Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nach Polen iZm Pensionseinkünften der Ehefrau, Ausbildung der Tochter und einem Eigenheim
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer des Jahres 2012 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr 2012 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Maurer und machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung vom für das Jahr 2012 die nunmehr strittigen Werbungskosten für Familienheimfahrten nach Polen iHv EUR 3.672,00 und für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 3.704,45 geltend.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der strittigen Werbungskosten mit EUR -1.081,00 fest, weil die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten nicht vorgelegen seien.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom , in welcher der Beschwerdeführer angab, die Verlegung des Familienwohnsitzes sei unzumutbar gewesen, weil es sich in Polen um ein Eigenheim handle, die Ehefrau in Polen Pensionseinkünfte von mehr als EUR 2.200,00 pa beziehe und die Tochter am Familienwohnsitz eine Ausbildung absolviere.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, weil die Ehefrau seit 2003 in Österreich hauptwohnsitzgemeldet sei, im Jahr 2012 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus einem aktiven Arbeitsverhältnis in Österreich bezogen habe, hingegen in Polen keine Einkünfte aus einem aktiven Arbeitsverhältnis beziehe, sondern Pensionseinkünfte.
Im dagegen gerichteten Vorlageantrag vom wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Ausführungen seiner Beschwerde.
Der Vorlageantrag wurde dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt. Im Vorlagebericht vom selben Tag beantragte die Behörde die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I (Abweisung)
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer ist ein polnischer Staatsangehöriger und seit 1995 in Österreich berufstätig. Von 1995 bis 2003 erzielte er Einkünfte aus selbstständiger Arbeit; ab 2004 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Seit dem Jahr 2004 machte der Beschwerdeführer den Alleinverdienerabsetzbetrag geltend; auch im Streitjahr 2012. Dieser wurde von der belangten Behörde anerkannt; ebenso wie die Werbungskosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung für die Jahre 2008 bis 2011.
Im Streitjahr 2012 erzielte der Beschwerdeführer Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Maurer iHv brutto EUR 27.170,40 und machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 die nunmehr strittigen Werbungskosten für Familienheimfahrten nach Polen iHv EUR 3.672,00 sowie für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 3.704,45 geltend.
Der Beschwerdeführer war im Streitjahr 2012, ebenso wie seine Ehefrau, an der Adresse X hauptwohnsitzgemeldet. An dieser Adresse hatten beide den Hauptwohnsitz seit gemeldet. Die im Streitjahr bereits volljährige Tochter (geb xx.xx. 1990) hatte keinen Wohnsitz in Österreich (ZMR-Abfrage). Zudem ist der Beschwerdeführer Eigentümer des Eigenheimes in Y (Erklärung Stadtamt in y).
Die Ehefrau des Beschwerdeführers bezog im Jahr 2012 in Polen Pensionseinkünfte iHv PLN 11.640,93, umgerechnet EUR 2.675,94 (Bescheinigung polnische Steuerbehörde). Zudem war sie von bis bei einem Arbeitgeber in Wien geringfügig beschäftigt (Sozialversicherungsdatenauszug) und erzielte daraus im Streitjahr nichtselbstständige Einkünfte iHv brutto EUR 2.461,20.
Die Tochter des Beschwerdeführers absolvierte im Jahr 2012 eine Ausbildung in Polen und wohnte im Eigenheim des Beschwerdeführes in y.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl Nr 201/1996 dürfen bei Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-) ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit c EStG 1988 idF BGBl I Nr 111/2010 angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.
Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann (vgl ).
Eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei eine solche Unzumutbarkeit die unterschiedlichsten Ursachen haben kann (vgl , mwN).
Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben (vgl ). Dabei kann sie ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in der weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des Ehegatten (vgl , mwN) und ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl , mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl und ).
Der Beschwerdeführer führte ins Treffen, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes in Polen im Veranlagungsjahr 2012 unzumutbar gewesen sei, weil seine Ehefrau als Pensionistin über ein Jahreseinkommen von mehr als EUR 2.200,00 verfügt habe.
Eine unzumutbare Verlegung des Familienwohnsitzes zum Dienstort liegt bei Einkünften der Ehefrau nur vor, wenn es sich diesfalls um steuerlich relevante Erwerbseinkünfte handelt, die bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen (vgl und ). Die Pensionseinkünfte der Ehefrau stellen jedoch gerade keine aktiven Erwerbseinkünfte dar, die bei einer Wohnsitzverlegung verloren gingen. Es war daher nicht vom Vorliegen steuerlich relevanter Erwerbseinkünfte der Ehefrau auszugehen, die eine Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Polen hätten begründen können. Vielmehr hatte die Ehefrau des Beschwerdeführers ihren Hauptwohnsitz an derselben Adresse wie der Beschwerdeführer in Österreich gemeldet und ist im Streitjahr 2012 einer nichtselbstständigen Teilzeitbeschäftigung in Österreich nachgegangen.
Sofern der Beschwerdeführer vorbrachte, die Tochter absolviere ihre Ausbildung vom Familienwohnsitz in Polen aus, ist dem zu entgegnen, dass bei volljährigen, wenn auch unterstützungsbedürftigen Kindern von keiner Ortsgebundenheit des haushaltszugehörigen Elternteiles auszugehen ist (vgl sowie ). Eine für die Werbungskostenabzugsfähigkeit erforderliche Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung des Beschwerdeführers kann dadurch jedoch nicht aufzeigt werden.
Ebenso wenig stellt der bloße Besitz eines Eigenheims des Beschwerdeführers in Polen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort in Österreich dar (vgl , mwN und ).
Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer daher keine Umständen von erheblichem objektivem Gewicht anzuführen, die eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung hätten begründen können.
Aufwendungen für Familienheimfahrten des Arbeitnehmers von dem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz sind nur unter jenen Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt (vgl ).
Die im Beschwerdefall geltend gemachten Werbungskosten für Familienheimfahrten nach Polen iHv EUR 3.672,00 und für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 3.704,45 sind nach den obigen Ausführungen der persönlichen Vorliebe des Beschwerdeführers zuzuordnen und somit als Kosten der privaten Lebensführung zu qualifizieren. Als solche sind sie nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 abzugsfähig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Rechtsfragen zur Abzugsfähigkeit von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten ist bereits durch die obig dargestellte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insbesondere , , , und ). Darüber hinaus war die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG liegen somit nicht vor.
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106031.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at