Einstellung des Verfahrens betreffend Glücksspieleigenschaft von „Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen“ wegen Vermögenslosigkeit der mittlerweile im Firmenbuch gelöschten GmbH, bei der auch die Funktion des Geschäftsführers bereits gelöscht wurde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ****NAME*Bf**** in Liquidation als Rechtsnachfolgerin der ****RECHTSVORGÄNGERIN+ADRESSE**** gegen
1. drei Bescheide gemäß § 201 BAO vom betreffend Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv , Zeiträume 5-12/2008, 1-12/2009, 1-4/2010
2. zwei Bescheide gemäß § 201 BAO vom betreffend Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG Zeiträume 1-2/2011
3. sechs Bescheide gemäß § 201 BAO vom betreffend Wettgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG nF Zeiträume 1-6/2011
der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel alle StNr. ****x1**** beschlossen:
Die Beschwerden werden als gegenstandslos erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittige Punkte
Einstellung des Verfahrens betreffend Glücksspieleigenschaft von „Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen“ wegen Vermögenslosigkeit der mittlerweile im Firmenbuch gelöschten GmbH, bei der auch die Funktion des Geschäftsführers bereits gelöscht wurde
Vorbemerkung
Bemerkt wird, dass das Verfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) betreffend RV/7100123/2012, d.s. die Rechtsgeschäftsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idF vor dem für die Zeiträume Mai bis Dezember 2008, Jänner bis Dezember 2009 und Jänner bis April 2010 vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
1. Verfahren vor dem Finanzamt zur Rechtslage vor dem - Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG
(BFG- Zahl: RV/7100123/2012)
Die Bf. übte die Tätigkeit als Buchmacher über Gewerbeberechtigungen zum Abschluss von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen, sowie zur Vermittlung von Wetten an mehreren Orten in Österreich aus.
Die Bf. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet (damaliger Firmenname ****NAME01**** ). Nach § 2 der Satzung war Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Spielen und Spielautomaten; Forschung und Entwicklung im Bereich elektronischer Medien; Entwicklung neuer Technologien und Verfahren zur Optimierung von elektronischen Spielautomaten, sowie Beteiligung an Unternehmen im In- und Ausland. Das Grundkapital von 70.000 Euro wurde in 700 Nennbetragsaktien je 100 Euro eingeteilt und zur Gänze vom Gründer ****NAME02**** übernommen. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am tt.mm.2007 unter ****x2****.
Mit Bescheid vom wurde der Bf. in Linz die Bewilligung für die Tätigkeit als Buchmacher - das ist der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten – erteilt. (Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung an die Bf. vom ). Ebenfalls mit Bescheid vom wurde der ****FIRMA**** mit dem Firmensitz in Wien in ihrem Wettbüro mit der Bezeichnung „****WETTEN****“ im Standort Linz die Bewilligung für die Tätigkeit als Totalisateur – das ist die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten – erteilt. (Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung an die Bf. vom ).
Am wurde die Firma in ****FIRMA**** und Geschäftsanschrift auf ****ADRESSE**** geändert.
In der Folge wurden zahlreiche Anzeigen über die Errichtung von Wettannahmestellen vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung ohne Einwand zur Kenntnis genommen. (Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung vom , Seiten 1-2).
Am erfolgte durch den damaligen Vertreter der Bf. eine Anzeige an das Finanzamt, dass ab gebührenpflichtige Vorgänge aus der Tätigkeit als Buchmacher vorliegen. Für die Zeiträume Mai bis Dezember 2008, Jänner bis Dezember 2009, Jänner bis April 2010 gab die Bf. die monatlichen Wettgebührenabrechnungen gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG und § 31 Abs. 3 GebG beide idF vor dem ab.
Anlässlich einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass es sich bei dem Wettangebot der Bf., das sie nicht selbst erstellte, sondern von Dritten zukaufte, teilweise um sogenannte „Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen“ handelte, die nicht den Tatbestand einer Wette erfüllen, sondern dem Tatbestand des Glücksspiels und somit einer höheren Gebühr unterliegen und eine Nachforderung von 14,080.058,88 Euro ergab.
Mit drei Bescheiden gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt die Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG idFv fest (2008: 5,173.177,61 Euro; 2009: 6,946.267,98 Euro; 2010: 1,960.613,31 Euro).
Fristgerecht wurde dagegen Berufung/Beschwerde erhoben und die Anträge auf mündliche Verhandlung vor dem Senat gestellt.
Das Finanzamt legte die Berufung/Beschwerde der Rechtsmittelbehörde vor, was nach der damaligen Rechtslage möglich war.
