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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.03.2020, RV/7103976/2014

Keine Anrechnung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) auf Verspätungszuschläge (§ 135 BAO)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die Jahre 2003 bis 2011 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) ist nichtEU Staatsbürger und laut aktenkundigem Melderegisterauszug seit 1990 in Österreich ansässig.

Mit Vorhalt vom wurde dem Bf vom Finanzamt mitgeteilt, dass der österreichischen Finanzverwaltung Informationen über die vom Bf in der Schweiz unterhaltenen Konten oder Depots samt jährlichen Kontoständen übermittelt worden seien, wobei der Bf unter anderem ersucht wurde, die Höhe der von ihm in den Jahren 2003 bis 2012 erzielten steuerpflichtigen Einkünfte, die auf Schweizerischen Konten oder Depots verbucht wurden, anzugeben.

Mit Datum erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2011 in denen "Steuer von Kapitalerträgen aus ausländischen Kapitalanlagen" in Ansatz gebracht wurden, wobei in der Bescheidbegründung auf eine Selbstanzeige hingewiesen wurde. Mit selbem Datum setzte das Finanzamt für die Jahre 2003 bis 2011 Verspätungszuschläge und Anspruchszinsen in folgender Höhe bescheidmäßig fest und verwies in der Begründung der Verspätungszuschlagsbescheide auf § 135 BAO:


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Jahr
Einkommensteuer
Verspätungszuschlag
%
Anspruchszinsen
Summe
2003
48.209,22 €
4.820,92 €
10
7.080,87 €
60.111,01 €
2004
22.864,79 €
2.286,47 €
10
3.651,98 €
28.803,24 €
2005
33.445,07 €
3.344,50 €
10
5.319,65 €
42.109,22 €
2006
17.903,05 €
1.790,30 €
10
2.408,97 €
22.102,32 €
2007
48.524,88 €
4.852,48 €
10
5.155,04 €
58.532,40 €
2008
16.848,92 €
1.684,89 €
10
1.604,41 €
20.138,22 €
2009
15.237,61 €
1.523,76 €
10
1.112,44 €
17.873,81 €
2010
12.467,00 €
997,39 €
8
600,44 €
14.064,83 €
2011
7.163,00 €
429,78 €
6
167,15 €
7.759,93 €
 
222.663,54 €
21.730,49 €
 
27.100,95 €
271.494,98 €

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung des Bf Berufung gegen die Bescheide betreffend die Festsetzung von Verspätungszuschlägen wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen 2003 bis 2011 vom und führte darin aus, dass der Bf am durch Übergabe eines Schriftsatzes eine Offenlegung gemäß § 29 FinStrG erstattet hätte, in welcher er bis dahin nicht versteuerte ausländische Kapitaleinkünfte in der Schweiz für die Jahre 2003 bis 2011 gegenüber dem Finanzamt offengelegt hätte. Aus den angefochtenen Verspätungszuschlagsbescheiden hätten Verspätungszuschläge in Höhe von 21.730,49 € resultiert - neben den Einkommensteuerbescheiden und Anspruchszinsenbescheiden für die betreffenden Jahre. Aus den Bescheiden ergäbe sich eine Gesamtbelastung (Einkommensteuer, Anspruchszinsen und Verspätungszuschläge) in Höhe von 271.494,98 €. Auf eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 222.663,54 € sei eine Nebenbelastung in Höhe von 48.831,44 € gekommen, was einer Verzinsung von 21,93 % entspreche. Die steuerliche Vertretung räumte ein, dass Anspruchszinsen bzw Verspätungszuschläge von unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen abhängig und daher gegebenenfalls nebeneinander verhängbar seien, jedoch seien Anspruchszinsen bei der Verhängung von Verspätungszuschlägen zu berücksichtigen ( GZ 05 2001/2-IV/5/01, Abschnitt 10). Angesichts der Tatsache, dass die Verspätungszuschläge für die betreffenden Jahre am oberen Ende des behördlichen Ermessens angesetzt worden seien und dies mit der vieljährigen Verspätung begründet wurde, der Zinsvorteil der entsprechenden Jahre jedoch bereits durch die Anspruchszinsen abgegolten sei, seien die Verspätungszuschläge zu hoch angesetzt. Die steuerliche Vertretung des Bf beantragte daher die Anspruchszinsen von den Verspätungszuschlägen in Abzug zu bringen und die Verspätungszuschlagsbescheide für die Jahre 2003 bis 2007 aufzuheben sowie die Verspätungszuschlagsbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 abzuändern:


