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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2020, RV/4100388/2018

Depotübertragung zwischen steuerpflichtigen und steuerbefreiten Depots einer Körperschaft des öffentlichen Rechts

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/15/0016. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/4100388/2018-RS1
Eine Depotübertragung von Wertpapieren von einem steuerpflichtigen Depot auf ein steuerfreies Depot bei derselben Bank fällt nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 27 Abs. 6 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 und ist daher nicht steuerfrei sondern steuerpflichtig gemäß § 27 Abs. 6 Z 2 erster Satz EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015. Allein nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 6 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 läge der Fall einer steuerbefreiten Depotübertragung vor. Die Wertpapiere wurden - wie es das Gesetz verlangt - auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle übertragen. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, dass der Depotübertrag auf ein "steuerpflichtiges" Depot erfolgen muss, um von der Besteuerung ausgenommen zu sein.
RV/4100388/2018-RS2
Angesichts der gesetzlichen Erläuterungen, wonach eine Depotübertragung immer dann von der Besteuerung ausgenommen sein soll, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der im Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert ist bzw. wonach die Depotübertragung auf ein anderes Depot bei derselben depotführenden Stelle steuerneutral ist, da die depotführende Stelle weiterhin über alle für den Steuerabzug erforderlichen Daten verfügt, ergibt sich aber mit ausreichender Gewissheit, dass der Gesetzgeber eine Steuerneutralität für Depotübertragungen nur vorsehen wollte, wenn das Kapitalvermögen steuerhängig bleibt. Die Befreiungsregelung des § 27 Abs. 6 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 ist daher teleologisch auf den Fall zu reduzieren, dass ein Depotübertrag von einem steuerpflichtigen Depot auf ein anderes steuerpflichtiges Depot erfolgt, und ist somit auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ER in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom betreffend Körperschaftsteuer 2016 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Bf., eine Körperschaft öffentlichen Rechts, erklärte in ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2016 Einkünfte gemäß § 27a Abs. 2 EStG 1988 in Höhe von EUR 100.479,93. Zudem wies die Bf. die anrechenbare inländische Kapitalertragsteuer mit EUR 27.631,98 aus.

Der Körperschaftsteuererklärung legte die Bf. ein Ersuchen um Rückzahlung der entrichteten KESt im Zuge der Veranlagung bei und verwies diesbezüglich auf ihr Schreiben vom .

Hierin führte die Bf. zusammengefasst aus, dass sie am Wertpapiere aus einem bei der ABC-Bank geführten Depot entnommen und diese sodann auf ein weiteres, ihrem Pensionsfonds zurechenbares Depot bei der selben Depotbank übertragen habe. Hintergrund dieser Transaktion sei die Notwendigkeit einer hinreichenden Dotierung ihres Pensionsfonds gewesen. Da die Bf. Inhaberin beider Depots sei und diese auch bei derselben Stelle geführt würden, käme die Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 zur Anwendung. Der Depotübertrag sei demnach von der KESt befreit.

Die Bf. wurde mit Bescheid vom zur Körperschaftsteuer veranlagt. Hierbei setzte die belangte Behörde das Einkommen der Bf. mit den erklärten Einkünften nach § 27a Abs. 2 EStG 1988 mit EUR 100.479,93 fest. Nach Verrechnung der sich auf dieser Grundlage ergebenden Körperschaftsteuer in Höhe von EUR 25.119,98 mit der einbehaltenen KESt von EUR 27.631,98 ergab sich eine Abgabengutschrift im Betrag von EUR 2.512,00.

Die Bf. trat dem Körperschaftsteuerbescheid mit Beschwerde vom entgegegen. In der Bescheidbegründung brachte die Bf. im Wesentlichen Folgendes vor:

Sie unterliege als Körperschaft öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art der unbeschränkten Steuerpflicht. Ansonsten sei sie nur mit ihren Einkünften nach § 21 Abs. 2 und 3 EStG 1988 beschränkt steuerpflichtig.

Um den Verpflichtungen gegenüber ihren pensionierten Dienstnehmern nachkommen zu können, habe sie einen Pensionsfonds als unselbständige Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit eingerichtet. Dieser habe ein eigenes Statut, welches unter anderem Zweck, Mittelaufbringung und Mittelverwendung regle. Ein Betrieb gewerblicher Art iSd § 2 Abs. 1 KStG 1988 liege somit mangels Vorliegens der gesetzlich verankerten Voraussetzungen nicht vor, weshalb die Bf. letztlich nur beschränkt steuerpflichtig sei.

