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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2020, RV/2100237/2013

Nachweis unversteuert ausbezahlter Tages- und Nächtigungsgelder an Lkw-Fahrer gemäß § 26 Z 4 EStG 1988

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0074. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Land vom betreffend die Haftung für Lohnsteuer, die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2010 und 2011 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2010 samt Säumniszuschlag und gegen die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Säumniszuschlag sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 und 2011 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2011 samt Säumniszuschlag wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden dahingehend abgeändert, als anstatt Lohnsteuer in Höhe von € 108.552,83 Lohnsteuer in Höhe von € 69.512,06 nachgefordert wird und der Säumniszuschlag für die Nachforderung der Lohnsteuer für das Jahr 2011 von € 2.171,06 auf € 1.390,24 vermindert wird. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die mit Lkw`s Transporte aller Art durchführende beschwerdeführende GmbH (Bf) zahlte an ihre nichtselbständig beschäftigten Fahrer sowohl für die Fahrten in Österreich als auch in das Ausland (Deutschland) Tages- und Nächtigungsgelder unversteuert nach § 26 Z 4 EStG 1988 aus.

Im Zuge einer Lohnabgabenprüfung führte der Prüfer laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung Nachverrechnungen von Tages- und Nächtigungsgelder, welche auf Grund der tatsächlichen Fahrtrouten nicht die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG 1988 erfüllen würden, durch.

Der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ist diesbezüglich zu entnehmen, dass der Inhalt der vom Dienstgeber vorgelegten Diätenaufzeichnungen in vielen Fällen nicht mit den tatsächlich von den Fahrern zurückgelegten Fahrtrouten übereingestimmt hätte. In mehreren Fällen seien pauschale Nächtigungsgelder ausbezahlt worden, obwohl keine Nächtigung vorgelegen habe, sondern die Dienstnehmer täglich nach Hause gefahren seien.

Die Bf bzw. deren Rechtsvertreterin seien im Rahmen einer Zwischenbesprechung am mit dem Sachverhalt konfrontiert worden. Nachdem die Bf trotz des Vorhaltes des Prüfers von der Richtigkeit ihrer vorgelegten Unterlagen überzeugt gewesen sei, sei beschlossen worden, weitere Erhebungen iZm den in Rede stehenden Diätenaufzeichnungen durchzuführen. Dahingehend sei vereinbart worden, dass vom Prüfer mehrere Dienstnehmer namhaft gemacht werden würden, für die vom Dienstgeber die entsprechenden Frachtpapiere und Diätenaufzeichnungen als Nachweis vorzulegen gewesen wären, wonach die Auszahlung der Tages- und Nächtigungsgelder zu Recht erfolgt sei. Von der Bf sei jedoch von den sechs ausgewählten nur für zwei Dienstnehmer die geforderten Unterlagen vorgelegt worden. Darüber hinaus habe die Bf für weitere von ihr selbst ausgewählte elf Dienstnehmer die entsprechenden Papiere vorbereitet.

Im Zuge der Überprüfung der vorgelegten Unterlagen dieser Dienstnehmer stellte der Prüfer in Abgleich mit den bereits vorhandenen Aufzeichnungen laut Lohnabrechnung fest, dass die Tages- und Nächtigungsgelder nicht in voller Höhe abgabenfrei zu behandeln wären und die neu vorgelegten Diätenaufzeichnungen auch hinsichtlich der Fahrtrouten der Fahrer im Vergleich zu den ursprünglichen Unterlagen massiv verändert vorgelegt worden seien. Die im September vorgelegten Diätenaufzeichnungen seien hinsichtlich der Fahrtrouten stichprobenweise mit den Fahrerkarten überprüft worden und es sei festgestellt worden, dass Abfahrts- und Ankunftsort grundsätzlich mit den Be- und Entladestellen identisch gewesen seien.

Der aus den Unterlagen für die 13 Dienstnehmer errechnete Differenzwert bezifferte der Prüfer mit einem Durchschnittswert von 22,04% und unterstellte anteilig mit diesem Prozentsatz die an alle im Betrieb beschäftigten Fahrer ausgezahlten Tages- und Nächtigungsgelder der Abgabenpflicht (SV, Lohnsteuer, DB, DZ und Kommunalsteuer). Die betreffenden Berechnungsunterlagen seien der Bf zur Kenntnis gebracht worden. Die auf Grund der am von der Bf verlangte fortgesetzte Prüfung iZm der Beurteilung der rechtmäßigen Auszahlung der Tages- und Nächtigungsgelder habe gegenüber den ursprünglichen Differenzfeststellungen zum gleichen Ergebnis geführt.

Das Finanzamt folgte dieser Feststellung des Prüfers und erließ die angefochtenen Bescheide mit Hinweis auf den Bericht als Begründung.

In den dagegen nach Fristverlängerungsansuchen fristgerecht erhobenen Beschwerden wurde ausgeführt, dass die Schätzung des Prüfers auf Unterlagen basiert hätte, die ihm von der Bf zur Verfügung gestellt worden seien, welche allerdings irrtümlich in Bezug auf die Höhe der Sätze der Tagesdiäten fehlerhaft gewesen seien.

