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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2020, RV/7102936/2013

Gesamtrechtsnachfolge kann zu inländischem (beweglichen) Vermögen auch nach ausländischem Erbrecht eintreten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102936/2013-RS1
Das serbische ErbG bringt den Grundsatz des Vonselbsterwerbs (ispo - iure - Erwerbs) zum Ausdruck. Das Gesetz lässt den Erbschaftserwerb sogleich mit dem Erbfall eintreten, um eine subjektlose (ruhende) Erbschaft (hereditas iacens) zu vermeiden. Der Erbe wird sofort mit dem Erbfall dinglich berechtigt. Der Vonselbsterwerb kommt insofern der Rechtsklarheit zugute, als in jedem Moment ein Träger des Nachlasses vorhanden ist; dennoch bleibt auch hier zunächst die Unsicherheit darüber bestehen, wer endgültig der Rechtsträger sein wird, ist doch die Ausschlagung mit Rückwirkung auf den Erbfall ausgestattet (vergleichbare Rechtslage zu deutschem Recht, vgl ; 7Ob586/92; 2Ob99/06g; 1Ob98/12m).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache der Erbengemeinschaft nach Vorname-Bf Familienname, zuletzt wohnhaft Adresse-Bf, bestehend aus Vorname-Witwer Familienname und Vorname-Tochter Familienname, vertreten durch Vorname-Witwer Familienname, Adresse-Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 (Arbeitnehmerveranlagung), zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

II. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2011 mit EUR 714,00 festgesetzt.

III. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist serbische Staatsangehörige, die seit den 1970er Jahren in Österreich beschäftigt ist, im Inland lebt und bereits seit Jahren den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" besitzt. Im Streitjahr bezog die Bf eine Alterspension und war daneben als Hausbesorgerin ganzjährig beschäftigt. Die belangte Behörde hob den zunächst erlassenen Bescheid nach § 299 BAO auf und erließ den gegenständlich angefochtenen Bescheid, mit dem das sog Hausbesorgerpauschale in der nach der Verordnung geregelten Höhe erfasst wurde.

Dagegen berief die Bf und begehrte erhöhte Werbungskosten in Form von Vertretungsgeldern für Hausbesorger in tatsächlicher Höhe von EUR 2.400,00 sowie aus dem Titel einer doppelten Haushaltsführung Kosten für Familienheimfahrten iHv (in Höhe von) EUR 400,00 und Kosten für den "Zweitwohnsitz in der Heimat" von ca EUR 1.000,00 bis 1.200,00.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage einer Bestätigung der Hausverwaltung über die beantragten Vertretungsgelder und richtete an sie verschiedene, die doppelte Haushaltsführung betreffende Fragen. Den Vorhalt beantwortete die Bf nicht, weshalb die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen wurde. Mit Vorlageantrag wurde das Berufungsbegehren und mit Vorhalt vom wurden seitens der belangten Behörde die Fragen des zuvor ergangenen Vorhalts wiederholt. Auch der zweite Vorhalt blieb unbeantwortet. Die Berufung samt Verwaltungsakt wurde mit Vorlagebericht vom dem damals zuständigen unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Am verstarb die Bf, was dem für die Rechtsmittelerledigung inzwischen zuständig gewordenen Bundesfinanzgericht nicht mitgeteilt wurde. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörden einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016, den Vorname-Witwer Familienname nach der Verstorbenen gestellt hatte, zurück, da dieser eine Bestätigung des Gerichts, dass er zur Vertretung der Verlassenschaft ermächtigt oder die Verlassenschaft ihm eingeantwortet worden sei, nicht vorgelegt habe und somit keine Gesamtrechtsnachfolge vorliege. Auch über den Umstand der nach Ansicht der belangten Behörde fehlenden Gesamtrechtsnachfolge wurde das BFG nicht in Kenntnis gesetzt.

Aus einem Telefonat mit dem Vertreter der belangten Behörde ging hervor, dass die Änderung der Grunddaten "Verl n" von der Abgabensicherung erfolgt sei. In der Veranlagungsabteilung läge keine das Verlassenschaftsverfahren abschließende Erledigung des zuständigen Bezirksgerichts auf. Auch die vom BFG festgestellte Löschung der Einkommensteuerschuld für das Jahr 2011 am habe die Abgabensicherung ohne Rücksprache mit der Veranlagungsabteilung durchgeführt.

