Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.03.2020, RV/3100957/2019

Grunderwerbsteuer: Geänderter Einheitswertbescheid aufgrund Nachfeststellung als Feststellungsbescheid iSd § 192 BAO im Rechtsmittelverfahren maßgeblich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr_Bf, vertreten durch RA, Adr_RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR. 123, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Grunderwerbsteuer wird mit Null Euro festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt/Verfahrensgang

I.1. Mit Übergabsvertrag vom erfolgte die schenkungsweise Übergabe der Liegenschaft Gst_I von A_und_BG an den Sohn Bf, Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall. Der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers errechnete aufgrund dieses Vorganges eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € 215,11. dieser Berechnung zugrunde lag ein Einheitswert der Liegenschaft von € 10.755,58. Die Berechnung erfolgte gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 iVm § 7 Abs. 1 Z. 2b GrEStG 1987.

I.2. Laut Bewertungsakt des Finanzamtes Innsbruck handelte es sich bei der Liegenschaft um ein „unbebautes Grundstück“ im Grundvermögen iSd § 51 Abs. 1 iVm § 55 BewG 1955. Mit Bescheid vom wurde die Grunderwerbsteuer - ausgehend von einem Grundstückswert von € 132.165,90 - in Höhe von € 1.633,87 festgesetzt.

I.3. Die mit Eingabe vom erhobene Beschwerde wurde damit begründet, dass bei Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks an den im § 26a Abs. 1 Z. 1 GGG angeführten Personenkreis die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG 1987 vom Einheitswert zu berechnen sei. In diesem Fall betrage die Grunderwerbsteuer 2 % vom Einheitswert, somit Euro 215,11.

Das schenkungsgegenständlichen Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen. Auf dem Grundstück befänden sich zwei Blockhütten mit dem Charakter von landwirtschaftlichen Wohn-und Wirtschaftsgebäuden. An diese Hütten angrenzend befände sich eine kleine Wiesenfläche mit Obstbäumen. Sodann münde das Grundstück in eine Böschungsfläche mit forstwirtschaftlichem Bewuchs.
In der Gesamtbeurteilung der Grundverkehrsbehörde werde von einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück ausgegangen.

I.4. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte die Abgabenbehörde aus, das Grundstück sei von der Bewertungstelle des Finanzamtes Innsbruck (letzte Feststellung zum , Wertfortschreibung) als unbebautes Grundstück im Grundvermögen bewertet worden. Es handle sich somit beim Grundstück nicht um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück und könne daher nur der Grundstückswert als Bemessungsgrundlage zum Ansatz kommen.

I.5. Im Vorlageantrag erfolgte kein weiteres Vorbringen.

I.6. Im Vorlagebericht vom verwies die Abgabenbehörde auf die Bindungswirkung von Einheitswertbescheiden als Feststellungsbescheide gemäß § 192 BAO. Nach § 252 Abs. 1 BAO könne ein Abgabenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, die im Feststellungsbescheid (Einheitswertbescheid) getroffenen Entscheidungen seien unzutreffend. Der beschwerdegegenständliche Einwand, es sei nicht ein unbebautes Grundstück, sondern ein land-und forstwirtschaftliches Grundstück übertragen worden, könne somit nicht im Verfahren gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vorgebracht werden.

I.7. Mit Eingabe vom an die Bewertungsstelle des Finanzamtes Innsbruck beantragten der Beschwerdeführer und sein Vater, BG, das Grundstück Gst_I als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu erfassen und zu bewerten. Dem Antrag angeschlossen war ein Bescheid der Grundverkehrsbehörde vom , aus dessen Begründung nach einer Beschreibung der Beschaffenheit des Grundstücks hervorgeht, dass das Grundstück von der Grundverkehrsbehörde als land-bzw. forstwirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 TGVG 1996 beurteilt wurde.