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Jahr
Verspätungszuschlag lt Bescheid
Anspruchszinsen
Verspätungszuschlag lt Bf
2003
4.820,92 €
7.080,87 €
0,00 €
2004
2.286,47 €
3.651,98 €
0,00 €
2005
3.344,50 €
5.319,65 €
0,00 €
2006
1.790,30 €
2.408,97 €
0,00 €
2007
4.852,48 €
5.155,04 €
0,00 €
2008
1.684,89 €
1.604,41 €
80,48 €
2009
1.523,76 €
1.112,44 €
411,32 €
2010
997,39 €
600,44 €
396,95 €
2011
429,78 €
167,15 €
262,63 €
 
21.730,49 €
27.100,95 €
1.151,38 €

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom abgewiesen und damit begründet, dass aufgrund der Tatsache, dass seit 1990 falsche oder keine Abgabenerklärungen eingereicht worden seien, fest stehe, dass es kein einmaliges entschuldbares Versehen gewesen sei. Die Höhe des Verspätungszuschlages ergebe sich aus dieser Tatsache und auch aus der nicht unbeträchtlichen Höhe der vom Bf nicht erklärten Kapitaleinkünfte. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass derjenige, der über ein größeres Vermögen verfügt, auch Kenntnis von der potentiellen Steuerpflicht anfallender Erträge habe. Zu berücksichtigen sei überdies gewesen, dass die Besteuerung von Kapitaleinkünften aus in der Schweiz angelegtem Kapitalvermögen seit Jahren in den Medien und der öffentlichen Diskussion massiv thematisiert worden sei. Da Anspruchszinsen bzw Verspätungszuschläge von verschiedenen Umständen abhängig und für verschiedene Tatbestände festgesetzt würden, könnten die Anspruchszinsen nicht von den Verspätungszuschlägen in Abzug gebracht werden.

Im Vorlageantrag vom verwies die steuerliche Vertretung auf die Begründung ihrer Berufung.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf ist nichtEU Staatsbürger und seit Juli 1990 in Österreich ansässig.

Der Bf hat mit Selbstanzeige vom bis dahin nicht versteuerte ausländische Kapitaleinkünfte in der Schweiz für die Jahre 2003 bis 2011 gegenüber dem Finanzamt offengelegt.

Mit Bescheiden vom wurden für die Jahre 2003 bis 2011 Einkommensteuer und Anspruchszinsen sowie Verspätungszuschläge wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen in Höhe von 10 % (für die Jahre 2003 bis 2009), 8 % (für das Jahr 2010) und 6 % (für das Jahr 2011) der Einkommensteuer festgesetzt.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Beschwerde und den Einkommensteuer- und Verspätungszuschlagsbescheiden sowie den Bescheiden über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2003 bis 2011.

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 135 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; (…)

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Bf beim Finanzamt innerhalb der Frist zur Einreichung der jeweiligen Abgabenerklärung keine Einkommensteuererklärung für die Jahre 2003 bis 2011 eingereicht hat.

Zweck des Verspätungszuschlages ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen. Der Verspätungszuschlag hat auch die Funktion der Abgeltung von Verzugszinsen und von erhöhtem, durch die nicht rechtzeitige Einreichung der Abgabenerklärung verursachten Verwaltungsaufwand (Ritz, BAO6, § 135 Tz 1).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verspätung nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (zB ).

Tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages ist somit das Vorliegen einer nicht entschuldbaren Verspätung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verspätung dann entschuldbar, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, das heißt, wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Die Judikatur erachtet in diesem Zusammenhang grobe Fahrlässigkeit als gegeben, wenn eine so schwere Sorgfaltswidrigkeit gesetzt wird, wie sie einem ordentlichen Menschen in dieser Situation keineswegs unterläuft. Als leicht fahrlässig gilt ein Verhalten, wenn es auf einem Fehler beruht, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht.

Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind aber nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (Ritz, BAO6, § 135 Tz 10).

In der Unterlassung einer entsprechenden, den Umständen und persönlichen Verhältnissen nach gebotenen oder zumindest zumutbaren Erkundigung bei Dritten (zB Abgabenbehörden oder einer gesetzlich zur Rechtsberatung zugelassenen Person oder hierfür eingerichteten Stelle) liegt ein Verschulden (zB ).

Jeder Abgabepflichtige hat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben jenes Maß an Sorgfalt anzuwenden, das von ihm objektiv nach den Umständen des Einzelfalls gefordert werden kann. Verletzt er nach diesen Maßstäben beurteilt die Verpflichtung, die Abgabenerklärungen rechtzeitig einzureichen, gilt die Säumnis als verschuldet.

Dass sich der Bf über eine allfällige Steuer- und damit Erklärungspflicht seiner Einkünfte aus den ausländischen Kapitalveranlagungen in irgendeiner Weise bei der Abgabenbehörde oder einem fachkundigen Dritten (zB Steuerberater oder Rechtsanwalt) erkundigt hätte, wurde nicht behauptet. Schon damit liegt aber nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Verschulden im Sinne des § 135 BAO vor. Eine solche Erkundigung wäre schon im Hinblick auf die Höhe der erzielten Einkünfte naheliegend und geboten gewesen.

Soweit der Bf im Rahmen der Offenlegung gemäß § 29 FinStrG ausführt, dass die Einkünfte aus den ausländischen Kapitalveranlagungen aus den Konten und Depots bei der Bank X, Zürich, sowie aus den Konten und Depots in Kanada, Großbritannien und Jersey von ihm irrtümlich nicht in Österreich erklärt worden seien, ist dem entgegen zu halten, dass dieses Vorbringen realitätsfremd ist. Da der Bf in der Lage war, sich um die Vermehrung seines Vermögens zu kümmern, musste er auch in der Lage sein, sich über die Versteuerung zu informieren.

Im Hinblick darauf, dass b ei Zweifel über die Gesetzeslage und die Richtigkeit einer rechtlichen Beurteilung von einer Verpflichtung auszugehen ist, sich fachkundig zu informieren und beraten zu lassen (vgl Stoll, BAO, 1529, und die dort zitierte Judikatur) bzw dass bereits das Unterlassen einer dem Abgabepflichtigen nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbaren Erkundigung über die Versteuerung ein Verschulden darstellt, das das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums ausschließt (), ist von einer nicht entschuldbaren Verspätung auszugehen.

Da es der Bf über mehrere Jahre hinweg unterlassen hat, sich über seine steuerlichen Pflichten zu informieren, liegt ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden vor, da mit diesem Verhalten eine so schwere Sorgfaltswidrigkeit gesetzt wurde, wie sie einem ordentlichen Menschen in dieser Situation keineswegs unterläuft.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 135 BAO für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages lagen damit im gegenständlichen Fall vor.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, der Grad des Verschuldens und die persönlichen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen.

Im Beschwerdefall ist die Fristüberschreitung erheblich: Die Einkommensteuererklärung 2003 wäre bis spätestens Ende Juni 2004 einzureichen gewesen. Die längste Fristversäumnis beträgt damit fast neun Jahre (Offenlegung gemäß § 29 FinStrG am ). Auch die Erklärung 2011 wäre bereits bis spätestens Juni 2012 einzubringen gewesen, womit auch die kürzeste Fristversäumnis mehr als ein Dreivierteljahr beträgt. Diese Fristversäumnis kann somit nicht als geringfügig angesehen werden. Angesichts des doch beträchtlich divergierenden Ausmaßes der Fristüberschreitungen ist - dem Vorgehen der belangten Abgabenbehörde entsprechend - eine auf diesen Umstand Bedacht nehmende Differenzierung beim Ausmaß des Verspätungszuschlages geboten (2003-2009: 10 %, 2010: 8 %, 2011: 6 %).