Diese beschränkte Steuerpflicht erstrecke sich nach § 21 Abs. 2 KStG 1988 zunächst auf Einkünfte, bei denen die Steuer durch Steuerabzug erhoben wird.

Die Bf. habe im Zuge der am erfolgten Entnahme von Wertpapieren von ihrem bei der ABC-Bank geführten Depot mit der Nummer Depot1 EUR 27.631,98 an KESt abgeführt. Noch am selben Tag habe sie diese Wertpapiere auf ihrem bei der selben Bank geführten Depot mit der Nummer Depot2 eingelegt. Bei diesem handle es sich um ein Depot ihres Pensionsfonds.

Für diese Kapitalerträge bestehe jedoch kraft § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 eine Befreiung von der KESt, da sie nachweislich einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzurechnen seien.

Im Übrigen sei bei einer Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle kraft § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 keine Veräußerung anzunehmen.

Im Ergebnis habe es sich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen daher um Einkünfte aus einer steuerneutralen Depotübertragung gemäß § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 iVm § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 und nicht wie von der belangten Behörde angenommen um Einkünfte gemäß § 27a Abs. 2 EStG 1988 gehandelt. Die Feststellung von Einkünften iSd § 27a Abs. 2 EStG 1988 und die Anrechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 22 KStG sei auch insofern verfehlt, als die Bf. als öffentlich-rechtliche Körperschaft gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 lediglich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art der Körperschaftsteuer von 25 % nach dieser Bestimmung unterliege. Da solche Betriebe im gegenständlichen Fall nicht vorlägen, sei der Sachverhalt nicht der Körperschaftsteuerpflicht im angeführten Ausmaß zu unterziehen.

Die Bf. stellte unter einem den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und durch einen neu zu erlassenden Bescheid mit einer Abgabengutschrift im Ausmaß der einbehaltenen KESt in Höhe von EUR 27.631.98 zu ersetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde der Bf. als unbegründet ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass es sich bei der Bf. um eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft gemäß § 21 Abs. 2 KStG 1988 handle, welche unter anderem mit ihren Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 steuerpflichtig sei. Zu diesen gehörten Einkünfte aus Veräußerungen, zu denen auch Entnahmen aus einem Depot zählten. Ausnahmen hiervon solle es nach den Gesetzesmaterialien nur dann geben, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der sich in dem Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert sei. Zudem sei die allgemeine Zielsetzung des § 18 KStG 1988, steuerhängige stille Reserven beim Wechsel in eine Steuerbefreiung abschließend zu erfassen und eine durch den Wechsel mögliche Entsteuerung zu verhindern. Umgekehrt solle durch § 18 KStG 1988 auch verhindert werden, dass aufgrund eines Übertrittes aus der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht stille Reserven aus der steuerfreien Zeit später in die Besteuerung einbezogen werden. Da im gegenständlichen Fall durch die Entnahme und Einlage der Wertpapiere ein Wechsel vom steuerpflichtigen in den steuerfreien Bereich bewirkt werde, liege keine Depotübertragung iSd § 27 Abs. 6 Z 2 TS 2 EStG 1988 vor. Vielmehr bestehe per analogiam Steuerpflicht gemäß § 18 KStG. Im Übrigen sei die Einstufung der Kapitalerträge als Einkünfte gemäß § 27a Abs. 2 EStG 1988 im Rahmen der Steuererklärung erfolgt.

Mit Vorlageantrag vom begehrte die Bf., die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Hierin brachte die Bf. ergänzend vor, dass sich ihre Steuerpflicht als beschränkt steuerpflichtige Körperschaft auf Einkünfte iSd § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 beschränke. Hierzu zählten zwar grundsätzlich auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988, doch übersehe die belangte Behörde, dass es sich im gegenständlichen Fall um Kapitalerträge nach § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 handle, die nachweislich einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzurechnen und demnach von der KESt befreit seien.