Der Feststellung des Prüfers, wonach 22,04% der gesamten im Betrieb steuerfrei ausbezahlten Diäten der Bemessungsgrundlage der Lohnabgaben hinzuzurechnen seien, wird entgegengehalten, dass die Tagessätze in den vorgelegten Unterlagen bezüglich der anzusetzenden Höhe fehlerhaft gewesen seien, da bei allen ausgewiesenen und dokumentierten Reisen der LKW-Fahrer irrtümlicherweise immer mit demselben Tagessatz von € 26 und demselben Nächtigungssatz von € 15 gerechnet worden sei, anstatt der zumindest richtigen € 26,40 für Inlandsdiäten bzw. der jeweilig richtigen und höheren Sätze für Auslandsdiäten und -nächte. Seitens des Prüfers seien die Reiseorte dem Grunde nach nicht angezweifelt worden.

Bei abermaliger und detaillierter Durchsicht der betreffenden Stichproben bzw. der Berichtigung der Diätenberechnungen mit den korrekten Tages- und Nachtsätzen bzw. mit pauschalen Mischsätzen, habe sich nun herausgestellt, dass nicht etwa, wie vom Prüfer angesetzt 22,04% an steuerfreien Diäten zu viel ausbezahlt worden sei, sondern bei Akzeptanz der Mischsätze sogar zu wenig.

Den Diäten seien nun Tagesmischsätze zu Grunde gelegt worden, da die LKW-Fahrer jeweils teilweise in Österreich und teilwiese im Ausland unterwegs gewesen seien und somit nicht der österreichische Tagessatz alleine zum Tragen kommen könne. Allerdings gebe es in den Reisekostenabrechnungen keine exakten km-Aufteilungen zwischen Inland und Ausland, Grenzübertritt, etc. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass dem Prüfer die elektronischen Tachoaufzeichnungen sowie Frachtpapiere als Nachweis vorgelegt worden seien, welche grundsätzlich von den Abfahrts- und Ankunftszeiten und den Reiseorten im In- und Ausland von ihm nicht angezweifelt worden wären. Es sei jedoch schwierig und extrem aufwändig für Lkw-Fahrer, die Inlands- und Auslandsteile einer Fahrt exakt aufzuzeichnen. Aus diesem Grunde sei vereinfachend ein Mischsatz wie folgt berechnet worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tag
Nacht
Inlandssatz
€ 26,40
€ 15,00
Grenzorte-Satz BRD
€ 30,70
€ 18,10
BRD-Satz (allgemein)
€ 35,30
€ 27,90
Mischsatz
€ 30,80
€ 20,33

Der sich daraus ergebende Mischsatz sei mit € 30,80 für die Tagesdiäten und mit € 20,33 für die pauschalen Nächtigungsgelder festgelegt worden. Unter Heranziehung dieser, bei weitem richtigeren Sätze, als jenen, auf deren Basis der Prüfer seine Feststellung und Schätzungen getroffen habe, ergebe sich, dass nicht 22,04% zu viel an steuerfreien Diäten ausbezahlt und damit nachzuversteuern worden seien, sondern um 2,01% zu wenig. Eine entsprechende Berechnung und Dokumentation liege diesem Schreiben bei. Es werde daher die Aufhebung sämtlicher ergangener Bescheide beantragt.

Das Finanzamt legte die Beschwerden aus verwaltungsökonomischen Gründen ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor und beantragte die teilweise Stattgabe der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Nachforderung von Lohnsteuer für das Jahr 2011 insofern, als der Ansatz eines Steuersatzes von 57% für das Jahr 2011 zu hoch erscheinen würde und die zu hoch ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder in Höhe von € 190.444 ebenfalls mit einem Durchschnittssteuersatz von 41,42% nachzuversteuern seien.

Zum Beschwerdevorbringen verwies das Finanzamt darauf, dass von Beginn der Prüfung im November 2011 bis zur Beschwerde im März 2013 unterschiedliche Diätenaufstellungen vorgelegt worden seien. Der Bf hätte ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um dem Prüfer ordnungsgemäße und richtige Aufzeichnungen vorzulegen. Bei unterschiedlichen bzw. sich widersprechenden Beweismitteln sei in der Regel davon auszugehen, dass die ursprünglich vorgelegten Unterlagen der Wahrheit am nächsten kommen würden. Sowohl aus den ursprünglich vorgelegten Aufzeichnungen (mit pauschal ausbezahltem Nächtigungsgeld) als auch aus den folgenden Aufzeichnungen sei ersichtlich, dass zu viel an steuerfreien Diäten ausbezahlt worden sei. Für eine Aliquotierung der Auslandsdiäten bei Auslandsreisen iSd § 26 Z 4 EStG 1988 sei es unerlässlich, den Grenzübertritt nachzuweisen, andernfalls eine richtige Berechnung nicht möglich sei. Die Anwendung des von der Bf vorgeschlagenen Mischsatzes finde im Gesetz keine Deckung.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Auf Grund des Vorbringens der Parteien und des vorgelegten Beschwerdeaktes ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Die beschwerdeführende GmbH (Bf) führte in den strittigen Jahren Transporte aller Art mit Lkw`s durch. Die nichtselbständig beschäftigten Lkw-Fahrer wurden nach dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe, in den meisten Fällen mit einem Überstundenpauschale von 40 Stunden, entlohnt. An die Fahrer wurden steuerfreie Tages- und Nächtigungsgeld sowohl für die Fahrten in Österreich als auch in das Ausland (Deutschland) ausbezahlt. Laut Dienstgeber-Lohnkonto bezahlte die Bf im Jahr 2010 Tagesgelder in Höhe von € 558.674,14 und Nächtigungsgelder in Höhe von € 205.474,97 (insgesamt € 764.149,11) und im Jahr 2011 Tagesgelder in Höhe von € 657.934,82 und Nächtigungsgelder in Höhe von € 206.151,31 (insgesamt € 864.086,13) gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar an die Fahrer aus.

