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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.03.2020, RV/7103362/2012

Dienstnehmereigenschaft von Kundenbetreuerin im IT Bereich iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin **** in der Beschwerdesache Bf., AdresseBF, vertreten durch B & O Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH, Europastraße 5, 6322 Kirchbichl, über die Berufung vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend

1. Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für 2009

2. Säumniszuschlag für 2009

3. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2009

4. Säumniszuschlag für den Dienstgeberbeitrag für 2009

5. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009

6. Säumniszuschlag für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009

7. Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für 2010

8. Säumniszuschlag für 2010

9. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2010

10. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2010

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:

1. Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für 2009 € 649,18

2. Säumniszuschlag für 2009 € 0,00

3. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2009 € 171,06

4. Säumniszuschlag für den Dienstgeberbeitrag für 2009 € 0,00

5. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009 € 16,35

6. Säumniszuschlag für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009 € 0,00

7. Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für 2010 € 3.895,08

8. Säumniszuschlag für 2010 € 0,00

9. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2010 € 1.026,39

10. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2010 € 98,08

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die über einen Werkvertrag für die Beschwerdeführerin Bf. (in der Folge als Bf. bezeichnet) tätige Kundenbetreuerin diese Tätigkeit selbständig oder als nicht selbständige Dienstnehmerin iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 durchgeführt hat.

I. Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 BVG zu erledigen.

II. Verfahrensablauf

In den Jahren 2011 und 2012 wurde eine Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben des Zeitraums 2006 bis 2010 von der ABC Gebietskrankenkasse (in der Folge als GKK bezeichnet) und des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) bei der Bf. durchgeführt.

Am wurde die Schlussbesprechung der Prüfung der GKK durchgeführt. Die Ergebnisse der Prüfung wurden mit dem bevollmächtigten Vertreter der Bf. erörtert und es sei Einvernehmen über die Nachverrechnung erzielt worden. Es sei festgestellt worden, dass Abfuhrdifferenzen vorliegen würden. Weiters seien die Ausfallsentgelte und die kollektivvertraglichen Einstufungen einzelner Mitarbeiter korrigiert worden. Darüber hinaus sei die gegenständliche Kundenbetreuerin nachversichert worden, da diese in einem Dienstverhältnis zur Bf. gestanden sei.

Die Kundenbetreuerin wurde am von der GKK einvernommen. Die Kundenbetreuerin gab in der Niederschrift der GKK an, dass sie seit 2009 für die Bf. arbeiten würde, davor sei sie für Vorgängergesellschaften unselbständig tätig gewesen. Nach ihrer Karenz habe sie im Juli 2009 wieder für die Bf. arbeiten wollen, was wegen der Auftragslage nicht möglich gewesen sei. Die Bf. habe ihr das Angebot gemacht, ihre Tätigkeit mittels Werkvertrag wieder aufzunehmen. Ende 2009 sei der erste Werkvertrag unterzeichnet worden. Ab November 2009 sei sie für circa 10 Stunden pro Woche für die Bf. tätig gewesen. Im Jänner 2010 sei ein neuer unbefristeter Werkvertrag unterzeichnet worden. An der, von der Kundenbetreuerin, erbrachten Tätigkeit habe sich weder zum ersten befristeten Werkvertrag, noch zu ihrer ehemaligen unselbständigen Tätigkeit etwas geändert. Der Vertrag sei zwischen ihr und der Bf. geschlossen worden. Es sei ein variabler Stundenlohn vereinbart worden. Es habe einen Unterschied zwischen Stunden, welche direkt dem Kunden verrechnet wurden, und Stunden, welche nicht weiterverrechnet werden konnten, gegeben. Teilweise habe sie auch Diäten und Kilometergeld ersetzt bekommen. Die Kundenbetreuerin habe monatlich eine Honorarrechnung geschrieben und direkt mit der Bf. abgerechnet. Die Arbeitszeit sei Projektabhängig gewesen, die Kundenbetreuerin sei auf circa 80 Stunden im Monat gekommen. Zeitaufzeichnungen seien von der Kundenbetreuerin selbst geführt worden, da sie diese für ihre Abrechnungen benötigen würde und sie diese auch im Zeiterfassungssystem der Bf. eintragen müsste. Die Arbeitszeit habe sie sich selbst einteilen können, sie musste sich aber nach den Kunden der Bf. richten. Die Bf. habe der Kundenbetreuerin die Firmen und den gewünschten Endtermin mitgeteilt, zu dem die Software im Betrieb laufen sollte. Es habe keine Vertretung für die Kundenbetreuerin gegeben, da es in dieser Branche auf Grund von Vorwissen über die jeweiligen Firmen etc. sehr schwierig sei, Projekte zu übergeben. Dies habe auch keinen Unterschied zu ihrer vorherigen unselbständigen Arbeit dargestellt. Falls die Kundenbetreuerin verhindert gewesen sei, habe sich das Ende des Termins der Fertigstellung verzögert. Ihre Tätigkeit sei die Beratung der Kunden und die Nachbearbeitung der Aufträge. Sie würde die Software mit dem Kunden besprechen, modelliere diese und teile die Ergebnisse den Entwicklern der Bf. mit. Danach würde die fertige Software von ihr getestet, beim Kunden installiert und die Mitarbeiter geschult werden. Fragen der Kunden würden zuerst an die Bf. gehen und dann an die Kundenbetreuerin weitergeleitet werden. Die Aufträge würde sie vom Geschäftsführer der Bf. bekommen. Den restlichen Ablauf würde sie jedoch selbst planen und die zu entwickelnden Programme direkt mit den Entwicklern der Bf. besprechen. Sie würde hauptsächlich beim Kunden arbeiten, jedoch habe sie auch einen Schreibtisch im Büro der Bf. Diesen würde sie nutzen, wenn Abstimmungen mit den Entwicklern nötig wären. Grundsätzlich nutze die Kundenbetreuerin ihren privaten Laptop. Wenn sie die Software testet sei sie jedoch auf einen Firmenlaptop angewiesen, da dies mit ihrem privaten nicht möglich sei. Die Installation der Daten der Kunden sei auf dem privaten Laptop nicht möglich. Eine Vertretung sei theoretisch möglich gewesen, praktisch hätte dies jedoch nicht funktioniert, da diese Zuviel internes Wissen vorausgesetzt hätte. Eine Konkurrenzklausel habe nicht bestanden, vom Umfang her wäre eine Arbeit nebenbei jedoch nicht möglich gewesen. Neben der Betreuung der Kunden der Bf. und Kursen zur Erwachsenenbildung habe die Kundenbetreuerin keine selbständigen Tätigkeiten gehabt.