Im Hinblick auf die in der Beschwerdevorentscheidung zitierten Gesetzesmaterialien wandte die Bf. sinngemäß ein, dass § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 und 2 EStG 1988 eindeutig zu entnehmen sei, dass bei der im gegenständlichen Fall vorliegenden Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen keine Veräußerung anzunehmen sei und daher ein steuerneutraler Sachverhalt vorliege. Eine analoge Anwendung des § 18 KStG 1988 komme schon deshalb nicht in Betracht, da diese Bestimmung ausdrücklich von unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften spreche, die Bf. jedoch eine beschränkt steuerpflichtige sei. Der Anwendungsbereich des § 18 KStG 1988 beschränke sich einerseits auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, andererseits auf die betrieblichen Einkunftsarten nach § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988.

Schließlich brachte die Bf. vor, dass die Erfassung der Kapitalerträge in der Einkommensteuererklärung nicht als Einstufung iSd § 27a Abs. 2 EStG 1988 gedacht gewesen sei, sondern vielmehr der eindeutigen Nachvollziehbarkeit der Höhe der inländischen KESt und der Bemessungsgrundlage gedient habe.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Enscheidung vor und stellte den Antrag, diese als unbegründet abzuweisen.

Unter einem erstattete die Amtsvertreterin der belangten Behörde folgende sinngemäß wiedergegebene Stellungnahme:

Die gegenständliche Depotübertragung sei nicht von der Steuerfreistellung nach § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 umfasst. Von der depotführenden Stelle seien anlässlich des Ausscheidens der Wertpapiere aus dem der beschränkt steuerpflichtigen Sphäre der Bf. zugehörigen Depot Kursgewinne ermittelt und besteuert worden. Im Depot des Pensionsfonds der Bf. seien die Zugänge dieser Wertpapiere als "Kauf" mit den aktuellen Kursen erfasst worden. Bei einem späteren Verkauf/Ausscheiden der Wertpapiere würden folglich die bis zur Depotübertragung angewachsenen Kursgewinne nicht mehr erfasst und versteuert. Wenn aber seitens der depotführenden Stelle der Zugang in das Depot des Pensionsfonds mit den historischen Anschaffungskosten erfolgt und die Substanzgewinnrealisierung bei Depotübertragung unterblieben wäre, würde bei einem späteren Verkauf überhaupt keine Besteuerung erfolgen. Zwar würden die gegenständlichen Kursgewinne diesfalls miterfasst, doch blieben sie als Kapitalerträge des Pensionsfonds gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 steuerfrei, obwohl sie an sich der beschränkten Steuerpflicht unterlägen. Folglich wäre eine Besteuerung nach der Depotübertragung auch bei Fortführen der seinerzeitigen Anschaffungskosten nicht mehr sichergestellt.

Wenn man der Argumentation der Bf. folgte, ergäbe sich im umgekehrten Fall der Übertragung aus dem Pensionsfonds in ein Depot des allgemeinen Bereichs der Bf. die Konsequenz, dass die in der Zeit der Zugehörigkeit zum Pensionsfonds erwirtschafteten, an sich steuerfreien und beim Depotwechsel nicht weiter erfassten Substanzgewinne bei einem allfälligen späteren Verkauf in den auf Basis der historischen Anschaffungskosten ermittelten Substanzgewinn einfließen und der KESt unterliegen würden.

Im Ergebnis stehe die unterschiedliche Qualifikation der Depots daher einer steuerneutralen Depotübertragung entgegen.

