Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2016, RV/7500368/2016

Teilrechtskraft; Einzahlung des Organstrafbetrages ohne Identifikationsnummer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500368/2016-RS1
Wenn auch die rechtzeitige Überweisung einer mit einer Organstrafverfügung oder Anonymverfügung verhängten Geldstrafe mangels Angabe der Identifikationsnummer keine Sperrwirkung hinsichtlich des einzuleitenden ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens entfaltet, ist zum einen die bezahlte Geldstrafe auf die im ordentlichen Verfahren zu verhängende Geldstrafe anzurechnen und zum anderen der durch die Zahlung zum Ausdruck kommende Umstand der Einsicht in das mit der Verwaltungsübertretung verbundene Unrecht bei der Strafbemessung mildernd zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Verwaltungsstrafsache gegen Herrn H., geb., Wien, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, über die Beschwerde des Beschuldigten vom  gegen das Erkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Parkraumüberwachung, vom , Zahl: MA 67, zu Recht erkannt:


I. 1. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 verhängte Geldstrafe von 60 Euro auf 48 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG von 16 Stunden auf neun Stunden herabgesetzt wird.

2. Die Kosten für das behördliche Verfahren sind unverändert gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit dem Mindestsatz von 10 Euro festzusetzen.

3. Auf die verhängte Geldstrafe werden die am erfolgte Zahlung von 36 Euro gemäß § 50 Abs. 7 VStG angerechnet.

4. Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

5. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat Herr H. keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

6. Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt. Der zur Zahlung verbleibende Betrag von € 24,00 (Restgeldstrafe) sowie von € 10,00 (Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens) sind an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
 

II. 1. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde nicht zulässig.

2. Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Parkraumüberwachung, vom , Zahl: MA 67, wurde Herrn H. (in weiterer Folge: Beschuldigter) vorgeworfen, am um 18:00 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort, mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W. folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Abstellen des Fahrzeuges, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Die Parkometerabgabe sei daher fahrlässig verkürzt worden.

Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung.

Gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 wurde gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 60,00, im Falle der Uneinbringlichkeit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Dem Beschuldigten wurde zudem ein Betrag von EUR 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes).

Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher EUR 70,00.

Als Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Das Fahrzeug wurde beanstandet, weil es wie im Spruch beschrieben in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war. Diese Übertretung wurde Ihnen angelastet.

Im Einspruch haben Sie die Übertretung nicht bestritten, wendeten jedoch ein, die Organstrafverfügung sei bereits bezahl worden.

Dazu wurde Folgendes festgestellt:

Die Unterlassung der Einzahlung des Strafbetrages mittels des am Tatort hinterlassenen Beleges binnen einer Frist von zwei Wochen gilt gemäß § 50 Abs. 6 VStG als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages. In diesem Fall ist die Anzeige an die Behörde zu erstatten.

Wie sowohl Ihrem Einspruch als auch der von Ihnen übermittelten Umsatzliste zweifelsfrei zu entnehmen ist, wurde von Ihnen eine Überweisung in Höhe von EUR 36,00 ohne Zahlungsreferenz in Auftrag gegeben.

Als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges gilt auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtig Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gutgeschrieben wird.

Da die für das gegenständliche Verfahren notwendige Identifikationsnummer offenkundig nicht angegeben wurde, scheint der Betrag auch nicht auf dem gegenständlichen Konto auf. Es lag demnach keine der gesetzlichen Bestimmung nach durchgeführte Einzahlung des Strafbetrages vor und war das Verfahren einzuleiten.

Es sind somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in der Straferfügung ersichtlich ist, zumal Sie diesen Sachverhalt insgesamt unwidersprochen ließen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall somit nicht vor.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 2 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen. Die Verschuldensfrage war zu bejahen. Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die Strafe nimmt ausreichend darauf Bedacht, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen. Nach der Aktenlage ist das Fehlen von Vorstrafen als mildernd zu werten.