Mit Schreiben vom übersendete die Bf. ein Schreiben, in der sie vorsorglich gemäß § 29 FinStrG unter anderem folgendes offenlegte: Die Bf. sei Anbieterin von Sportwetten, die von Handball, Fußball, Tennis, Formel I, Eishockey; Basketball und Schirennen bis hin zu Hunderennen reichen würden. Bei den angebotenen Hunderennenwetten handle es sich in der Regel um Wetten auf aufgezeichnete Rennen. Dabei werde an den Wettannahme-Terminals, die zentralseitig mit einem Server vernetzt sind, aus einem Pool verschiedener Hunderennen zufällig ein Rennen ausgewählt und an die einzelnen Terminals übermittelt. Die Bf. habe sämtliche von ihr angebotenen bzw. vermittelten Wetten, einschließlich der Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen für gebühren- und umsatzsteuerliche Zwecke als Wetten auf sportliche Veranstaltungen und nicht als Glücksspiel eingestuft. Diese Ansicht werde trotz Offenlegung weiterhin aufrechterhalten.
2. Verfahren vor dem Finanzamt zur Rechtslage ab dem - Glücksspielabgaben
(BFG-Zahlen: RV/7106303/2016, RV/7106365/2016, RV/7106366/2016, RV/7106367/2016 RV/7106368/2016, RV/710636/92016, RV/7106370/2016, RV/7106371/2016)
Am wurde die Bf. gemäß § 239ff AktG in die ****NAME*Bf**** umgewandelt. Nach der Erklärung über die Errichtung einer GmbH ist, im Wesentlichen wie bei der Rechtsvorgängerin, Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung und der Vertrieb von Spielen. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 70.000 Euro und ist zur Gänze von der ****ALLEINGESELLSCHAFTERIN**** übernommen und bar einbezahlt. Die Alleingesellschafterin der Bf. wurde vertreten durch ****NAME03****.
Mit Schreiben vom stellte die Bf. den Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG oder der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 2 und Abs. 3 GSpG für im Zeitraum Jänner bis Oktober 2011 angebotene bzw. vermittelte Wetten.
Anlässlich einer Außenprüfung „Überprüfung Bemessungsgrundlagen Wettgebühren und Glücksspielabgaben im Zeitraum bis “ stellte das Finanzamt fest, dass die Bf. Anbieterin von Sportwetten ist, die sie nicht selbst erstellt, sondern die von Vertragspartnern zugekauft, aber auch von der Bf. vermittelt werden. Der Abschluss der Wetten erfolgte entweder über einen Wettautomaten oder durch Kunden persönlich am Wettschalter. In beiden Fällen nimmt der Kunde unmittelbar über elektronische Medien an der Wette teil und bekommt auch das Ergebnis über elektronische Medien zur Verfügung gestellt. Die klassischen Sportwetten betreffen Handball, Fußball, Tennis, Formel I, Eishockey, Basketball und Schirennen und sind ausschließlich Livewetten. Bei den angebotenen Hunderennen handelt es sich in der Regel um Wetten auf aufgezeichnete Rennen. Die Bf. stufte sämtliche von ihr angebotenen bzw. vermittelten Wetten für gebühren- und umsatzsteuerliche Zwecke als Wetten auf sportliche Veranstaltung ein und nicht als Glücksspiel und führte entsprechend ihrer Rechtsansicht fristgerecht die selbstberechnete 2%ige Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG nF an das Finanzamt ab.
Mit zwei Bescheiden gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt die Glücksspielabgaben je für Jänner und Februar 2011 fest, wobei es bei Teilnahme am Glücksspiel durch Barzahlung am Wettschalter den Tatbestand des § 57 Abs. 1 GSpG mit 16% vom Einsatz, und bei Teilnahme am Glücksspiel über einen Wettannahme-Terminal als elektronische Lotterie über Video-Lotterie-Terminals den Tatbestand des § 57 Abs. 3 GSpG anwendete, was einen Gesamtbetrag von 153.546,93 Euro ergab.
Bemerkt wird, dass das Finanzamt auch Glücksspielabgabenbescheide über die weiteren Zeiträume erließ, diese sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Verfahren.
Mit sechs Bescheidengemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt die Rechtsgeschäftsgebühr für Wetten gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG nF fest, was gegenüber der Selbstberechnung durch die Bf. Gutschriften von gesamt 315.769,34 Euro ergab. Nach der Niederschrift zur Außenprüfung, die nach der Begründung einen integrierenden Bestandteil der Bescheide darstellt, resultiert dieses Guthaben daraus, dass für die im Zeitraum 1-6/2011 verwirklichten Glücksspiele eine Wettgebühr und keine Glücksspielabgabe entrichtet wurde. In sämtlichen Zeiträumen kam es aufgrund der höheren prozentuellen Steuersätze für die Glücksspielabgabe jeweils zu Gesamtnachforderungen in den einzelnen Monaten. Das Wettgebührenguthaben sollte der nachzufordernden Glücksspielabgabe angerechnet werden.
