Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2020, RV/2101015/2019

Nichtfeststellungsbescheide gem. § 188 BAO: Aufhebung gem. § 279 BAO wegen res iudicata

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N.OG, Adresse1, vertreten durch Z.Z.GmbH, Adresse2, über dieBeschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Umgebung vom , über die Nichtfeststellung der Einkünfte gemäß § 188 Bundesabgabenordnung (BAO) 2011 bis 2016 zu Recht erkannt:  

Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben.

Der angefochtenen Bescheide werden – ersatzlos – aufgehoben.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen. Zufolge § 101 Abs 4 BAO gilt dies auch für schriftliche Ausfertigungen, die nach Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in einem Feststellungsverfahren (§ 188) an diejenigen ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind (§ 191 Abs. 1 lit. c).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die beschwerdeführende OG (Bf.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet und im Firmenbuch beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu FN xxx eingetragen. Als Geschäftszweig wurde "der Erwerb, die Verwaltung und die lnbestandgabe von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, insbesondere eines Helikopters 'Augusta Bell 2016 A Jet Ranger'“ angegeben. Als unbeschränkt haftende Gesellschafter fungierten Frau Y.Y. und Herr X.X..
Mit Schreiben vom wurde beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Firmenbuch, der Antrag auf Löschung der Gesellschaft eingebracht, da der Geschäftsbetrieb schon vor längerer Zeit eingestellt und die OG aufgelöst worden sei. Ein Vermögen sei nicht vorhanden, auf die förmliche Durchführung einer Liquidation sei von Seiten der Gesellschafter verzichtet worden. Am erfolgte vom Firmenbuch die Bekanntmachung, dass die Gesellschaft aufgelöst und gelöscht ist.

Die Bf. reichte für die Jahre 2011 bis 2016 jeweils die Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/-Gemeinschaften (Feststellungserklärung) elektronisch ein und erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung. In den Bescheiden über die Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 wurden die erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt.  

Anlässlich einer die Jahre 2011 bis 2016 betreffenden Außenprüfung – Prüfungsauftrag vom , Prüfungsbeginn – stellte die Prüferin in der Niederschrift gem. § 149 Abs. 1 BAO und im Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom unter Tz 3 "Steuerliche Würdigung" fest, dass die Tätigkeit der geplanten gewerblichen Vermietung des Helikopters unter § 29 Z 3 EStG falle. Da die Einkünfte aus Leistungen gem. § 29 Abs 3 EStG nicht unter den § 188 BAO zu subsumieren seien, würden lt. BP für den Prüfungszeitraum 2011 - 2016 für die FAAS OG und deren Gesellschafter Nichtfeststellungsbescheide im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens ergehen.

Unter Zugrundelegung dieser Feststellung der Prüferin nahm die belangte Behörde mit Bescheiden vom  die Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 wieder auf und erließ mit selben Tag die Bescheide über die Nichtfeststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016. In den Nichtfeststellungsbescheiden ist folgender Hinweis angeführt: "Dieser Bescheid wirkt gegen alle Beteiligten denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs 3 und 4 BAO)."
Dagegen findet sich dieser Hinweis nicht in den ebenfalls erlassenen Wiederaufnahmebescheiden für die Jahre 2011 bis 2016. 

