Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2020, RV/7100708/2020

Keine Familienbeihilfe für Studenten ohne Nachweis von Prüfungsantritten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Monika Kofler in der Beschwerdesache VN-KM NN-KM, Adresse-KM, PLZ ORT, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab April 2018 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Am beantragte VN-KM NN-KM, in der Folge mit Bf. bezeichnet, die Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn VN-Sohn NN-KM, in der Folge mit Sohn bezeichnet. Als Tätigkeit des Kindes wurde „Student“ angegeben, als voraussichtliche Dauer der Tätigkeit .

Beigelegt war eine Studienzeitbestätigung der Universität STADT vom . In dieser wurde dem Sohn bestätigt, dass er folgende Studien zu folgenden Zeitpunkten begonnen und beendet hatte:

Bachelorstudium STUDRICHT1: begonnen am , beendet am

Bachelorstudium STUDRICHT2: begonnen am , beendet am

Bachelorstudium STUDRICHT3: begonnen am , beendet am

Für das Wintersemester 2017/2018 wurden keine erfolgreich absolvierten Prüfungen, die mit ECTS-Punkten bewertet wurden, nachgewiesen.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt die Bf. auf, bekannt zu geben, welche Studienrichtung als Hauptstudium im 1. Studienjahr gewählt wurde. Der Sohn habe keine Prüfungen positiv abgelegt. Die Bf. wurde daher ersucht, ein Sammelzeugnis, aus dem auch negative Prüfungen hervorgehen und einen Nachweis über abgelegte Zwischenprüfungen vorzulegen, weiters Teilnahmebestätigungen an Seminaren und Vorlesungen, Mitschriften und Studienplan der besuchten Lehrveranstaltungen, Seminararbeiten, Ankauf von Skripten und Literatur (Rechnung), sowie ein Studienblatt vom Wintersemester 2018/2019.

Mit weiterem Ergänzungsersuchen vom , welches zusätzlich noch mit „Erinnerung!!!“ betitelt wurde, wurden noch einmal dieselben Unterlagen abverlangt.

In Beantwortung dieses Schreibens führte die Bf. mit Eingabe vom wie folgt aus:

„In Ihrem Schreiben um Ergänzung/Auskunft teilen Sie mit, dass ich bereits ein Schreiben im Dezember 2018 erhalten hätte, muss ich mitteilen, dass ich keine Post erhalten habe.
Weiters schreiben Sie, dass mein Sohn VN-Sohn NAME, inskribiert hat. Mein Sohn heißt VN-Sohn NN-KM.
Das Hauptstudium im 1. Studienjahr ist STR1.
VN-Sohn hat nicht in die Studienrichtung Lehramt wechseln können, da es bei der Anmeldung ein Computerproblem gab und dann die Frist verstrichen war. VN-Sohn hat deshalb weiterhin für das Wintersemester 2018/2019 STR1, STUDRICHT2 und STUDRICHT3 inskribiert (Nachweis liegt bei).
VN-Sohn hat nur eine Zwischenprüfung abgelegt. Negativbeurteilung der Studienrichtungen liegt bei. Weitere Beurteilungen sind nicht vorhanden, bzw. hat VN-Sohn nicht erhalten.
Eine TeiInahmebestätigung/Unterschriftenliste wurde nur bei den Pflichtfächern durchgegeben und diese wurde dann an die ProfessorInnen weitergegeben. Muss VN-Sohn diese von den ProfessorInnen abverlangen?
Nachweis Stundenplan wurde beigelegt. Weitere Stundenpläne sind nicht vorhanden, diese sind nur mehr über eine APP abrufbar, die kostenpflichtig ist.
Mitschriften sind keine vorhanden. Es wurde nur mit den Unterlagen, die im Internet auf der Studo-App-Seite vorhanden sind, gelernt.
Seminararbeiten wurden keine gefordert und somit auch nicht abgegeben. Erst in den weiteren Studiensemestern werden Diplomarbeiten gefordert.
Skripten und Literatur sind zwar vorhanden, wurden in der Buchhandlung an der UNI gekauft, Rechnungen können aber keine vorgelegt werden, da nicht mehr vorhanden.
Diese Informationen habe ich alle mit meinem Sohn, VN-Sohn NN-KM, besprochen, bzw. habe ich diese Informationen aufgrund seiner Aussagen niedergeschrieben.“