Die Fahrer führten mit der Hand geschriebene Wochenberichte, aus denen Datum, Kennzeichen des Fahrzeuges, Arbeitszeit Anfang, Arbeitszeit Ende, Arbeitsstunden täglich, Kilometerstand Anfang, Kilometerstand Ende, gefahrene Kilometer voll, gefahrene Kilometer leer und gefahrene Kilometer Summe hervorgehen.

Die Bf führte Diätenaufzeichnungen für jeden Fahrer, aus denen Art (z.B. Transportfahrt), Datum, Abfahrtsort, Ankunftsort, Abfahrtszeit, Ankunftszeit und Diäten in Euro ersichtlich sind.

Aus den Ausdrucken der digitalen Tachographen der Fahrerkarten sind unter anderem Datum, Kennzeichen des Fahrzeuges, Anfang, Ende, Lenkzeit, Arbeitszeit total, Kilometer, Kilometerstand Anfang, Kilometerstand Ende, ersichtlich.

Tagesgelder wurden im Inland in Höhe von € 26, für Grenzorte BRD € 30,70 und BRD in Höhe von € 35,30 und Nächtigungsgelder im Inland in Höhe von € 15, für Grenzorte in Höhe von € 18,10 und BRD in Höhe von 27,90 ausbezahlt.

Aus dem vom Prüfer als "Aktenvermerk" bezeichneten Aufzeichnungen, in denen er ähnlich einem Prüfungstagebuch alle Vorgänge der Prüfung fortlaufend aufgelistet hat, ergibt sich unter dem Punkt "Vorläufiges Ergebnis bei Auswertung der Fahrerkarten - digitalen Aufzeichnungen und der Diätenaufschreibung" Folgendes:

  • "Arbeitsbeginn der Lkw-Fahrer ist meist zwischen 1 und 4 Uhr. Zwischen 5 und 6 Uhr ist bei vielen Fahrern eine längere Pause zwischen einer und drei Stunden.

  • Nach Meinung der GPLA-Prüfung wird hier in der Früh geladen bzw. abgeladen.

  • Bei Auslesen der Fahrerkarten wurde festgestellt, dass die Kilometeranzahl mit den Diätaufzeichnungen nicht übereinstimmt. Es wird überwiegend zu den Tagesdiäten auch das pauschale Nächtigungsgeld von 15 € ausbezahlt, jedoch auf Grund der gefahrenen Kilometer kann man nachweisen, dass die Fahrer in der Regel am selben Tag wieder zum Standort in der Steiermark zurückgefahren sind. Außerdem werden öfters Auslösen im Ausland (Deutschland) bezahlt, wo jedoch die Fahrer bereits wieder zu Hause sind.

  • Die ausbezahlten "Nachtdiäten" sind daher zu 100% SV- und LSt-pflichtig, da die aufgezeichneten Diäten schlichtweg falsch sind.

  • Ein ausgeschiedener Fahrer - A, welcher von der GPLA Prüfung ausgewertet wurde, bestätigte die Vorgangsweise mit der Aufschreibung der Diäten. Laut telefonischer Auskunft war er zu 90% abends zu Hause und es waren daher diese Nächtigungsdiäten eine versteckte Lohnzahlung.

  • Die Aufschreibung der Tages- und Nachtdiäten stimmen mit dem Lohnkonto nur in der Gesamtsumme! Die Abgrenzungen der Tag- und Nachtdiäten stimmen nicht."

Im Zuge einer Besprechung am teilte der Prüfer dieses Ergebnis der Bf mit. Die Bf wies darauf hin, dass Nächtigungen sehr wohl in der Fahrerkabine stattgefunden hätten bzw. seien die Fahrer abends nicht an den Betriebsstandort zurückgekehrt.

Der Bf wurde daraufhin die Möglichkeit gegeben, die Fahrtätigkeit des Herrn A für das Jahr 2010 insofern nachzuweisen, als tatsächlich ein Anspruch auf Nachtdiäten gegeben war. Als Beweis wurden die entsprechenden Frachtpapiere abverlangt.