Gegen die Bescheide erhob die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung mit Schreiben vom Beschwerde. Unter Bezugnahme auf die Einkommensteuerrichtlinien Rz 5418f und Jakom EStG § 23 Rz 13, führt die steuerliche Vertretung der Bf. aus, dass die Bf. nie mit der Absicht gegründet worden sei bloß Vermögen zu verwalten, sondern habe die Bf. den gekauften Helikopter gewerblich vermieten wollen. Die Gesellschaft habe das Fluggerät selbst betreiben, es warten und somit technisch dafür verantwortlich sein, und
dieses dann stundenmäßig an diverse Kunden vermieten wollen. Das auch ohne tatsächliche Vermietung des Helikopters Handlungen gesetzt worden seien, die für einen Gewerbebetrieb sprechen würden, sei aus Sicht der Bf. unstrittig. Wie aus den Unterlagen entnehmbar, sei die Bf. für diesen Zweck gegründet worden, der Helikopter sei bereits in der Vorbereitungsphase zur Vermietung angeboten worden und es sei versucht worden entsprechende Genehmigungen zu erhalten. Leider hätten die Gesellschafter zu spät erkannt, dass eine Bewilligung des Helikopters zur gewerblichen Nutzung (im Sinne Luftfahrtgesetz) nur mit erheblichen zusätzlichen Kosten machbar gewesen wäre und das Projekt sei gescheitert. Die Absicht zur Gewinnerzielung bzw. zur gewerblichen Nutzung wäre aber auf jeden Fall gegeben gewesen.
Zur Abgrenzung zur Vermögensverwaltung sei weiter auszuführen, dass eine gewerbliche Tätigkeit den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreiten müsse. Dies sei dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreite, das üblicherweise mit der Verwaltung des eigenen Vermögens verbunden sei. Die Grenzen zur Vermögensverwaltung seien überschritten, wenn der Steuerpflichtige Maßnahmen setze um mehr Einkünfte zu erzielen als sich allein auf Grund des bloßen Kapitaleinsatzes erzielen lassen würde. Die Bf. habe den Helikopter nicht nur einem Kunden als Dauervermietung zur Verfügung stellen, sondern diesen selbst betreiben und an eine unbeschränkte Zahl von Kunden vermieten wollen. Der Betrieb und die Vermietung eines Helikopters sei schon naturgemäß mit deutlich erhöhtem Aufwand als die Vermögensverwaltung behaftet. Es müsse eine Terminverwaltung betrieben werden um die verschiedenen Kunden zu koordinieren. Flugpläne müssten erstellt werden und vor dem Flug gemeldet werden. Die technische Verantwortung läge bei der Bf. und daher wäre der Helikopter in regelmäßigen Abständen zu warten (was erheblichen Aufwand bedeuten würde). Es müssen diverse regelmäßige Überprüfungen absolviert werden und natürlich müsse der Helikopter auch vermarktet und beworben werden. Zusätzlich seien alle erforderlichen luftfahrtrechtliche Versicherungen abzuschließen. All diese Tätigkeiten würden weit mehr als bloße Vermögensverwaltung entsprechen. Zusätzlich sei zu beachten, dass die Gewerblichkeit im Sinne des Luftfahrtgesetzes eine völlig andere Bedeutung wie der Begriff der Gewerblichkeit im Sinne des Steuerrechts habe und nicht vergleichbar sei.
Hinsichtlich der von der belangten Behörde herangezogenen VwGH-Erkenntnisse vertritt die Bf. die Meinung, dass diese nur teilweise auf den Beschwerdefall passen würden. Bezüglich der Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO wird in der Beschwerde ausgeführt, dass der Sachverhalt vollständig klar gewesen wäre und sich die Bf. und die belangte Behörde schon einige Monate über die Frage ob nun steuerliche Liebhaberei oder Vermögensverwaltung vorliegen würde ausgetauscht hätten, weshalb die Bf. an der Schlussbesprechung nicht teilgenommen habe. Das Finanzamt habe sich dann für § 29 Z 3 EStG entschieden. Aus Sicht der Bf. liege ein Fall des § 1 Abs. 1 LVO(Einkunftsquellenvermutung) vor. Daraus folge, dass innerhalb des "Anlaufzeitraums" (3-5 Jahre) die Verluste jedenfalls anzuerkennen seien. Danach sei jedes Jahr vom Finanzamt einzeln zu beurteilen. Werde endgültig veranlagt (was hier der
Fall sei), könne - jedenfalls aus dem Titel Liebhaberei - nicht wiederaufgenommen werden.
Unter Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom GZ 95/15/0084, hält die Bf. fest, dass der Versuch die wirtschaftliche Tätigkeit der Bf. als Vermögensverwaltung
darzustellen, jedenfalls nicht dazu führen könne, dass sozusagen neue Tatsachen im Sinne § 303 Abs. 1 BAO "entwickelt" würden. Neue Tatsachen im Sinne § 303 Abs. 1 BAO würden nicht vorliegen, damit sei die Wiederaufnahme rechtswidrig.
Schließlich wurde bzgl. 2011 ausgeführt, dass die erste nach außen erkennbare Amtshandlung - in Zusammenhang mit der Betriebsprüfung im Jänner 2018 stattgefunden habe, weshalb gemäß §§ 207 - 209 BAO das Jahr 2011 mit Ablauf 2017 verjährt wäre.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die angefochtenen
Nichtfeststellungsbescheide 2011 bis 2016 abgeändert und gem. § 188 BAO Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt. Begründend wurde jeweils ausgeführt:
"Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides erfolgt aus folgendem verfahrensrechtlichen Grund: Da der als Bescheid intendierten Erledigung vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gern. § 188 BAO für das Jahr 2011 [bzw. 2012-2016] mangels Hinweises auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs 3 BAO keine Bescheidwirkung zukommt, erfolgte keine rechtswirksame Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gern. § 188 BAO für das Jahr 2011 [bzw 2012-2016]. Die Erlassung eines neuerlichen Sachbescheides in der gleichen Sache ohne wirksamen Verfahrenstitel ist unzulässig (res iudicata). Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.“