Betreffend Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten sind dem Amt keine Umstände bekannt, die annehmen ließen, dass Sie durch die verhängte Strafe in Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen übermäßig hart getroffen werden. Eine allfällige Sorgepflicht konnte mangels jeglicher Hinweise nicht angenommen werden.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

Mit fristgerechter Eingabe vom erhob der Beschuldigte dagegen insoweit Beschwerde, als er mitteilte, dieses Delikt bereit am eingezahlt, aber leider die Verfügernummer nicht dazu geschrieben zu haben. Er ersuche nochmals höflich, dies zu prüfen (Kontoauszug liegt bei).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 5 WAOR entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht. Gemäß § 1 Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006: Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

§ 50 Abs. 6 VStG: Gegen die Organstrafverfügung ist kein Rechtsmittel zulässig. Verweigert der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme des Beleges (Abs. 2), so ist die Organstrafverfügung gegenstandslos. Die Unterlassung der Einzahlung mittels Beleges (Abs. 2) binnen einer Frist von zwei Wochen gilt als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages; der Lauf der Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Beleg am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten übergeben wurde. Im Fall der Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages oder der Entgegennahme des Beleges (Abs. 2) ist die Anzeige an die Behörde zu erstatten. Als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs. 2) gilt auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gutgeschrieben wird.

§ 50 Abs. 7 VStG: Wird der Strafbetrag nach Ablauf der in Abs. 6 bezeichneten Frist oder nicht mittels Beleges (Abs. 2) bezahlt und weist der Beschuldigte die Zahlung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach, so ist der Strafbetrag zurückzuzahlen oder anzurechnen.

Teilrechtskraft:

Bekämpft ein Beschwerdeführer nur den Ausspruch über die Strafe, ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Frage der Strafbemessung. Hinsichtlich der Frage der Strafbarkeit ist diesfalls Teilrechtskraft eingetreten (vgl. ; ; ). Für die Beurteilung der Frage, ob in einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Beschwerde ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird, kommt es auf den Inhalt dieser Beschwerde in ihrer Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (vgl. ; ). Macht jedoch die Berufungsbehörde in der Verfahrenskonstellation, dass nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird, dennoch die Prüfung der Strafbarkeit zum Gegenstand ihrer Entscheidung, nimmt sie eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihr nicht zukommt (vgl. ). Diese Judikatur hat auch im Anwendungsbereich des § 27 VwGVG 2014 weiterhin Gültigkeit. Hinsichtlich des Prüfungsumfanges bestimmt § 27 VwGVG 2014, dass das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen hat. Ist das Beschwerdevorbringen ausdrücklich auf Strafminderung beschränkt, so ist dem Verwaltungsgericht eine Überprüfung des Schuldspruchs verwehrt (vgl. ).

Angesichts der eindeutigen Beschwerdeausführungen, wonach der Beschuldigte lediglich einwendet, dass er dieses Delikt bereit am 19. Oktober 2015 eingezahlt hätte, aber leider die Verfügernummer nicht dazu geschrieben zu haben, ist im Sinne der zitierten Judikatur von Teilrechtskraft des Schuldspruches auszugehen.

Zahlung des Strafbetrages laut Organstrafverfügung:

Aus dem Akt ist ein Einspruch des Beschuldigten vom samt beigelegter Kontoauszüge zu ersehen, worin er die Zahlung der mittels Organstrafverfügung vom ausgesprochenen Strafe von EUR 36,00 insoweit nachgewiesen hat, als der Strafbetrag am zwar – innerhalb der gesetzlichen Zahlungsfrist von 14 Tage ab Ausstellungsdatum – einbezahlt wurde, allerdings ohne Einhaltung der im § 50 Abs. 6 VStG geforderten Voraussetzungen (vgl. …“wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält“).

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Organstrafverfügung es ermöglicht, geringfügige Straffälle (wie z.B. Verwaltungsübertretungen nach dem Parkometergesetz) auf kürzeste und effizienteste Weise zu erledigen. Eine abschließende Erledigung der Strafsache kann nur durch eine frist- und formgerechte Bezahlung des Strafbetrags bewirkt werden. Eine ordnungsgemäße Bezahlung des Strafbetrags liegt vor bei:

• Bareinzahlung mittels Originalbeleg. Die Einzahlung kann bei der Post oder einem anderen Kreditinstitut unter Verwendung des Originaleinzahlungsbelegs erfolgen. Diesfalls steht eine Frist von zwei Wochen zur Einzahlung zur Verfügung; die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Beleg am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten übergeben wurde (§ 50 Abs. 6 VStG).