Der Prüfer wertete die Frachtpapiere der Firma B im Zusammenhang mit den Arbeitsaufzeichnungen des A und den Fahrtrouten aus und kam laut Aktenvermerk zu dem Ergebnis, dass sich die begründete Annahme der Prüfung bestätigt habe, dass für die ausbezahlten Diäten, vor allem für Nächtigungsdiäten und Auslandsdiäten in Deutschland, kein Anspruch bestehen würde. Herr A sei mit ganz geringen Ausnahmen fast täglich zu seinem Einsatzort in C zurückgekehrt und es seien daher die Nächtigungsdiäten zur Gänze in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Da auch öfters am Wochenende Tagesdiäten in Deutschland laut Diätenaufzeichnungen ausbezahlt worden seien, wären auch diese Tagesdiäten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Einzelne Auslandsfahrten bzw. Nächtigungsdiäten, welche in einem geringen Ausmaß vorgekommen seien, könnten gegenverrechnet werden. Die Auswertung der Tageskilometer würden die Angaben des A untermauern, dass alle Nächtigungsgelder ein versteckter Lohnbestandteil seien.

Mit dem ehemaligen Fahrer der Bf, A, führte der Prüfer laut seinen Aufzeichnungen am (TelNr. 1234) ein Telefongespräch. In diesem Telefongespräch gab A an, dass seine Fahrtrouten fast zur Gänze nur nach E1 und F1 gegangen seien. Grenzüberschreitende Touren seien nur gelegentlich im Bereich G1 und Nächtigungen nur selten notwendig gewesen. Er hätte außerdem Überstunden bei der Arbeiterkammer H1 geltend gemacht.

Im Zuge einer weiteren Besprechung am mit der Bf in der Kanzlei der bevollmächtigten steuerlichen Vertretung wurde vereinbart, dass für einen ausgewählten Personenkreis (6 Fahrer), welcher vom Prüfer namhaft gemacht wurde, entsprechende Frachtpapiere vorzulegen seien, die die Auszahlung der beanstandeten Diäten rechtfertigen würden.

Bei der Durchsicht der vorgelegten Belege stellte der Prüfer fest, dass die Belege nur zwei der von ihm ausgewählten Fahrer betroffen haben, stattdessen jedoch Belege von elf weiteren von der Bf selbst ausgewählten Personen übermittelt wurden. Weiters stellte er fest, dass durch die vorgelegten Diätaufstellungen im Abgleich mit den erhobenen Diäten, welche zu Beginn der Prüfung vorgelegt wurden, eine komplette Neuaufschreibung der Diäten erfolgt sei und zwar:

  • Andere Fahrtrouten bei beinahe allen vorgelegten Diätenaufschreibungen

  • Beanstandete pauschale Nächtigungsdiäten (€ 15) wurden in vielen Fällen nicht mehr verrechnet

  • Auslandsdiäten fehlten bei den neuen Aufstellungen fast komplett.

Der Vergleich der neu vorgelegten Diätenaufzeichnungen einschließlich der Rollkarten bzw. Entladebestätigungen für verschiedene Kalendermonate bei den genannten Fahrern mit den dem Prüfer ursprünglich vorgelegten Aufzeichnungen hat folgende Differenzen ergeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lkw-Fahrer
Zeitraum
Diäten alt
Diäten neu
Differenz
D
6-9/2010
€ 4.939
€ 2.261
-54,22%
A
4-7/2010
€ 3.604
€ 2.697
-25,17%
E
8-10/2010
€ 2.203
€ 2.204
0
F
9-12/2010
€ 2.207
€ 2.941
0
G
8-10/2010
€ 2.856
€ 2.634
-7,77%
H
8-10/2010
€ 4.575
€ 3.240
-29,18%
IJ
9-12/2010
€ 2.600
€ 2.144
-17,54%
K
9-12/2010
€ 3.172
€ 1.926
-39,28%
L
2-6/2010
€ 3.859
€ 3.170
-17,85
M
8-11/2010
€ 3.489
€ 2.644
-24,11%
O
9-12/2010
€ 3.398
€ 3.357
0
P
8-10/2010
€ 2.984
€ 1.721
-42,33%
Q
8-10/2010
€ 4.459
€ 3.165
-29,02%
Durchschnitt
-22,04%

Aus dieser Darstellung der an die genannten Lkw-Fahrer (2 vom Prüfer und 11 von der Bf namhaft gemacht) erfolgten Auszahlung für Tages- und Nächtigungsgelder nach den ursprünglich bei Prüfungsbeginn dem Prüfer ausgefolgten Unterlagen (Diäten ALT) und den nachträglich übermittelten Unterlagen (Diäten NEU) ergibt sich eine durchschnittliche Überzahlung der Tages- und Nächtigungsgelder in der Höhe von 22,04% für die ausgewiesenen Zeiträume, welche der Prüfer als Schätzungsgrundlage herangezogen und auf die geprüften Jahre 2010 und 2011 und alle Fahrer angewendet hat.

