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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2020, RV/6100163/2016

Ausmaß der Haftung bei Nachweis der Schuldentilgung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richter

Senat

im Beisein der Schriftführerin

Schriftführerin

in der Beschwerdesache

BF

vertreten durch

StB,

gegen

FA

vertreten durch

AB

wegen

behaupteter Rechtswidrigkeit des Bescheides  vom betreffend Haftung des bf für Abgaben der A GmbH gemäß §§ 9, 80 BAO

in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Haftung des bf wird mit € 6.992,19 (U 07/13 € 5.924,10; EUSt 08/13 € 95,63; DB 07/13 € 318,78, DB 08/13 € 653,68) festgesetzt.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid gemäß §§ 9, 80 BAO vom wurde der BF als Geschäftsführer der im Spruch angeführten GmbH für einen Gesamtbetrag von € 56.173,85 zur Haftung herangezogen. Dieser Bescheid umfasste Abgaben der GmbH für Umsatzsteuer 07/2013, Einfuhrumsatzsteuer 08/2013, Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 07/2013 und 08/2013 sowie Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für 2011 und 2012. Dem Haftungsbescheid wurden der Lohnsteuerhaftungsbescheid für 2011 und 2012 sowie der Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrags für 2011 und 2012, alle vom beigelegt.

Die Belastung der GmbH mit diesen Abgaben sei aufgrund der beigelegten Abgabenbescheide bzw. durch die Bekanntgabe von Selbstbemessungsabgaben durch die Abgabenschuldnerin erfolgt. Der BF sei bis zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH am deren Geschäftsführer gewesen. Da an die Konkursgläubiger eine Quote von rund 2,19 % ausgeschüttet worden sei, sei von einer Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschulden im Ausmaß von 97,81% auszugehen. Es seien keine Gründe vorgebracht worden, nach denen die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre. Festzuhalten sei, dass die Lohnabgaben 2011 bereits am und die Lohnabgaben 2012 am fällig gewesen wären. Die Umsatzsteuer für 07/2013 sei am fällig gewesen. Damit liege jedenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung vor. Dies ungeachtet der Bewilligung von Zahlungserleichterungen seitens des Finanzamtes, da in den Ansuchen behauptet worden sei, dass lediglich ein kurzfristiger Liquiditätsengpass vorliege und damit die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde, stellt den Antrag auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat  und führte dazu aus, dass die Insolvenz der GmbH insbesondere durch den nicht termingemäß erfolgten Eingang einer großen Kundenforderung im Ausmaß von € 141.204,61 verursacht worden sei. Es seien in der zweiten Jahreshälfte 2013 nachweislich intensive und direkte Maßnahmen gesetzt worden, um die ausständige Forderung einzutreiben. So sei bereits im Juli 2013 ein Zahlungsplan mit dem Kunden vereinbart worden, wonach dieser zum € 20.000,00 und am € 24.000,00 zur Überweisung bringen sollte. Auf die Nichteinhaltung des vereinbarten Zahlungsplanes sei mit eingeschriebenem Brief vom hingewiesen worden und die dringende Überweisung des offenen Betrages eingemahnt worden. In weiterer Folge sei diese Forderung mit einem Wechsel, unterfertigt am mit einer Zahlungsfrist bis zum , sichergestellt worden. Weiters sei die steuerliche Vertretung des Kunden am kontaktiert worden, um die Überrechnung eines Vorsteuerguthabens zu erreichen. Diese Verrechnung sei nicht durchgeführt worden.

Nach Ausstellung eines weiteren Wechsels über € 100.000,00 mit Zahlungsfrist bis zum und nachdem die Hausbank der GmbH sowie andere Banken nicht bereit gewesen seien den ausgestellten Wechsel anzukaufen, wurde die Forderung gegen diesen Kunden auf Betreiben der GmbH im Grundbuch zur EZ der zum Unternehmen gehörigen Liegenschaft eingetragen. Am seien € 20.000,00 überwiesen worden.