Vorgelegt wurde eine Bestätigung über die erfolgreiche Teilnahme betreffend Ergänzungsprüfung Latein am , welche mit 0 ECTS bewertet wurde.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Bf. um Ergänzung folgt:

„Mit Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom wurde kein Sammelzeugnis beigelegt, aus dem die negativen Prüfungen hervorgehen. Bitte bringen Sie dieses nach.
Mit Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom führen Sie an, einen Stundenplan beigelegt zu haben. Es war kein Stundenplan beigelegt.“

Mit Eingabe vom gab die Bf. folgendes bekannt:

„Anbei übermittle ich Ihnen nochmals die Studienbestätigungen von Anbeginn des Studiums, das ist vom Wintersemester 2017/2018 bis zum Wintersemester 2018/2019. Eine Anmeldung für das Sommersemester 2019 wird in den nächsten Tagen erfolgen. Für das Wintersemester 2018/2019 werden Prüfungstermine erst vereinbart, da noch bis zum Sommer 2019 die Frist läuft.
Weiters lege ich die Stundenpläne ab Oktober 2017 bei. Jedes Monat ist extra aufgelistet.
Weitere Beilagen sind die Lehrveranstaltungszeugnisse (6 Seiten). ...“

Vorgelegt wurde ein Ausdruck der Universität STADT betreffend online-Prüfungen am , die Ergänzungsprüfung Latein, schriftlich und mündlich, am sowie Prüfungen, schriftlich, am . Nur die Ergänzungsprüfung aus Latein wurde erfolgreich abgeschlossen. Sämtliche anderen Prüfungen wurden mit nicht genügend beurteilt.

Die Ergänzungsprüfung Latein für das Bachelorstudium STUDRICHT2 wurde als „mit Erfolg teilgenommen“ bewertet. ECTS-Punkte wurden nicht erworben.

Vorgelegt wurde weiters ein „persönlicher Terminkalender“ des Sohnes der Bf.. Aus diesem waren Ferienzeiten und Termine von Lehrveranstaltungen mit Ort, Datum und Uhrzeit sowie Vortragendem vom Wintersemester 2017/2018 bis zum Wintersemester 2018/2019 ersichtlich. Der Terminkalender enthielt auch Angaben zu Veranstaltungen, in denen der Sohn der Bf. sich im Krankenstand befand und an der Universität noch nicht inskribiert war.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab April 2018 ab und führte begründend aus, Familienbeihilfenanspruch bestehe nur dann, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. Beschwerde und führte begründend aus wie folgt:

„Sie begründen die Abweisung des Bescheides damit, dass die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werden muss.

Mein Sohn VN-Sohn hat die Vorlesungen besucht, bei denen er sich angemeldet hat (bis Jänner 2019). Die Anmeldungen wurden auch nachgewiesen, jedoch wurden nie Anwesenheitslisten durchgegeben - das war nur einmal der Fall -, hat auch im Internet für Prüfungen recherchiert (dies können wir jedoch nicht nachweisen), hat sich bei Freunden über die Prüfungsthemen informiert, Bücher ausgeliehen und hat die Prüfungstermine wahrgenommen. Die Prüfungstermine hat er auf Anraten seiner Freunde und seiner Studienkollegen (die bereits wiederholt haben), später gewählt, weil ihm gesagt wurde, dass bei den Prüfungen auch Stoff kommt, der erst besprochen wird. Er solle deshalb den letzten der drei vorgegebenen Termine wählen.