Mit dem Beschwerdeakt wurden folgende Beweismittel vorgelegt:

A :
-Wochenberichte: bis
-Diätaufzeichnungen: Kühlsattelfahrzeug, Jänner 2010 bis März 2010
-Diätaufzeichnungen: Kühlsattelfahrzeug, April 2010 bis Juli 2010, jeweils zwei Ausfertigungen
-Lohnkonto 1-12/2010
-Ausdruck des digitalen Tachographen für die Fahrerkarte des A über die Aktivitäten vom bis und vom bis

E:
-Lohnkonto 1-12/2010

F:
-Lohnkonto 8-12/2010

G:
-Lohnkonto 1-12/2010

H:
-Lohnkonto 1-12/2010
-Diätaufzeichnungen 12/2010

IJ:
-Lohnkonto 3-12/2010

K:
-Lohnkonto 1-12/2010

L:
-Lohnkonto 1-12/2010
-Diätaufzeichnungen Februar 2010 bis Juni 2010

M:
-Lohnkonto 1-12/2010
-Diätaufzeichnung 10/2010

O:
-Lohnkonto 1-12/2010

P:
-Lohnkonto 1-12/2010
-Diätaufzeichnung 10/2010

Q:
-Lohnkonto 8-12/2010
-Diätaufzeichnung 8/2010

D:
-Lohnkonto 1-12/2010
-Diätaufzeichnungen Juni 2010 bis September 2010, jeweils zwei Ausfertigungen für "ALT" und "NEU"
-Ausdruck des digitalen Tachographen für die Fahrerkarte des D über die Aktivitäten bis , vom bis sowie vom bis

Jahreslohnkarten der Bf für 2010 und 2011

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht (auszugsweise):

Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.
Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
Wenn bei einer Inlandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung nachgewiesen werden, kann als Nächtigungsgeld einschließlich der Kosten des Frühstücks ein Betrag bis zu 15 Euro berücksichtigt werden.
Das Tagesgeld für Auslandsdienstreisen darf bis zum täglichen Höchstsatz der Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
Wenn bei einer Auslandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung einschließlich der Kosten des Frühstücks nachgewiesen werden, kann das den Bundesbediensteten zustehende Nächtigungsgeld der Höchststufe berücksichtigt werden.
Zahlt der Arbeitgeber höhere Beträge, so sind die die genannten Grenzen übersteigenden Beträge steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Die laut VO BGBl. 483/1993 idF BGBl. II Nr. 434/2001 für die Lohnsteuerbefreiung geltenden Auslandsreisekosten werden auf Grund der Reisegebührenvorschrift des Bundes wie folgt festgesetzt:

Deutschland: Tagesgeld € 35,3, Nächtigungsgeld € 27,9
Deutschland Grenzorte: Tagesgeld € 30,7, Nächtigungsgeld € 18,1

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Erwägungen:

Der von der bevollmächtigten steuerlichen Vertretung und weiteren Vertretern der Bf unterfertigten Niederschrift über die Schlussbesprechung ist zu entnehmen, dass der Inhalt der von der Bf vorgelegten Diätenaufzeichnungen in vielen Fällen nicht mit den tatsächlich von den Fahrern zurückgelegten Fahrtrouten übereinstimmen. Diese Feststellung des Prüfers bestätigt sich in den beispielshaft vorgelegten Unterlagen für den ehemaligen Fahrer der Bf, A, wie folgt:

-Montag, , lt. Wochenbericht des A gefahrene Km 641, lt. Diätaufzeichnung der Bf Abfahrtsort S - Ankunftsort T, lt. Google Maps beträgt die Entfernung jedoch nur 195 Km, steuerfrei vergütete Diäten € 41,2
-Dienstag, , lt. Wochenbericht des A gefahrene Km 549, lt. Diätaufzeichnung der Bf Abfahrtsort T - Ankunftsort U, lt. Google Maps beträgt diese Entfernung jedoch nur 334 km, steuerfrei vergütete Diäten € 63,2
-Mittwoch, (Feiertag), lt. Wochenbericht des A gefahrene Km 45, lt. Diätaufzeichnung der Bf Abfahrtsort U - Ankunftsort W, lt Google Maps beträgt die Entfernung im günstigsten Fall jedoch 217 Km, steuerfrei vergütete Diäten € 63,2
-Donnerstag, , lt. Wochenbericht des A gefahrene Km 576, lt. Diätaufzeichnung der Bf Abfahrtsort W - Ankunftsort X, lt Google Maps beträgt die Entfernung im günstigsten Fall jedoch nur 176 Km, steuerfrei vergütete Diäten € 48,40
-Freitag, , lt. Wochenbericht des A gefahrene Km 489, lt. Diätaufzeichnung der Bf Abfahrtsort X - Ankunftsort C, lt. Google Maps beträgt die Entfernung im günstigsten Fall jedoch nur 119 Km, steuerfrei vergütete Diäten € 41,20.

Die Kilometeraufzeichnungen des A stimmen mit den Ausdrucken aus dem digitalen Tachographen seiner Fahrerkarte überein, ebenso die Arbeitsbeginn- und Arbeitsendezeiten. Die Aufzeichnungen des A entsprechen daher den tatsächlichen Verhältnissen, wohingegen die in den Diätaufzeichnungen der Bf angeführten Abfahrtsorte offensichtlich der Höhe der steuerfrei ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder angepasst wurden. Das zeigt sich z.B. dadurch, dass A seinen Aufzeichnungen im Wochenbericht zufolge am 641 Km gefahren ist, nach den Diätaufzeichnungen der Bf jedoch in T übernachtet haben soll, was nicht mit der von A aufgezeichneten Tageskilometeranzahl von 641 Km übereinstimmt, da T von S lediglich 195 Km entfernt ist. Ebenso stimmen die weiteren von A in seinem Wochenbericht angeführten Tageskilometer nicht annähernd mit den Entfernungen überein, die sich aus den von der Bf in der Diätaufzeichnung angegebenen Abfahrts- und Ankunftsorten ergeben.