Fristgerecht wurden mit Schreiben vom unter anderem gegen diese acht Bescheide Beschwerden erhoben und die Anträge auf mündliche Verhandlung vor dem Senat gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt unter anderem die Beschwerden gegen diese acht Bescheide als unbegründet ab.
Mit Schreiben vom stellte die Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und verwies auf ihr Beschwerdeschrieben vom .
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.
Beweis durch das Bundesfinanzgericht wurde erhoben, durch Einsicht in den Finanzamtsakt und in die elektronisch vorgelegten Teile der Finanzamtsakten, sowie durch Einsicht in das Firmenbuch ****x2**** .
Die Einsicht in das Firmenbuch ergab,
- dass zum letzten überreichten Jahresabschluss , überreicht vom damaligen Geschäftsführer ****NAME04**** , ein negatives Eigenkapital, resultierend aus den Gebühren- und Glücksspielabgabennachforderungen, ausgewiesen wurde. Dieser erklärte am gegenüber der Alleingesellschafterin mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt als Geschäftsführer.
- Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , ****x3**** wurde die Bf., deren letzter Name ****NAME*Bf**** in Liquidation lautete, infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst.
- Unter Geschäftsanschrift befindet sich der Vermerk „Für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt.
- Mit Eintragung vom erfolgte die amtswegige Löschung der Bf. wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG.
Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes gab das Finanzamt eine Darstellung der Vermögenslage bekannt (): Mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit sei die Bf. mit Eintragung vom aufgelöst worden. Betreffend weiterem Vermögens sei dem Finanzamt nichts bekannt und finde sich für die Bf. auch kein Geld in Verwahrung. Am Abgabenkonto seien 14,781.616,56 fällig, davon sei 14,359.733,56 Euro von einer Aussetzung der Einhebung erfasst. Jedoch gäbe es eine Gesamtschuldnerin, die bereits bescheidmäßig herangezogen worden sei. Die Beschwerden gegen die Gesamtschuldnerbescheide seien beim Bundesfinanzgericht anhängig. Bei der Gesamtschuldnerin gäbe es in Summe einen Betrag von 339.585,73 Euro (aufgrund eines Sicherstellungsauftrages) in Verwahrung, der aber erst im Zuge der Erledigung der Beschwerde auf die Abgabenschuld (Abgabenkonto der Bf.) ausgebucht werde.
3. Gesetzliche Grundlagen
§ 79 BAO lautet: § 79. Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.
§ 80 BAO lautet: 2. Vertreter.
§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.
(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.
§ 39 FBG lautet: Auflösung zufolge Nichteröffnung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens
§ 39. (1) Jede in das Firmenbuch einzutragende Gesellschaft ist außer den in anderen Gesetzen genannten Fällen mit der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wird.
(2) Die Auflösung ist von Amts wegen in das Firmenbuch einzutragen.
§ 40 FBG lautet idF BGBl I 120/2005: Vermögenslosigkeit§ 40. (1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie trotz Aufforderung durch das Gericht die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollständig vorlegt.(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.(3) Gerichte und Steuerbehörden haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen.
4. Erwägungen
Aus dem Firmenbuch konnte festgestellt werden, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , die Bf. infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst wurde. Am wurde die amtswegige Löschung der Bf. gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch eingetragen. Als letzter handelsrechtlicher Geschäftsführer scheint Herr ****NAME04**** auf, dessen Funktion infolge seines Rücktrittes mit Eintragung vom gelöscht wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat sich bereits öfters mit vergleichbaren Fällen befasst. ( ; ; ; ; ; ; ).
Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also z.B. Abgaben noch festzusetzen - sind (Ritz, BAO6, § 79, Tz 10, 11; ; ).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam (vgl. ; VwGH 28. 6 .2007, 2006/16/0220; ; ).
Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator" (; , 92/15/0121; -K/06; -K/07; ). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.
Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft gemäß § 93 GmbHG durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch. (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Nach Beendigung der Liquidation sind Vertreter der aufgelösten GmbH die gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher auf sieben Jahre Verpflichteten (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 80, 232 unter Verweis auf ErläutRV 686 BlgNR 22. GP 36; und § 82, 245; zu den Folgen der Löschung: ; ; ; Kotschnigg, Der Bescheidadressat im Abgabenverfahren, ÖStZ 1994, 318). Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln.