Zum bisherigen steuerlichen Verhalten des Bf wird darauf verwiesen, dass dieser trotz Ansässigkeit in Österreich seit Juli 1990 erst mit der Offenlegung gemäß § 29 FinStrG am die Bemessungsgrundlagen der Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2011 bekanntgegeben hat und überhaupt erstmals am eine Einkommensteuererklärung (für das Jahr 2012) eingereicht hat. Im Hinblick darauf, dass es sich beim gegenständlichen Streitzeitraum um neun Jahre handelt, ist hinsichtlich des bisherigen steuerlichen Verhaltens des Abgabepflichtigen von einer mehrfachen Säumigkeit des Bf bezüglich seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung zur Einreichung von Einkommensteuererklärungen auszugehen.

Diese wiederholte Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten ist bei der Ermessensübung ebenso zu berücksichtigen wie der Grad des Verschuldens des Bf, der - wie oben zum Ausschluss der Entschuldbarkeit ausgeführt - über den minderen Grad des Versehens hinausgeht.

Auch der finanzielle Vorteil liegt auf der Hand, hat doch der Bf jahrelang gar keine Steuern bezahlt und so über den gesamten Wertzuwachs verfügen können. Finanzielle Vorteile aus einer verspäteten oder wie im vorliegenden Fall gänzlich unterlassenen Erklärungsabgabe sind vor allem Zinsvorteile durch das Hinausschieben der Entrichtung der Abgabenschuld. Unter finanziellen Vorteilen sind allerdings nicht nur Zinsvorteile, sondern wirtschaftliche Vorteile aller Art zu verstehen, beispielsweise eine höhere Liquidität (Stoll, BAO, 1534). Unter Bedachtnahme des mit der über Jahre hindurch unterlassenen Einreichung der Erklärungen erzielten finanziellen Vorteils, der darin besteht, dass die Entrichtung der nicht unerheblichen Abgabennachforderung geraume Zeit hinausgeschoben wurde, erscheinen Verspätungszuschläge in Höhe von 10 % für die Jahre 2003 bis 2009, 8 % für das Jahr 2010 und 6 % für das Jahr 2011 angemessen.

Allerdings ist zu beachten, dass für die Jahre 2003 bis 2011 auch Anspruchszinsen betreffend die Einkommensteuernachforderungen festgesetzt wurden. Der Zinsvorteil des Abgabepflichtigen wird bei Festsetzung von Anspruchszinsen bereits durch allfällige Nachforderungszinsen abgeschöpft. Eine zweifache Berücksichtigung dieses Zinsvorteils wäre unzulässig (Ritz, BAO6, § 135 Tz 13). Dabei ist im gegenständlichen Fall aber zu berücksichtigen, dass nur ein Teil des durch die unterlassenen Erklärungsabgaben erzielten Zinsvorteils durch Anspruchszinsen ausgeglichen wird. Diese umfassen beispielsweise das erste Streitjahr (2003) betreffend nur den Zeitraum bis (= 42 Monate), nicht jedoch den übrigen Zeitraum von 60 Monaten bis zur Bekanntgabe des Bescheides (), in dem der Bf durch Nichtabgabe der Erklärung ebenfalls einen Zinsvorteil erzielt hat. Gleichzeitig hat die Abgabenbehörde aber die beiden letzten Streitjahre (2010 und 2011) betreffend dem Umstand, dass in diesen Jahren der durch die unterlassenen Erklärungsabgaben erzielte Zinsvorteil durch Anspruchszinsen ausgeglichen wurde dahingehend Rechnung getragen, dass der Verspätungszuschlag in den Jahren 2010 und 2011 lediglich in Höhe von 8 % (2010) bzw 6 % (2011) der festgesetzten Abgabe auferlegt wurde.