Die Feststellung des Prüfers, dass der Inhalt der von der Bf vorgelegten Diätenaufzeichnungen in vielen Fällen nicht mit den tatsächlich von den Fahrern zurückgelegten Fahrtrouten übereinstimmen würden, wurde in der Niederschrift zur Schlussbesprechung von der Bf unwidersprochen zur Kenntnis genommen.

Weiters zeugt der Umstand, dass die Bf im Verlauf der Prüfung für die von ihr und teilweise vom Prüfer ausgewählten Fahrer gänzlich abgeänderte Diätenaufzeichnungen vorgelegt hat, davon, dass die Bf selbst von der Unrichtigkeit der ursprünglich vorgelegten Diätenaufzeichnungen ausgegangen ist.

Der Prüfer war daher grundsätzlich zur Berichtigung der Höhe der steuerfrei ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder berechtigt bzw. auf Grund ihrer Rechtswidrigkeit sogar verpflichtet.

Zur Schätzung ist Folgendes auszuführen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , klar zum Ausdruck gebracht hat, erfordert die nicht steuerbare Auszahlung von Tagesgeldern "insbesondere", dass die "exakte Dauer" belegt werden kann. Erst dann ist der erforderliche Nachweis gegeben.

Im gegenständlichen Fall sind die aus den vorgelegten Ausdrucken der digitalen Fahrerkarten der Fahrer zu ersehenden Beginn- und Ende-Zeiten sowie die gefahrenen Kilometer pro Tag als den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Größen anzusehen. Das wird dadurch belegt, dass die in den von A händisch geschriebenen Wochenberichten angeführten Arbeitsbeginn- und Arbeitsendezeiten sowie die gefahrenen Kilometer mit den Daten aus dem Tachographen übereinstimmen. Die Manipulationen der Bf in den Diätenaufzeichnungen haben darin bestanden, die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Arbeitsbeginn- und Arbeitsendeorte dahingehend abzuändern, dass höhere Tages- und vor allem Nächtigungsgelder unversteuert ausbezahlt werden konnten. Dies wurde dadurch ermöglicht, dass die Fahrer die Abfahrts- und Ankunftsorte ihrer täglichen Fahrten nicht in ihren Wochenberichten vermerkten bzw. vermerken durften.

Nachdem die Diätaufzeichnungen der Bf auf Grund dieser Vorgangsweise als sachlich unrichtig zu beurteilen sind, führt dies, da sie die Grundlage für die steuerfreie Anerkennung der Tages- und Nächtigungsgelder darstellen, zu einer rechtswidrigen Anwendung des § 26 Z 4 EStG 1988. Die Berechnung der tatsächlich steuerfreien Tages- und Nächtigungsgelder konnte nicht zuletzt wegen der fehlenden Grenzübertrittszeiten nicht mehr exakt nachvollzogen werden, was den Prüfer berechtigte, die tatsächliche Höhe der steuerfreien Tages- und Nächtigungsgelder zu schätzen.

Die Manipulationen der Bf werden aus folgendem Beispiel deutlich. Die Bf hat für den Fahrer D für den Zeitraum bis ursprünglich folgende Diätaufzeichnungen ALT vorgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Abfahrtsort
Ankunftsort
Abfahrtszeit
Ankunftszeit
Diäten in €
Dienstag
S
Y
03:04
18:01
41,2
Mittwoch
Y
Z
03:15
17:48
63,20
Donnerstag
Z
Z
00:00
00:00
63,2
Freitag
Z
A1
03:39
16:18
63,2
Samstag
A1
A1
00:00
00:00
63,2
Sonntag
A1
A1
00:00
00:00
63,2
Montag
A1
Z
05:00
18:22
63,20

Für den selben Fahrer D hat die Bf von sich aus für denselben Zeitraum vom bis die Diätaufzeichnungen NEU mit folgendem Inhalt vorgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Abfahrtsort
Ankunftsort
Abfahrtszeit
Ankunftszeit
Diäten Tag
Diäten Nacht
Dienstag
S
B1
03:04
18:01
26
0
Mittwoch
03:15
17:48
26
0
Donnerstag
ZA
8-16
0
Freitag
S
C1
03:39
16:18
26
0
Samstag
00:00
00:00
0
Sonntag
00:00
00:00
0
Montag
S
D1
05:00
18:22
26
0

Aus dieser Gegenüberstellung ist ersichtlich, dass alle Nächtigungsgebühren für diesen Zeitraum, teilweise auch Tagesgebühren, zu Unrecht an den betreffenden Fahrer ausbezahlt wurden. Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, dass über das gesamte Wochenende Tages- und Nächtigungsgebühren für Deutschland steuerfrei ausbezahlt wurden, obwohl der Fahrer, wie aus der Diätaufzeichnung NEU der Bf zu ersehen ist, sich gar nicht in Deutschland aufgehalten hat und somit keine einzige Nacht im Fahrerhaus des Lkw verbringen musste.