Nach der Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens über € 79.155,97 und nachdem der Wechsel des Kunden über € 141.204,61 zahlbar am nicht platziert werden habe können und darauf die Banken die Zahlungen einstellten, habe die GmbH der Hausbank am mitgeteilt dass ein Insolvenzantrag gestellt werden würde, der am beim LG Leoben eingebracht worden sei.

Festzuhalten sei auch, dass ein allfällig bestehender Abgabenrückstand der GmbH laufend durch rechtzeitig eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen abgedeckt gewesen sei. Zudem sei, wie in einer Aufstellung für die Monate August, September, Oktober und November 2013 zu entnehmen sei, die GmbH bestrebt gewesen, für den Fortbetrieb der Gesellschaft unbedingt notwendige Zahlungsverpflichtungen aus den vorhandenen Mitteln sowie aus den Zahlungseingängen der Kunden nachzukommen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den BF hinsichtlich der nicht erfolgten bzw. verringerten Zahlungen liege daher nicht vor.

Zudem müsse festgehalten werden, dass der BF hinsichtlich der fälligen Abgaben nach bestem Wissen und Gewissen Zahlungserleichterungen bei der Abgabenbehörde für die GmbH beantragt habe und die Behörde den Zahlungserleichterungen nach deren Prüfungen vollumfänglich stattgegeben habe. Damit liege ein Mitverschulden der Behörde vor, das jedenfalls in die Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde über die Haftungsinanspruchnahme einzufließen habe. Zudem verfüge der BF lediglich über ein jährliches Einkommen von rund € 35.000,00. Dies setze sich aus einer geringen betrieblichen Firmenpension und der Pension der SVA zusammen.

Mit BVE vom gab das FA der Beschwerde teilweise statt, reduzierte den Haftungsbetrag ohne weitere Ausführungen dazu um die im Erstbescheid geltend gemachte Lohnsteuer für 2011 und 2012, sowie den Dienstgeberbeitrag 2011 und 2012. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF die schlechte wirtschaftliche Situation seiner GmbH gekannt habe und gewusst habe, dass der Zahlungsverzug dieses einen Kunden ein existenzielles Problem für das Unternehmen darstelle. Die Ansuchen an das FA um Zahlungsaufschub seien unrichtig gewesen, da ausgeführt worden sei, dass die Einbringlichkeit des offenen Betrages auf keinen Fall gefährdet sei während sich die GmbH bereits in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden habe.

Zudem ließe sich aus den von der BF zur Verfügung gestellten Tabellen erkennen, dass die GmbH im Zeitraum 08-11/2013 den übrigen Gläubigern gegenüber eine Quote von 72,83 % der bei diesen offenen Verbindlichkeiten geleistet habe. Dem FA gegenüber sei jedoch nur eine Quote von 47,04 % der beim FA offenen Verbindlichkeiten bezahlt worden. Dies stelle eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar. Gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße weiters die Begünstigung anderer Gläubiger durch Schuldentilgung mittels Abtretung von Forderungen. Eine derartige Mantelzession stelle dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Vertreter damit rechnen müsse durch die Zession dem vertretenen seine liquiden Mittel zur Tilgung anderer Schulden als der Bankschulden zu entziehen. Für das Verschulden reiche bereits leichte Fahrlässigkeit. Das Vorbringen des BF reiche nicht aus um ein Verschulden an den Pflichtverletzungen ausschließen zu können. Die Pflichtverletzung sei auch für die Uneinbringlichkeit kausal gewesen, weil es bei pflichtgemäßem Handeln des BF zu keinem Abgabenausfall gekommen wäre.

Darauf beantragte der BF durch seine ausgewiesenen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG.

Mit Beschluss des GV-Ausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der damit belasteten Gerichtsabteilung gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und am der derzeit damit befassten Gerichtsabteilung zugeteilt.

