Zurückweisungsbescheid statt BVE
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache A.B., Adresse, vertreten durch Kaubek & Partner, Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft, Hauptplatz 26, 2700 Wiener Neustadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Zurückweisung der Beschwerde vom gegen den Bescheid vom (Abweisung eines Antrages gemäß § 248 BAO) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer (Bf.) als ehemaligen Geschäftsführer der X-KG für deren aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 32.211,82 heran.
Gegen diesen Bescheid brachte der Bf. eine Bescheidbeschwerde ein.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen in diesem Zusammenhang eingebrachten Antrag gemäß § 248 BAO auf Mitteilung des noch nicht zur Kenntnis gebrachten Haftungsanspruches des Bf. vom samt Ergänzung vom ab.
Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer (Bf.) gegen diesen Bescheid eine Bescheidbeschwerde ein und beantragte die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung.
Mit Erkenntnis vom , GZ.RV/7101417/2015, gab das Bundesfinanzgericht der gegen den Haftungsbescheid eingebrachten Beschwerde teilweise statt und schränkte die Haftung auf € 25.440,44 ein.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen Bescheid vom betreffend Abweisung des Antrages gemäß § 248 BAO auf Mitteilung des dem Bf. noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches mit der Begründung zurück, dass mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom (GZ.RV/7101417/2015) die Haftung auf € 25.440,44 eingeschränkt worden sei. Dem Erkenntnis zufolge setze sich dieser Betrag ausschließlich aus von der Primärschuldnerin selbst berechneten und gemeldeten Abgaben zusammen. § 248 BAO beziehe sich ausschließlich auf Bescheide über den Abgabenanspruch, ein Antrag gemäß § 248 BAO für selbst berechnete und gemeldete Abgaben sei im Gesetz nicht vorgesehen.
Die Beschwerde sei daher aus Rechtsgründen zurückzuweisen gewesen.
In der gegen diesen Zurückweisungsbescheid mit Eingabe vom eingebrachten Beschwerde führte der Bf. unter Hinweis auf § 260 Abs. 1 BAO aus, dass sich aus der Begründung des Zurückweisungsbescheides keine Gründe für eine Zurückweisung gemäß § 260 BAO ableiten ließen und auch aus der Aktenlage nicht als gegeben anzunehmen seien.
Das Finanzamt stehe auf dem Standpunkt, dass ein Antrag gemäß § 248 BAO für selbst berechnete und gemeldete Abgaben im Gesetz nicht vorgesehen sei.
Demgegenüber stehe fest, dass der zur Haftung Herangezogene jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können müsse (). Sei bei Selbstbemessungsabgaben noch kein Bescheid gemäß § 201 BAO bzw. bei Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 3 UStG erlassen worden, so sei daher ein Bescheid über den betreffenden Abgabenanspruch zu erlassen.
Die Behörde sei ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen und setze willkürlich einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, welcher unverzüglich aufzuheben sein werde.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid würde dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Bf. erachte sich in seinem Recht auf materielle Behandlung seiner Beschwerde verletzt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, dass mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom (GZ.RV/7101417/2015) über den Haftungsbescheid vom entschieden worden sei. Die Haftung sei mit € 25.440,44 festgesetzt worden.
§ 248 BAO beziehe sich ausschließlich auf Bescheide über den Abgabenanspruch, nicht jedoch auf von der Primärschuldnerin selbst berechnete und gemeldete Abgaben. Ein Antrag gemäß § 248 BAO für selbst berechnete und gemeldete Abgaben sei im Gesetz nicht vorgesehen. Der Haftungsbetrag von € 25.440,44 setze sich ausschließlich aus von der Primärschuldnerin selbst berechneten und gemeldeten Abgaben zusammen.
Die Bestimmung des § 21 UStG habe gegenüber dem § 201 BAO als speziellere Vorschrift Vorrang. Eine Festsetzung für einen Voranmeldungszeitraum könne nur solange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen worden sei. Der Jahresbescheid der Umsatzsteuer 2009 sei im Jahr 2010 ergangen und in Rechtskraft erwachsen.
Die Zurückweisung sei mangels Zulässigkeit zu Recht erfolgt.
Dagegen beantragte der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 243 BAO bestimmt, dass gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig sind, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs. 2 BAO zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
§ 260 BAO idF FVwGG 2012 regelt die Beschwerden betreffenden Zurückweisungsgründe inhaltsgleich mit den bisherigen Gründen (des § 273) zur Zurückweisung von Berufungen. Neu ist, dass die Zurückweisung mit Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde (oder mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes) zu erfolgen hat (vgl. Ritz, BAO6, Rz 1 zu § 260).
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist - von den in Abs. 2 normierten, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - über Bescheidbeschwerden mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Ist die Beschwerdevorentscheidung noch nicht erlassen, besteht auch keine Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichts über ihm vorgelegte Beschwerden (vgl. ).
Vertritt das Finanzamt die Ansicht, dass eine Beschwerde unzulässig ist, hat sie gemäß den bisherigen Ausführungen diese nicht mittels Zurückweisungsbescheid, sondern mittels Beschwerdevorentscheidung zurückzuweisen.
Der Zurückweisungsbescheid vom ist daher rechtswidrig und somit vom Bundesfinanzgericht aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.
Eine Zuständigkeit des BFG zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Bf. vom besteht (derzeit) nicht, da darüber (noch) nicht mittels Beschwerdevorentscheidung entschieden wurde, bzw. hiefür auch kein Vorlageantrag des Bf. vorliegt.
Daraus folgt, dass über die Beschwerde vom noch eine Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde zu erlassen sein wird.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind ().
Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ergibt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100971.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
JAAAC-23939