Die Bf hat dadurch, dass sie von sich aus beispielshaft für von ihr selbst ausgewählte Fahrer (11 von 13) die ursprünglichen Diätaufzeichnungen für einen eingegrenzten Zeitraum berichtigt hat, das Ergebnis, in welcher Höhe die Tages- und Nächtigungsgelder in rechtswidriger Weise ausbezahlt wurden, selbst bekannt gegeben. Es liegt auf der Hand und ist dem Prüfer nicht anzulasten, dass er die sich aus dem Vergleich der Diätaufzeichnungen NEU mit den ursprünglichen Diätaufzeichnungen ALT ergebende Differenz von 22,04% als Grundlage für seine Schätzung herangezogen hat und auf den gesamten Prüfungszeitraum hochgerechnet hat.

Das Begehren der Bf richtet sich aber auch nicht konkret gegen die Schätzung selbst, sondern die Bf begehrt in ihrer Beschwerdeschrift, anstatt eines Taggeldes in Höhe von € 26 einen Mischsatz von € 30,80 und anstatt eines Nächtigungsgeldes in Höhe von € 15 einen Mischsatz von € 20,33 anzuwenden. Hierzu ist anzumerken, dass die Bf laut ihrer Beilage zur Beschwerdeschrift diesen Mischsatz offensichtlich nicht nur für Fahrten in das Ausland (BRD), sondern für alle Fahrten angewendet haben möchte, also auch reine Inlandsfahrten (vgl. z.B. Fahrt des A am von C nach E1, Tagesgeld € 30,80, Nächtigungsgebühr für Nächtigung in E1 € 20,33). Das erklärt auch, dass die Bf bei Anwendung der Mischsätze anstatt einer Differenz von 22,04 % zu einem Plus von 2,01% kommt.

Diesem Begehren ist entgegenzuhalten, dass es für die Anwendung derartiger Mischsätze, worauf das Finanzamt im Vorlagebericht bereits zutreffend hingewiesen hat, keine gesetzliche Grundlage gibt. Für die Berechnung von Tagesdiäten bei Auslandsreisen kommt es nämlich wesentlich darauf an, wann die Grenzübertritte stattgefunden haben, da diese Daten entscheidende Bedeutung für die Berechnung des Tagesgeldes nach § 26 Z 4 EStG 1988 haben. Es ist der Bf selbst zuzurechnen, dass durch die Vereitelung bzw. das völlige Fehlen von Grenzübertrittszeiten und der Manipulationen der Abfahrts- und Ankunftsorte die genaue Errechnung der höheren Tages- und Nächtigungsgelder nicht möglich ist. Der Ansicht der Bf in der Beschwerdeschrift, es sei schwierig und extrem aufwändig für Lkw-Fahrer, die Inlands- und Auslandsteile einer Fahrt exakt aufzuzeichnen, kann nicht gefolgt werden, da es Sache des Dienstgebers ist, die Fahrer entsprechend anzuhalten, die Grenzübertrittszeiten exakt aufzuschreiben und im Wochenbericht zu vermerken. Wenn kein einziger Fahrer weder die Grenzübertrittszeiten noch die Abfahrts- bzw. Ankunftsorte in seinen Wochenberichten vermerkt hat, ist davon auszugehen, dass diese Vorgangsweise vor dem Hintergrund der Auszahlung höherer steuerfreier Tages- und Nächtigungsgelder erfolgt ist, wie aus dem oben dargestellten Gegenüberstellung leicht zu ersehen ist. Daraus folgt, dass Angaben über Grenzübertrittszeiten bzw. Grenzübertrittsorte und genaue Angaben über die Fahrtstrecke im Zusammenhang mit den Nächtigungsgeldern von wesentlicher Bedeutung sind, da nur so tatsächliche Nächtigungen und die damit zusammenhängenden Tages- und Nächtigungsgebühren nachgewiesen hätten werden können. Sollte es im Rahmen der Schätzung zu gewissen Ungenauigkeiten kommen, so muss derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. z.B. /2009/17/0119).

Zusammengefasst besteht kein Zweifel, dass die unversteuerte Auszahlung der Tages- und Nächtigungsgelder auf Grund von manipulierten Aufzeichnungen erfolgt ist, die keinen einwandfreien Nachweis für die Rechtmäßigkeit der nicht steuerbaren Auszahlung der Tages- und Nächtigungsgelder bieten. Liegen derartige leicht nachvollziehbare Aufzeichnungen aber nicht vor, kann § 26 Z 4 EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen und stellen die Arbeitgeberzahlungen dem Grunde nach (steuerpflichtigen) Arbeitslohn dar. Wenn das Finanzamt jedoch in diesem Zusammenhang Berechnungen anstellt, mit welchen es versucht auf Grundlage der aus den im Zuge des Prüfungsverfahrens gewonnenen Erkenntnisse die Höhe der nicht steuerbaren Tages- und Nächtigungsgelder in annähernd richtiger Höhe zu ermitteln und die errechneten Beträge als nicht steuerbare Bezugsteile anerkennt, kann sich die Bf nicht als beschwert erachten.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen kann in der Erlassung der angefochtenen Bescheide durch das Finanzamt keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Höhe der Lohnsteuernachforderung:

Die Bf hat bezüglich der Höhe der Lohnsteuernachforderungen keine Einwendungen erhoben. Das Finanzamt hat im Vorlagebericht angegeben, dass der Prüfer für das Jahr 2010 einen Steuersatz von 41,42% und für das Jahr 2011 einen Steuersatz von 57% herangezogen habe und beantragte die teilweise Stattgabe der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Nachforderung von Lohnsteuer für das Jahr 2011 insofern, als der Ansatz eines Steuersatzes von 57% für das Jahr 2011 zu hoch erscheinen würde und die zu hoch ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder in Höhe von € 190.444 ebenfalls mit einem Durchschnittssteuersatz von 41,42% nachzuversteuern seien.