Mit Bericht vom wurde die Bf. von der belangten Behörde über das Ergebnis der Außenprüfung informiert. Es sei eine Prüfung der Lohnsteuer, des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag des Zeitraums Jänner 2006 bis Dezember 2010 durchgeführt worden. Von der belangten Behörde sei Einsicht in Dienstverträge, Werkverträge, Konten der Buchhaltung, Zeitaufzeichnungen, Reisekostenabrechnungen, Lohnkonten, Kommunalsteuererklärungen und Jahresabschlüsse genommen worden. Die Prüferin habe daraufhin die Feststellung getroffen, dass die Kundenbetreuerin von 2009 bis 2010 beim Bf. als nicht selbständige Dienstnehmerin beschäftigt worden sei. Es würde eine Versicherungspflicht laut Niederschrift bestehen, die Höhe der Bemessungsgrundlage würde sich aus den vorgelegten Honorarnoten ergeben.

Die belangte Behörde vertrat sohin die Ansicht, dass es sich bei der Kundenbetreuerin um eine echte Dienstnehmer handelte und setzte mit Bescheiden vom den Dienstgeberbeitrag (DB), den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) und einen Säumniszuschlag für die Jahre 2009 und 2010 fest.

Des Weiteren wurden die Bf. als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch genommen und am die Haftungsbescheide inklusive Säumniszuschlag für die Jahre 2009 und 2010 erlassen.

In der Begründung der Bescheide wurde auf den Bericht vom verwiesen.

Mit Fristverlängerungsantrag vom , eingelangt am , beantragte die Bf. eine Fristverlängerung zur Einbringung einer Berufung bis und die vorläufige Aussetzung der Einhebung der geforderten Beträge.

Gegen die Bescheide der belangten Behörde (zwei Bescheide mit denen der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag neu festgesetzt wurde und zwei Haftungsbescheide) wurde von der Bf. am Berufung erhoben und die ersatzlose Aufhebung der Bescheide beantragt. Im Zuge einer GPLA Prüfung seien Nachverrechnungen von Lohnsteuern, Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2009 bis 2010 vorgenommen worden, welche sich auf Abfuhrdifferenzen und der Umqualifikation des Werkvertragsverhältnisses mit der Kundenbetreuerin in ein Dienstverhältnis gründen würden. Bei den Abfuhrdifferenzen handle es sich um Lohnabgaben für den Zeitraum 1-6/2009, welche eine Vorgängergesellschaft der Bf. bezahlt habe, aber im Zuge einer vorgenommenen Verschmelzung mit der Bf. dieser zugerechnet würde, was der Rz 304 UmGrStG widerspreche. Die Bf. beantragte daher, die unter der Position "Abfuhrdifferenzen für 2009" vorgeschriebenen Nachzahlungen zu stornieren und sämtliche Säumniszuschläge aufzuheben. 

Zur Umqualifikation der Kundenbetreuerin wurde vorgebracht, dass kein Dienstverhältnis sondern ein Werkverhältnis vorliegen würde und keine Lohnabgaben zu entrichten seien. Für einen Werkvertrag würde der schriftlich abgeschlossene Vertrag sprechen, nach welchem die Kundenbetreuerin einen bestimmten Erfolg schulden würde. Es seien nur verwertbare Leistungen ausbezahlt worden. Die Kundenbetreuerin sei dafür verantwortlich gewesen, dass der Kunde die Leistung akzeptieren und die Rechnung bezahlen würde. Das Risiko würde somit bei der Kundenbetreuerin liegen. Mit der Bf. vereinbarte Schulungen müsse die Kundenbetreuerin jedenfalls abhalten und im Verhinderungsfall für einen Ersatz sorgen. Die Schulungszeiten habe sich die Kundenbetreuerin direkt mit dem Kunden vereinbaren können. Die Kundenbetreuerin sei weisungsfrei gewesen, sie habe nur den bestimmten Erfolg erbringen müssen. Betriebsmittel seien außer den üblichen Programmbeschreibungen keine erforderlich gewesen, da die Schulungen auf den EDV-Anlagen der Kunden durchgeführt worden seien. Die Kundenbetreuerin sei nach verrechenbaren Zeiteinheiten, nicht nach Zeitaufwand, entlohnt worden. Weiters habe die Kundenbetreuerin die Tätigkeiten aufgrund eines entsprechenden Gewerbescheines selbständig ausgeübt, sei bei der gewerblichen Sozialversicherung versichert und habe ihr Einkommen unter den betrieblichen Einkünften versteuert. Die Beurteilung durch die GPLA Prüferin der GKK würde dem tatsächlichen Sachverhalt nicht gerecht. Die Bf. beantragte daher, die Vorschreibung der entsprechenden Lohnabgaben aufzuheben.