In der mündlichen Senatsverhandlung vom führten die Parteien des Verfahrens Folgendes aus:

Die Vertreter des BF führte ergänzend aus, dass aus Sicht des BF auf die Erhöhung der Quote aus der Nachtragsverteilung Rücksicht zu nehmen wäre. Darüber hinaus wären die ursprünglich aushaftenden Lohnsteuerbeträge der Monate 07/2013 und 08/2013 im Ausmaß von € 18.633,41 zur Gänze auf das Abgabenkonto der GmbH einbezahlt worden. Die Nachtragsverteilung hätte zudem auch zu einer Verminderung der offenen Lohnsteuerbeträge geführt. Darüber hinaus sei ein Differenzbetrag von ca. € 360,00 auf die anderen haftungsgegenständlichen Beträge anzurechnen.

Nochmals wurde von Seiten der Vertreter des BF darauf hingewiesen, dass die Fälligkeit der strittigen Abgaben erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens eingetreten sei. In diesem Zeitpunkt sei der BF nicht mehr als Geschäftsführer des Unternehmens verantwortlich gewesen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe keine Verpflichtung bestanden die Abgabenschuld zu bezahlen, daher könne darin auch keine Pflichtverletzung gesehen werden. Zudem habe der BF in den Zahlungserleichterungsansuchen weder unrichtige Angaben gemacht, noch bedeutsame Umstände verschwiegen (Offenlegung der Jahresabschlüsse gegenüber dem Finanzamt, Kenntnis des Finanzamtes von den wirtschaftlichen Verhältnissen, Information über den Verhandlungs- und Verfahrensstand mit dem Kunden, dessen Auftrag über ca. € 140 TS nicht bezahlt worden sei).

Die Abgabenschulden hätten gezahlt werden können, sobald dieser Kunde seine Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH beglichen hätte.

In eventu führten die Vertreter des BF aus, dass eine Haftung überhaupt nur im Ausmaß der Differenz zw. den an das Finanzamt geleisteten und den anderen geleisteten Zahlungen bestehen könne. Der Unterschied in der anteiligen Tilgung betrage lediglich 24%. Lediglich dieser Prozentsatz wäre allenfalls auf die noch aushaftenden Abgabenschulden anzuwenden. Eine Haftung für die Schulden der GmbH zur Gänze liege nicht vor, da der BF seiner qualifizierten Mitwirkungsverpflichtung hinsichtlich des teilweisen Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung nachgekommen sei.

Bei der Ermessungsübung möge berücksichtigt werden, dass der BF kein Gehalt bei der GmbH bezogen habe, sein aktuelles jährliches Einkommen rund € 35.000,00 (Pension) betrage und die Lohnsteuer für Juli und August 2013 bereits zur Gänze an das Finanzamt überwiesen wurde.

Der Vertreter des Finanzamtes führte dazu ergänzend aus, dass aus Sicht des Finanzamtes die Zahlungsschwierigkeiten des einen Kunden der GmbH aus den ersten Zahlungserleichterungsansuchen zunächst nicht erkennbar gewesen seien und verwies dazu auf die beiden Zahlungserleichterungsansuchen vom und vom in denen von längeren Zahlungszielen großer Kunden bzw. einem Zahlungsziel von 90 Tagen die Rede sei. Erst aus dem Zahlungserleichterungsansuchen vom ergebe sich ein konkreter Hinweis auf den Zahlungsverzug des angeführten Kunden. Eine Offenlegung der dahinterstehenden Probleme sei damit aus Sicht des Finanzamtes nicht gegeben gewesen. Damit liege sehr wohl ein Verschulden des BF an der Uneinbringlichkeit der Abgaben vor. Richtig sei jedoch, dass ein Nachweis der Verwendung der Mittel vorliege und der von den Vertretern der BF angeführte Prozentsatz richtig sei.

Das BFG hat dazu erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 9 BFGG kann der Geschäftsverteilungsausschuss einer Einzelrichterin oder einem Einzelrichter oder Senat eine ihr oder ihm zufallende Rechtssache durch Verfügung abnehmen, wenn die Einzelrichterin oder der Einzelrichter oder Senat verhindert oder wegen des Umfangs ihrer oder seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist. Auf Grund des im Verfahrensgang dargestellten Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses ist sohin die nun zur Entscheidung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens berufene Gerichtsabteilung zuständig.