Diese Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2011 bis 2016 hob die belangte Behörde in Folge mit Bescheiden gemäß § 299 BAO vom auf. Zur Begründung führte sie aus, dass in den Beschwerdevorentscheidungen vom  die Bescheide vom  über die Nichtfeststellung von Einkünften gem. § 188 BAO abgeändert wurden, der Spruch jedoch auf Aufhebung des jeweiligen Nichtfeststellungsbescheides hätte lauten müssen, da die Wiederaufnahmebescheide
mangels Hinweises auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO einen Nichtbescheid darstellen würden und aus diesem Grund keine rechtswirksame Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt sei.

Ebenfalls am wurden neue Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2011 bis 2016 erlassen und darin ausgesprochen, dass die Bescheide vom über die Nichtfeststellung von Einkünften gem. § 188 BAO aufgehoben werden. Die Aufhebung der Bescheide sei aus verfahrensrechtlichen Grund erfolgt, da die Wiederaufnahmebescheide mangels Hinweises auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO nicht wirksam geworden seien und Nichtbescheid darstellten, weshalb keine rechtswirksame Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gern. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 erfolgt sei. Die Erlassung eines neuerlichen Sachbescheides in der gleichen Sache ohne wirksamen Verfahrenstitel sei unzulässig (res iudicata). Die angefochtene Bescheide seien aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben gewesen.

Schließlich wurden mit  die Beschwerden gegen die Bescheide vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 zurückgewiesen, da die Bescheide keine Zustellfiktion im Sinn des § 101 Abs. 3 BAO enthalten hätten. Fehle der Hinweis nach § 101 Abs. 3 zweiter Satz BAO, so werde der Bescheid nach ständiger Judikatur des VwGH aber überhaupt nicht wirksam und stelle einen Nichtbescheid dar. Eine Beschwerde, die sich gegen einen Nichtbescheid richte, sei nach § 260 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschwerdevorentscheidung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom brachte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde gegen die Aufhebungsbescheide gem. § 299 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 ein und führte begründend aus, dass in den Sachbescheiden sehr wohl der Hinweis auf § 101 Abs. 3 BAO angeführt sei. Nach VwGH-Erkenntnis vom GZ 2012/15/0039, gehöre der Hinweis gem. § 101 Abs. 3 BAO nicht zu den essentiellen Spruchbestandteilen, die zu jedem der isoliert rechtskraftfähigen Bescheide gesondert angeführt werden müssen.
Da im Beschwerdefall der Hinweis auf § 101 Abs. 3 BAO in allen Sachbescheiden sehr wohl angeführt sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Spruch der jeweiligen Bescheide sich als nicht richtig erwiesen hätte.
Im Übrigen ziele die Anwendung des § 299 BAO darauf ab, dass eine neuerliche Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO (Neuerungstatbestand) stattfinden solle. Da jedoch keine neuen Tatsachen vorliegen, könne eine wiederholte Wiederaufnahme des Verfahrens nicht erfolgen ohne die gesetzlichen Verfahrensvorschriften zu verletzen. Die Anwendung des § 299 BAO sei daher missbräuchlich erfolgt.
Weiters wurden im selben Schreiben der Antrag auf Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht bezüglich der Beschwerdevorentscheidungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 sowie der Beschwerdevorentscheidung über die Nichtfeststellung von Einkünften gern. § 188 BAO für die Jahre 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 beantragt.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde betreffend die Bescheide gem. § 299 BAO mit Beschwerdevorentscheidungen vom ab. Begründend wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufs und der Anführung der gesetzlichen Bestimmungen sowie der VwGH-Judikatur ausgeführt, dass sämtliche Bescheide vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 weder einen Hinweis auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO aufwiesen, noch seien diese Bescheide jedem Gesellschafter einzeln zugestellt worden, weshalb diese Bescheide
mangels Hinweises auf die Zustellfiktion überhaupt nicht rechtswirksam geworden seien.
Die von der Bf. bzw. deren steuerliche Vertretung herangezogenen Begründung, wonach nur die Sachbescheide den Hinweis auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO enthalten müssten, beruhe auf einem Erkenntnis des , welches zu einem Sammelbescheid ergangen und daher auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei, da in dem dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Fall kein Sammelbescheid vorgelegen sei, sondern jeder einzelne Bescheid vom einzeln ausgefertigt worden sei, d.h. für jeden einzelnen Bescheid sei ein eigenes Schriftstück erstellt worden. Nach § 101 Abs. 3 BAO habe daher die (jeweilige) Ausfertigung zum Zwecke ihrer Rechtswirksamkeit den Hinweis auf die Zustellfiktion nach § 101 Abs. 3 BAO zu enthalten. Dies gelte ebenso für Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO  sei keine rechtswirksame Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gern. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 erfolgt. Die Nichtfeststellungsbescheide vom seien somit ohne wirksamen Verfahrenstitel für die Rechtskraftdurchbrechung ergangen und liege eine jeweils bereits entschiedene Sache vor. Eine Aufhebung der Nichtfeststellungsbescheide vom hätte im Zuge der Beschwerdevorentscheidungen vom mangels wirksamen Verfahrenstitels für die Rechtskraftdurchbrechung erfolgen müssen, dies sei jedoch aufgrund des unrichtigen Spruches der Beschwerdevorentscheidungen vom nicht erfolgt, sondern sei lediglich eine Abänderung vorgenommen wurde, weshalb sich der Spruch dieser Beschwerdevorentscheidungen als unrichtig erwiesen hätten.
Die Aufhebung nach § 299 BAO stehe im Ermessen der Abgabenbehörde. Im konkreten Fall liege keine bloße Geringfügigkeit vor, da die Rechtsrichtigkeit der erlassenen Bescheide Auswirkungen auf das weitere Verfahren und für die Umsetzung des Außenprüfungsergebnisses habe. Aus diesem Grund sei der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit eingeräumt worden und ergingen die Aufhebungsbescheide vom im Rahmen des Ermessens nach § 20 BAO zu Recht.

