Abweisung eines Antrages gemäß Artikel 78 ZK auf nachträgliche Änderung der Vertreterindikation in Zollanmeldungen (direkte statt indirekte Vertretung)
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0079. Zurückweisung mit Beschluss vom .
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RV/6200005/2015-RS1 | Eine Person, die eine andere Person bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertritt, muss nicht nur Vertretungsmacht besitzen, sondern auch eine entsprechende Willenserklärung iSd Art 5 Abs 4 erster Satz ZK abgeben. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, vertreten durch Hannl Customs Consulting GmbH, Sterzinggasse 4, 4055 Pucking, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Salzburg vom , Zahl: 600000/00000/2014, betreffend Antrag auf Berichtigung von 389 Zollanmeldungen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin RR zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Anbringen an das Zollamt Salzburg vom hat die Bf (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) die Berichtigung von 389 näher bezeichneten Zollanmeldungen gemäß Artikel 78 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex, ZK) beantragt.
Begründend bringt die Bf im Wesentlichen vor, sie habe im Auftrag von in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen für Nichtgemeinschaftswaren die Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Anschlusslieferung unter Befreiung der Einfuhrumsatzsteuer beantragt (VC 42).
In Art 6 Abs 3 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) führe der nationale Gesetzgeber aus, dass der Anmelder die Waren im Anschluss an die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unmittelbar zur Ausführungen von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet. Die Befreiung sei nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt.
Weiters sei Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung, dass der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer zum Zeitpunkt der Einfuhr den Zollbehörden die unter lit a und b leg cit genannten Angaben zukommen lässt und den unter lit c genannten Nachweis erbringt.
Spediteure seien nicht diejenigen, für deren Unternehmen Gegenstände eingeführt worden sind und könnten somit die anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferungen auch gar nicht tätigen.
Folglich könne nach der aktuellen Gesetzeslage nur der Vertretene und nicht der Vertreter Anmelder im Verfahren 4200 sein.
Auch verstoße die derzeit herrschende Meinung gegen Gemeinschaftsrecht, hier insbesondere gegen Artikel 143 Abs 2 lit a Mehrwertsteuersystemrichtlinie, wonach es den nationalen Mitgliedstaaten nicht erlaubt sei, subjektives öffentliches Wahlrecht der Spediteure auf direkte oder indirekte Stellvertretung einzuschränken.
Zutreffenderweise liege hier ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung vor.
Man stelle daher den Antrag, das Zollamt möge in den betreffenden Zollanmeldungen die Codierung "5" Vertreter (indirekte Vertretung im Sinne von Artikel 5 Abs 2 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex) des Empfängers auf Codierung "4" Vertreter (direkte Vertretung im Sinne von Artikel 5 Abs 2 erster Gedankenstrich des Zollkodex) des Empfängers berichtigen.
Das Zollamt hat den Antrag mit Bescheid vom , Zahl: 600000/00000/2014, abgewiesen.
Die Abgabenbehörde weist darauf hin, dass es sich bei Artikel 78 ZK um eine Kann-Bestimmung handelt, deren Anwendung somit in ihrem Ermessen liege.
Offensichtlich solle eine Prüfung bzw Änderung der Anmeldungen erwirken werden, um das Geschäftsrisiko des Antragstellers zu minimieren.
Die betreffenden Zollanmeldungen seien bereits im Zuge des Anmeldeverfahrens hinsichtlich der Zulässigkeit der erklärten Vertretung/Vertreterindikation elektronisch geprüft und für rechtlich richtig befunden worden.
Eine neuerliche Überprüfung wäre mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden und würde nichts an der Rechtsrichtigkeit der Vertreterindikation ändern. Es werde daher der Zweckmäßigkeit vor der Billigkeit der Vorzug gegeben und aus verwaltungsökonomischen Gründen im Rahmen des freien Ermessens von einer Überprüfung der Anmeldungen nach Überlassung der Waren hinsichtlich der Richtigkeit der vom Anmelder in den gegenständlichen Zollanmeldungen erklärten Vertreterindikation Abstand genommen.
Mit Schreiben vom hat die Bf gegen die Abweisung ihres Antrages Beschwerde erhoben.