Im Hinblick auf die analoge Anwendung des § 18 KStG 1988 wiederholte die belangte Behörde die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und führte ergänzend aus, dass die in dieser Bestimmung zum Ausdruck gebrachte Zielsetzung auch im gegenständlichen Fall greifen müsse, da es andernfalls zu einer unrichtigen Besteuerung käme.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde noch im Vorhaltswege der Frage nachgegangen, ob die Bezeichnung auf den vorliegenden Bankbelegen mit der Geschäftsart "Verkauf" bzw. "Kauf" ein Hinweis darauf sei, dass in den gegenständlichen Fällen eine Veräußerung der Wertpapiere (zum aktuellen Kurswert) - allenfalls mit der Bank als Ankäuferin und als Weiterveräußerin - stattgefunden habe. Dies wurde von der Bf. in Abrede gestellt. Es handle sich nicht um eine Veräußerung im juristischen Sinne sondern um eine Übertragung von einem Depot auf ein anderes Depot desselben wirtschaftlichen Eigentümers. Die Bank tituliere jegliche Transaktion in dieser Form als "Verkauf" bzw. "Kauf". Laut Auskunft der Bank sei der gegenständliche Vorgang aus bankspezifischen Gegebenheiten auf Grund gesetzlicher Vorschriften nur in dieser Form abzuwickeln.Vom wahren wirtschaftlichen Gehalt betrachtet liege eine Depotübertragung und keine Veräußerung vor. Es handle sich um einen klassischen Fall der "falsa demonstratio non nocet". Sämtliche Transaktionen und Buchungsvorgänge seien innerhalb eines zeitlichen Rahmens von ca. 7 Minuten erfolgt. Eine Veräußerung würde auch keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben, wenn hierfür die von der Bank abgeführte Kapitalertragsteuer nicht erstattungsfähig wäre. Auch habe der Auftrag an die Bank auf "Übertragung" und nicht auf Verkauf bzw. Kauf gelautet. Da es sich um eine gewöhnliche Depotübertragung handle und die Wertpapiere im wirtschaftlichen Eigentum der Bf. geblieben sei, sei diese als steuerneutral zu werten (Hinweis auf Wiesner/Grabner/Wanke EStG online, § 27 sowie ).

Über Vorhalt teilte das Finanzamt dazu mit, dass es seiner rechtlichen Würdigung den nunmehr belegten Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Weiters führte das Finanzamt rechtlich noch aus, dass das Erkenntnis BFG RV/7102526/2015 auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar sei. Im dortigen Fall habe es keinen Wechsel der Wertpapiere von einem steuerhängigen in einen steuerfreien Bereich des Steuerpflichtigen gegeben. In der Literatur werde nur der "gewöhnliche" Fall erörtert, nämlich dass sich durch die Depotübertragung die Steuerhängigkeit der Wertpapiere nicht ändert. In den gesetzlichen Erläuterungen werde festgehalten, dass § 27 Abs. 6 EStG 1988 bestimmte wirtschaftliche Vorgänge als steuerpflichtige Realisierungen eines Wertzuwachses fingiere. In Z 1 lit.a würden die Entnahmen aus dem Depot grundsätzlich als Realisierung behandelt. Eine Depotübertragung solle immer dann von diesem Grundsatz ausgenommen sein, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der im Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert sei. Im Erkenntnis des BFG RV/7102526/2015 werde dazu ausgeführt, dass die Depotübertragung vom Kapitalertragsteuerabzug ausgenommen sei, wenn auch zukünftig eine durchgehende Besteuerung im Abzugsweg gewährleitet sei. Im gegenständliche Fall sei die Besteuerung der im Zeitpunkt der Depotübertragung steuerhängigen Wertzuwächse nicht gesichert. Zum einen, da bei einem späteren Verkauf der Wertpapiere keine Besteuerung erfolge und zum anderen schon deshalb, weil die Wertpapiere mit dem zum Übertragungszeitpunkt geltenden (höheren) Kurs im steuerfreien Bereich erfasst würden und damit die davor im steuerpflichtigen Bereich angewachsenen (steuerhängigen) Wertzuwächse (Stückzinsen) bei einer Veräußerung. selbst wenn die Wertpapiere davor wieder in den steuerpflichtigen Bereich der Bf. zurück übertragen worden wären, nicht mehr erfasst würden. Der Begriff "desselben Steuerpflichtigen" in § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 sei dahingehend auszulegen, dass bei Steuerpflichtigen mit einem steuerpflichtigen und einem steuerfreien Bereich die Depotübertragung innerhalb desselben Bereiches desselben Steuerpflichtigen erfolgen müsse, um von der Besteuerung ausgenommen zu sein.

Diesen Ausführungen hielt die Bf. abschließend noch entgegen, dass es im gegenständlichen Fall zu keiner Änderung der depotführenden Stelle und des Depotinhabers gekommen sei. In der Literatur werde die Rechtsauffassung der Bf. nicht ausgeschlossen, hingegen werde die Auffassung des Finanzamtes in keinster Weise untermauert. Die Auslegung des Begriffes "desselben Steuerpflichtigen" durch das Finanzamt sei nicht nachvollziehbar. Es werde abermals darauf hingewiesen, dass der Pensionsfonds der Bf. eine unselbständige Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit sei. Dieser sei unstrittigerweise dem hoheitlichen Bereich der Bf. zuzuordnen.