In einem Telefonat mit der Abgabensicherung (Frau AS) gab diese dem BFG als Grund für die Löschung eine telefonische Auskunft des Verlassenschaftsgerichts an, wonach im Fall der Bf "alles nach Serbien gegangen sei" und "Österreich nichts davon sehe". Ein gerichtliches Schriftstück habe sie nicht erhalten können. Einen Aktenvermerk über die Auskunft habe sie nicht angefertigt. Am Todestag bestand auf dem Abgabenkonto ein vollstreckbarer Rückstand von EUR 869,76, von dem ein Betrag iHv EUR 857,00 auf die Einkommensteuer für das Jahr 2011 und der Rest auf Einbringungsgebühren entfiel. Den von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom im Verlassenschaftsverfahren bei Gericht angemeldeten vollstreckbaren Rückstand löschte diese noch am Tag der Auskunft am . Auch von der Löschung wurde das BFG nicht in Kenntnis gesetzt. Aber auch die Veranlagungsabteilung wurde darüber nicht verständigt.

Das zuständige Bezirksgericht übermittelte im Wege der Amtshilfe den do Gerichtsakt Nr.****. In der Verlassenschaftssache hat der als Gerichtskommissär bestellte Notar Dr. NO im Wege der Amtshilfe zum Erbrecht Serbiens vom Justizministerium Auskunft erhalten und die völkerrechtliche Grundlage zum internationalen Privatrecht einschließlich Erbrecht Österreich-Serbien (in der Folge kurz: Rechtshilfevertrag) erhoben.

Am erfolgte beim Notar eine Amtshandlung, anlässlich der die beiden Erben die Todesfallaufnahme als richtig bestätigten. Die Bf ist ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben. Andere Personen, die als Erben allenfalls in Betracht kämen, seien bereits vorverstorben, der erbliche Witwer und die gemeinsame Tochter also die einzigen erbberechtigten Personen. Der Wert der in Serbien befindlichen Liegenschaft wurde von den Erben mit EUR 150,000,00 angegeben. Am Todestag hat für die Bf auf dem Sparkonto einer näher bezeichneten inländischen Bank ein Guthaben von EUR 6.192,02 bestanden. Als Passiva wurden in der im Protokoll integrierten Vermögensaufstellung zwei Schuldposten, und zwar die vom Witwer bezahlten Bestattungskosten über EUR 600,00 und die mit am einlangendem Schriftsatz des Magistrats der Stadt Wien, MA 6, über EUR 71,64 für Pflegegebühren geltend gemachte Forderung aufgenommen. Die Abgabenschulden und die Verbindlichkeiten bei der WGKK scheinen hingegen darin nicht auf.

Die Erben stellten nach erfolgter Darlegung der Sach- und Rechtslage einen Antrag nach Art 36 Rechtshilfevertrag, wodurch das österreichische Gericht für das in Österreich befindliche bewegliche Vermögen zuständig wurde und dabei serbisches Erbrecht zu vollziehen hatte.

Da durch den gesetzlichen Vonselbsterwerb des Nachlasses für eine - in Österreich übliche - förmliche Einantwortung kein Raum blieb und ein Verfahrensabschluss durch das inländische Gericht in der Rechtsform eines Beschlusses rechtlich nicht denkbar war, wurde dem Antrag der Erben, hilfsweise über den Rechtserwerb im Erbweg eine Amtsbestätigung zu erstellen, damit zB der Bank der rechtmäßige Erwerb des Bankguthabens im Erbweg nachgewiesen werden könne, stattgegeben und vom Gericht die Amtsbestätigung vom über aktenmäßig bei Gericht bekannte Tatsachen gemäß § 186 Abs 1 AußStrG ausgestellt.