• Überweisung. Die Einzahlung kann auch per Überweisung erfolgen, wenn der Überweisungsauftrag die Identifikationsnummer des Belegs enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht (d.h. innerhalb der zweiwöchigen Frist) gutgeschrieben wird. Die Anführung der automationsunterstützt lesbaren Identifikationsnummer gewährleistet die Zuordnung des Strafbetrages zur betreffenden Organstrafverfügung und ist ein unabdingbares Erfordernis einer fristgerechten Einzahlung; Gleiches gilt für das fristgerechte Einlangen des Betrags auf dem Überweisungskonto. Da es sich bei der Geldstrafe um eine Bringschuld handelt (ErläutRV 1167 BlgNR 20. GP 41), sind im Falle einer Überweisung sämtliche mit der Überweisung verbundenen Risiken (z.B. Übermittlungsfehler, Irrtümer, Störungen etc) der die Zahlung veranlassenden Person zuzurechnen. Die Zurechnung dieser Mängel zu Lasten des Auftraggebers erfolgt selbst dann, wenn diesen kein Verschulden am verspäteten Eintreffen der Zahlung trifft. Weiters hat der Auftraggeber die mit der Überweisung verbundenen Kosten zu tragen. Diese Risiken- und Kostentragung erweist sich als sachgerecht, zumal sich der Auftraggeber eines Erfüllungsgehilfen (z.B. Kreditinstituts) bedient (Thienel, ZVR 2000, 237 f; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 50 Rz 22).

Aufgrund des Fehlers des Beschuldigten, bei der Überweisung des Geldstrafbetrages von € 36,00 die Identifikationsnummer nicht angegeben zu haben, ist zwar dieser Geldbetrag überwiesen worden, allerdings nicht zur korrekten Identifikationsnummer, sodass eine Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges laut § 50 Abs. 6 VStG nicht gesetzeskonform erfolgt ist. Aufgrund der nicht fristgerechten Zahlung ist die Organstrafverfügung damit gegenstandslos geworden und war das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen.

Ein verspäteter oder nicht ordnungsgerecht bezahlter Strafbetrag, dessen Zahlung vom Beschuldigten im Zuge des anschließend geführten Verwaltungsstrafverfahrens nachgewiesen wird, ist auf eine im fortgesetzten Verfahren verhängte Geldstrafe anzurechnen (Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 50 Rz 27).

Wenn auch die rechtzeitige Überweisung einer mit einer Organstrafverfügung oder Anonymverfügung verhängten Geldstrafe mangels Angabe der Identifikationsnummer keine Sperrwirkung hinsichtlich des einzuleitenden ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens entfaltet, ist zum einen die bezahlte Geldstrafe auf die im ordentlichen Verfahren zu verhängende Geldstrafe anzurechnen und zum anderen der durch die Zahlung zum Ausdruck kommende Umstand der Einsicht in das mit der Verwaltungsübertretung verbundene Unrecht bei der Strafbemessung mildernd zu berücksichtigen ( ).

Das Magistrat der Stadt Wien wurde um Auskunft über eine allfällige Anrechnung des entrichteten Betrages von € 36,00 ersucht. Laut Auskunft des Magistrats der Stadt Wien wurde der Betrag weder vom Beschuldigten zurückgefordert noch an diesen zurückgezahlt, steht somit für eine Anrechnung zur Verfügung.

Strafbemessung:

Gemäß § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 sind Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

§ 16 Abs. 1 VStG: Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

§ 16 Abs. 2 VStG: Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten hat der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht bekannt gegeben, sodass unverändert von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen ist. Festgehalten wird, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (z.B. ).

