Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.03.2020, RV/7500365/2019

Ortstaxe; absolute Verjährung (§ 31 Abs. 2 VStG) während der 15 monatigen Entscheidungsfrist des § 43 Abs. 1 VwGVG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500365/2019-RS1
Ein allfälliger Eintritt der Strafbarkeitsverjährung während des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 38 VwGVG iVm § 31 Abs. 2 VStG von den Verwaltungsgerichten wahrzunehmen (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 31 VStG RZ 13). Tritt die absolute Verjährung der Strafbarkeit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen gemäß § 31 Abs. 2 VStG ein, obwohl die gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG mögliche Entscheidungsfrist von 15 Monaten noch nicht abgelaufen ist, sind die angefochtenen Erkenntnisse aufzuheben und die entsprechenden Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. in der Verwaltungsstrafsache gegen Herrn DI A., Wien, vertreten durch Mag. Arno Hirschvogl, Steuerberater, Tattnerhof 2/3/301, 1010 Wien, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 13 Abs. 1, 16 und 20 Abs. 1 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (WTFG) vom , LGBI. für Wien Nr. 13, in der Fassung des LGBl für Wien Nr. 50/2013, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vom  gegen

1. das Erkenntnis des Magistrats der Stadt Wien MA 6 als Abgabenstrafbehörde vom , MA 6/ARP-S,

2. das Erkenntnis des Magistrats der Stadt Wien MA 6 als Abgabenstrafbehörde vom , MA 6/ARP-T u.a

beschlossen:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben und die Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2. VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

I. Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen vom , Zahl: MA 6/ARP-S, wurde Herr Dipl.Ing. A. (in weiterer Folge: Beschuldigter) für schuldig befunden, als Inhaber einer der im § 11 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes genannten Unterkünfte die Steuererklärung über die von den Gästen für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien eingehobene Ortstaxe für das Jahr 2016, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag nicht eingebracht und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 13 Abs. 1 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes (WTFG) vom , LGBI. für Wien Nr. 13, in der Fassung des LGBl für Wien Nr. 50/2013.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über ihn folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 35,00, falls diese uneinbringlich sei, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, gemäß § 20 Abs. 2 WTFG.

Ferner habe er gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu zahlen:
€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch € 10,00. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) betrage daher € 45,00. Außerdem seien die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Als Begründung wurde nach Darstellung der §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 16 Abs. 1 WTFG ausgeführt:

"Wie die Aktenlage zeigt, wurde die Jahreserklärung über die Ortstaxe für das Jahr 2016, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag nicht eingereicht.

ln ihrem Einspruch wurde auf ein anhängiges Verfahren zur Feststellung der Abgabenpflicht verwiesen. Solange dieses Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, könne gar nicht festgestellt werden, ob überhaupt eine Anzeigepflicht gemäß § 11 WTFG vorliege und zu erfüllen sei.

Hiezu wird Folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der Frage der Steuerpflicht hat die MA 6 im Abgabenfestsetzungsverfahren mit Bescheid vom zur Zahl MA 6/17a und mit Beschwerdevorentscheidung vom zur Zahl MA6/17d festgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Appartements ortstaxenpflichtig im Sinne des Wiener Tourismusförderungsgesetzes sind. Um Wiederholungen zur vermeiden, wird auf die ausführliche Begründung der o.a. Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Unter Bedachtnahme auf die im Verwaltungsstrafrecht zu beachtenden Fristen erschien ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung in diesem Verfahren nicht angebracht. Im Übrigen besteht diesbezüglich keine Bindungswirkung, siehe Zl. 89/13/0204: ‚Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden im Finanzstrafverfahren nicht an die Sachverhaltsannahme oder rechtliche Beurteilung in einem korrespondierenden Abgabenverfahren gebunden (Hinweis ).‘

Unbestritten bleibt jedenfalls, dass für 2016 keine Jahreserklärung über die Ortstaxe eingereicht wurde.

Aufgrund der Aktenlage ist es daher als erwiesen anzusehen, dass Sie Ihrer Verpflichtung zur fristgerechten Einreichung der Ortstaxe-Erklärung für das Jahr 2016 nicht nachgekommen sind. Damit ist der Ihnen zur Last gelegte Tatbestand nach § 20 Abs. 2 WTFG erfüllt.

Gemäß § 20 Abs. 2 WTFG sind Übertretungen der § 13, 15, 16 und 19 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 420 Euro zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.

Die Strafe nimmt ausreichend darauf Bedacht, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen. Mildernd war die nach der Aktenlage bestehende verwaItungsstrafrechtIiche Unbescholtenheit.

Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Ihren Gunsten nicht angenommen werden, da Sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

II. Mit weiterem Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht Parkometerabgabe und Abgabenstrafen vom , Zahl: MA 6/ARP-T u.a. wurde der Beschuldigte für schuldig befunden,

"1. Zahl: MA 6/ARP-T: Sie haben es als Inhaber einer der im § 11 WTFG genannten Unterkünfte unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) unterlassen, die für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien von den Gästen eingehobene Ortstaxe für den Monat September 2016 in der Höhe von € 208,33, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag zu entrichten. Sie haben dadurch die Ortstaxe mit dem oben genannten Betrag verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

2. Zahl: MA 6/ARP-U: Sie haben es als Inhaber einer der im § 11 WTFG genannten Unterkünfte unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) unterlassen, die für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien von den Gästen eingehobene Ortstaxe für den Monat Oktober 2016 in der Höhe von € 208,33, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag zu entrichten. Sie haben dadurch die Ortstaxe mit dem oben genannten Betrag verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

3. Zahl: MA 6/ARP-V: Sie haben es als Inhaber einer der im § 11 WTFG genannten Unterkünfte unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) unterlassen, die für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien von den Gästen eingehobene Ortstaxe für den Monat November 2016 in der Höhe von € 208,33, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag zu entrichten. Sie haben dadurch die Ortstaxe mit dem oben genannten Betrag verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

4. Zahl: MA 6/ARP-W: Sie haben es als Inhaber einer der im § 11 WTFG genannten Unterkünfte unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) unterlassen, die für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien von den Gästen eingehobene Ortstaxe für den Monat Dezember 2016 in der Höhe von € 208,33, fällig gewesen am , bis zu diesem Tag zu entrichten. Sie haben dadurch die Ortstaxe mit dem oben genannten Betrag verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§§ 13 Abs. 1 und 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Ab. 1 des WTFG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
4 Geldstrafen von je € 100,00, falls diese uneinbringlich sind, 4 Ersatzfreiheitsstrafen von je 13 Stunden, gemäß § 20 Abs. 2 WTFG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
Je € 10,00 als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch € 10,00. Die zu zahlenden Gesamtbeträge (Strafen/Kosten) betragen daher je € 110,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Als Begründung wurde nach Darstellung der §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 16 Abs. 1 WTFG ausgeführt::

"Der Sachverhalt der Ihnen zur Last gelegten Übertretungen ist durch das Abgabenfestsetzungsverfahren und den Kontostand unbedenklich erwiesen und wurde Ihnen vorgehalten; demnach haben Sie es unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) unterlassen, die Ortstaxe für die Monate September 2016 bis Dezember 2016 in der Höhe von monatlich je € 208,33 bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit zu entrichten.

ln ihrem Einspruch wurde auf ein anhängiges Verfahren zur Feststellung der Abgabenpflicht verwiesen. Solange dieses Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, könne gar nicht festgestellt werden, ob überhaupt eine Anzeigepflicht gemäß § 11 WTFG vorliege und zu erfüllen sei.

Hiezu wird Folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der Frage der Steuerpflicht hat die Magistratsabteilung 6 - Referat Landes- und Gemeindeabgaben im Abgabenfestsetzungsverfahren mit Bescheid vom zur Zahl MA 6/17c und nach dessen Anfechtung mit Beschwerdevorentscheidung vom zur Zahl MA 6/17d festgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Appartements ortstaxenpflichtig im Sinne des Wiener Tourismusförderungsgesetzes sind. Um Wiederholungen zur vermeiden, wird auf die ausführliche Begründung der o.a. Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Unter Bedachtnahme auf die im Verwaltungsstrafrecht zu beachtenden Fristen erschien ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung in diesem Verfahren nicht angebracht. Im Übrigen besteht diesbezüglich keine Bindungswirkung, siehe Zl. 89/13/0204: ‚Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden im Finanzstrafverfahren nicht an die Sachverhaltsannahme oder rechtliche Beurteilung in einem korrespondierenden Abgaben verfahren gebunden (Hinweis ).‘

Unbestritten bleibt jedenfalls, dass für die verfahrensgegenständlichen Monate keine Ortstaxe entrichtet wurde, ebenso, dass relevante Aufzeichnungen nicht vorgelegt werden konnten.

Aufgrund der Aktenlage ist es daher als erwiesen anzusehen, dass Sie weder der Verpflichtung zur Zahlung der Ortstaxe fristgerecht nachgekommen sind, noch ihre abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht (Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht) wahrgenommen haben. Damit ist der Ihnen zur Last gelegte Tatbestand nach § 20 Abs. 1 WTFG erfüllt.

Eine Abgabenverkürzung liegt dann vor, wenn die Steuer infolge von Handlungen oder Unterlassungen, die sich als Verletzung über die Zahlungspflicht hinausgehender abgabenrechtlicher Pflichten darstellen (z.B. Erklärungs-, Aufzeichnungen, Offenlegungs- oder Mitwirkungspflichten), nicht zum Fälligkeitstermin entrichtet wird (vgl. Zl. 93/17/0251).