Dem Finanzamt liegen auch Zeugnisse bis März 2018 vor, in denen nachgewiesen wurde, dass VN-Sohn Prüfungen absolviert hat und diese „mit Erfolg teilgenommen“ beurteilt wurden. In den nächsten beiden Semestern (bis Feber 2019) wurden Vorlesungen besucht, Recherchen durchgeführt, Vorbereitungsarbeiten geleistet, jedoch keine Prüfungen absolviert. Diese wollte VN-Sohn im Wintersemester 2018/2019 absolvieren, da dies ja möglich ist. Im Jänner 2019 ist für VN-Sohn jedochdie Entscheidung gefallen, dass dieses Studium finanziell nicht tragbar ist und er deshalb eine Beschäftigung aufnehmen möchte. Erst ab diesem Zeitpunkt - also mit Feber 2019 - hat sich VN-Sohn auf Arbeitsuche begeben.

VN-Sohn war in einer Wohnung in STADT untergebracht. Wenn er das Studium nicht ernsthaft betrieben hätte, hätten wir nicht diese Ausgaben riskiert, die ja eine Belastung für mich als Alleinerzieherin darstellen. VN-Sohn hat auch keinen Nebenjob gehabt, da er sich auf das Studium konzentriert hat. Die Wohnung wurde im April 2019 mit einer 3-monatigen Kündigungsfrist gekündigt und VN-Sohn ist seit April 2019 wieder durchgehend in ORT und hat auch seit einen Job.

Ich bitte darum, meinen Antrag auf Familienbeihilfe vom nochmals zu überprüfen in der Hoffnung, dass die Familienbeihilfe - aufgrund meiner vorgebrachten Begründungen - zumindest bis Jänner 2019 gewährt wird.“

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte nach Wiedergabe des Gesetzestextes und den von Rechtsprechung und Lehre dazu herausgearbeiteten Grundsätzen wie folgt aus:

„Ihr Sohn VN-Sohn NN-KM war ab dem Wintersemester 2017/18 drei Semester lang an der Universität STADT in den Bachelorstudien STUDRICHT1, STUDRICHT2 und STUDRICHT3 inskribiert. Laut vorgelegten Unterlagen ist VN-Sohn im Zeitraum von 2-3/2018 zu sechs Prüfungen angetreten und hat eine Prüfung positiv absolviert.

Nach dem ist VN-Sohn zu keiner Prüfung mehr angetreten.

Dem Finanzamt konnten auch keine anderen Nachweise vorgelegte werden, dass VN-Sohn das Studium ab 4/2018 aktiv betrieben hat. Weder Nachweise über Zwischenprüfungen, Seminararbeiten, Teilnahmebestätigungen an Lehrveranstaltungen oder der Ankauf von Skripten und Literatur konnten erbracht werden.

Sie haben dem Finanzamt lediglich einen von der Universität STADT für den Studenten persönlich angelegten Terminkalender über die vorgesehenen Lehrveranstaltungen vorgelegt. Dieser Terminkalender hat keine Aussagekraft, ob Lehrveranstaltungen besucht wurden oder nicht.

Ab 4/2018 konnte keine Berufsausbildung iSd FLAG festgestellt werden, sodass ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht mehr gegeben war.“

Die Bf. stellte einen Vorlageantrag und führte begründend wie folgt aus:

„Bezüglich Ihrer Beschwerdevorentscheidung vom (aufgegeben in Eisenstadt am /behoben am ) nehme ich wie folgt Stellung:
VN-Sohn hat im Oktober 2017 zu studieren begonnen. Das erste Studienjahr wurde mit Juni 2018 beendet. Es ist richtig, dass er bis dahin nicht die geforderten ECTS nachweisen konnte, jedoch schon die 8 Semesterwochenstunden.
Sie führen an, wenn entweder die Wochenstunden oder die ECTS Punkte nachgewiesen werden können, besteht Anspruch ab dem zweiten Studienjahr. Fakt ist, dass VN-Sohn im 1. Studienjahr die Familienbeihilfe nicht bis zum Ende des Studienjahres, sondern nur für das 1. Semester erhalten hat. Dies wiederspricht Ihren Ausführungen in der Begründung Ihrer Beschwerdevorentscheidung.
Ich bitte deshalb, den Fall nochmals zu überprüfen und die zustehende Familienbeihilfe für das 1. Semester ab April 2018 zur Anweisung zu bringen.“

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde und den Akt des Finanzamtes vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass der Sohn der Bf. im Wintersemester 2017/2018 an der Universität STADT in den Bachelorstudien STUDRICHT1, STUDRICHT2 und STUDRICHT3 als ordentlicher Studierender inskribiert war und bis zum März 2018 zu mehreren Prüfungen angetreten ist, von denen er jedoch nur die Ergänzungsprüfung Latein erfolgreich abschloss.