I.8. Am erließ das Finanzamt Innsbruck (Bewertungsstelle) zum einen einen Einheitswertbescheid zum (Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG 1955), mit dem der Einheitswert für den Grundbesitz festgestellt wurde. Gemäß Spruchpunkt 1 handelt es sich bei der Art des Steuergegenstandes um einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Gemäß Spruchpunkt 2 wird kein Einheitswert festgestellt. Der Begründung des Bescheides zufolge unterblieb die Feststellung des Einheitswertes gem. § 25 Z. 1 BewG, da die Berechnung des Ertragswertes der wirtschaftlichen Einheit weniger als € 150 ergab. Die Nachfeststellung sei erforderlich gewesen, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet worden sei.

Zum anderen erging am ein Einheitswertbescheid zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG 1955), mit welchem der Einheitswert für den Grundbesitz „unbebautes Grundstück“ festgestellt wurde. Laut Spruchpunkt eins des Bescheides wurde kein Einheitswert festgestellt. In der Begründung wurde ausgeführt, die Berechnung des Einheitswertes der wirtschaftlichen Einheit ergebe weniger als € 400, weshalb gemäß § 25 Z. 1 BewG 1955 eine Feststellung des Einheitswertes unterbleibe.
Die Fortschreibung sei erfolgt, da die Grundparzelle Gst_I im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu erfassen sei.

II. Rechtslage und Erwägungen

II.1. Gemäß § 186 Abs. 1 BAO sind für wirtschaftliche Einheiten im Sinne des Bewertungsgesetzes - solche sind gemäß § 19 BewG 1955 u.a. land- und forstwirtschaftliche Betriebe - Einheitswerte gesondert festzustellen, wenn und soweit diese Feststellung für die Geltendmachung von Abgabenansprüchen von Bedeutung ist. Mit der Feststellung des Einheitswertes sind nach Abs. 3 leg. cit. Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung und darüber zu verbinden, wem dieser zuzurechnen ist. Im Spruch von Einheitswertbescheiden ist somit über die Art des Bewertungsgegenstandes (der wirtschaftlichen Einheit), den Stichtag für die Wertermittlung, die Höhe des Einheitswertes sowie die Zurechnung abzusprechen. Die Bindungswirkung eines solchen Einheitswertbescheides schließt alle Elemente des Spruches ein ().

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Einheitswertbescheide als Feststellungsbescheide gemäß § 186 Abs 1 BAO sind gemäß § 192 BAO für Abgabenbescheide bindend ( mwN).

II.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. a GrEStG 1987 ist der Erwerb eines Grundstückes, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert € 1.100 nicht übersteigt, von der Besteuerung ausgenommen.

II.3. Die Abgabenbehörde verweist zu Recht auf die Bindungswirkung von Einheitswertbescheiden für das Verfahren über die Festsetzung von Grunderwerbsteuer.

Im gegenständlichen Fall erging zum Stichtag ein Einheitswertbescheid, mit dem das Grundstück Gst_I als forstwirtschaftliches Grundstück bewertet und für dieses Grundstück kein Einheitswert festgestellt wurde.

Die Rechtsmittelbehörde hat grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen. Daher sind Veränderungen des Sachverhaltes idR zu berücksichtigen (Ritz, BAO § 279 Tz 31 mwN ).

Für die hier zu treffende Entscheidung war somit die mit Bescheid vom zum Stichtag erfolgte Bewertung des Grundstücks im forstwirtschaftlichen Vermögen mit einem so geringen Einheitswert, dass dessen Feststellung gem. § 25 Z. 1 BewG 1955 unterblieb, maßgeblich.

II.4. Die Übertragung des Grundstücks Gst_I stellt zwar einen grunderwerbsteuerbaren Erwerb iSd § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 dar, fällt jedoch unter die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit.. Ein Grunderwerbsteuerbescheid hat daher zwar zu ergehen, die Steuerfestsetzung hat aber mit Null Euro zu erfolgen.               

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war die Entscheidung unter Zugrundelegung eines seit Erlassung des bekämpften Bescheides geänderten Sachverhaltes zu treffen; eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war dabei nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 186 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. a GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100957.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at