Umsatzsteuergutschriften sind als Einnahmen auch bei einer Teilpauschalierung in der LuF zu erfassen
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in den Beschwerdesachen VNA FNA, GassseA, PLZA OrtA, vertreten durch StbB, GasseB, PLZB OrtB gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt FAXX vom betreffend Einkommensteuer 2008 und 2010 beschlossen:
Der Antrag vom gemäß § 264 Abs. 1 BAO auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden vom betreffend Einkommensteuer 2008 und 2010 durch das Verwaltungsgericht wird gemäß § 264 Abs. 4 iVm § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt. Die Beschwerdeverfahren werden eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Herr VNA FNA, Beschwerdeführer, führte in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2008 und 2010 einen landwirtschaftlichen Betrieb.
Für die streitgegenständlichen Jahre ermittelte er die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 8 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II Nr. 258/2005, LuF PauschVO 2006. Für die streitgegenständlichen Jahre 2008 und 2010 wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte u.a. fest, dass der Beschwerdeführer, laut Tz 2 des BP-Berichtes und Tz 2 der BP-Niederschrift, bei der Gewinnermittlung nach § 8 der LuF PauschVO 2006 nur die im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielten Nettoeinnahmen in Ansatz gebracht wurden. § 8 Abs. 2 der Verordnung sehe jedoch vor, dass die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70% der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen seien. Bemessungsgrundlage für das Betriebsausgabenpauschale seien daher die Bruttobetriebseinahmen, zu denen nach einhelliger Auffassung auch allfällige Umsatzsteuergutschriften gehörten.
Mit Einkommensteuerbescheiden vom wurden die Feststellungen der Betriebsprüfung berücksichtigt.
Dagegen wurden nach vielmaligen Fristverlängerungsansuchen Beschwerden gegen verschiedene Punkte der Feststellungen der Betriebsprüfung erhoben.
Detailliierte Ausführungen zu Tz 2 des Betriebsprüfungsberichtes fehlten.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2010 vom teilweise Folge gegeben.
Am wurde gemäß § 264 Abs. 1 BAO der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden vom betreffend Einkommensteuer 2008 und 2010 durch das Verwaltungsgericht gestellt.
Im Vorlageantrag wurde einzig die Entscheidung über Tz 2 des Bp-Berichtes beantragt, da deren Rechtsfrage in einer Entscheidung des BFG zugunsten des dortigen Beschwerdeführers entschieden worden sei. Diese Entscheidung wurde durch Amtsrevision beim Verwaltungsgerichthof angefochten.
Der Verwaltungsgerichtshof gab der Amtsrevision wie folgt statt:
27 Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben grundsätzlich (d.h. vorbehaltlich des dem Steuerpflichtigen eingeräumten Wahlrechts) mit Umsatzsteuer anzusetzen. Das grundsätzliche Gebot des Ansatzes von Bruttowerten hat seine Ursache darin, dass die Begriffe Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben die gesamten betrieblich veranlassten Zu- und Abflüsse inklusive Umsatzsteuer umfassen. Umsatzsteuergutschriften sind dabei Betriebseinnahmen, Umsatzsteuerzahllasten Betriebsausgaben (vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 4 Tz 26, sowie das dort angeführte Erkenntnis vom , 575/76, VwSlg. 4953/F).
28 Gemäß § 8 Abs. 2 der LuF PauschVO 2006 sind die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70 % der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen. Daraus ist abzuleiten, dass für die Berechnung des Betriebsausgabenpauschales die Bruttobetriebseinnahmen, zu denen auch die Umsatzsteuergutschriften gehören, heranzuziehen sind (vgl. auch Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 21 Tz 191, sowie Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 9. EL § 17 Anm 61).