Die Amtsbestätigung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Es wird bestätigt, dass im … bezeichneten Verlassenschaftsverfahren

  • über das in Österreich befindliche bewegliche Vermögen in Österreich, jedoch nach serbischem materiellem Erbrecht, abgehandelt wird,

  • der Witwer, …, und die Tochter, … der Aktenlage nach je zur Hälfte des Nachlasses Erben sind,

  • der Nachlass nach serbischem Recht von Gesetzes wegen (ipso iure) mit dem Tod den Erben zufällt,

  • der Witwer, …,  und die Tochter, …, übereingekommen sind, dass [der Witwer] alleine über das, in Österreich befindliche bewegliche Vermögen, insbesondere das Konto bei der ****Bank, IBAN AT00, verfügungsbefugt ist."

Dem Gerichtsakt lässt sich entnehmen, dass der Antrag der belangten Behörde auf Forderungsbefriedigung vom erst am beim Gericht eingelangt ist. Auch die Wiener Gebietskrankenkasse hat Forderungen über EUR 2.836,80 beim Gericht erst nach dem einlangend angemeldet. Dem Gerichtsakt kann ein Aktenvermerk über das mit der Abgabensicherung der belangten Behörde geführte Telefonat ebenso nicht entnommen werden.

Anlässlich eines am beim BFG erfolgten Erörterungsgesprächs wurde mit den Erben und der belangten Behörde die Sach- und Rechtslage erörtert und die Rechtsansicht des BFG bekannt gegeben, dass die Erben auch iSd österreichischen Abgabenrechts Rechtsnachfolger der Bf sind, ihnen daher Parteistellung mit Recht auf Akteneinsicht zukomme und die Entscheidung des BFG an sie als Erben zu richten sei. Die erbl Tochter erwähnte dabei, dass auch die Wiener Gebietskrankenkassen sie und ihren Vater als Rechtsnachfolger in Anspruch genommen hätte. Die beiden Erben kamen überein und gaben niederschriftlich an, dass Vorname-Witwer Familienname die Erbengemeinschaft vertreten solle und Erledigungen an ihn zuzustellen seien.

Über die als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung
wurde erwogen:

Zuständigkeit:

Da die Berufung gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängig  war, ist sie gemäß § 323 Abs 38 BAO, idF BGBl I 14/2013, Bundesfinanzgerichtsgesetz, vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen.

Fristwahrung der Rechtsmittel:

Der angefochtene Bescheid vom wurde ohne Zustellnachweise versendet. Der Berufungsschriftsatz weist zwar das Datum aus, ist jedoch erst am bei der belangten Behörde eingelangt.

Gemäß § 26 Abs 2 S 2 ZustellG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Der war ein Donnerstag. Samstage zählen im Regime des Zustellgesetzes nicht zu den Werktagen. Auch wenn der Tag der Übergabe an das Zustellorgan nicht aktenkundig ist, ist die rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides unter Beachtung der Frist von drei Werktagen frühestens am  anzunehmen, sodass die Berufungsfrist am (Donnerstag) ablief und die Berufung jedenfalls fristgerecht ist.

Die Berufungsvorentscheidung vom wurde RSb zugestellt. Der Vorlageantrag vom wurde am bei der belangten Behörde eingebracht und ist unproblematisch als rechtzeitig anzusehen. Die Nichtvorlage des Rückscheines schadet daher nicht.

Mängelfreiheit der Berufung:

Durch Einsichtnahme in den Gerichtsakt wurde festgestellt, dass die Unterschrift der Bf im Abgabenakt identisch ist mit der Unterschrift ihres Ehemannes im Gerichtsakt. Dazu anlässlich des Erörterungstermines befragt, gab der erbl Witwer an, dass er aufgrund einer erteilten schriftlichen Vollmacht seiner verstorbenen Ehefrau die Schriftsätze verfasst und als die Bf (Unterschrift wurde unter die Wortfolge "FR. Familienname" gesetzt) unterschrieben habe. Die Vollmachtsurkunde vom wurde nachgereicht, sodass die Abgabenerklärung und die Rechtsmittelschriftsätze als rechtswirksam eingebracht anzusehen sind, da sämtliche rechtserheblichen Schriftsätze nach dem Tag der Vollmachtseinräumung erstellt wurden.

Rechtsgrundlagen:

Völkerrecht:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr,  BGBl. Nr. 224/1955, Kundmachung BGBl Nr III 156/1997, dessen III. TEIL, Art 29ff,  Nachlassangelegenheiten zum Gegenstand hat.