Über die Beschwerde hat das Gericht erwogen:

Feststellungen

Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis folgenden entscheidungserheblichen Sachverhalt zugrunde:

Bei der Bf. handelt es sich um eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Gegenüber ihren pensionierten Dienstnehmern erbringt die Bf. Leistungen aus dem Titel der Altersversorgung. Zu diesem Zweck hat die Bf. einen Pensionsfonds eingerichtet.

Dieser verfügt über ein eigenes Statut, welches auszugsweise folgenden Wortlaut aufweist:

1. Zweck und Rechtsnatur

Der Fonds verfolgt den Zweck, für die pensionsanspruchsberechtigten (ehemaligen) Dienstnehmer der [Bf.] im Rahmen der bestehenden und zukünftigen pensionsrechtlichen Verpflichtungen zu sorgen.

Der Fonds ist eine unselbständige Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit.

[...]

3. Mittelverwendung

Das Kapital und die Erträgnisse des Pensionsfonds sind für Leistungen für Anspruchsberechtigte zu verwenden.

[...]

5. Rechnungsabschluss

Die Buchführung des Pensionsfonds hat getrennt von der sonstigen Buchführung der [Bf.] zu erfolgen (eigener Rechnungskreis). Jährlich ist nach Ablauf eines Kalenderjahres ein Jahresabschluss vorzulegen.

Die Bf. ist Inhaberin der jeweils bei der ABC-Bank geführten Depots Depot1 und Depot2. Letztgenanntes Depot ist dem Pensionsfonds der Bf. zugeordnet.

Am schieden folgende Wertpapiere aus dem Depot Depot1 aus:

  • Schuldverschreibung der Z-AG, Nominale EUR 198.000,00, zu einem Kurswert von EUR 219.344,40 zuzüglich Stückzinsen iHv EUR 4.901,31, Veräußerungswert sohin EUR 224.245,71.

  • Schuldverschreibung der Z-AG, Nominale EUR 500.000,00, zu einem Kurswert von EUR 565.580,00 zuzüglich Stückzinsen iHv EUR 8.036,20, Veräußerungswert sohin EUR 573.616,20.

Auf Grundlage des Veräußerungsgewinns von EUR 26.443,71 respektive EUR 74.036,20 behielt die depotführende Stelle insgesamt EUR 27.631,98 an Kapitalertragsteuer ein.

Am selben Tag () wurden vorgenannte Wertpapiere in das Pensionsfonds-Depot Depot2 eingelegt. Dies erfolgte zu folgenden Konditionen:

  • Schuldverschreibung der Z-AG, Nominale EUR 198.000,00, zu einem Kurswert von EUR 219.443,40 zuzüglich Stückzinsen iHv EUR 4.901,31, Anschaffungswert sohin EUR 224.344,71.

  • Schuldverschreibung der Z-AG, Nominale EUR 500.000,00, zu einem Kurswert von EUR 565.830,00 zuzüglich Stückzinsen iHv EUR 8.036,20, Anschaffungswert sohin EUR 573.866,20.

Beweiswürdigung

Der festgestellte und im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt ergibt sich widerspruchslos aus dem Vorbringen der Verfahrensparteien und den von diesen vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Depotabrechnungen der ABC-Bank. Strittig ist ausschließlich dessen rechtliche Würdigung.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts lediglich mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtig.

Der Bf. kommt unstrittigerweise die Eigenschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu.

Nunmehr erstreckt sich die Steuerpflicht bei inländischen Körperschaften des öffentlichen Rechts gemäß § 21 Abs. 2 KStG 1988 auf Einkünfte, bei denen die Steuer durch Steuerabzug erhoben wird.

Zu den steuerabzugspflichtigen Einkünften zählen hierbei alle Kapitalerträge, die im Inland dem KESt-Abzug nach § 93EStG 1988 unterliegen (vgl. Blasina et al in Renner et al [Hg], Die Körperschaftsteuer [24. Lfg 2013] § 21 Rz 179; Prillinger in Lang et al [Hg], KStG2 [2016] § 21 Rz 105).

Nach § 93 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 liegen KESt-pflichtige inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen unter anderem bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 vor, wenn eine inländische depotführende Stelle vorliegt und diese die Realisierung abwickelt.