Das BFG legt der Entscheidung den im Folgenden dargestellten, als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde, der sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und den zugrundeliegenden Datenbanken der belangten Behörde sowie dem Vorbringen der BF und der belangten Behörde ergibt. Der Sachverhalt ist von den Parteien des Verfahrens im Wesentlichen unbestritten.

Der BF war seit dem Jahr 2007 bis zur Insolvenzeröffnung über das Vermögen der im Spruch bezeichneten GmbH am deren Geschäftsführer. Dies ergibt sich aus dem Firmenbuch zur FNr. der GmbH.

Im Jahr 2013 errichtete die GmbH in den Monaten Mai bis Juli für einen Kunden eine Kücheneinrichtung und eine Kühlanlage im Gesamtwert von € 141.204,61 brutto. Der Kunde bezahlte diesen Betrag nicht termingemäß. Im Juli 2013 wurde mit dem Kunden ein Zahlungsplan vereinbart, wonach dieser zum € 20.000,00 und zum € 24.000,00 zur Überweisung bringen sollte. Den vereinbarten Zahlungsplan hielt der Kunde trotz Mahnung nicht ein. In weiterer Folge wurde diese Forderung mit einem Wechsel (unterfertigt am Zahlungsfrist bis zum ) besichert. Weiters wurde die steuerliche Vertretung des Kunden am kontaktiert, um die Überrechnung eines Vorsteuerguthabens zu erreichen. Diese Überrechnung wurde jedoch nicht durchgeführt.

Nach Ausstellung eines weiteren Wechsels über € 100.000,00 mit Zahlungsfrist bis zum und nachdem die Hausbank der GmbH sowie andere Banken nicht bereit gewesen waren den ausgestellten Wechsel anzukaufen wurde die Forderung gegen diesen Kunden auf Betreiben der GmbH im Grundbuch zur EZ der zum Unternehmen gehörigen Liegenschaft eingetragen. Am wurden € 20.000,00 überwiesen. Dies ergibt sich aus dem durch Unterlagen belegten Vorbringen des BF.

Bereits mit beantragte die GmbH ohne eingehende Begründung die Stundung eines Abgabenrückstandes in Höhe von € 46.943,84 bis zum mit dem Hinweis darauf, dass die Einbringlichkeit nicht gefährdet sei. Bewilligt wurde die Stundung bis , worauf die GmbH fristgerecht die Stundung des offenen Betrages von € 38.570,82 bis beantragte, was der GmbH auch bewilligt wurde. Im Stundungsansuchen, das fristgerecht am eingebracht wurde, führte die GmbH an, dass der Zahlungsengpass durch die Schlussrechnung eines großen Bauvorhabens, bei dem es seinem Zahlungsfluss erst in den nächsten Monaten kommen werde, entstanden sei. Im Stundungsansuchen vom führte die GmbH an, dass der Zahlungsengpass durch die Schlussabrechnungen einiger großer Bauvorhaben, bei denen Zahlungsziele bis zu 90 Tage vorgegeben seien, entstanden sei. Im Ratenzahlungsansuchen vom führte die GmbH erstmals konkret denjenigen oben bereits angeführten Kunden an, der noch einen großen Zahlungsrückstand habe.

Nach der Abweisung dieses Zahlungserleichterungsansuchens vom über € 79.155,97 und nachdem der Wechsel des Kunden über € 141.204,61 zahlbar am nicht platziert werden konnte und darauf die Banken die Zahlungen einstellten, teilte die GmbH der Hausbank am mit, dass ein Insolvenzantrag gestellt werde, der am beim LG Leoben eingebracht wurde.

Dies ergibt sich aus dem vom BF erstatteten Vorbringen im Beschwerdeverfahren und den nochmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, die im Wesentlichen den in Finanzamtsakt erliegenden Unterlagen entsprechen.