Gemäß § 20 Abs. 2 WTFG sind Übertretungen der § 13, 15, 16 und 19 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 420 Euro zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.

Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend, wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollen, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).

Die Strafen nehmen ausreichend darauf Bedacht, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen. Mildernd war die nach der Aktenlage bestehende verwaItungsstrafrechtIiche Unbescholtenheit.

Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Ihren Gunsten nicht angenommen werden, da Sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

In den gegen beide Erkenntnisse fristgerecht eingebrachten Beschwerden des Beschuldigten vom wird als Einspruch gegen folgende Verwaltungsübertretungen
Zahl: MA6/ARP-T: Ortstaxe September 2016 € 208,33
Zahl: MA6/ARP-T: Geldstrafe Ortstaxe September 2016 € 110,00
Zahl: MA6/ARP-U: Ortstaxe Oktober 2016 € 208,33
Zahl: MA6/ARP-U: Geldstrafe Ortstaxe Oktober 2016 € 110,00
Zahl: MA6/ARP-V: Ortstaxe November 2016 € 208,33
Zahl: MA6/ARP-V: Geldstrafe Ortstaxe November 2016 € 110,00
Zahl: MA6/ARP-W: Ortstaxe Dezember 2016 € 208,33
Zahl: MA6/ARP-W: Geldstrafe Ortstaxe Dezember 2016 € 110,00
Zahl: MA6/ARP-S: Geldstrafe für nicht eingebrachte Ortstaxe 2016 € 45,00
Folgendes ausgeführt:

Durch ein noch laufendes Beschwerdeverfahren soll festgestellt werden, ob überhaupt Ortstaxenpflicht vorliegt oder nicht. Solange dies nicht rechtskräftig festgestellt ist, kann gar nicht festgestellt werden, ob unser Klient eine Anzeigenpflicht gem. § 11 WTFG zu erfüllen hat. Es kann, unserer Meinung nach, keine Strafe über eine nicht festgestellte Verpflichtung verhängt werden.

Wir stellen daher den Einspruchsantrag
Ortstaxe September 2016 in der Höhe von € 208,33,
Ortstaxe Oktober 2016 in der Höhe von € 208,33,
Ortstaxe November 2016 in der Höhe von € 208,33
Ortstaxe Dezember 2016 in der Höhe von € 208,33
nicht zu verhängen.

Falls das Magistrat von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, stellen wir den Antrag, dass eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt wird.“

Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Aussetzung der Geldstrafen und Ortstaxenbeträge gestellt, über den hier nicht zu entscheiden ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die (öffentliche mündliche) Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

§ 45 Abs. 1 Z. 2 VStG: Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

§ 31 Abs. 1 VStG: Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

§ 31 Abs. 2 VStG: Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

§ 43 Abs. 1 VwGVG: Sind seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis bei der Behörde 15 Monate vergangen, tritt es von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen.

Anlässlich der Beschwerdevorlage wurde die zur Verfügung stehende Frist zur Erledigung der Beschwerde gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG mit berechnet und mit einem entsprechenden internen Vermerk versehen. Allerdings musste im Zuge der Vorbereitung der für April 2020 geplanten mündlichen Verhandlung (die Verhandlungen bis entfallen ohnehin aufgrund der aktuellen Coronakrise) festgestellt werden, dass sich aus den angefochtenen Erkenntnissen ergibt, dass als Tatzeitpunkt der Verkürzungen an Ortstaxe jeweils der 15. des Folgemonats genannt ist, zuletzt wäre die Ortstaxe für Dezember 2016 in der Höhe von € 208,33 am fällig gewesen. Weiters wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, die Steuererklärung über die von den Gästen für den entgeltlichen Aufenthalt in dieser Unterkunft in Wien eingehobene Ortstaxe für das Jahr 2016 nicht bis eingebracht zu haben.

Läuft die Verjährungsfrist während des Berufungsverfahrens ab, ist der Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Diesfalls darf auch ein die erstinstanzliche Entscheidung bestätigender Berufungsbescheid nicht mehr erlassen werden (vgl. z.B. ; ).

Diese Rechtsprechung ist auf die Verwaltungsgerichte zu übertragen. Ein allfälliger Eintritt der Strafbarkeitsverjährung während des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 38 VwGVG iVm § 31 Abs. 2 VStG von den Verwaltungsgerichten wahrzunehmen (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 31 VStG RZ 13).

Da somit am die absolute Verjährung der Strafbarkeit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen gemäß § 31 Abs. 2 VStG eingetreten ist, obwohl die gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG mögliche Entscheidungsfrist von 15 Monaten noch nicht abgelaufen ist, waren die angefochtenen Erkenntnisse aufzuheben und die entsprechenden Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG Abstand zu nehmen. Eine Entscheidung in der Sache war somit obsolet.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage ergibt sich allein aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 11 WTFG, Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955
§ 31 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 43 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500365.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at