Unbewegte Spareinlagen bei Banken - gewinnerhöhende Auflösung?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch SteuerlVertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2017 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.), eine Bank, hatte in ihrer Bilanz zum unter der Passivposition „Einlagen“ Sparbucheinlagen in Höhe von 141.002,62 EURO ausgewiesen, die 30 Jahre und länger nicht mehr bewegt wurden.
Das Finanzamt löste diese Verbindlichkeiten nach einer Außenprüfung gewinnerhöhend auf mit der Begründung, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr damit zu rechnen sei, dass die Gläubiger ihre Forderungen noch geltend machen werden.
Dagegen wendet sich die gegenständliche Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. faktisch gezwungen sei, bei verjährten Spareinlagen auf die Verjährungseinrede zu verzichten. Dass Erheben einer Verjährungseinrede mit der damit einhergehenden Wahrnehmung in der Öffentlichkeit wäre für die Bf. mit gravierenden negativen Folgen verbunden. Angesichts in der Vergangenheit getätigter Auszahlungen bestehe auch keine Wahrscheinlichkeit der Nichteinlösung, wie sie das Finanzamt annehme. Auch stünden die Grundsätze des Nachholverbotes und der periodengerechten Gewinnermittlung der Vorgangsweise des Finanzamtes entgegen. Die pauschale Auflösung der unbewegten Sparguthaben erscheine daher willkürlich.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Dagegen stellte die Bf. einen Vorlageantrag.
Im nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht fortgesetzten Beschwerdeverfahren wurden noch ergänzende Ermittlungen durchgeführt. Als Ergebnis dieser Ermittlungen wurde den Verfahrensparteien am Folgendes vorgehalten:
Nach der Aktenlage erscheint es gerechtfertigt, in Anlehnung an das Erkenntnis des BFG RV/4100588/2016 die Wahrscheinlichkeit einer Einlösung mehr als 30 Jahre unbewegter Spareinlagen mit 1% zu bemessen. Weiters wurde bekannt gegeben, dass im Streitjahr 2015 Spareinlagen im Betrag von 7.228,11 EURO in die Verjährung hineingewachsen sind. Nimmt man nun von den im Streitjahr neu verjährten Spareinlagen in Höhe von 7.228,11 EURO einen Prozentsatz von 99%, dann ergibt sich ein im Streitjahr 2017 aufzulösender Betrag von 7.155,82 EURO. Der vom Finanzamt angezogene § 4 Abs. 2 EStG erscheint im Beschwerdefall nicht anwendbar, da das Streitjahr 2015 offenbar nicht das letzte nicht verjährte Jahr darstellt. Nach der dem Gericht bekannten Aktenlage ist derzeit zumindest auch die Körperschaftsteuer des Jahres 2016 noch nicht verjährt.
Dagegen erhoben die Verfahrensparteien keine Einwendungen bzw. stimmten sie dieser Vorgangsweise zu.
Über die Beschwerde hat das Gericht erwogen:
Die strittige Frage ist also, ob die vom Finanzamt vorgenommene gewinnerhöhende Auflösung von Spareinlagen in Höhe von 141.002,62 EURO dem Grunde und der Höhe nach rechtens war oder nicht.
Mit der Frage der gewinnerhöhenden Auflösung von Spareinlagen bei Banken hat sich das Bundesfinanzgericht bereits in seinen Erkenntnissen und auseinandergesetzt und dabei ausgesprochen, dass seit 30 Jahren unbewegte Spareinlagen insofern als gewinnerhöhend aufzulösen sind, als diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr eingelöst würden. Außerdem sei dabei zu berücksichtigen, dass nach dem Grundsatz des Nachholverbotes für die gewinnerhöhende Auflösung nur von jenen Guthaben auszugehen sei, die im Streitjahr genau 30 Jahre keine Kontobewegung mehr aufweisen. Die Wertminderung sei in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie eingetreten sei.
Im gegenständlichen Fall ist nun letztlich unbestritten, dass die Guthaben, die im Streitjahr 2015 genau 30 Jahre keine Kontobewegungen mehr aufwiesen, 7.228,11 EURO betrugen. Ebenso unbestritten ist, dass die Wahrscheinlichkeit der Nichteinlösung dieser Sparguthaben mit 99% zu bemessen ist. Demnach sind Spareinlagen in Höhe von 7.155,82 EURO mit Wirkung im Streitjahr gewinnerhöhend aufzulösen.
Wie vorgehalten ist die Bestimmung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden.
Es war daher der Beschwerde teilweise Folge zu geben.
Das Einkommen der Bf. wird dementsprechend wie folgt festgesetzt: Bemessungsgrundlage
Abgabe
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, war die Revision für zulässig zu erklären.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 6 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100592.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at