Kraft § 27 Abs. 6 Z 2 erster Satz EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 163/2015 gilt die Entnahme oder das sonstige Ausscheiden von Wertpapieren aus dem Depot als steuerpflichtige Veräußerung iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988. Auch im Falle eines Depotübertrags wird ein Veräußerungsvorgang fingiert, welcher zur Steuerpflicht führt (vgl. Marschner in Jakom [Hg], EStG11 [2018] § 27 Rz 368).

Zu keiner fiktiven Veräußerung kommt es hingegen kraft § 27 Abs. 6 Z 2 zweiter Satz TS 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 bei der Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben (inländischen) depotführenden Stelle.

Strittig ist im vorliegenden Verfahren, ob eine iSd vorerwähnten Ausnahmebestimmung steuerneutrale Depotübertragung von einem allgemeinen Depot der Bf. auf ein der Pensionsvorsorgeeinrichtung der Bf. zuzurechnendes Depot vorliegt.

Zunächst geht das Gericht davon aus, dass die gegenständliche Wertpapierübertragung keine Veräußerung im eigentlichen Sinne sondern eine Entnahme bzw. Depotübertragung darstellt. Die Bf. vermochte darzulegen, dass die Bank bei derartigen Vorgängen immer als Geschäftsfall die Bezeichnung "Verkauf" bzw. "Kauf" wählt. Die Wertpapiere sind im wirtschaftlichen Eigentum der Bf. geblieben, daher ist es nicht zu einer Veräußerung gekommen. Auch lautete der Auftrag an die Bank auf Übertragung der Wertpapiere. Diese Darstellung wird vom Finanzamt bestätigt und steht daher außer Streit.

Liegt eine Depotübertragung vor, dann kann der Bf. zunächst darin gefolgt werden, dass nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 im gegenständlichen Fall eine Veräußerung nicht zu fingieren ist. Die Wertpapiere wurden - wie es das Gesetz verlangt - auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle übertragen. Der Wortlaut des Gesetzes stellt für die Nichtbesteuerung dieses Vorganges keine weitere Bedingung. Insbesondere wird nicht darauf abgestellt, dass der Depotübertrag auf ein "steuerpflichtiges" Depot erfolgen muss, um von der Besteuerung ausgenommen zu sein.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist bei der Interpretation einer Gesetzesnorm aber nicht nur auf den Wortsinn sondern insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist zulässig, wenn feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit eindeutiger Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (vgl. und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die maßgeblichen gesetzlichen Erläuterungen (zur Fassung des § 27 Abs. 6 EStG 1988 gemäß Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010) lauten (vgl. ErläutRV 981 BlgNR XXIV GP, 118):

§ 27 Abs. 6 soll bestimmte wirtschaftliche Vorgänge als steuerpflichtige Realisierung eines Wertzuwachses - und damit der Veräußerung iSd § 27 Abs. 3 und 4 gleichgestellt - fingieren.

In Z 1 lit. a werden die Entnahme oder das sonstige Ausscheiden aus dem Depot grundsätzlich als Realisierung behandelt. Eine Depotübertragung soll hingegen immer dann von diesem Grundsatz ausgenommen sein, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der sich in dem Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert ist. Für den Fall des Verlustes des Besteuerungsrechts hinsichtlich der übertragenen Wirtschaftsgüter sind in der lit. b vorrangig anzuwendende Sonderbestimmungen vorgesehen.

Werden künftig Wertpapiere auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen übertragen, ist daher zu unterscheiden:

- Wird auf ein anderes Depot bei derselben depotführenden Stelle (z.B. Bank) übertragen, ist die Übertragung steuerneutral, da die depotführende Stelle weiterhin über alle für den Steuerabzug erforderlichen Daten verfügt. Dies gilt nicht nur bei inländischen sondern auch bei ausländischen depotführenden Stellen (erster Teilstrich)

...

Auf der Seite 115 der gesetzlichen Erläuterungen findet sich unter der Darstellung der Zielsetzungen der Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen als erster Punkt die Aussage, dass künftig - im Sinne einer Vermögenszuwachsbesteuerung - nicht nur Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, sondern auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Wertpapieren sowie aus Derivaten unabhängig von Behaltedauer bzw. Beteiligungsausmaß generell besteuert werden.