In der am erlassenen Berufungsvorentscheidung gab die belangte Behörde der Berufung der Bf. teilweise statt. Im Punkt Abfuhrdifferenzen wurde der Berufung vollinhaltlich entsprochen. Bei der Qualifikation der Vertragsverhältnisses mit der Kundenbetreuerin wurde dem Berufungsbegehren jedoch nicht Folge geleistet. Nach § 47 Abs 2 EStG würde ein Dienstverhältnis vorliegen, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies sei der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehe oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei. Seinem Wesen nach stelle das Dienstverhältnis daher ein Dauerschuldverhältnis dar, bei dem sich der Arbeitnehmer verpflichte, die Arbeitsleistung grundsätzlich persönlich zu erbringen (; , 2000/13/0182). Die Legaldefinition würde zwei Kriterien enthalten, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen würden, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers (). Die Kundenbetreuerin sei von der Prüferin am zu ihrer Tätigkeit befragt worden. In dieser Niederschrift sei das Tätigkeitsfeld der Kundenbetreuerin beschrieben worden. Die Tätigkeit würde die Beratung der Kunden direkt vor Ort umfassen, ebenso sei sie für die Nachbearbeitung des Auftrages verantwortlich. Die Kundenbetreuerin würde sich mit den Kunden zusammensetzen, das Programm besprechen, versuchen dies zu modellieren und dies dann den Entwicklern der Bf. übergeben. Sobald es entwickelt worden sei, würde das Programm von der Kundenbetreuerin getestet und nochmal mit dem Kunden besprochen und installiert werden. Danach würden noch Schulungen und Nachbetreuung erfolgen. Schon allein aus der beschriebenen Tätigkeit sei von einer Eingliederung der Kundenbetreuerin in den geschäftlichen Organismus der Bf. auszugehen. Das Programm sei an die Entwicklern der Bf. übergeben und vor der Installation nochmal von der Kundenbetreuerin getestet worden. Auch habe die Kundenbetreuerin keine eigenen Kunden anwerben müssen, diese seien ihr von der Bf. bekanntgegeben worden. Offene Fragen seien mit der Bf. besprochen worden. Die Kundenbetreuerin habe hauptsächlich bei den Kunden oder zu Hause gearbeitet, jedoch sei ihr auch ein Schreibtisch bei der Bf. zur Verfügung gestanden. Diesen habe sie benutzt, wenn Abstimmungsbedarf mit den Entwicklern bestand. Die Programme habe man auf einem Laptop der Bf. testen müssen. Aus dem Gesamtbild sei eindeutig von einer Eingliederung der Kundenbetreuerin in den geschäftlichen Organismus der Bf. auszugehen. Das Element der Weisungsgebundenheit trete in den Hintergrund, weil die Kundenbetreuerin auf Grund ihrer fachlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten von sich aus gewusst habe, wie sie sich im Betrieb des Dienstgebers zu verhalten hätte, daher wären keine weiteren Weisungen notwendig. Nach der Berufung würde für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechen, dass die Kundenbetreuerin nur verwertbare Leistungen bezahlt bekommen habe. Dem sei zu entgegnen, dass nach Angabe der Kundenbetreuerin die verwertbaren und die nicht verwertbaren Stunden lediglich mit unterschiedlich hohen Stundensätzen vergütet worden seien, weshalb nach Ansicht der Behörde kein relevantes Unternehmerwagnis vorliegen würde. Weiters werde in der Berufung ausgeführt, dass die Kundenbetreuerin im Vertretungsfall selbst für eine Vertretung zu sorgen habe. Da es laut der Kundenbetreuerin sehr schwierig sei eine Vertretung zu finden -auf Grund des internene Wissens über die Firmen und der nicht protokollierten Arbeitsfortschritte - habe es im Verhinderungsfall de facto keine Vertretung für sie gegeben. Auch die Tatsache, dass die Zeiten von der Kundenbetreuerin direkt mit dem Kunden vereinbart würden spreche laut Berufung für einen Werkvertrag. Bei Außendienstmitarbeitern sei es nicht unüblich, dass man sich Termine direkt mit den Kunden ausmachen würde. Daher spreche diese Tatsache auch nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Zu den Betriebsmitteln sei in der Berufung ausgeführt, dass außer den üblichen Beschreibungen keine Betriebsmittel erforderlich wären. Daraus sei ersichtlich, dass von der Kundenbetreuerin keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel eingesetzt würden, die für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechen würden. Dass die Tätigkeit aufgrund eine Gewerbescheines selbständig ausgeübt habe bzw. die gewerbliche Sozialversicherung würden ebenfalls nicht gegen ein Dienstverhältnis sprechen. Nach gängiger Rechtsprechung sei für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis nicht die vertragliche Abmachung, sondern das tatsächliche Gesamtbild maßgeblich - unter Berücksichtigung der üblichen Gestaltungsweisen des Wirtschaftslebens. Nach niederschriftlicher Auskunft der Kundenbetreuerin hätten andere Personen, welche als Dienstnehmer gemeldet waren, die gleiche Tätigkeit ausgeführt. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse habe die Kundenbetreuerin eindeutig in einem Dienstverhältnis zur Bf. gestanden.