In der Begründung wird ergänzend zusammenfassend vorgebracht, die Bf sei ihrer Wahlfreiheit, die Zollanmeldungen in direkter Vertretung abgeben zu dürfen, beraubt worden. Jeder Zollanmeldung, die bei Verfahren 4200 in direkter Stellvertretung abgegeben werde, folge eine automatisch generierte Fehlermeldung (IM 501) mit Angabe des Fehlercodes "12" und der folgenden Fehlerursache:
"Die zulässigen Kombinationen hinsichtlich der Angabe der UID-Nummern im Rahmen der innergemeinschaftlichen Lieferung wurden nicht eingehalten bzw. muss eine indirekte Vertretung vorliegen (Fehlercode "F0807")."
Durch die Verwaltungspraxis in Österreich werde der Bf das Recht abgesprochen, die Verzollung im VC 4200 für in einem anderen EU Mitgliedstaat ansässige Unternehmer ohne eigene österreichische UID in direkter Stellvertretung durchführen zu dürfen. Dadurch werde ihr ein aus ihrer Sicht nicht vertretbares Haftungsrisiko auferlegt.
Da ihres Erachtens sowohl gemeinschaftsrechtliche Verstöße (hier Artikel 64 Absatz 2 iVm Artikel 5 Absatz 2 erster Anstrich ZK) aber auch Verstöße gegen nationales Recht (hier Art 6 Abs 3 lit a UStG 1994) vorliegen würden, hätte die Zollbehörde nicht das Recht, die Berichtigung der Zollanmeldungen zu verweigern, sondern die Pflicht, die Berichtigung der Zollanmeldungen von Amts wegen vorzunehmen.
Zur Auslegung von Artikel 78 ZK verweist die Bf auf die , Overland Footwear, und vom in den verbundenen Rechtssachen C-430/08, Terex Equipment, und C-431/08, FG Wilson (Engineering), Caterpillar EPG.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: 600000/00000/01/2014, als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom (richtig wohl ) hat die Bf die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Die Entscheidung möge durch den Senat getroffen und eine mündliche Verhandlung anberaumt werden.
Die Bf bringt im Wesentlichen ergänzend vor, sie sei bei den verfahrensgegenständlichen 389 Zollanmeldungen zur indirekten Stellvertretung gezwungen worden, obwohl für die Einfuhrumsatzsteuer die Anwendung des Zollrechts gelte und somit die Regelung gemäß Artikel 64 Absatz 2 iVm Artikel 5 ZK.
In Unkenntnis der Rechtslage habe die Bf in den betreffenden Zollanmeldungen in Feld Nr 14 immer die Codierung "5" (indirekte Vertretung) eingetragen, obwohl die Auftraggeber allesamt unionsansässige Unternehmer waren und die Bf zur direkten Stellvertretung bevollmächtigt hätten.
Man habe sich bei Abgabe der Zollanmeldungen in einem Rechtsirrtum befunden, weil nach objektiver Rechtslage der Ausschluss der direkten Vertretung rechtswidrig war und die entsprechende Richtlinienvorschrift (Verwaltungsrichtlinie des BMF ZK-4200) wegen ihrer Unionsrechtswidrigkeit nicht hätte angewendet werden dürfen.
Lehnen die Zollbehörden einen Antrag auf Überprüfung von Zollanmeldungen ab, müssen sie ihre Entscheidung begründen, damit im Klageweg das Gericht überprüfen kann, ob den Behörden ein Beurteilungsfehler unterlaufen ist.
Die Zollbehörden könnten ihre Weigerung, eine Überprüfung der Anmeldung vorzunehmen, ua auf einen Betrugsfall stützen.
Würden derartige Gründe nicht vorliegen und sei eine Überprüfung der Angaben grundsätzlich möglich, wie im konkreten Fall die Beurteilung von Rechtsfragen und daraus resultierenden Rechtsirrtümern, dann sei die Zollbehörde zur Überprüfung der Zollanmeldungen verpflichtet. Es bestehe dann kein Ermessensspielraum.
Das Zollamt hätte daher nach Ansicht der Bf eine Überprüfung des Antrages vom positiv bescheiden müssen.
Mit Schreiben vom wurde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass die Bf die Hannl Customs Consulting GmbH mit ihrer Vertretung beauftragt hat. Gleichzeitig ist der Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen worden.
