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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.04.2020, RV/6100376/2019

Beschwerde gegen den verfügten Ablauf einer Aussetzung der Einhebung und Vorschreibung von Aussetzungszinsen gem. § 212a BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde des A, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch B, je vom betreffend den verfügten Ablauf einer Aussetzung der Einhebung und die Festsetzung von Aussetzungszinsen gemäß § 212a Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde (betreffend den Ablauf) wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerde betreffend Aussetzungszinsen wird teilweise Folge gegeben.

Die Aussetzungszinsen werden iHv. € 348,76 festgesetzt (bisher € 809,61).

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamtes Salzburg-Stadt gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) A infolge Beschwerdeerledigung den Ablauf der bewilligten Aussetzung der Einhebung betreffend die aus einer Haftungsinanspruchnahme (§§ 9 und 80 BAO; für Abgaben der Fa. C, kurz GmbH, StNr. XY; ) herrührenden Abgaben im Betrag von
€ 45.720,11.

Gleichzeitig wurden mit Nebengebührenbescheid ebenfalls vom für die oben angeführten Abgaben Aussetzungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von € 809,61 vorgeschrieben.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass Aussetzungszinsen für jene Abgabenschuldigkeiten vorzuschreiben seien, für die aufgrund des Aussetzungsantrages vom bzw. des Aussetzungsbescheides vom , ein Zahlungsaufschub eintrat.

Gegen diese Bescheide erhob der Bf mit Anbringen vom das Rechtsmittel der Beschwerde.
Dieses Rechtsmittel sei erforderlich, da der Verdacht bestehe, dass das Finanzamt vorsätzlich überhöhte Steuerforderungen gestellt habe, um das Unternehmen in die Insolvenz zu treiben. Auf die weiteren Ausführungen betreffend Insolvenz, Liquiditätsprobleme und fehlende Jahresabschlüsse, wird verwiesen.

Verwiesen wurde auch darauf, dass bei einer entsprechenden Bestätigung (dass die GmbH keine Gewinne erziele), die deutsche Besteuerung wesentlich geringer ausgefallen wäre (um € 400.000,--). Die Gesellschaft habe zudem Zinsaufwendungen von über € 200.000,-- tragen müssen.

Hingewiesen wurde auch darauf, dass aufgrund einer BFH-Entscheidung die Ansicht des Finanzamtes hinsichtlich der Besteuerung der Gesellschaft unrichtig sei und wesentlich zu dem Liquiditätsengpass geführt habe. Ebenso sei der Insolvenzantrag rechtswidrig erfolgt und bestehe auch keine Haftung seiner Person.

Auf eine beiliegende Aufstellung wurde verwiesen, sodass sich für die Gesellschaft bei einer korrekten Besteuerung keine Steuerschuld, sondern ein erhebliches Steuerguthaben ergeben würde.

Diese Beschwerde wurde hinsichtlich des verfügten Ablaufs seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass die zugrunde liegende Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom mit Beschwerdevorentscheidung vom erledigt wurde, weshalb der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen gewesen sei.

Gleichzeitig wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom selben Datum die Beschwerde gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen als unbegründet abgewiesen.
Unter Hinweis auf den zu verfügenden Ablauf (siehe oben) wurde darauf verwiesen, dass Aussetzungszinsen festzusetzen waren, da aufgrund des Aussetzungsantrages (Erg. und der bewilligten Aussetzung der Einhebung) ein Zahlungsaufschub eintrat.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag des Bf vom .
Darin wurde das in der Beschwerde erhobene Vorbringen im Wesentlichen wiederholt.
Weiters wurde auf ein Verständigungsverfahren aus dem Jahr 2000 verwiesen, worüber trotz mehrfacher Nachfrage keine Information vorliege. Die Umsetzung des Ergebnisses sei von Amts wegen vorzunehmen.

Auf die unrichtige Besteuerung gemäß BFH-Entscheidung wurde wiederum hingewiesen, sowie die rechnerische Darstellung bei korrekter Besteuerung wieder vorgelegt.

Mit Anbringen vom an das BFG Salzburg ersuchte der Bf auch betreffend der gegenständlichen Vorlagen des Finanzamtes vom , ihm mitzuteilen, mit welchen Aktenzeichen die Vorgänge (Beschwerdevorlagen) beim BFG erfasst wurden, um dazu ergänzende Stellungnahmen abgeben zu können.

Er habe zudem festgestellt, dass durch das Finanzamt verschiedene Unterlagen von Dritten (z.B. BMF) übergeben wurden, die ihm nicht bekannt gegeben wurden. Ferner seien Unterlagen vom Finanzamt nicht an das BFG weitergegeben worden.
Er beantrage daher eine Akteneinsicht welche ab Mitte August beim BFG durchgeführt werden könne.