Zum Vorbringen der steuerlichen Vertretung, wonach "auf eine Einkommensteuer-nachzahlung iHv EUR 222.663,54 eine Nebenbelastung iHv EUR 48.831,44 komme, was einer Verzinsung von knapp 22 % (exakt 21,93 %) entspreche", ist anzumerken, dass es sich beim Verspätungszuschlag um keine Verzinsung, sondern um eine Sanktion für die verspätete Einreichung bzw - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - für die Nichteinreichung von Abgabenerklärungen handelt und die in den einzelnen Jahren festgesetzten Anspruchszinsen jeweils einen Zeitraum von mehreren Jahren (maximal 42 bis 48 Monate) betreffen: beispielsweise entsprechen die für das Jahr 2003 festgesetzten Anspruchszinsen in Höhe von 7.080,87 € nicht einmal einer Verzinsung von 1,6 % über einen Zeitraum von neun Jahren (Zeitraum der Fristversäumung) eines Kapitals in Höhe der für das Jahr 2003 festgesetzten Einkommensteuer von 48.209,22 € (48.209,22 x 1,0169 - 48.209,22 = 7.403,41) wobei wohl davon auszugehen ist, dass der Bf mit der um Jahre verspätet entrichteten Einkommensteuer eine mehrfach höhere Rendite lukriert haben wird.

Die vom Bf angestrebte Anrechnung der Anspruchszinsen auf die Verspätungszuschläge kommt schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der Festsetzung von Anspruchszinsen einerseits und der Verhängung von Verspätungszuschlägen andererseits nicht in Betracht. Die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages setzt das Vorliegen eines Zinsvorteils nicht voraus. Der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages ist darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll.

Überdies decken sich die für die Bemessung von Verspätungszuschlägen und von Anspruchszinsen maßgeblichen Zeiträume in der Regel nicht, weil Anspruchszinsen nach § 205 BAO erst ab 1. Oktober des dem Entstehen des Abgabenanspruchs folgenden Jahres und nur für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 42 bzw ab 2005 von höchstens 48 Monaten vorgeschrieben werden dürfen.

§ 205 BAO muss selbst der Ausschöpfung des Höchstbetrages des § 135 BAO dann nicht entgegenstehen, wenn die übrigen Ermessenskriterien - insbesondere das Ausmaß der Fristüberschreitung, das bisherige steuerliche Verhalten sowie der Grad des Verschuldens - erheblich ins Gewicht fallen ().

Bei der Ermessensübung ist die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der unbestreitbaren objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen nicht außer Betracht zu lassen.

Unter Berücksichtigung der außergewöhnlich langen Fristüberschreitung von beispielsweise fast neun Jahren das erste Streitjahr (2003) betreffend, einer in Zusammenhang mit dem bisherigen steuerlichen Verhalten des Abgabepflichtigen stehende mehrfache Säumigkeit des Bf bezüglich seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen, des über den minderen Grad des Versehens hinausgehenden Grades des Verschuldens und des Umstandes, dass in den Streitjahren 2003 bis 2009 nur ein Teil des durch die unterlassenen Erklärungsabgaben erzielten Zinsvorteils durch Anspruchszinsen ausgeglichen wurde, erscheint die Festsetzung des Verspätungszuschlages für die Jahre 2003 bis 2009 in der maximalen Höhe von 10 % der festgesetzten Einkommensteuer gerechtfertigt. Im Hinblick darauf, dass in den beiden letzten Streitjahren (2010 und 2011) der durch die unterlassenen Erklärungsabgaben erzielte Zinsvorteil durch Anspruchszinsen ausgeglichen wurde, ist die Verhängung des Verspätungszuschlages in Höhe von 8 % (2010) bzw 6 % (2011) der festgesetzten Abgabe angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im gegenständliche Verfahren zu klärende Rechtsfrage der Anrechnung von Anspruchszinsen auf die Verspätungszuschläge, wurde im Sinne der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entscheiden.
Da die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vorliegen, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 29 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 135 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Verspätungszuschlag
Abgabenerklärung
Verschulden
Sorgfaltswidrigkeit
Gesetzesunkenntnis
Fahrlässigkeit
Irrtum
Versehen
Ermessen
Anspruchszinsen
Zinsvorteil
Fristüberschreitung
Ermessensübung
Verweise




Ritz, BAO 6. Auflage, § 135 Tz 1, 10 und 13
Stoll, BAO, 1529 und 1534
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103976.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at