Der Prüfer hat nach seinen Berechnungsunterlagen für das Jahr 2011 eine nachvollziehbare Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer in Höhe von € 190.444 (22,04% von 864.086,13) errechnet. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung scheint jedoch eine Bemessungsgrundlage in Höhe von € 297.405 auf. Davon wurde die nachgeforderte Lohnsteuer in Höhe von € 108.552,83 mit einem Steuersatz von 36,5% berechnet. Das Finanzamt konnte auf Anfrage des Bundesfinanzgerichtes diese Differenz nicht aufklären und begründete dies damit, dass der Prüfer bereits in Pension gegangen sei.

Zur Höhe führte der Prüfer in seinem Aktenvermerk an, dass für diese Dienstnehmer der Durchschnittssteuersatz angewendet und in einem Jahrespauschalbetrag nachverrechnet worden sei. Wie der Prüfer diese Steuersätze errechnet hat, lässt sich aus dem vorgelegten Beschwerdeakt nicht erkennen.

Das Bundesfinanzgericht hat zur Berechnung der Lohnsteuersätze für die geschätzten Bemessungsgrundlagen beispielshaft drei Dienstnehmer herangezogen und sich an den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden der jeweiligen Arbeitnehmerveranlagungen orientiert. Daraus ergeben sich folgende Steuersätze:


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Name
A
D
E
Jahr 2010
Einkommen in €
16.643,91
16.403,31
16.229,60
Einkommensteuer in €
2.060,03
1.972,21
1.908,80
errechneter Steuersatz
36,5%
36,5%
36,5%


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name
A
D
E
Jahr 2011
Einkommen in €
18.383,67
16.594,24
16.910,24
Einkommensteuer in €
2.695,04
2.041,90
2.157,24
errechneter Steuersatz
36,5%
36,5%
36,5%

Für die Berechnung des Steuersatzes war vom Einkommen der steuerfreie Anteil in Höhe von € 11.000,00 abzuziehen und vom verbleibenden Rest die Steuerbelastung in % (ohne Berücksichtigung von Absetzbeträgen) zu errechnen.

Nachdem die vom Prüfer im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung angeführte Bemessungsgrundlage für die Nachforderung der Lohnsteuer 2011 in Höhe von € 297.405 auch mit Hilfe des Finanzamtes nicht erklärt werden konnte, geht das Bundesfinanzgericht von der vom Prüfer ursprünglich errechneten Bemessungsgrundlage in Höhe von € 190.444 aus. Bei Anwendung eines Lohnsteuersatzes in Höhe von 36,5% ergibt sich demnach eine Nachforderung der Lohnsteuer 2011 anstatt in Höhe von € 108.552,83 in Höhe von € 69.512,06.

Auf Grund dieser Steuersätze wird die nachzufordernde Lohnsteuer wie folgt festgesetzt:

Lohnsteuernachforderung 2011:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2011
Bemessungsgrundlage Finanzamt
€ 297.405,00
Bemessungsgrundlage BFG
€ 199.444,00
Nachforderung Finanzamt
€ 108.552,83
Nachforderung BFG
€ 69.512,00

Säumniszuschläge

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Da die Nachforderung an Lohnsteuer für das Jahr 2011 von € 108.552,83 auf € 69.512,00 herabgesetzt wurde vermindert sich der im angefochtenen Bescheid festgesetzte Säumniszuschlag von € 2.171,06 auf € 1.390,24 (2% von € 69.512).

Für das Jahr 2010 ergeben sich keine Änderungen.

Zur nachträglich beantragten mündlichen Verhandlung ist Folgendes zu sagen:

Die Bf hat im Wege ihrer bevollmächtigten steuerlichen Vertretung mit ergänzendem Schreiben vom den Antrag auf eine mündliche Verhandlung gestellt, falls dies zur weiteren Klärung des Sachverhaltes und zur Entscheidung notwendig bzw. sachdienlich erscheinen würde.

Nach § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a und b BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde oder im Vorlageantrag (§ 264) beantragt wird.

Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ist in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu stellen (vgl. Ritz, BAO, § 274, Rz 2). Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. ; ; ; ).

Im vorliegenden Fall wurde in der Beschwerde vom kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Vielmehr wurde dieser Antrag erst in einem ergänzenden Schreiben vom eingebracht. Demnach besteht kein Rechtsanspruch auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO.

Abgesehen davon ist weder aus dem Vorbringen der Bf in der Beschwerdeschrift noch aus den voranstehenden Ausführungen erkennbar, dass der Sachverhalt strittig wäre. Es war daher von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, da keine weiteren sachdienlichen Hinweise von Seiten der Bf zu erwarten waren.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die gegenständlich zu klärenden Tatsachenfragen und die dazu ergangene klare und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100237.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at