Mit Vorlageantrag vom , eingelangt am , beantragte die Bf. die Vorlage der Berufung an die Behörde zweiter Instanz. Es wurde beantragt, das Verhältnis zwischen der Kundenbetreuerin und der Bf. als Werkvertrag zu qualifizieren. Das Finanzamt würde davon ausgehen, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Bf. und der Kundenbetreuerin ein Dienstverhältnis darstellen würde. Nach der Legaldefinition würde ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schulden, wenn der Arbeitnehmer in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehen würde oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei. Weder das eine noch das andere würde bei der Kundenbetreuerin zutreffen. Die Kundenbetreuerin sei Beraterin der Kunden der Bf. Wenn sich ein Kunde für ein Programm der Bf. interessieren würde, werde die Kundenbetreuerin von der Bf. kontaktiert, ob sie an der Installation und Schulung des Programms beim Kunden mitwirken möchte. Wenn die Kundenbetreuerin den Auftrag annehmen würde, würde sie sich selbständig mit dem Kunden in Verbindung setzen. Danach würde die Kundenbetreuerin der Bf. bekannt geben, welche Funktionen das Programm aufweisen müsse. Die Bf. würde daraufhin das Programm adaptieren und es beim Kunden installieren. Die Kundenbetreuerin würde diesen Prozess bis zur Schulung begleiten. Die Abrechnung würde nicht mit dem Kunden, sondern mit der Bf. stattfinden. Dies würde jedoch nicht bedeuten, dass ein Dienstverhältnis vorliegen würde, da die Kundenbetreuerin nach Auftragsannahme die Kundenwünsche ermitteln würde. Auch wäre es sie, welche die Erfüllung der Leistungen überwacht. Wenn man nur einen Auftraggeber habe, sei es das Ziel, mit ihm Erfolg zu haben. Dies würde jedoch nicht bedeuten, dass ein Dienstverhältnis vorliegen würde. Daran ändere auch ein zur Verfügung gestelltes Büro nichts. Weiters wird ua wie in der Berufung angeführt, dass die Kundenbetreuerin sich die Arbeitszeit und die Kundentermine frei einteilen habe können. Die Bf. habe kein Weisungsrecht gegenüber der Kundenbetreuerin gehabt. Unterschiedliche Stundensätze seien ein Indiz für die Unternehmerstellung der Kundenbetreuerin. Auch könne sich die Kundenbetreuerin vertreten lassen. Somit würde kein Dienstverhältnis vorliegen.

Der Akt wurde dem UFS am vorgelegt.

III. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die Kundenbetreuerin war ab Oktober 2010 bei der Bf. beschäftigt.

Die zwei Verträge mit der Kundenbetreuerin wurden von der Bf. als "Werkvertrag über die Erbringung von IT-Fachleistungen" bezeichnet. Die Kundenbetreuerin verpflichtete sich, diverse IT- und Vertriebsaufgaben nach Vereinbarung für die Bf. durchzuführen. Die Kundenbetreuerin ist laut Vertrag selbst für die steuerliche Behandlung und einen Versicherungsschutz zuständig.

Der erste Vertrag mit der Laufzeit bis lautet im Wesentlichen wie folgt:

"...

1. Auftragsgegenstand

Der Auftragnehmer erbringt für den Auftraggeber die nachfolgend angeführten Leistungen

  • Aufgaben im Bereich Tele-Sales

  • Aufgaben im Bereich Marketing und Vertrieb

  • Aufgaben im Bereich Consulting

in den Räumen der Bf, Geschäftsstelle X bzw. über remote-Zugang.

2. Vertragskonkretisierung

Der Auftragnehmer erbringt die vereinbarte Tätigkeit als selbständiger Erwerbstätiger. Die erforderlichen Betriebsmittel werden vom Auftraggeber bereitgestellt. Der Auftragnehmer unterliegt hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und konkreter Durchführung der Tätigkeit den Weisungen des Auftraggebers. Die Leistungen sind vom Auftragnehmer persönlich zu erbringen; eine Vertretung ist nicht zulässig. Der Auftragnehmer haftet dafür, dass der Auftrag entsprechend obiger Beschreibung ordnungsgemäß und zum vereinbarten Termin erbracht wird. Allfällige erforderliche behördliche Berechtigungen sind vom Auftragnehmer selbst zu erwerben.

...

4. Honorar

Für die Erstellung des Werkes dieses Vertrages erhält der Auftragnehmer eine Vergütung von € 36,67.- pro Arbeitsstunde (zzgl. ges. MwSt.). Die Anzahl der Arbeitsstunden pro Monat ist auf 30 Arbeitsstunden begrenzt.

Das maximale Honorar pro Monat für die Leistung von 30 Arbeitsstunden beträgt somit € 1.100,00.- (zzgl. ges. MwSt.).