Die beantragt mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter hat am stattgefunden. Bei dieser Verhandlung hat die Bf dem Richter Ablichtungen der ihr von den Empfängern in anderen Mitgliedstaaten erteilten Vollmachten gemäß Artikel 5 ZK - Fiskalvertretung ausgehändigt, um nachzuweisen, dass sie berechtigt gewesen ist, die betreffenden Zollanmeldungen im Namen der Auftraggeber zollamtlich abfertigen zu lassen.
Die Bf verweist auch auf das Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichtes Düsseldorf vom in der Rechtssache C-97/19 und ein anhängiges Verfahren beim Finanzgericht Hamburg. Beide Verfahren betreffen die Auslegung von Artikel 78 Absatz 3 ZK bzw die nachträgliche Änderung der Person des Anmelders in Zollanmeldungen.
Nach der Verhandlung wurde die Bf, die in keinem einzigen der 389 Abfertigungsfälle gemäß § 71a ZollR-DG als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer herangezogen worden ist, aufgefordert, darzulegen, ob bzw in welcher Form und bei welchen der 389 Anmeldungen sie die direkte Vertretung der Empfänger bei Abgabe der Zollanmeldung gegenüber der Zollbehörde erklärt hat.
In ihrem Schriftsatz vom legt die Bf zusammenfassend dar, dass sie für sämtliche Verfahrensabwicklungen schriftliche Vollmachten eingeholt habe.
Die Nutzung der Sonder-UID des Vertreters mit der Vertreterindikation "4" bei Zollanmeldungen im VC 42 habe zu einer Fehlermeldung in e-Zoll geführt.
Es widerspreche jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass ein Spediteur, den in Österreich eine verschuldensunabhängige Anmelderhaftung treffen kann, aus freien Stücken die indirekte Vertretung wählt.
Die bei der Verhandlung vorgelegten Vollmachten, die eindeutig eine direkte Vollmacht beinhalten, wären dem Zollamt Salzburg, Zollstelle Güterverkehr Straße, vorgelegt worden. Bei Abfertigungsprozessen an Amtsplätzen würden die den Zollanmeldungen zugrunde liegenden Dokumente, so ua auch die Vollmacht, dem Abfertigungsorgan zur Einsichtnahme ausgehändigt. Durch die Abgabe der Zollanmeldungen mitsamt den Vollmachten sei der Wille der Bf, direkt vertreten zu wollen, unzweideutig hervorgegangen.
Man halte es für dringlich geboten, dem EuGH die Frage nach Artikel 267 AEUV vorzulegen, ob der Rechtslage nach Artikel 5 Absatz 2 ZK nicht durch Änderung der Zollanmeldungen nach Artikel 78 Absatz 3 ZK nachzukommen sei.
In ihrer Stellungnahme vom widerspricht die Abgabenbehörde den Darstellungen der Bf . Den Abfertigungsbeamten am do Amtsplatz seien keine Vollmachten vorgelegt worden.
Seit Anwendung des IT-Systems e-zoll im Jahre 2006 sei in den Standard-Zollanmeldungen die entsprechende Codierung für eine direkte Vertretung möglich und somit auch im Feld Nr 44 die Codierung "2VMT". Das Feld Nr 44 sei ein freies Eingabefeld, weshalb dort ohne elektronische Prüfungen weitere Angaben oder Codierungen möglich seien. Eine stichprobenweise Überprüfung der Zollanmeldungen durch das Zollamt habe ergeben, dass die Bf im Feld Nr 44 keine Vollmachten codiert oder angeführt habe.
Selbst wenn im Feld Nr 44 der Standard-Zollanmeldungen die "2VMT"-Codierung (Vollmacht) angeführt wird, sei dies von den Zollbehörden nicht als Antrag für ein anderes Vertretungsverhältnis zu werten. Dazu müsste eine andere Standard-Zollanmeldung abgegeben werden; es könne nicht mit einer Standard-Zollanmeldung gleichzeitig der Antrag auf deren Änderung verbunden werden.
Mit Schreiben vom teilt die Bf mit, die Stellungnahme des Zollamtes gehe aus ihrer Sicht vollumfänglich ins Leere. Sie räumt allerdings ein, dass auf die Dokumentencodierung im Feld Nr 44 der Zollanmeldung damals kein Wert gelegt worden sei, weshalb man dort auch andere Unterlagen wie zB Versendungsbelege oder die Anfrage der Stufe 2 nicht erklärt habe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Für den Beschwerdefall ist noch die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften maßgebend.
Alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, sind gemäß Artikel 59 Absatz 1 ZK zu dem betreffenden Verfahren anzumelden.
Gemäß Artikel 4 Nummer 18 ZK ist Anmelder im Sinne dieses Zollkodex die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder die Person, in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird.
Zollanmeldungen können gemäß Artikel 61 ZK mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegeben werden, wenn diese Möglichkeit in nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriften vorgesehen ist oder von den Zollbehörden bewilligt wird.
Wird die Zollanmeldung auf der Grundlage von Informatikverfahren abgegeben, so werden die in Anhang 37 vorgesehenen Angaben der schriftlichen Zollanmeldung gemäß Artikel 222 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) dadurch ersetzt, dass der dazu bezeichneten Zollstelle die für schriftliche Zollanmeldungen vorgeschriebenen Angaben in Form von Codes oder in jeder anderen von den zuständigen Zollbehörden festgelegten Form zum Zweck der datentechnischen Verarbeitung übermittelt werden.
Die Zollanmeldung kann gemäß Artikel 64 Absatz 1 ZK vorbehaltlich des Artikels 5 von jeder Person abgegeben werden, die in der Lage ist, eine Ware bei der zuständigen Zollstelle zu gestellen oder gestellen zu lassen und alle Unterlagen vorzulegen, deren Vorlage nach den Bestimmungen vorgesehen ist, die das für diese Ware beantragte Zollverfahren regeln.
Artikel 5 ZK lautet:
"(1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 64 Absatz 2 und vorbehaltlich der im Rahmen des Artikels 243 Absatz 2 Buchstabe b) erlassenen Vorschriften kann sich jedermann gegenüber den Zollbehörden bei der Vornahme der das Zollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertreten lassen.
(2) Die Vertretung kann sein
- direkt, wenn der Vertreter in Namen und für Rechnung eines anderen handelt;
- indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.
Die Mitgliedstaaten können das Recht, Zollanmeldungen in ihrem Gebiet
- in direkter Vertretung oder
- in indirekter Vertretung
abzugeben, in der Weise beschränken, daß der Vertreter ein Zollagent sein muß, der dort rechtmäßig seinen Beruf ausübt.
(3) Abgesehen von den Fällen nach Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 3 muß der Vertreter in der Gemeinschaft ansässig sein.
(4) Der Vertreter muß erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muß ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt und Vertretungsmacht besitzen.
Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.
(5) Die Zollbehörden können von einer Person, die erklärt, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, den Nachweis für ihre Vertretungsmacht verlangen."
Gemäß § 38 Abs 2 ZollR-DG hat im Sinn von Artikel 5 Absatz 5 ZK der direkte Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht und der indirekte Vertreter durch einen schriftlichen Auftrag seine Vertretungsmacht nachzuweisen, wenn sie nicht amtsbekannt ist oder für den betreffenden Vertreter eine abweichende gesetzliche Regelung gilt. Für die indirekte Vertretung zur Abgabe einer Anmeldung genügt die Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht durch Vorlage der auf den Vertretenen lautenden Frachtpapiere und sonstigen die waren betreffenden Papiere.
Eine Einfuhrzollschuld entsteht gemäß Artikel 204 Absatz 1 Buchstabe a) ZK, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtige Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben.
Zollschuldner ist gemäß Absatz 3 die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat.
Gibt es für eine Zollschuld mehrere Zollschuldner, so sind diese gemäß Artikel 213 ZK gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet.
In den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Artikel 6 Abs 3 UStG 1994 schuldet eine nach Artikel 204 Absatz 1 ZK entstehende Einfuhrumsatzsteuerschuld gemäß § 71a ZollR-DG auch der Anmelder, wenn er nicht bereits nach Artikel 204 Absatz 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt.
Artikel 78 ZK lautet auszugsweise:
"(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.
(2) ...
(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, daß bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln."
Gemäß Artikel 199 Absatz 1 ZK-DVO übernimmt der Anmelder mit Abgabe einer von ihm oder von seinem Vertreter unterzeichneten Zollanmeldung bei einer Zollstelle die Gewähr für die Richtigkeit der in der Zollanmeldung gemachten Angaben.