29 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde des Mitbeteiligten teilweise Folge, indem es nur die im landwirtschaftlichen Betrieb des Mitbeteiligten erzielten Bruttoeinnahmen, nicht aber die Umsatzsteuergutschriften in Ansatz brachte und die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70% dieser Bruttoeinnahmen festsetzte. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass bei Ansatz der Umsatzsteuergutschriften die ertragsteuerliche Neutralität der Umsatzsteuer verloren gehe, weil "unabhängig von der tatsächlichen Vorsteuerbelastung (auch) 30% der Einnahmen aus Umsatzsteuergutschriften als Gewinn angesetzt werden". Die Berücksichtigung der Vorsteuergutschriften verstoße zudem - so das Bundesfinanzgericht weiter - gegen das im europäischen Mehrwertsteuersystem geltende Prinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer.
30 Diesen Darlegungen ist vorweg zu entgegnen, dass die ertragsteuerliche Neutralität der Umsatzsteuer im Falle einer Pauschalierung zwangsläufig verloren geht. Anders als bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wird der Gewinn im Falle einer Pauschalierung mittels Prozentsätzen vom Einheitswert oder vom Umsatz berechnet oder - wie im Revisionsfall - durch Ansatz von Betriebsausgaben ermittelt, die einem Durchschnittssatz von 70% der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Bruttoeinnahmen entsprechen. Der in den Bruttoeinnahmen enthaltenen Umsatzsteuer und den in Rede stehenden Vorsteuergutschriften stehen bei der Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 2 der LuF PauschVO 2006 nicht die tatsächlichen Umsatzsteuerzahllasten gegenüber, sondern das Betriebsausgabenpauschale, durch das diese Zahllasten abgedeckt sind.
31 Der Mitbeteiligte hat in Bezug auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft eine pauschalierte Form der Gewinnermittlung gewählt. Da der Einheitswert seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes über 65.500 EUR liegt, kommt dafür nur die Teilpauschalierung nach den §§ 8 ff LuF PauschVO 2006 in Betracht (vgl. das Erkenntnis vom , 2005/15/0019). Bei der Teilpauschalierung sind die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70% der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen (§ 8 Abs. 2 der LuF PauschVO 2006). Die Vorsteuergutschriften sind als Betriebseinnahmen zu erfassen, wohingegen die an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer - wie bereits ausgeführt - durch das Betriebsausgabenpauschale abgegolten wird. Der Mitbeteiligte ist nicht gehalten, die pauschalierte Form der Gewinnermittlung in Anspruch zu nehmen. Wenn dies für ihn günstiger sein sollte, kann er seinen Gewinn nach den allgemeinen Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG 1988 (oder auch nach § 4 Abs. 1 EStG 1988) ermitteln, so wie er auch freiwillig auf die Umsatzsteuerpauschalierung verzichtet hat (§ 22 Abs. 6 UStG 1994).
32 Im Hinblick darauf, dass die steuerlichen Folgen somit in der Ingerenz des Steuerpflichtigen liegen (vgl. zu Pauschalierungsregelungen auch das Erkenntnis vom , 2008/15/0333, VwSlg 8422/F), bestehen auch keine Bedenken aus der Sicht der Wettbewerbsneutralität oder des Gleichheitssatzes.
33 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Dies wurde vom VwGH auch in folgenden Rechtssätzen kundgemacht:
Rechtssatz
Bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben grundsätzlich (d.h. vorbehaltlich des dem Steuerpflichtigen eingeräumten Wahlrechts) mit Umsatzsteuer anzusetzen. Das grundsätzliche Gebot des Ansatzes von Bruttowerten hat seine Ursache darin, dass die Begriffe Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben die gesamten betrieblich veranlassten Zu- und Abflüsse inklusive Umsatzsteuer umfassen. Umsatzsteuergutschriften sind dabei Betriebseinnahmen, Umsatzsteuerzahllasten Betriebsausgaben(vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 4 Tz 26, sowie das dort angeführte Erkenntnis vom , 181, 575/76, VwSlg 4953 F/1976).
Rechtssatz
Gemäß § 8 Abs. 2 der LuF PauschVO 2006 sind die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70 % der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen. Daraus ist abzuleiten, dass für die Berechnung des Betriebsausgabenpauschales die Bruttobetriebseinnahmen, zu denen auch die Umsatzsteuergutschriften gehören, heranzuziehen sind (vgl. auch Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 21 Tz 191, sowie Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 9. EL § 17 Anm 61).