Dessen Art 31 Abs 1 lautet:

"Die Abhandlung und die Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche hinsichtlich der bewegliche Nachlässe von Angehörigen der vertragschließenden Staaten stehen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, den Gerichten des Heimatstaates des Erblassers zu. Die Gerichtsbarkeit des anderen vertragschließenden Staates ist jedoch in den Fällen nicht ausgeschlossen, in welchen die im Absatz 2 vorgesehene Vollstreckung nicht mehr möglich ist."

Dessen Art 36 lautet:

"(1) Wenn der Erblasser, der Angehöriger des einen vertragschließenden Staates war, seinen letzten Wohnsitz im Gebiet des anderen vertragschließenden Staates gehabt hat, können Erben oder Pflichtteilsberechtigte, die im Gebiete dieses Staates wohnen, innerhalb der gemäß Artikel 35 Absatz 1 festgesetzten Frist die Abhandlung des dort befindlichen beweglichen Nachlasses durch die Gerichte dieses Staates beantragen. Dem Antrag ist Folge zu geben, wenn weder ein Erbe noch ein Pflichtteilsberechtigter oder ein Vermächtnisnehmer innerhalb einer vom Gericht mit einem bis drei Monaten festzusetzenden Frist nach gehöriger Verständigung dagegen Einspruch erhebt. In einem solchen Falle sind die Gerichte dieses Staates auch zur Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche zuständig.

(2) Ist gemäß Absatz 1 der bewegliche Nachlaß von den Gerichten Staates abzuhandeln, in dem er sich befindet, so sind die erbrechtlichen Bestimmungen des Heimatstaates des Erblassers sowohl bei der Abhandlung als auch bei der Entscheidung über streitige Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche anzuwenden."

Nationales Recht:

Gemäß § 19 Abs 1 BAO (Bundesabgabenordnung) gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 209a Abs 1 BAO steht einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

§ 116 BAO lautet:

"(1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.

(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war."

Serbisches Erbgesetz:

Nach Auskunft des BMJ vom , GZ BMJ-Z109/0019-I/2017, zum serbischen Erbgesetz (sErbG) geht der Nachlass, vorbehaltlich der Ausschlagung, mit dem Tod des Erblassers ipso iure auf die Erben über. Eine Ausschlagung ist dem Gericht oder im Ausland einem Konsul gegenüber zu erklären, eine ausdrückliche Annahmeerklärung ist hingegen nicht erforderlich.

Nach materiellem serbischem Erbrecht sind Erben erster Ordnung die Abkömmlinge des Erblassers. Es gelten die Regeln der Repräsentation und Erbfolge nach Stämmen (Art 9 sErbG). Der überlebende Ehegatte erbt in der ersten Ordnung mit Kindern des Erblassers zu gleichen Teilen nach Köpfen (Art 9 Abs 2 sErbG).

rechtlich folgt:

Wer Erbe ist, ergibt sich aus den Feststellungen in der Einantwortungsurkunde (Vorfrage iSd § 116, Bindung der Abgabenbehörde an die gerichtliche Feststellung der Erbenqualität, , Ritz, aaO, Tz 9).  Im konkreten Fall hat das Verlassenschaftsgericht ein förmliches Einantwortungsverfahren nicht durchgeführt und folglich auch keinen Einantwortungsbeschluss ausgestellt.

Mit der Frage, wie sich die nach ausländischem Recht erlangte Erbeneigenschaft auf die Rechtsnachfolge in inländischen Abgabensachen auswirkt, haben sich weder die Kommentare zur Bundesabgabenordnung von Ritz und Stoll befasst noch wurde diese Frage bislang dem Verwaltungsgerichtshof vorgetragen. Beide Kommentare befassen sich ausschließlich mit dem Erbrecht nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch - ABGB.

Das ABGB fällt jedenfalls unter den Begriff des § 19 BAO "Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes". Doch fallen darunter auch die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) und auch die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen von Rechtsordnungen anderer Staaten, im konkreten Fall jene des serbischen Erbrechts. Zwischenstaatliche Sachverhalte werden nicht nur für Zwecke des Abgabenrechts in völkerrechtlichen Verträgen (DBAs) geregelt, sondern auch für Zwecke des Privatrechts. In der Europäischen Union (mit Ausnahme von Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich) gilt mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich ab dem die Verordnung (EU) Nr 650/2012 (EU-ErbrechtsVO).