Die GmbH beglich im Zeitraum August bis November 2013 alle ihre Verbindlichkeiten nur anteilig. Dabei ergibt sich, dass bei Berücksichtigung der gesamten Zahlungen an alle Gläubiger die sonstigen Gläubiger im Vergleich zur Finanzverwaltung mit einem um rund 24 % höheren Prozentsatz bedient wurden. Dies ergibt sich aus den im Haftungsverfahren vorgelegten, sehr detaillierten Unterlagen des BF über die Begleichung von Verbindlichkeiten im oben angesprochenen Zeitraum. Dies wurde vom FA sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bereits in der BVE als auch in der mündlichen Verhandlung vom bestätigt. Die Differenz zu der Berechnung des FA in der BVE (ca. 72,8% zu 47%) ergibt sich  aus unterschiedlichen Vergleichsgrößen/Datenbasen.

Mit überwies der Gesellschafter der GmbH einen Betrag von € 9.331,71 zur Abdeckung von Lohnabgaben, mit überwies er einen weiteren Betrag von € 9.301,70 zur Abdeckung von Lohnabgaben; mit erfolgte eine Überweisung des Masseverwalters aufgrund einer Nachtragsverteilung im Ausmaß von € 6.004,64.

Damit verblieben als mögliche Haftungsbeträge (jeweils im Ausmaß von 100 %) folgende Beträge auf dem Abgabenkonto der GmbH:

U 07/13 € 25.236,46; EU 08/13 € 407,40; L 07/13 € 61,08 und 08/13 € 356,13 (Restbetrag); DB 07/13 € 1.357,99; DB 08/13 € 2.784,69. Dies ergibt sich aus den Datenbanken der Finanzverwaltung.

In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Verfahren Folgendes zu sagen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen … alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der BF war als Geschäftsführer der in Frage stehenden GmbH eine zur Vertretung der juristischen Person berufene Person.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Durch die Insolvenz der GmbH im Jahr 2014 konnten Abgaben im Ausmaß von zunächst 97,81% bei dieser nicht eingebracht werden. Für die endgültige Höhe des Ausfalles zu berücksichtigen ist zudem auch das Ergebnis der Nachtragsverteilung im Konkurs.

Strittig ist zunächst, ob dem BF ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid vorgeschriebenen Abgaben zugerechnet werden kann, da die Fälligkeit der Abgaben durch die gewährten Zahlungserleichterungsansuchen bzw. die gewährte Nachfrist nach Abweisung des letzten Zahlungserleichterungsansuchens erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintrat.

Hierbei folgt der erkennende Senat den Ausführungen des Amtsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung. Auch nach Sicht des erkennenden Senates ist es zwar richtig, dass im letzten Zahlungserleichterungsansuchen bekannt gegeben wurde, was konkret den Liquiditätsengpass der GmbH verursacht hat. Das FA konnte bis zu diesem letzten, in der Folge abgewiesenen, Zahlungserleichterungsansuchen aufgrund der allgemeinen Formulierungen der GmbH nicht erkennen, wie es um die Gefährdung der Einbringlichkeit der in Frage stehenden Abgaben wirklich bestellt ist. Die Ausführungen der GmbH zu „längeren Zahlungsfristen größerer Aufträge“ weisen auf einen vorübergehenden Liquiditätsengpass bei hohem Auftragsvolumen hin. Erst im letzten Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde ersichtlich, dass ein einziger Auftrag die Zahlungsschwierigkeiten der GmbH verursacht hat. Damit muss der sich BF zumindest einen minderen Grad des Verschuldens an der Uneinbringlichkeit der Abgaben zurechnen lassen. Da bereits leichte Fahrlässigkeit ausreicht, um eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten anzunehmen, (Ritz, BAO6, § 9 Tz. 18 mwN) liegt aus Sicht des erkennenden Senates eine schuldhafte Pflichtverletzung des BF an der Uneinbringlichkeit der Abgaben vor.

Diese schuldhafte Pflichtverletzung ist auch kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgaben gewesen.

Hinsichtlich des Umfanges der Haftung folgt der erkennende Senat zunächst dem Grunde nach den Ausführungen der Vertreter des BF. In den Schriftsätzen im Beschwerdeverfahren haben die Vertreter des BF ausführlich dargelegt, dass im Zeitraum August bis November 2013 keine vollständige Begleichung der Verbindlichkeiten erfolgt ist, sondern alle Gläubiger nur teilweise befriedigt wurden bzw. in welchem prozentuellen Umfang diese Befriedigung dem FA und den sonstigen Gläubigern erfolgt ist.

