche Person des Zustellers handeln muss.

Das Finanzamt hat somit zu Recht den Vorlageantrag vom als verspätet zurückgewiesen.

Als obiter dicta ist zu sagen:

Selbst wenn das Finanzamt die Berufungen (nunmehr Beschwerden) zur Entscheidung in der Sache selbst vorgelegt hätte, wäre daraus nichts zu gewinnen gewesen.

§ 193 BAO lautet:

"(1) Wenn die Voraussetzungen für eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach bewertungs­rechtlichen Vorschriften vorliegen, so ist in den Fällen einer beantragten Fortschreibung auf den sich aus der Anwendung des Abs 2 ergebenden Zeitpunkt, in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für eine Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungs­bescheid zu erlassen. Dadurch tritt der dem Fortschreibungs­bescheid zugrunde liegende Bescheid über den Einheits­wert einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft, als der Fortschreibungs­bescheid von dem zugrunde liegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht.

(2) Ein Fortschreibungs­bescheid wird auf Antrag, erforderlichenfalls auch von Amts wegen erlassen. Der Antrag kann nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die neue Feststellung beantragt wird, oder bis zum Ablauf eines Monates, seitdem der bisherige Feststellungs­bescheid rechtskräftig geworden ist, gestellt werden. Eine Erklärung zur Feststellung des Einheits­wertes ( § 80 Bewertungs­gesetz 1955, BGBl. Nr 148) gilt als Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungs­bescheides. § 134 Abs 2 gilt sinngemäß."

Bei den unter einem angefochtenen Bescheiden handelt es sich um Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum . Die Änderung der steuerlichen Zurechnung (§ 21 Abs. 4 BewG 1955) war auf Grund des Todes des Herrn X im Jahre 2006 von Amts wegen auf den nächstfolgenden Stichtag erforderlich. Alle anderen Parameter blieben unverändert.

Wie das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidungen vom zutreffend ausführt bestimmt § 193 Abs. 1 2. Satz, dass der dem Fortschreibungs­bescheid zugrunde liegende Bescheid über den Einheits­wert einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft tritt, als der Fortschreibungsbescheid von dem zugrunde liegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht.

Daraus ergibt sich eine eingeschränkte Anfechtungsmöglichkeit („Teilrechtskraft“) des Fortschreibungs­bescheides; so ist zB ein Zurechnungsfortschreibungs­bescheid nur hinsichtlich der Zurechnung, nicht aber hinsichtlich der Art und des Wertes des Bewertungsgegenstandes anfechtbar (; ), Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 193, I. Gemeinsamkeiten, Verfahrens­rechtliches [Rz 1 – 8]).

Da sich die Berufung, nun mehr Beschwerde, regelmäßig gegen den Wert richtet, hat sie das Finanzamt zu Recht als unbegründet abgewiesen.           

Die Abänderung des Stichtages zu EW-AZ 2 auf erfolgte auf Grund der Tatsache, dass der ursprüngliche Eigentümer, Herr X, am xxxx.2006 verstorben ist und die Zurechnung somit bereits mit (§21 Abs.4 BewG 1955) und nicht mit zu erfolgen hatte.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da es sich im Wesentlichen um Fragen der Beweiswürdigung handelt und hinsichtlich der zugrundeliegenden Rechtsfragen ständige Rechtsprechung des VwGH vorliegt Weiters kommt dem Erkenntnis keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 276 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103177.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at