Für alle Beschwerdevorlagen werde eine mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Mitteilung des (persönlich zugestellt lt. Rückschein am ) wurden dem Bf die Aktenzeichen der bis dahin beim BFG vorliegenden Beschwerden bekannt gegeben.

Betreffend Akteneinsicht wurde der Bf ersucht - unter Bekanntgabe der Telefonnummer - mit einer Angestellten der Kanzlei einen Termin zu vereinbaren. Dazu wurde darauf hingewiesen, dass eine Akteneinsicht ab möglich ist.
Weiters wurde um Rücksprache mit dem zuständigen Richter ersucht.
Die genaue Adresse des BFG, Außenstelle Salzburg, wurde mitgeteilt.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Die beantragte Akteneinsicht wurde vom Bf nicht wahrgenommen.

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 212a Abs. 5 (BAO) besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen.

Gemäß § 212a Abs. 9 Bundesabgabenordnung sind für Abgabenschuldigkeiten
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,

Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Da über die der Aussetzung der Einhebung zugrunde liegenden Beschwerde (betreffen Haftungsinanspruchnahme) mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom abgesprochen wurde, liegt eine die Beschwerde erledigende Entscheidung vor.
Auf den Inhalt dieser Entscheidung (Abweisung, Stattgabe oder teilw. Stattgabe usw.) kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist allein, ob eine wie im Gesetz angeführte Entscheidung über das Beschwerdeverfahren ergangen ist.
Wie sich somit aus dem Gesetz ergibt und vom Finanzamt klargestellt wurde, ist der zwingend zu verfügende Ablauf zu Recht erfolgt.
Auf die vom Bf vorgebrachten Gründe (insbesondere der Unrichtigkeit von Abgabenfestsetzungen usw.) kommt es daher nicht an.

Die Beschwerde war daher diesbezüglich abzuweisen (siehe Punkt 1. des Spruches).

Zur teilweisen Stattgabe der Aussetzungszinsen ist auf die Entscheidung des , betreffend Haftungsinanspruchnahme zu verweisen, die eine Herabsetzung des Haftungsbetrages auf € 19.695,04 ergab.
Die Aussetzungszinsen waren daher im Sinne des § 212a Abs. 9 BAO („im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld“ usw.) von diesem Betrag neu zu berechnen (19.695,04 x 0,0038% x 466) und auf € 348,76 herabzusetzen.

Im Übrigen kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.
Die Festsetzung der Aussetzungszinsen, deren Höhe konkret nicht bestritten wurde, ist aufgrund des vorliegenden Zahlungsaufschubes im Sinne des § 212a Abs. 9 BAO, somit in Höhe des nunmehr verminderten Betrages, zu Recht erfolgt.

Hinzuweisen ist darauf, dass die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung im Verfahren betreffend die Vorschreibung von Aussetzungszinsen nicht zu prüfen ist. Es genügt allein die formelle (bescheidmäßige) Vorschreibung von Abgaben.
Auf die vom Bf vorgebrachten Gründe (insbesondere der Unrichtigkeit von Abgabenfestsetzungen, fehlerhaftes Verständigungsverfahren , BFH-Entscheidung, rechnerisch korrekte Darstellung der Besteuerung, wie auch unrichtige Haftungsinanspruchnahme; letzteres siehe BFG Entscheidung), welche (die GmbH betreffen) lange vor der gegenständlichen bewilligten Aussetzung der Einhebung betreffend Haftungsinanspruchnahme liegen, kommt es daher nicht an.

Gemäß § 274 Abs. 1 lit. 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung (Erg. nur dann) stattzufinden, wenn es beantragt wird

a)  in der Beschwerde,

b)  im Vorlageantrag (§ 264), usw..

Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung setzt demnach einen rechtzeitigen Antrag des Beschwerdeführers voraus.
Anträge, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben, oder wie hier im Ersuchen um Mitteilung vom , gestellt werden (somit mehrere Monate nach der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag) begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (vgl. Ritz, BAO, Tz 3 zu § 274).

Hinzuweisen ist auch darauf, dass die vom Bf beantragte und ab mögliche Akteneinsicht nicht in Anspruch genommen wurde, weshalb aufgrund des Zeitablaufes ohne Berücksichtigung dieses Umstandes zu entscheiden war.

Der Beschwerde kommt daher hinsichtlich Aussetzungszinsen teilweise Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (die Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100376.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at