Mit Schreiben vom brachte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht betr. Beschwerdevorentscheidungen vom ein. Die darin getätigten Ausführungen zu § 299 BAO entsprechen der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag vom .

Die belangte Behörde legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht am durch elektronische Übermittlung vor. In der Stellungnahme hält das Finanzamt weiterhin seine Rechtsmeinung aufrecht und verweist dazu auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidungen vom .
Ergänzend wurde angemerkt, dass kein missbräuchliches Vorgehen der Abgabenbehörde vorliege, da lediglich unter Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen Fehler saniert worden seien. Auch sei nie eine Stattgabe der Beschwerde erfolgt. Dies wäre aus der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen vom ersichtlich gewesen.

Mit Eingabe der steuerlichen Vertretung vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Eingangs wird auf die ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Auflösung einer KG oder OG und ihre Löschung im Firmenbuch ihre Parteifähigkeit jedenfalls so lange nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind. Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. zB , mwN).

Hinsichtlich des von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalts ist festzuhalten, dass dieser von der Bf. nicht bestritten wird und sich zudem aus den vorgelegten Akten und Unterlagen ergibt, weshalb er als erwiesen angenommen wird.

Vor den weiteren Ausführungen wird zwecks Übersichtlichkeit eine chronologische
Darstellung des Sachverhalts nach Abschluss der Außenprüfung (Bericht und Niederschrift vom ) angeführt:
: Wiederaufnahmebescheide 2011-2016, ohne Zustellfiktion lt. § 101 (3) BAO 
: Nichtfeststellungsbescheide 2011-2016, mit Zustellfiktion lt. § 101 (3) BAO
: Beschwerde gegen Wiederaufnahme- und Nichtfeststellungsbescheide
: Beschwerdevorentscheidungen btr. Nichtfeststellungsbescheide 2011-2016
: Beschwerdevorentscheidungen btr. Wiederaufnahmebescheide 2011-2016
: § 299-Bescheide btr. Beschwerdevorentscheidungen vom
: Beschwerdevorentscheidungen btr. Nichtfeststellungsbescheide 2011-2016
: Beschwerde gegen § 299-Bescheide btr. BVE vom  
: Vorlageantrag zu BVE btr. WA- & Nichtfeststellungsbescheide v.
: Beschwerdevorentscheidungen btr. § 299-Bescheide vom
: Vorlageantrag zu BVE btr. § 299-Bescheide

Die Bf. beantragte in den Vorlageanträgen vom bzw. vom die Aufhebung
- der Beschwerdevorentscheidungen vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 (hier nicht verfahrensgegenständlich),
- der Beschwerdevorentscheidungen vom über die Nichtfeststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016
(Vorlageantrag vom )
und
- der Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 (Vorlageantrag
vom ).