Keine Liquidation findet hingegen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft und im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs. 1 FBG statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 89 Rz 11 f).
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. ).
Der Löschung im Firmenbuch kann durch das für die Abgabenerhebung zuständige Finanzamt gemäß § 160 Abs. 3 BAO die Zustimmung versagt werden (Löschungssperre). Das Finanzamt kann sich auch gemäß § 40 Abs. 2 FBG gegen eine vom Firmenbuchgericht beabsichtigte amtswegige Löschung aussprechen. Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (), jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. (vgl Knechtl/Mitterlehner/Panholzer, Die Kapitalgesellschaft in der Steuererklärung 2018, 31 m.w.N.). Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (; ; ; ; u.a.).
Eine Entscheidung über die Beschwerde kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden. Der steuerliche Vertreter, der namens der Bf. die Beschwerde eingebracht hatte, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, besteht auf Grund der vorstehenden Ausführungen nicht.
Hinsichtlich der Frage, ob die Rechtspersönlichkeit der GmbH als fortdauernd anzusehen ist, ist zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Bf. ergeben könnte.
Nach der Darstellung der Vermögenslage des Finanzamtes sind am Abgabenkonto 14,781.616,56 fällig, davon sind 14,359.733,56 Euro von einer Aussetzung der Einhebung erfasst. Bei der Gesamtschuldnerin gäbe es in Summe einen Betrag von 339.585,73 Euro (aufgrund eines Sicherstellungsauftrages) in Verwahrung, der aber erst im Zuge der Erledigung der Beschwerde auf die Abgabenschuld (Abgabenkonto der Bf.) ausgebucht würde.
Die vorliegenden Verfahren umfassen Rechtsgeschäftsgebühren in Höhe von 14,080.058,88 Euro + Glücksspielabgaben von 153.546,93 Euro abzüglich Wettgebühren 315.769,34 =13,917.836,47 Euro. Würde der verwahrte Betrag bei der Gesamtschuldnerin von 339.585,73 Euro auf die Abgabenschuld der Bf. ausgebucht, ergäbe das 14,257.422,20 Euro. Da insgesamt Abgaben in Höhe von 14,781.616,56 Euro bislang nicht entrichtet wurden, kann im Fall der Stattgabe der Beschwerde die gelöschte Bf.-GmbH (bzw. in weiterer Folge deren Gläubiger) kein Abgabenguthaben lukrieren, das einen positiven Saldo am Abgabenkonto bewirken könnte. Andererseits kann im Fall der Abweisung der Beschwerde das Finanzamt die dann rechtskräftige Forderung gegenüber der gelöschten GmbH mangels Vermögens nicht durchsetzen.
Mangels abwickelbaren Vermögens in diesen Verfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit der gelöschten GmbH fortbesteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu entschieden, dass beim Erlöschen der Rechtssubjektivität einer GmbH das Beschwerdeverfahren einzustellen bzw. als gegenstandslos geworden zu erklären ist (; ) und führt dazu weiter sinngemäß aus:
- Der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH ist zu bejahen, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht.
- Im vorliegenden Fall bestünde Abwicklungsbedarf nur dann, wenn die für die Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz erforderliche Voraussetzung der Vermögenslosigkeit nicht erfüllt wäre oder die BFG-Entscheidung in der Beschwerdesache direkt oder indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten GmbH betreffe. Beides trifft im streitanhängigen Fall nicht zu, weil die Bf. zum Zeitpunkt der Löschung im Firmenbuch unstrittig vermögenslos war und andererseits aufgrund der Nichtentrichtung der strittigen Abgaben durch eine BFG-Entscheidung in der Beschwerdesache selbst auch kein abwickelbares Vermögen entstünde.
- Auch wenn in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung die "Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss" nicht vorgesehen ist, entspricht dies jenen Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG, in denen es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei kommt. In diesen Fällen ist die Revision (Beschwerde) "als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen."
- Eine Zustellung an die Bf. kann im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit unterbleiben. Sohin ist die alleinige Zustellung an die Amtspartei ausreichend.
Zur Vorschrift, die bei Vollbeendigung der GmbH nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, verweist das zitierte Erkenntnis auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandslos zu erklären ist.
Da die Rechtssubjektivität der Bf. durch die Löschung im Firmenbuch beendet wurde und mangels Abwicklungsbedarf auch über die Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität gegeben ist, war die gegenständliche Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Diese Einstellung durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen ().
Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf. nur an die Amtspartei ().
5. Unzulässigkeit der Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn ein Beschluss von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Rechtsfragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Das Bundesfinanzgericht ist der zitierten Rechtsprechung gefolgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 33 TP 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | -K/06 -K/07 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100123.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at