Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.04.2020, RV/2100143/2020

Keine Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) für Unternehmer im Erstattungsverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache
Telekomunternehmen, vertreten durch BDO Audit GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Verspätungszuschlag/USt 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 zu Recht erkannt:

Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin, die Ltd ist ein Drittlands- Telekommunikationsunternehmen.

Für die Jahre 2011 - 2015 hat die Bf. Anträge auf Erstattung von Vorsteuern aus Roaminggebühren eingebracht.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung der Jahre 2011 - 2015 wurde festgestellt, dass österreichische Mobilfunkunternehmen auf von ihnen verrechnete Roaminggebühren nachträglich Rabatte gewährt haben, die bei der Bf. zu Vorsteuerkürzungen von insgesamt 31.272,- Euro geführt hätten.

Die Bf. hat die Vorsteuern jedoch in ungekürztem Ausmaß beantragt.

Nach Ansicht des Finanzamtes hätte die Bf. die Entgeltsminderungen im Rahmen von Umsatzsteuervoranmeldungen erklären müssen.

Da die Bf. dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, verhängte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag im Ausmaß von 10% der zu berichtigenden Vorsteuern.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde machte die Bf. geltend, dass sie dem Finanzamt die Entgeltsminderungen zumindest teilweise mitgeteilt hätte.

In rechtlicher Hinsicht vertrat sie die Auffassung, dass sie ungeachtet der Entgeltsminderung ihre Vorsteuern (wenn auch gemindert) im Rahmen des Erstattungsverfahrens geltend machen müsse und daher nicht verpflichtet sei, Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben.
Selbst das BMF habe im Vordruck "U5" eine Vorgehensweise für Entgeltsminderungen vorgesehen. Sie treffe daher kein Verschulden.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung ab, weil die Bf. durch die nicht erfolgte Bekanntgabe der Rabatte ein Verschulden treffe.

Im Vorlageantrag verwies die Bf. auf das bisher Vorgebrachte und ergänzte, dass ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 10% in Anbetracht der Dauer des Erstattungsverfahrens und der damit verbundenen Zinsnachteile für die Bf. nicht angemessen sei.

Rechtslage

§ 135 BAO

Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Art. 1 § 3aVerfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995idF BGBl. II Nr. 222/2009

(1) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.

Formular U 5, Version vom (Auszug)

*) Minderungen der Umsatzsteuer infolge des Rechnungsbetrags (zum Beispiel durch Skonti, Rabatte, Storni) sind wie folgt zu berücksichtigen:

a) Ist die betreffende Rechnung in dieser Einzelaufstellung aufgeführt, ist der gekürzte Umsatzsteuerbetrag anzugeben.

b) Ist die betreffende Rechnung in der Einzelaufstellung eines früheren Vergütungsantrages enthalten, ist die Minderung der Umsatzsteuer am Schluss der Einzelaufstellung anzugeben. Es ist auf die zugrundeliegende Rechnung Bezug zu nehmen.

Das BFG hat erwogen

Die Verhängung eines Verspätungszuschlages setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist ( § 135 BAO; vgl Ritz, BAO, § 135 Tz 4).

Im Beschwerdefall hat es die Bf. offenkundig unterlassen, Entgeltsminderungen bzw. die damit in Zusammenhang stehende Verminderung der abziehbaren Vorsteuern zu erklären.

Dieses Versäumnis ist jedoch nicht mit einem Verspätungszuschlag für die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bedroht:

Ausländische Unternehmer, die wie die Bf. dem Erstattungsverfahren unterliegen, haben die Minderung der abziehbaren Vorsteuer- wie von der Bf. selbst vorgebracht - im Rahmen des Erstattungsverfahrens zu berücksichtigen.
Für ausländische Unternehmer aus dem Drittland ist dafür ausschließlich das Formular "U5" vorgesehen.

Die Verhängung eines Verspätungszuschlages scheitert daher bereits am Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzung der Verpflichtung zur Einreichung einer Abgabenerklärung (die Erklärung U5 hat die Bf. ja fristgerecht eingebracht, da es ansonsten zu keiner Erstattung gekommen wäre).

Die angefochtenen Bescheide betreffend Verspätungszuschlag 2011 - 2015 sind daher ersatzlos aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ergeben sich die Konsequenzen direkt aus dem Gesetzestext weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 § 3a Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100143.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at