Die Zollbehörden können gemäß Absatz 3 zulassen, dass unter den Voraussetzungen und nach den Modalitäten, die sie festlegen, bestimmte Elemente der schriftlichen Anmeldung nach Anhang 37 durch elektronische Übermittlung an die zuständige Zollstelle ersetzt werden, gegebenenfalls auch in codierter Form.
Zum Vorbringen der Bf, sie sei zur indirekten Stellvertretung gezwungen worden, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung die Vertretung nach Artikel 5 Absatz 2 ZK sowohl direkt als auch indirekt sein kann, weil sowohl der Anmelder selbst (und sei es, dass dieser durch einen Spediteur direkt vertreten ist), als auch der vom Anmelder indirekt Vertretene den Tatbestand des Art 6 Abs 3 UStG 1994 erfüllen kann ().
Laut Aktenlage hat die Bf in den verfahrensgegenständlichen 389 Zollanmeldungen durch Verwendung des dafür in der Zollanmeldungs-Verordnung 2005 des Bundesministers für Finanzen vorgesehenen Codes "5" im Feld Nr 14 "Anmelder/Vertreter" neben ihrem Namen und ihrer vollständigen Anschrift ausdrücklich erklärt, als indirekte Vertreterin des jeweiligen Empfängers zu handeln.
Die Bf bestreit auch gar nicht, bei Abgabe der Zollanmeldungen - laut ihren Angaben in Unkenntnis der Rechtslage - als indirekte Vertreterin gehandelt zu haben.
Im Feld Nr 44 "Besondere Vermerke" findet sich in keiner der Zollanmeldungen ein Hinweis auf die Vollmacht (etwa durch Angabe des Dokumentenartcodes "2VMT") oder darauf, dass tatsächlich gewollt ist, die Anmeldung in direkter Stellvertretung abzugeben (was das IT-System bei Zollanmeldungen im Verfahren 42 unter Nutzung der Sonder-UID nicht zugelassen hat). Da die Bf als indirekte Vertreterin aufgetreten ist, hatte sie ihre Vertretungsmacht auch nicht gemäß § 38 Abs 2 ZollR-DG durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen.
Es gibt keine stichhaltigen Hinweise und erst recht keinen Nachweis dafür, dass die von den Empfängern erteilten Vollmachten den jeweiligen Abfertigungsorganen bei Abgabe der Zollanmeldung vorgelegt worden wären bzw von diesen eingesehen worden sind, oder die Bf auf andere geeignete Weise erklärt hätte, als direkte Vertreterin des jeweiligen Empfängers handeln zu wollen.
Was die Abfertigungsprozesse an Amtsplätzen betrifft ist darauf hinzuweisen, dass es dafür nach Kenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine einheitlichen Regelungen gibt und diese daher nicht bei jeder Zollstelle gleich ablaufen müssen.
Selbst wenn die Bf nachträglich Vollmachten ihrer Auftraggebern vorlegt, die sie zum Zeitpunkt der Zollabfertigung als Nachweis der Vertretungsmacht hätte verwenden können, wenn sie die Vertretung erklärt hätte, kann eine solche Vertretung nicht angenommen werden, ohne dass diese Vertretung erklärt worden ist.
Artikel 78 Absatz 3 ZK ermächtigt die Zollbehörden, die erforderliche Maßnahmen zu treffen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln, wenn die nachträgliche Prüfung der Anmeldung ergibt, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist. Es besteht allerdings kein Zwang für den durch eine Person Beauftragten, als Vertreter zu handeln und die Vertretungsmacht offenzulegen.
Die Erklärung iSd Artikels 5 Absatz 4 erster Satz ZK, als Vertreter für eine bestimmte Person handeln zu wollen, stellt eine Willenserklärung dar.
Die Zollbehörden können ihr nachträglich gewonnenes Wissen zwar nach Artikel 78 Absatz 3 ZK zusätzlich zu den bei Abgabe der Zollanmeldung abgegebenen Wissenserklärungen verwerten, das Unterlassen einer Willenserklärung des Anmelders kann sie aber nicht ersetzen (vgl ).
Aus den genannten Gründen kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die von der Bf im Antrag vom vorgebrachten Gründe nicht geeignet sind, um eine nachträgliche Überprüfung bzw Berichtigung von Zollanmeldungen vorzunehmen und die belangte Behörde den Antrag daher zu Recht abgewiesen hat.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 78 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 5 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 § 38 Abs. 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6200005.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at