Sämtliche Aufwendungen, die dem Auftragnehmer durch die Vorbereitung bzw. Erfüllung des Auftrages erwachsen, sind mit dem Honorar abgegolten. Somit erfolgt auch kein Ersatz von Materialkosten und Barauslagen (Fahrtkosten, Telefonkosten u.Ä).

5. Rechnungslegung

Nach vollständiger und ordnungsgemäßer Erbringung der vereinbarten Leistung wird der Auftragnehmer das vereinbarte Entgelt unter Berücksichtigung der Bestimmungen des jeweils gültigen Umsatzsteuergesetzes Bf.. in Rechnung stellen. Die Rechnungsstellung erfolgt monatlich im Nachhinein.

6. Abgaben

Die ordnungsgemäße Versteuerung des Honorars obliegt dem Auftragnehmer. Der Auftragnehmer hat für seinen Versicherungsschutz selbst Sorge zu tragen.

7. Laufzeit

Laufzeit des Vertrages ist vom bis zum . Darüber hinaus verlängert sich der Vertrag automatisch um jeweils einen Monat, sofern er von einer der beiden Vertragsparteien zum 15. Des Monats per Monatsende gekündigt wird.

…"

Der zweite Vertrag, abgeschlossen am , lautet im Wesentlichen wie folgt:

"...

1. Auftragsgegenstand

Der Auftragnehmer erbringt für den Auftraggeber nachfolgend angeführten Leistung:

  • Aufgaben im Bereich telesales

  • Aufgaben im Bereich Marketing und Vertrieb

  • Aufgaben im Bereich Consulting

2. Vertragskonkretisierung

Die Auftragnehmerin erbringt die vereinbarte Tätigkeit als selbständig Erwerbstätiger mit eigenen Betriebsmitteln. Die Auftragnehmerin unterliegt hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und konkreter Durchführung der Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers. Er kann sich bei der Erfüllung des Auftrages von anderen geeigneten Personen vertreten lassen. Die Auftragnehmerin haftet jedoch dafür, dass der Auftrag entsprechend obiger Beschreibung ordnungsgemäß und zum vereinbarten Termin erbracht wird. Die Auftragnehmerin unterliegt hinsichtlich weiterer Tätigkeiten für andere Unternehmen keiner Beschränkung, soweit die Erfüllung dieses Vertrages nicht beeinträchtigt wird. Allfällige erforderliche behördliche Berechtigungen sind von der Auftragnehmerin selbst zu erwerben.

3. Honorar

Für die vertragsgegenständlichen Tätigkeiten erhält die Auftragnehmerin nach Rechnungslegung an den Auftraggeber zahlbares Honorar, das sich nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden richtet zuzgl. 20 % Umsatzsteuer.

Im Zuge der vertragsgegenständlichen Tätigkeit anfallende Spesen (Reisespesen, Tagesdiäten Kilometergelder etc.) werden ebenfalls gegen Rechnungslegung mit der Maßgabe erstattet, dass die Höhe der Erstattung mit den diesbezüglichen Grenzen im EStG limitiert ist.

Laufzeit des Vertrages ist der bis .

13.3. Rechnungslegung

Nach vollständiger und ordnungsgemäßer Erbringung der vereinbarten Leistung wird die Auftragnehmerin das vereinbarte Entgelt unter Berücksichtigung der Bestimmungen des jeweils gültigen Umsatzsteuergesetzes Bf.. in Rechnung stellen.

13.2. Zahlung

Rechnungen über von Bf.. abgenommene Leistungen sind sofort nach Fakturenerhalt netto zur Zahlung fällig. Das Honorar ist binnen 14 Tagen nach Rechnungstellung auf das Konto Nr. xyz bei der Bankx zu überweisen.

4. Abgaben

Die ordnungsgemäße Versteuerung des Honorars obliegt der Auftragnehmerin. Die Auftragnehmerin hat für seinen Versicherungsschutz selbst zu tragen.

…"

Die belangte Behörde stellte in ihrem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung die Dienstnehmereigenschaft der Kundenbetreuerin fest. Dieser Bericht war die Begründung für die Bescheide der belangten Behörde vom , mit denen der Dienstgeberbeitrag, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer festgesetzt wurden.

Im Zuge der Erhebungen wurde die Kundenbetreuerin des Bf. vernommen und gab an, dass zwei verschiedene Stundenlöhne vereinbart wurden. Ein höherer falls die Stunde direkt an den Kunden weiterverrechnet werden konnte und ein niedrigerer falls die Stunde nicht weiterverrechnet werden konnte. Im Widerspruch dazu steht die Vereinbarung im ersten Vertrag, wonach ein fixer Stundenlohn vereinbart wurde. Im zweiten Vertrag wurde kein fixer Betrag vereinbart.

Die Leistungen wurden von der Kundenbetreuerin überwiegend beim Kunden erbracht, jedoch war ein ständiger Austausch mit der Bf. notwendig.

Ebenfalls widersprüchlich ist, dass im ersten Vertrag vereinbart wurde, dass die erforderlichen Betriebsmittel von der Bf. bereitgestellt werden, während laut zweitem Vertrag die Kundenbetreuerin die Betriebsmittel bereitstellen muss. In der Einvernahme gab die Kundenbetreuerin an, dass sie zum Testen der Software einen Firmenlaptop benutzen muss und auch einen Schreibtisch im Büro der Bf. hat.