Völkerrecht, gegenständlich der nach wie vor in Rechtskraft stehende Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr, BGBl. Nr. 224/1955, Kundmachung BGBl III 156/1997, ist von sämtlichen staatlichen Einrichtungen vorrangig zu beachten.

Im konkreten Fall hat das inländische Verlassenschaftsgericht als Folge des Antrages nach Art 36 Rechtshilfevertrag serbisches Erbrecht angewandt.

Das serbische ErbG bringt den Grundsatz des Vonselbsterwerbs (ispo - iure - Erwerbs) zum Ausdruck. Das Gesetz lässt den Erbschaftserwerb sogleich mit dem Erbfall eintreten, um eine subjektlose (ruhende) Erbschaft (hereditas iacens) zu vermeiden. Der Erbe wird sofort mit dem Erbfall dinglich berechtigt. Der Vonselbsterwerb kommt insofern der Rechtsklarheit zugute, als in jedem Moment ein Träger des Nachlasses vorhanden ist; dennoch bleibt auch hier zunächst die Unsicherheit darüber bestehen, wer endgültig der Rechtsträger sein wird, ist doch die Ausschlagung mit Rückwirkung auf den Erbfall ausgestattet (vergleichbare Rechtslage zu deutschem Recht, vgl ; 7Ob586/92; 2Ob99/06g; 1Ob98/12m).

Keine Auskunft wurde seitens des BMJ zu der Rechtsfrage erteilt, welcher prozedurale Verfahrensabschluss nach serbischem ErbG beim ipsu iure-Rechtserwerb vorgesehen ist, weil für den legitimen Rechtsnachfolger naturgemäß Rechtsunsicherheit im Rechtsverkehr (einschließlich des Umgangs mit Behörden) bestehen muss. Das deutsche BGB sieht - bei mit serbischem Erbrecht vergleichbarer Rechtslage des Vonselbsterwerbs - die Erteilung eines Erbscheines durch das Nachlassgericht vor (§§ 2353ff BGB). Denkbar wäre, dass das serbische Prozessrecht ein vergleichbares Rechtsinstitut eingerichtet hat. Das wäre jedoch ein Akt des serbischen Prozessrechts; das Gericht betont jedoch, nur materielles serbischen Erbrecht, und nicht serbisches Prozessrecht anzuwenden, und auch gleichzeitig nicht mit Einantwortungsurkunde vorgehen zu können, also auch österreichisches Prozessrecht nicht, auch nicht sinngemäß, anwenden zu können.

Da der Übergang von Eigentum, Forderungen und sonstigen Rechten nach serbischem ErbG ipso iure erfolgt, ist die Amtsbestätigung vom lediglich deklarativ, sodass eine Bindung iSd § 116 Abs 2 S 2 BAO an die Amtsbestätigung fraglich erscheint, denn eine - verbindliche - Feststellung hat das Verlassenschaftsgericht mit dieser Bestätigung nicht getroffen. Bindung für die Abgabenbehörde besteht im konkreten Fall ohne Zweifel nicht an den von den Erben am abgegebenen Antrag iSd 36 Rechtshilfevertrag.

Jedenfalls ist das BFG bei Zweifel an das Vorliegen einer bindenden Gerichtsentscheidung berechtigt, die Frage der Erbenqualität gemäß § 116 Abs 1 BAO nach eigener Anschauung zu beurteilen.

Das serbische Erbrecht regelt den Erbfall mit dem Todestag des Verstorbenen durch das Gesetz (kraft Gesetzes). Da weder der erbberechtigte Witwer noch die erbberechtigte Tochter das Erbe vor dem serbischen Konsul in Österreich ausgeschlagen haben, sind auch die österreichischen Abgabenbehörden an die durch das serbische Erbrecht bezüglich des in Österreich befindlichen beweglichen Vermögens eingetretenen Erbrechtsfolgen gebunden. Der überlebende Ehegatte Vorname-Witwer Familienname und die erbliche Tochter Vorname-Tochter Familienname sind die einzig bekannt gewordenen erbberechtigten Personen, haben das inländische bewegliche Erbe nicht ausgeschlagen, und sind somit seit dem Todestag, dem , kraft Art 9 Abs 2 serbisches ErbGGesamtrechtsnachfolger iSd - österreichischen - § 19 BAO.

Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn die Abgabenbehörde in solchen Fällen grundsätzlich den zur Erbenqualität in einer hilfsweise ausgestellten Amtsbestätigung des österreichischen Verlassenschaftsgericht getroffenen Aussagen folgt. Die Amtsbestätigung ist im Ergebnis in ihrer rechtlichen Wirkung mit dem nach deutschen Recht vorgesehenen Erbschein (§§ 2353ff BGB, § 417 dZPO) oder dem Europäischen Nachlasszeugnis iSd Art 62 EU-ErbrechtsVO vergleichbar, auch wenn der Ausspruch einer Feststellung in Beschlussform einer Bestätigung vorzuziehen ist.

Abgabenschulden gegenüber einer österreichischen Abgabenbehörde sind Geldschulden und als solche bewegliches Vermögen. Sie sind Teil des in Österreich hinterlassenen beweglichen Nachlassvermögens. Der offene Abgabenrückstand konnte nur deshalb am in der Vermögensaufstellung nicht berücksichtigt werden, weil er an diesem Tag dem Gericht noch nicht bekannt war, wie obiger Verfahrenshergang zeigt. Der Übergang von Eigentum, Forderungen und sonstigen Rechten erfolgt im konkreten Fall ipso iure nach serbischem ErbG. Von dieser Wirkung sind alle zum Nachlass gehörigen Vermögensbestandteile umfasst, nicht nur jene, die am Tag der Antragstellung bekannt waren. Die Vermögensaufstellung vom ist daher nicht abschließend und nicht bindend.

Bei Gesamt­rechtsnachfolge gehen bereits entstandene Abgabenschulden auf die Erben über (; Ritz, BAO6, § 19, Tz 4 und 7 mwN). Bereits entstanden ist eine Abgabenschuld dann, wenn ihr Abgabenanspruch vor dem Todestag, im konkreten Fall dem , entstanden ist. Der Abgabenanspruch auf die veranlagte Einkommensteuer 2011 ist gemäß § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO und erfüllt daher alle Voraussetzungen als Nachlassverbindlichkeit. Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des § 209a BAO ist der Anspruch auch nicht verjährt.

materielles Recht:

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 16 Abs 1 S 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 17 Abs 4 EStG können für die Ermittlung des Gewinnes mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. In der Verordnung BGBl II 2001/382 des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen wird in § 1 - auszugsweise zitiert - Folgendes normiert:

"Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenspauschbetrages gemäß § 16 Abs 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: ... 7. Hausbesorger 15% der Bemessungsgrundlage, höchstens 3.504 Euro jährlich. ..."

Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge von den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

rechtlich folgt:

a) doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten

Der fremdenrechtliche Status eines Abgabepflichtiger ist von Amts wegen zu beachten. Aus dem für die Bf seit Jahren bestehenden Status "Daueraufenthalt-EU" ergeben sich im Streitjahr keine Einschränkungen, die einer Verlegung des Familienwohnsitzes entgegenstehen könnten.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine doppelte Haushaltsführung (Familienwohnsitz, weiterer  Wohnsitz am Beschäftigungsort) steuerlich nur zu berücksichtigen, wenn eine berufliche Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung besteht. Von einer beruflichen Veranlassung ist dem Grunde nach auszugehen, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes noch als durch die Einkunftserzielung veranlasst gilt (vgl. ; ).