In der Folge wurde die Bestimmung des § 27 Abs. 6 EStG 1988 mit BGBl. I Nr. 163/2015 geändert. Diese Fassung ist auf den Streitfall anzuwenden.

In der ursprünglichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, auf welche sich die oben zitierten gesetzlichen Erläuterungen beziehen, lautete die Bestimmung des § 27 Abs. 6 EStG 1988 auszugsweise wie folgt:

(6) Als Veräußerung im Sinne der Abs. 3 und 4 gelten auch:

1. a) Die Entnahme und das sonstige Ausscheiden aus dem Depot. Sofern nicht lit. b anzuwenden ist, liegt in folgenden Fällen keine Veräußerung vor:

-Bei der Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle.

...

b) Umstände, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines Wirtschaftsgutes im Sinne des Abs. 3 oder eines Derivats im Sinne des Abs. 4 führen.

Die Änderung des § 27 Abs. 6 EStG 1988 durch BGBl. I Nr. 163/2015 brachte für die im gegenständlichen Fall anzuwendende Bestimmung der Ziffer 2 erster Teilstrich allerdings keine inhaltliche Änderung (vgl. 896 der Beilagen XXV. GP, 6). Im hier maßgeblichen Zusammenhang kam es lediglich zu einer Neuordnung der Regelung. Die Z 1 lit a wurde zur Z 2.

Das Finanzamt stützt seinen Rechtsstandpunkt im Wesentlichen auf folgende Formulierung in den gesetzlichen Erläuterungen: Eine Depotübertragung soll hingegen immer dann von diesem Grundsatz [Anm: der Besteuerung] ausgenommen sein, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der sich in dem Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert ist.

Dem Finanzamt ist nun zuzustimmen, dass diese Textierung zum Ausdruck bringt, dass es der Wille des Gesetzgebers ist, Depotübertragungen nur dann steuerneutral zu gestalten, wenn das Kapitalvermögen weiterhin steuerhängig bleibt. Die Sicherung einer Besteuerungsmöglichkeit ohne eine Steuerpflicht macht letztlich keinen Sinn.

Konkret für den gegenständlichen Fall des ersten Teilstriches des § 27 Abs. 6 Z 1 lit a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 (entspricht § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015) heißt es in den gesetzlichen Erläuterungen weiter: Wird auf ein anderes Depot bei derselben depotführenden Stelle (z.B. Bank) übertragen, ist die Übertragung steuerneutral, da die depotführende Stelle weiterhin über alle für den Steuerabzug erforderlichen Daten verfügt.

Auch damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass er von einem Steuerabzug nach der Depotübertragung ausgeht. Eine Verfügung über Daten für den Steuerabzug ohne Steuerabzug macht ebenfalls keinen Sinn.

Zwar hat der Gesetzgeber den Fall einer Depotübertragung in einen steuerfreien Bereich hinein auch in den gesetzlichen Erläuterungen nicht ausdrücklich behandelt, doch ergibt sich nach Ansicht des Gerichtes aus den oben dargestellten Erläuterungen mit ausreichender Gewissheit, dass der Gesetzgeber eine Steuerneutralität für Depotübertragungen nur vorsehen wollte, wenn das Kapitalvermögen steuerhängig bleibt.

Beschränkt Steuerpflichtige iSd § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind mit ihren Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 kraft § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 dann nicht steuerpflichtig, wenn diese Einkünfte nachweislich einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung zuzurechnen sind. Als Unterstützungsfonds einer Körperschaft öffentlichen Rechts, welcher zudem über ein eigenes Statut und getrennte Rechnungskreise verfügt, ist der Pensionsfonds der Bf. als eine steuerbefreite Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung iSd vorerwähnten Bestimmung einzustufen (vgl. Achatz et al, Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts3 [2014] Rz 400 f; Prillinger in Lang et al [Hg], KStG2 [2016] § 21 Rz 123). Dies steht im gegenständlichen Verfahren auch außer Streit. Folglich unterlägen all jene Substanzgewinne, welche mit den in das Pensionsfondsdepot übertragenen Wertpapieren erwirtschaftet werden, keiner Besteuerung. Käme im Zuge der Depotübertragung die Befreiungsbestimmung des § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 zur Anwendung, so hätte dies - wie das Finanzamt richtig aufzeigt - zur Folge, dass sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Kursgewinne ungeachtet ihrer bisherigen Zugehörigkeit zu einem beschränkt steuerpflichtigen Bereich der Bf. letztlich nicht besteuert würden. Zu bedenken ist dabei auch, dass selbst bei steuerneutralen Depotübertragungen von einem steuerpflichtigen Depot auf ein anderes steuerpflichtiges Depot bei derselben depotführenden Stelle das Nichtaufdecken eines Wertzuwachses nicht dauerhaft wirkt, sondern die Besteuerung im Falle einer anschließenden steuerpflichtigen Veräußerung oder Depotentnahme insofern nachgeholt wird, als bei der Ermittlung des Wertzuwachses die seinerzeitigen Anschaffungskosten heranzuziehen sind, und nicht ein (allenfalls höherer) gemeiner Wert im Zeitpunkt der steuerfreien Depotübertragung.