Im Sommersemester 2018 und im Wintersemester 2018/2019 war der Sohn der Bf. zwar noch inskribiert und beendete die Studien am ohne nachgewiesenen Studienerfolg.

Die Bf. hat zwar behauptet, ihr Sohn habe „8 Semesterstunden nachgewiesen“, doch ist dies aufgrund des vorliegenden Studienerfolgsnachweises nicht nachvollziehbar.

Die Bf. hat ferner vorgebracht, ihr Sohn habe auch nach dem Wintersemester 2017/2018 noch studiert und habe zu Prüfungen antreten wollen. Der Besuch von Lehrveranstaltungen ist jedoch nicht dokumentiert - etwa durch Mitschriften - und nachdem er auch zu keiner Prüfung angetreten ist, ist es nicht glaubhaft, dass er sich um einen Studienerfolg bemüht hat.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs.1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. ... Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht der laufende Besuch der Universität für sich allein nicht aus, um eine Berufsausbildung anzunehmen. Entscheidend ist das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen um Studienfortgang bzw. -abschluss. Dieses Bemühen manifestiert sich im Antreten des Studenten zu den erforderlichen Prüfungen (vgl. zur alten Rechtslage).

Der Besuch einzelner Lehrveranstaltungen als außerordentlicher Hörer unterscheidet sich in quantitativer Hinsicht nicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privatem Interesse und ist daher noch nicht als Ausbildung zu erkennen, in deren Rahmen sich noch nicht berufstätige Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen aneignen ( - in diesem Fall war eine Prüfung über zwei Wochenstunden erfolgreich abgelegt worden).

Berufsausbildung liegt nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. ).

Die Leistung der Studierenden wird anhand der abgelegten Prüfungen, welche mit ECTS bewertet werden, gemessen. Dazu wird auf der Website www.oesterreich.gv.at Folgendes ausgeführt:

"Die ECTS-Punkte ergeben sich aus der geschätzten Zeit/dem geschätzten Arbeitspensum ("workload"), die eine durchschnittliche Studierende/ein durchschnittlicher Studierender für die Absolvierung einzelner Lehrveranstaltungen, Module etc. braucht.

Das Arbeitspensum setzt sich aus sämtlichen Lernaktivitäten zusammen, die Teil eines Studiums sind und mittels einer Leistungskontrolle überprüft werden. Dazu zählen:

•Teilnahme an Lehrveranstaltungen

•Praktika

•Selbststudium (Bibliotheksarbeit oder Arbeit zu Hause)

•Prüfungsvorbereitung

•Abschlussarbeiten und Abschlussprüfungen

ECTS-Punkte geben keine Auskünfte über den Lerninhalt, die Lernergebnisse oder die erworbenen Kompetenzen der Studierenden/des Studierenden.

Ein ECTS-Punkt steht für 25 Echtstunden á 60 Minuten an tatsächlichen Arbeitsaufwand für die Studierende/den Studierenden. Der Arbeitsaufwand eines Studienjahres wird für eine Vollzeitstudentin/einen Vollzeitstudenten mit 60 ECTS-Punkten bemessen. Das entspricht einem tatsächlichen Arbeitsaufwand von ca. 1.500 Stunden."

Das Arbeitspensum eines Semesters beträgt also 30 ECTS. Diese Leistung wird benötigt, um ein Studium in der Mindeststudiendauer zu absolvieren.

Berücksichtigt man zwei Toleranzsemester für das Bachelorstudium, ergibt sich ein Arbeitspensum von 22,5 ECTS pro Semester. Die Abarbeitung dieses Arbeitspensums ist erforderlich, um ein Studium innerhalb der Zeit zu absolvieren, für welche normalerweise die Familienbeihilfe gewährt wird.