Rechtssatz
Die ertragsteuerliche Neutralität der Umsatzsteuer geht im Falle einer Pauschalierung zwangsläufig verloren. Anders als bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wird der Gewinn im Falle einer Pauschalierung mittels Prozentsätzen vom Einheitswert oder vom Umsatz berechnet oder durch Ansatz von Betriebsausgaben ermittelt, die einem Durchschnittssatz von 70% der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Bruttoeinnahmen entsprechen. Der in den Bruttoeinnahmen enthaltenen Umsatzsteuer und den in Rede stehenden Vorsteuergutschriften stehen bei der Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 2 der LuF PauschVO 2006 nicht die tatsächlichen Umsatzsteuerzahllasten gegenüber, sondern das Betriebsausgabenpauschale, durch das diese Zahllasten abgedeckt sind.
Die steuerliche Vertretung wurde telefonisch informiert, dass zu der streitgegenständlichen Rechtsfrage eine Entscheidung des VwGH ergangen ist, die die Rechtsansicht des Finanzamtes als richtig erkennt.
Per E-Mail teilte die steuerliche Vertretung mit:
"Vielen Dank für Ihren Anruf und Information.
Sie beziehen sich auf das VwGH Urteil RO 2015/13/0003 vom ; wonach der VwGH das Erkenntnis des BFG aufgehoben hat; zulasten des Steuerpflichtigen.
Hiermit ziehe ich somit den Antrag aufgrund des VwGH Erkenntnisses zurück."
Der steuerliche Vertreter wurde daraufhin per E-Mail informiert:
"Danke für die Rückmeldung.
Für die formale Erledigung ist die genaue Bezeichnung welcher Antrag zurückgezogen wird mittels Schreiben oder Fax notwendig."
Per Email wurde der steuerliche Vertreter am nochmals um folgendes ersucht:
"Bezugnehmend auf die e-mail vom werden Sie ersucht für eine formale Erledigung in der Beschwerdesache FNA VNA RV/103350/2015 (Einkommensteuer 2008) und RV/7103358/2015 (Einkommensteuer 2010) schriftlich oder mittels Fax mitzuteilen, welche Anträge (Beschwerde oder Vorlageantrag) zurückgezogen werden."
Dies blieb unbeantwortet.
Aus den Ausführungen im Vorlageantrag vom - "über die Tz 2 des BP-Berichtes"- sowie dem Schreiben der steuerlichen Vertretung vom
"Vielen Dank für Ihren Anruf und Information.
Sie beziehen sich auf das VwGH Urteil RO 2015/13/0003 vom ; wonach der VwGH das Erkenntnis des BFG aufgehoben hat; zulasten des Steuerpflichtigen.
Hiermit ziehe ich somit den Antrag aufgrund des VwGH Erkenntnisses zurück."
ist für das Bundesfinanzgericht kein anderer Schluss zu ziehen, als das die Anträge vom auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide betreffend 2008 und 2010 vom durch das Bundesfinanzgericht durch den steuerlichen Vertreter zurückgezogen werden.
Die Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht werden folglich gemäß § 264 Abs. 4 iVm § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt. Die Verfahren werden eingestellt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge der Gegenstandsloserklärung des Beschwerdeverfahren im Falle der Zurückziehung des Vorlageantrages unmittelbar aus § 264 Abs. 2 iVm § 256 Abs. 3 BAO ergibt, liegt im konkreten Fall keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Rechtsfrage der Erfassung von Umsatzsteuergutschriften wurde im Erkenntnis des entschieden. Es liegt daher eine höchstgerichtliches Erkenntnis vor.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 2 LuF PauschVO 2006, Durchschnittssätze für die Gewinnermittlung - Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II Nr. 258/2005 |
Schlagworte | LuF Teilpauschalierung Bruttoeinnahmen Umsatzsteuergutschriften |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103350.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
MAAAC-24012