Im Ergebnis erweist sich daher der Wortlaut des § 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 163/2015 insofern als überschießend, als hiervon auch jene Fälle umfasst wären, bei denen das aufnehmende Depot der steuerfreien Sphäre des Abgabenpflichtigen zuzuordnen ist.

Wird nunmehr angesichts eines überschießend weiten Gesetzeswortlauts eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen und unterscheidet sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre, sind die überschießend geregelten Fallgruppen im Zuge der teleologischen Reduktion von der Regelung auszunehmen (vgl. ).

Die Rechtsfigur der teleologischen Reduktion beruht nämlich auf dem planwidrigen Fehlen einer Ausnahmevorschrift für die Fälle, in denen der Wortlaut über den der Rechtsnorm immanenten Zweck hinausreicht (vgl. Schauer in Kletečka/Schauer [Hg], ABGB-ON1.02 § 7 Rz 18).

Tatsächlich würde es dem Gesetzeszweck des § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988, die Besteuerung von Wertpapieren in inländischen Depots durchgehend sicherzustellen, zuwiderlaufen, wenn die Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 6 Z 2 zweiter Satz TS 1 EStG 1988 auch auf Depotübertragungen in Depots, deren Erträge keiner Steuerpflicht mehr unterliegen, zur Anwendung gelangte.

Folglich ist die Entnahme der Wertpapiere aus dem Depot Depot1 letztlich als steuerpflichtige Veräußerung kraft §27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 iVm § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu werten und sind die realisierten Wertsteigerungen zu besteuern.

Entgegen der Ansicht der Bf. sind diese Kapitalerträge auch nicht kraft § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 von der KESt befreit:

Diese Befreiungsbestimmung käme nämlich nur dann zur Anwendung, wenn die realisierten Wertsteigerungen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auch nachweislich zuzurechnen wären.

Dies ist dann der Fall, wenn das Vermögen, aus dem die Einkünfte generiert werden, zum Zeitpunkt des Einkünftezuflusses einer begünstigten Einrichtung zuzurechnen ist (vgl. Achatz et al, Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts3 [2014] Rz 402).

Die verfahrensgegenständlichen Wertpapiere waren jedoch im Zeitpunkt ihrer Entnahme dem Depot Depot1 - und somit der allgemeinen Sphäre der Bf. - zugehörig. Die hieraus generierten Einkünfte sind folglich keiner Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzurechnen, weshalb für eine Anwendung des § 21 Abs. 2 Z 3 TS 4 KStG 1988 kein Raum verbleibt.

Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist auch die Besteuerung durch KESt-Abzug nach Maßgabe des § 27a EStG 1988 nicht zu beanstanden.

Zusammengefasst ergibt sich daher Folgendes:

§ 27 Abs. 6 Z 2 TS 1 EStG 1988 ist aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht anzuwenden:

Nach dem Telos dieser Bestimmung soll eine Depotübertragung nämlich nur dann steuerneutral erfolgen können, wenn die Besteuerung auch in Hinkunft sichergestellt ist. Da dies bei einer Übertragung in das der steuerbefreiten Versorgungseinrichtung der Bf. zugeordnete Pensiondsfonds-Depot nicht der Fall wäre, kommt die Anwendung dieser Ausnahmeregelung entgegen seinem (überschießenden) Wortlaut nicht in Betracht.

Im Lichte der dargestellten Sach- und Rechtslage war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da es zur gegenständlichen Streitfrage keine höchstgerichtliche Judikatur gibt, war die Revision für zulässig zu erklären.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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