Gemäß § 264 Abs. 3 BAO gilt eine Bescheidbeschwerde, zu der eine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist, von der Einbringung eines Vorlageantrages an wiederum als unerledigt.
Entsprechend hat die nachfolgende Entscheidung des Bundesfinanzgerichts über die Bescheidbeschwerden btr. Bescheide über die Nichtfeststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 vom und nicht über die Beschwerdevorentscheidungen abzusprechen.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat, außer in den Fällen des § 278, das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden hat. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. 
Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat ( § 279 Abs. 2 BAO ).

Eine Aufhebung nach § 279 Abs. 1 BAO hat u. a. zu erfolgen, wenn der angefochtene Bescheid in derselben Sache wie ein älterer Bescheid ergangen ist, wodurch Letzterer verdrängt wurde (vgl. Ritz, BAO6, § 279 Rz 6 und die dort genannte höchstgerichtliche Judikatur) und keine die Rechtskraft durchbrechende Reformationsbefugnis der Behörde, wie etwa aufgrund einer Wiederaufnahme des Verfahrens oder einer Aufhebung eines Bescheides gem. § 299 BAO, vorliegt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, z.B. ,  gilt der aus § 68 Abs. 1 AVG ableitbare Grundsatz, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist („ne bis in idem“) auch im Abgabenverfahren:
Aus § 68 Abs 1 AVG ist das im Verwaltungsverfahren geltende Prinzip abzuleiten, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit dem Bescheid unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der res iudicata entgegen (vgl uva).
Der aufgezeigte Grundsatz gilt auch im Abgabenverfahren ().
Verletzt die Behörde den Grundsatz der Unwiederholbarkeit, indem sie infolge eines Anbringens (Ansuchens) oder von Amts wegen ein Verfahren in einer entschiedenen Sache unzulässig einleitet (vgl ), so belastet sie nach herrschender Rechtsprechung den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (vgl , uva).
Ein hervorkommendes Prozesshindernis ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen - auch vom VwGH - wahrzunehmen (vgl ).“

Aus obiger Sachverhaltsdarstellung ist ersichtlich, dass die belangte Behörde für die Jahre 2011 bis 2016 bereits folgende Bescheide über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO erlassen hat: Erstbescheid 2011 vom ; Erstbescheid 2012 vom ; Erstbescheid 2013 vom ; Erstbescheid 2014 vom ; Erstbescheid 2015 vom ; Erstbescheid 2016 vom . Sämtliche Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

Im ebenfalls die Bf. betreffenden Verfahren RV/2101028/2019 wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom  entschieden, dass die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016, alle datiert , nicht rechtswirksam ergangen sind.

Mangels Rechtswirksamkeit der Wiederaufnahmebescheide fehlt es an den Voraussetzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung hinsichtlich der bereits in den Jahren 2012 bis 2017 abgeschlossenen Feststellungsverfahren für die Jahre 2011 bis 2016.
Wird nämlich die Abgabensache unanfechtbar und unwiderruflich erledigt, ist - aufgrund des Wiederholungsverbots - eine nochmalige Entscheidung wegen bereits entschiedenen Sache ("res iudicata") insoweit ausgeschlossen (vgl. auch ).
Durch die nach der Außenprüfung neuerlich ergangenen Bescheide vom hinsichtlich (Nicht)Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 hat die Behörde somit gegen den Grundsatz ne bis in idem (Unwiederholbarkeit, Einmaligkeitswirkung) verstoßen.

Die Nichtfeststellungsbescheide 2011 bis 2016 vom waren daher ersatzlos aufzuheben.

Mit der Aufhebung der Nichtfeststellungsbescheide 2011 bis 2016 vom aus dem Rechtsbestand, leben gem. § 279 Abs. 2 BAO die erstmalig erlassenen Sachbescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Kalenderjahre 2011 bis 2016 (F-Erstbescheid 2011 vom ; F-Erstbescheid 2012 vom ; F-Erstbescheid 2013 vom ; F-Erstbescheid 2014 vom ; F-Erstbescheid 2015 vom ; F-Erstbescheid 2016 vom ) wieder auf.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101015.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at