Mit der als Beschwerde zu behandelnden Berufung vom wurden die Bescheide der belangten Behörde, woraus sich eine Nachforderung ergibt, zur Gänze angefochten.

IV. Beweiswürdigung

Beweise wurden vom Bundesfinanzgericht erhoben durch Einsicht in den Lohnsteuerakt der belangten Behörde samt Unterlagen der GKK inklusive Niederschrift auf Grund der Einvernahme der Kundenbetreuerin und die vorliegenden Verträge zwischen der Bf. und der Kundenbetreuerin.

Der Verfahrensgang vor der belangten Behörde sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch die Bescheide, Berufung sowie Berufungsvorentscheidung evident.

Der Verfahrensgang vor dem Bundesfinanzgericht ist durch den Vorlageantrag und den Vorlagebericht klar ersichtlich.

V. Rechtsgrundlagen

§ 47 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 8/2005

(1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. Die Einkommensteuer für Bezüge und Vorteile von ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes ist durch Abzug vom Arbeitslohn auch dann zu erheben, wenn die ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes im Inland über keine Betriebsstätte (§ 81) verfügt; für die Erhebung ist das Finanzamt Graz-Stadt zuständig.

(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen.

(3) Werden Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie Bezüge oder Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 bis 4 gemeinsam mit anderen gesetzlichen Pensionen oder Bezügen und Vorteilen aus einem früheren Dienstverhältnis ausgezahlt, dann sind die Pflichten des Arbeitgebers hinsichtlich des Steuerabzugs vom Arbeitslohn für die gemeinsam ausgezahlten Beträge ausschließlich von der auszahlenden Stelle wahrzunehmen. Über die ausgezahlten Bezüge ist ein einheitlicher Lohnzettel auszustellen.

(4) Der Bundesminister für Finanzen kann anordnen, dass bei getrennter Auszahlung von zwei oder mehreren Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung, gleichartigen Bezügen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, von inländischen Pensionskassen, von Bezügen aus betrieblichen Kollektivversicherungen im Sinne des § 18f des Versicherungsaufsichtsgesetzes, von Bezügen oder Vorteilen aus einem früheren Dienstverhältnis bei Körperschaften öffentlichen Rechts im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 bis 4 sowie von Bezügen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung und dem Grunde und der Höhe nach gleichartigen Bezügen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen eine der auszahlenden Stellen die gemeinsame Versteuerung dieser Bezüge vornimmt. In diesem Fall hat die die gemeinsame Versteuerung durchführende auszahlende Stelle einen einheitlichen Lohnzettel auszustellen.

(5) Werden Bezüge oder Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis neben einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung ausbezahlt, so kann der Sozialversicherungsträger eine gemeinsame Versteuerung dieser Bezüge vornehmen. In diesem Fall hat der Sozialversicherungsträger einen einheitlichen Lohnzettel auszustellen.

§ 6 UmgrStG idF BGBl. I Nr. 24/2007

(1) Die übertragende Körperschaft bleibt bis zu ihrem Erlöschen Arbeitgeber im Sinne des § 47 des Einkommensteuergesetzes 1988. Dies gilt auch für die Beurteilung von Tätigkeitsvergütungen als solche im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

(2) Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse nach der Verschmelzung nicht den Wertverhältnissen, gilt der Unterschiedsbetrag, wenn der Wertausgleich nicht auf andere Weise erfolgt, als unentgeltlich zugewendet. Die Wertverhältnisse sind im Zweifel durch das Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.

(3) Die Annahme eines Abfindungsangebotes gilt als Anteilsveräußerung. Beim Erwerber gilt der Beginn des dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tages als Anschaffungstag der Anteile.

(4) Verschmelzungen nach § 1 gelten nicht als steuerbare Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994; die übernehmende Körperschaft tritt für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein.

(5) Verschmelzungen nach § 1 sind von den Kapitalverkehrsteuern befreit wenn die übertragende Körperschaft am Tag der Anmeldung des Verschmelzungsbeschlusses zur Eintragung in das Firmenbuch länger als zwei Jahre besteht.

(6) Werden auf Grund einer Verschmelzung nach § 1 Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 verwirklicht, so ist die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen.

VI. Rechtliche Beurteilung

Umfang der als Beschwerde zu behandelnden Berufung

Die als Beschwerde zu behandelnde Berufung richtet sich gegen die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer und die Säumniszuschlage für die Jahre 2009 und 2010, den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Säumniszuschlag für 2009, den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2010, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und den Säumniszuschlag für 2009 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2010.

Demzufolge handelt es sich insgesamt um eine - als Beschwerde zu behandelnde - Berufung gegen jeden der zehn Bescheide der belangten Behörde. Die Bescheide gründen sich auf zwei Feststellungen. Zum einen würden Abfuhrdifferenzen für das Jahr 2009 vorliegen, zum anderen würde in den Jahren 2009 und 2010 ein Dienstverhältnis mit der gegenständlichen Kundenbetreuerin vorliegen.