Das Arbeitspensum von 16 ECTS für den Weiterbezug der Familienbeihilfe ab dem zweiten Studienjahr ist etwas mehr als ein Viertel des gesamten Arbeitspensums von 60 ECTS, welches für ein Studienjahr (zwei Semester) angesetzt wird. Es ist daher erforderlich, regelmäßig zu Prüfungen anzutreten, um irgendeinen Studienfortschritt zu erzielen.

Nach dem März 2018 wurden jedoch überhaupt keine Prüfungsantritte mehr nachgewiesen. Es daher für den Zeitraum ab April 2018 nicht belegt, dass der Sohn der Bf. im Beschwerdezeitraum noch ein Studium ernsthaft betrieben hätte. Dies wäre jedoch für den Fortbezug der Familienbeihilfe erforderlich gewesen.

So hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in welchem ein Student im ersten Studienjahr mit Ausnahme der Anmeldung zu einem ordentlichen Studium keinerlei ausbildungsmäßige Aktivitäten entfaltet hatte und sowohl vom Finanzamt als auch vom Bundesfinanzgericht ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe als nicht gegeben erachtet wurde, die gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes gerichtete Revision als unbegründet abgewiesen (.

Zu diesem Erkenntnis wurden u.a. die folgenden Rechtssätze veröffentlicht:

„Die Auslegung aus dem Zusammenhang des Gesetzes ergibt, dass sich die Aussage "Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr." (nur) auf das Erfordernis eines Studiennachweises, der für das erste Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, und somit (nur) auf die Definition bezieht, wann ein Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Die Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 sprechen auch ausdrücklich davon, dass Kriterien über den Studienfortgang als Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe in das Gesetz aufzunehmen seien (Hinweis 465 BlgNR. 18. GP, 6 ff). Ein Studienfortgang setzt voraus, dass ein Studium überhaupt betrieben wird. Der Entfall eines Kriteriums für den Studienfortgang im ersten Studienjahr ("Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung" - arg. "gilt", Fiktion des Studienfortganges), lässt das Erfordernis, dass ein Studium überhaupt betrieben wird, um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, unberührt. Für den Streitzeitraum des Revisionsfalles und die hier anzuwendende Rechtslage, bei der zum Studienfortgang noch Kriterien der Studiendauer hinzutreten, gilt nichts anderes.“

„Die Familienbeihilfe wird zwar monatlich gewährt und die Anspruchsvoraussetzungen müssen zwar für jeden Kalendermonat vorliegen, doch ist es im Hinblick auf die in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen (Hinweis 465 BlgNR. 18. GP, 6 ff), nicht erforderlich, über den pauschalierten Erfolgsnachweis hinaus, der eben im ersten Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, detaillierte Nachweise zu erbringen, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Nur in bestimmten Fällen können solche Fragen ausschlaggebend sein. So ist es etwa im Falle eines Studienabbruchs durchaus möglich, aber auch nicht zwingend, dass dieser Studienabbruch nicht zum Ende eines Studienjahres oder eines Semesters erfolgt (Hinweis B. vom , Ra 2014/16/0006). Ein weiterer solcher Fall läge vor, wenn über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vorneherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt wird. Dann läge auch noch keine Berufsausbildung vor.“

Im Hinblick auf die Umstände des gegenständlichen Falles ist davon auszugehen, dass der Sohn der Bf. ab April 2018 kein Studium mehr betrieben hat. Während bis März noch mehrere Prüfungsantritte erfolgten, von denen, allerdings bis auf die Ergänzungsprüfung Latein keine einzige Prüfung erfolgreich abgelegt wurde, sind für die Zeit danach nicht einmal mehr Prüfungsantritte erfolgt. Über die Inskription hinausgehende Aktivitäten zur Erreichung eines messbaren Studienerfolges wurden nicht nachgewiesen.

Der Beschwerde konnte aus den genannten Gründen nicht Folge gegeben werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis stützte sich auf die in diesem angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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Student
Studienfortgang
Prüfungsantritte
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100708.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at