Da der Haftungspflichtige verpflichtet ist, alle Gläubiger gleich zu behandeln kann unter der Voraussetzung nur teilweiser Begleichung der Verbindlichkeiten eine Haftung nach § 9 BAO nur in dem prozentuellen Ausmaß angenommen werden, in dem das FA schlechter behandelt wurde als die übrigen Gläubiger. Wie beide Parteien des Verfahrens übereinstimmend festgestellt haben und wie es sich aus den vorliegenden Unterlagen auch ergibt, wurde das FA lediglich im Ausmaß von 24 % schlechter gestellt als die übrigen Gläubiger.

Wie im festgestellten Sachverhalt dargestellt wurde, haben sich zudem zwischen der erstmaligen Festsetzung des Haftungsbescheides und dem Zeitpunkt der Entscheidung durch das BFG noch weitere Änderungen ergeben. Dies betrifft zunächst die im Haftungsbescheid genannten Lohnsteuern für 07/13 und 08/13, die vom Gesellschafter der GmbH unter Berücksichtigung der Konkursquote und somit im Ausmaß von 97,81 % der im Haftungsbescheid vorgeschriebenen Beträge entrichtet wurden. Damit ist- auch im Gegensatz zu dem dargestellten Kontostand des FA - eine Haftung für die Lohnsteuern 07/13 und 08/13 mangels noch dieser Abgaben obsolet. Die Berücksichtigung der Nachtragsverteilung im Insolvenzverfahren auf die noch offenen Beträge wurde vom FA bereits durchgeführt. Dennoch verbleibt eine weitere zu berücksichtigende Differenz, die sich daraus ergibt, dass die auf dem Abgabenkonto ausgewiesenen Beträge im Ausmaß von 100% des noch offenen Abgabenbetrages ausgewiesen sind und die von der GmbH im Konkursverfahren beglichene Quote von 2,19 % nicht berücksichtigt wurde.

Berücksichtigt man auch diese Quote so ergeben sich ein noch der Haftung unterliegender Betrag von € 6.992,19, der sich wie folgt zusammensetzt:

U 07/13 € 25.236,46 x 97,81% x 24% = € 5.924,10

EU 08/13 € 407,40 x 97,81% x 24% = € 95,63

DB 07/13 € 1.357,99 x 97,81% x 24% = € 318,78

DB 08/13 € 2.784,69 x 97,81% x 24% = € 653,68

Was die Nachverrechnung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für 2011 und 2012 betrifft, beide vorgeschrieben am , so ist dazu zu sagen, dass das FA diese Abgaben ohne weitere Begründung in der BVE nicht mehr vorgeschrieben hat. Soweit aus dem Abgabenkonto der GmbH ersichtlich, sind diese Abgaben bereits im Jahr 2014 mit einem ein USt Guthaben gegengerechnet worden, sodass diese Abgabenschulden bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides nicht mehr bestanden.

Das für die Geltendmachung der Haftung nach den §§ 9, 80 BAO zu übende Ermessen ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Bei Abwägung der berechtigten Interessen des BF und dem öffentlichen Interesse, zB an der Einbringung der Abgaben (vgl zB ) ergibt sich, dass eine Haftungsinanspruchnahme des BF im Ausmaß der € 6.992,19 zweckmäßig ist, da den BF – wie oben dargestellt - ein zumindest geringes Verschulden an deren Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben trifft. Auch das Verhältnis der Höhe des Haftungsbetrages von ca. € 7.000,00 und dem jährlichen Einkommen des BF von ca. € 35.000,00 sprechen für die Haftungsinanspruchnahme. (siehe auch Ritz, BAO6, § 9 Tz. 28 mwN)

Damit war der Beschwerde im oben angeführten Ausmaß teilweise stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung gründet sich hinsichtlich der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme als Haftender, das Haftungsausmaß und das Ermessen für die Inanspruchnahme als Haftender auf die oben in den zitierten Kommentarstellen angeführten Entscheidungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Nachweis der Zahlungen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100163.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at