Zur doppelten Haushaltsführung wurde seitens des BFG bekanntgegeben, sachverhaltsbezogen sei davon auszugehen, dass infolge des durchgängigen Aufenthaltes und der durchgängigen Ausübung einer Berufstätigkeit der Verstorbenen und des Ehegatten in Österreich seit den 1970er Jahren und inzwischen auch der Tochter sowie der im Berufungsschriftsatz verwendeten Formulierung "Zweiwohnsitz in der Heimat", der im Jahr 2011 vier Mal aufgesucht wurde, der Familienwohnsitz in Österreich angenommen wird, wodurch sich Familienheimfahrten erübrigen würden. Gegen diese Sachverhaltsannahme haben die Erben keine Einwände erhoben. Der überlebende Ehegatte besitzt seit 1976 einen unbefristeten Aufenthaltstitel für Österreich, die Verstorbene bereits seit 1972. Durch die elektronischen Datenbanken lässt sich sowohl für die Bf als auch ihren Ehemann zumindest seit 1994 (maximales Zurückreichen der steuerlichen Daten) in Österreich eine berufliche Betätigung nachweisen.

Im konkreten Fall handelt es sich jedoch laut Sachverhalt bei dem Wohnsitz in Serbien nach eigenen Angaben um den Zweitwohnsitz, und nicht um den Familienwohnwohnsitz. Im konkreten Fall befindet sich am Berufsort Wien der Familienwohnsitz, und nicht der beruflich veranlasste weiterer (zweiter) Wohnsitz. Somit liegen umgekehrte Verhältnisse vor, als sie im Sinne obiger Rechtsprechung vorliegen müssten, um von einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung sprechen zu können. Steht der Zweitwohnsitz nicht mit der Berufsausübung in Zusammenhang, so sind die damit verbunden Kosten als nichtabzugsfähige Kosten die Haushaltsführung iSd § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 anzusehen. Die im konkreten Fall erfolgte Gestaltung einer doppelten Haushaltsführung erfüllt die abgabenrechtlichen Voraussetzungen nicht.

b) Vertretungsgelder für Hausbesorger

Zu den Vertretungsgeldern wurde vorgebracht, dass diese von der Verstorbenen direkt an die vertretenden Hausbesorger geleistet worden seien. Den nachgereichten Barzahlungsbelegen zufolge war ausschließliche Zahlungsempfängerin EM, Adresse-EM.

Werden die tatsächlichen Kosten für Hausbesorgervertretung nachgewiesen, so sind grundsätzlich diese zu berücksichtigen. Der nach der Generalklausel des § 16 Abs 1 EStG 1988 geltende Grundsatz, wonach Werbungskosten in ihrer tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen sind, geht diesfalls der PauschalierungsVO vor. Für die Hausbesorgervertretung wurde im angefochtenen Bescheid bereits ein Betrag von EUR 1.109,06 berücksichtigt, sodass sich die Bemessungsgrundlage der nichtselbständigen Einkünfte 2011 aus diesem Titel zusätzlich um weitere EUR 1.290,94 vermindert. Die nichtselbständigen Einkünfte 2011 betrugen daher EUR 13.678,30, statt EUR 14.969,24.

c) Berechnung der Einkommensteuer 2011:                                                       


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Hausverwaltung
6.298,42
PVA
9.779,88
Vertretungskosten laut BFG
-2.400,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
13.678,30
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00
Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche
 
Belastungen wegen eigener Behinderung
-840,00
Einkommen
12.778,30
 
 
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
 
(13.678,30 - 11.000,00) x 5.110,00 / 14.000,00
 
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
977,58
 
 
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
632,58
 
 
Steuer sonstige Bezüge wie z.B. 13. und 14. Bezug (220)
 
nach Abzug der darauf entfallenen SV-Beiträge (225) und
 
des Freibetrages von 620 € mit 6 %
118,84
Einkommensteuer
751,42
Anrechenbare Lohnsteuer laut Lohnzettel
-37,12
Festgesetzte Einkommensteuer
714,30
Festgesetzte Einkommensteuer gerundet
714,00
bisher festgesetzte Einkommensteuer
-857,00
Gutschrift
-143,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Rechtsfrage, wie im Fall von Gesamtrechtsnachfolge vorzugehen ist, die nach der Rechtsordnung eines anderen Staates eingetreten ist, wobei das Verlassenschaftsverfahren von einem österreichischen Gericht geführt wurde, und welche rechtliche Wirkung einer zur Erbenqualität lediglich hilfsweise von einem österreichischen Gericht ausgestellten Bestätigung (§ 186 Abs 1 AußStrG) für die Abgabenbehörden zukommt, fehlt bislang eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, sodass darin eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu erblicken ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 116 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102936.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at