Im gegenständlichen Fall ist neben dem bereits von der belangten Behörde im Straferkenntnis angeführten Milderungsgrund der verwaltungsstrafbehördlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte das Unrecht der Nichtentrichtung der Parkometerabgabe offensichtlich eingesehen und sich – in Summe ohne den gesetzlich vorgesehenen Erfolg – bemüht hat, ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren durch Einzahlung des mit der Organstrafverfügung vorgeschriebenen Betrages zu vermeiden.

Wie sehr die Einhaltung der Formvorschriften bei der Entrichtung der Geldstrafen im Rampenlicht steht zeigt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum dem § 50 Abs. 6 VStG verglichbaren Bestimmung des § 49a Abs. 6 VStG:

Die Regelung des § 49a Abs. 6 VStG liegt im Interesse der Verwaltungsökonomie. Wird von der durch § 49a Abs. 6 VStG ermöglichten Bezahlung durch Telebanking Gebrauch gemacht, trägt der Auftraggeber der Überweisung sämtliche Risiken des Überweisungsverkehrs. Wie die Materialien (1167 BlgNR XX. GP, 42) ausführen, gehen sämtliche "Übermittlungsfehler, Irrtümer, Unterbrechungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art" zulasten des Auftraggebers. Der Auftraggeber ist daher gehalten, neben der richtigen Identifikationsnummer auch die "Überweisung des Strafbetrages", nämlich des vorgeschriebenen Strafbetrages, vorzunehmen. Die Zahlung eines höheren Strafbetrages kann daher - ebenso wie die Zahlung eines niedereren Strafbetrages - nicht "als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages" iSd § 49a Abs. 6 VStG gelten. Der Normzweck der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt die Tatsache, dass die Kontrolle der Einzahlung des mit Anonymverfügung verhängten Strafbetrages bei Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen erst dann wesentlich vereinfacht ist, wenn die Angabe der richtigen Identifikationsnummer erfolgt und der richtige Strafbetrag eingezahlt wird. Es bestehen gegen die Bestimmung des § 49a Abs. 6 VStG schon deswegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil - wie die Materialien ausführen - es weiterhin jedem Auftraggeber, der die Risiken des Überweisungsverkehrs nicht tragen will, freisteht, sich weiterhin des "zur postalischen Einzahlung geeigneten Beleges" (Erlagscheines) zu bedienen und den Strafbetrag bar einzuzahlen ().

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschuldigte den Strafbetrag von 36 Euro – wenn auch ohne Angabe einer unrichtigen Identifikationsnummer – entrichtet hat, erscheint unter Würdigung sämtlicher Strafbemessungsgründe eine Reduzierung der Strafe auf 48 Euro vertretbar.

Unter denselben Strafbemessungsgründen war auch eine Reduzierung der für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 VStG festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafe auf neun Stunden möglich.

Darüber hinaus war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Anrechnung des bereits bezahlten Betrages:

Da der Beschuldigte nachgewiesen hat, dass er den Betrag von 36 Euro bereits entrichtet hat, ist dieser gemäß § 50 Abs. 7 VStG auf die verhängte Geldstrafe anzurechnen.

Kosten:

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Die Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren beim Magistrat der Stadt Wien sind gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit dem Mindestsatz von 10 Euro unverändert festzusetzen.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl I 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung in Verwaltungsstrafsachen, die keine Finanzstrafsachen sind, eine Vollstreckungsbehörde zu bestimmen, um die Vollstreckbarkeit seiner Entscheidung sicherzustellen (vgl. Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm 6). In diesem Sinne wird als Vollstreckungsbehörde der Magistrat der Stadt Wien bestimmt, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich ).

Zahlungsaufforderung:

Informativ wird mitgeteilt, dass die Einzahlung der Geldstrafe (€ 48,00 abzüglich € 36,00 = € 12,00) samt Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens (€ 10,00) von gesamt € 22,00 auf folgendes Bankkonto des Magistrats der Stadt Wien bei der UniCredit Bank Austria AG erfolgen kann:
Empfänger: MA 6 - BA 32 - Verkehrsstrafen, IBAN: AT38 1200 0006 9625 5207, BIC: BKAUATWW. Bitte die Geschäftszahl des Straferkenntnisses des Magistrats angeben: MA 67.

Unzulässigkeit der Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 50 Abs. 6 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7500368.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at