Abfuhrdifferenzen

Von der Prüferin wurden die Lohnabgaben für den Zeitraum Jänner bis Juni 2009, welche von einer Vorgängergesellschaft der Bf. bezahlt wurden, der Bf. zur Zahlung vorgeschrieben. Die Vorgängergesellschaft ist mit Verschmelzungsvertrag vom in die Bf. aufgegangen. Der Vertrag wurde im Juni 2009 beim Firmenbuch eingereicht. Die Lohnabgaben wurden bis zur Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch noch für die Vorgängergesellschaft entrichtet.

Nach § 6 Abs 1 UmgrStG bleibt die übertragende Körperschaft bis zu ihrem Erlöschen Arbeitgeber im Sinne des § 47 EStG.

Die von der Prüferin getroffene Ansicht widerspricht dieser Regelung. Die hierfür vorgeschriebenen Nachzahlungen an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2009 und die Säumniszuschläge für 2009 und 2010 sind somit aufzuheben. Dies entspricht auch der Meinung der belangten Behörde in der Berufungsvorentscheidung.

Verhältnis der Kundenbetreuerin zur Bf.

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu leisten. Zu den Dienstnehmern gehören nach § 41 Abs. 2 FLAG Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998.

Die Pflicht des Dienstgebers zur Abfuhr der Lohnsteuer gründet sich auf § 82 EStG.

Die Definition des § 47 Abs 2 ist nach Fellner im Hofstätter/Reichel Kommentar zu § 47 Abs. 2 EStG eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Keine entscheidungsrelevante Bedeutung hat daher - wie im gegenständlichen Fall - das Vorliegen eines Gewerbescheins oder zB auch eine andere Beurteilung der Tätigkeit durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Gerade die Innehabung eines Gewerbescheines dient in vielen Fällen der Verschleierung nichtselbständiger Beschäftigungsverhältnisse ( Zl. 2010/08/0129). Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis oder, mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (vgl ).

Die Beurteilung der Frage, ob die Kriterien eines Dienstverhältnisses vorliegen, hat gem. § 21 BAO in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu erfolgen. Daher kommt es nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Form oder Bezeichnung bzw. auf den Willen der Parteien an, sondern lediglich auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung, also auf die tatsächlichen Verhältnisse – damit sind ausschließlich die objektiven Umstände maßgebend, auch die Bezeichnung des Vertrages als „Dienstvertrag“, „freier Dienstvertrag“ oder „Werkvertrag“ ist irrelevant – entscheidend ist, ob die ausgeübte Tätigkeit dem Tatbild des § 47 Abs.2 EStG entspricht (siehe dazu umfangreiche VwGH Judikatur, insb. , 88/13/0185 sowie , 82/13/0063 und , 2000/13/0046, , 2007/13/0071).

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Diese beiden Hauptkriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sind daher ausschlaggebend zur Beurteilung, ob es sich um einen Dienstnehmer handelt.

Unter Weisungsgebundenheit ist die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit in Form von weitgehender Unterordnung zu verstehen, die in der Folge zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers führt (). Darunter ist stets eine persönliche Weisungsgebundenheit zu verstehen – die Entschlussfreiheit muss jedenfalls über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus beschränkt sein. In deutlicher Abgrenzung dazu steht die sachliche Weisungsgebundenheit, die sich bei Werkverträgen auf das zu erbringende Werk bzw. den Arbeitserfolg bezieht, wie zB die Verpflichtung, eine Arbeit bis zu einem bestimmten Termin fertigzustellen (VwGH 28.5.1015, 2013/15/0162). Eine sachliche Weisungsgebundenheit steht demzufolge dem Selbständigenbegriff nicht entgegen. Persönliche Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und charakteristisch dafür, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt und nicht einzelne Arbeiten verspricht; dieses persönliche Weisungsrecht fordert also einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit (; , 2007/15/0163).

Für eine persönliche Weisungsgebundenheit spricht zB die Verpflichtung zur persönlichen
Leistungserbringung – siehe dazu auch Lenneis in Jakom, Kommentar zum EStG zu
§ 47 EStG, Rz 6. Im gegenständlichen Fall ist die Kundenbetreuerin zur persönlichen Leistungserbringung indirekt verpflichtet gewesen, als eine Vertretung zwar erlaubt, aber de facto auf Grund des umfangreichen Vorwissens nicht möglich gewesen sei, wie in der Folge noch ausgeführt wird. Die Frage der Weisungsgebundenheit seitens der Bf. ist im gegenständlichen Fall auf Grund des Spezialwissens der Kundenbetreuerin und des genauen Ablaufes der Arbeit vom Kundengespräch über die Abstimmung und Adaptierung mit den Kollegen der Bf. bis hin zur Fertigstellung beim Kunden nicht vordergründig zu beurteilen, da Weisungen an die Kundenbetreuerin kaum vorstellbar sind.
Das zweite Kriterium der organisatorischen Eingliederung ist im gegenständlichen Fall vielmehr bedeutsam und besagt, dass der Dienstnehmer Teil des geschäftlichen Organismus des Dienstgebers sein muss. Dafür spricht insb., wenn der Dienstnehmer die Tätigkeit an einem bestimmten Ort im Betrieb des Dienstgebers verrichtet (Lenneis in Jakom, Kommentar zum EStG zu § 47 EStG, Rz 7). Dass Arbeiten nicht unbedingt in den Räumlichkeiten des Dienstgebers ausgeführt werden müssen, spricht aber nicht gegen das Vorliegen einer nichtselbständigen Tätigkeit, da es im Wirtschaftsleben durchaus nicht unüblich ist ().
Vielmehr kommt es in Bezug auf die organisatorische Eingliederung auf die Ausgestaltung
der Arbeitszeit an, ob diese zB vom Dienstgeber vorgegeben wird, oder Abrufbereitschaft
besteht. Im gegenständlichen Fall waren nach Aussage der Kundenbetreuerin obwohl sie sich die Zeit grundsätzlich in Abstimmung mit den Kunden selbst einteilen konnte bestimmte Abläufe, die unmittelbar in den Betrieb der Bf eingegliedert verliefen, unerlässlich: Zum einen wurden ihr die Kunden von der Bf. zugeteilt, dh sie musste keinen eigenen Kunden aquirieren. Zum anderen führte sie die Gespräche mit den Kunden, um den Bedarf festzustellen, die Beratung und Modellierung der Programme umfassten - die Kundenbetreuerin war diesbezüglich aber so in den Betrieb der Bf. involviert, dass mit den dortigen Kollegen die weitere Vorgehensweise abgestimmt werden musste; die Endtermine wurden von Beginn an mit der Bf. und nicht der Kundenbetreuerin vereinbart und die Kundenbetreuerin musste die Fertigstellung der Programme seitens der Entwickler bei der Bf. abwarten, um diese dann zu testen und beim Kunden zu installieren. Es ist daher eine so enge Verzahnung der Tätigkeit der Kundenbetreuerin mit der Bf. gegeben, dass diese ohne deren Mitarbeit ihre Tätigkeit überhaupt nicht verrichten fertig stellen hätte können.

Festzuhalten ist an dieser Stelle auch, dass der Kundenbetreuerin nach eigener Aussage, die auch von der Bf. bestätigt wurde, ein Schreibtisch im Büro der Bf. zur Verfügung gestellt wurde. Darüberhinaus arbeitete die Kundenbetreuerin zwar mit ihrem eigenen Laptop, war aber betreffend der Tests der Software für die Kunden auf die Firmenlaptops der Bf. angewiesen, da nur dort die Tests durchgeführt werden konnten. Das bedeutet, dass Schreibtisch und IT Ausstattung zur Verfügung gestellt wurde. Die Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Auftraggeber stellt ein weiteres Indiz für
die organisatorische Eingliederung dar ().

Im Übrigen ist auch festzuhalten, dass die Kundenbetreuerin keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihrer Arbeit per Werkvertrag zu ihrer davor ausgeführten Arbeit als unselbständige Dienstnehmerin feststellen konnte.

Ermöglichen die beiden genannten Kriterien persönliche Weisungsgebundenheit und organisatorische Eingliederung noch keine klare Abgrenzung zwischen einer
selbständig und einer nicht selbständig ausgeübten Tätigkeit, ist unter Heranziehung
weiterer Kriterien nach dem Gesamtbild der tatsächlich verwirklichten vertraglichen
Vereinbarungen zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der
Unselbständigkeit überwiegen ().
Eines dieser Kriterien, das einen Selbständigen vom Dienstnehmer unterscheidet, ist das
Vorliegen eines Unternehmerrisikos. Ein solches liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige
die Höhe seiner Einnahmen durch besonderen Arbeitseinsatz, besondere Tüchtigkeit,
Fleiß oder Geschicklichkeit beeinflussen kann, wobei er auch Aufträge ablehnen kann
bzw. für seine Ausgaben selbst aufkommen muss, weil ihm diese als Selbständiger nicht
vom Auftraggeber ersetzt werden.
Das Unternehmerrisiko hielt sich im gegenständlichen Fall auch in Grenzen, da nach Aussage der Kundenbetreuern die verwertbaren und die nicht verwertbaren Stunden lediglich mit einem unterschiedlich hohen Stundensatz vergütet worden seien. 

Ein Merkmal, das gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses und für
die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen eines Werkvertrages sprechen würde,
ist die Vertretungsmöglichkeit. Wenn sich Auftragnehmer für die Erbringung einer
bestimmten Leistung vertreten lassen und über die Vertretung selbst bestimmen können,
spricht das gegen ein Dienstverhältnis. Im Sinne der stRsp des VwGH muss jedenfalls
vorausgesetzt werden, dass eine generelle, dh nicht auf bestimmte Arbeiten oder
Ereignisse wie Krankheit oder Urlaub beschränkte, Befugnis zur Vertretung vorliegt
(vgl mwN; , 2007/08/0184). Eine generelle
Vertretungsbefugnis hat aber mit einem wechselseitigen Vertretungsrecht von mehreren
von einem Dienstgeber beschäftigten Personen nichts zu tun (
2002/08/0222 mwN; , 2007/08/0184). Im gegenständlichen Fall war zwar die Vertretung gestattet, aber es war de facto nicht einmal bei Krankheit oder Urlaub eine Vertretungsmöglichkeit möglich, da diese auf Grund des umfangreichen internen Wissens und der nicht protokollierten Arbeitsfortschritte nach Aussage der Kundenbetreuerin unmöglich gewesen sei.

In der Gesamtbetrachtung überwiegen daher die Merkmale, die für eine Tätigkeit als Dienstnehmerin sprechen im gegenständlichen Fall. Demzufolge war dem Rechtsmittel in diesem Punkt kein Erfolg beschieden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

VII. Zur Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall nicht gegeben, es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Daher ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020 ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103362.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at