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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2020, RV/7102669/2013

Nichtanerkennung von Sachverständigengutachten betreffend Restnutzungsdauer

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1744/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erklärte für das Streitjahr 2011 in ihrer Einkommensteuererklärung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sowie Einkünfte aus Spekulationsgeschäft, deren Höhe im gegenständlichen Verfahren unstrittig ist.

Außerdem erklärte die Bf. für das Jahr 2011 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowohl als Miteigentümerin, als auch als Alleineigentümerin.

Einkünfte aus Vermietung als Miteigentümerin erklärte die Bf. in Höhe von € 21.195,85 aus zwei Beteiligungen und erklärte, dass die Höhe der Einkünfte aus der dritten Beteiligung noch unbekannt sei.

Die Höhe der Einkünfte aus Vermietung als Alleineigentümerin von fünf Eigentumswohnungen gab die Bf. mit der Gesamtsumme von € -3.096,44 an und übermittelte Erklärungsbeilagen für jede Wohnung getrennt mit Angabe der Einkünfte, sowie der Ausgaben, darunter auch die Beträge der jeweils angesetzten Afa.


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Adresse
Einkünfte
Afa Wohnung
Afa
Instandhaltung
Adresse1
2.612,83
1.937,60
587,54
Adresse2
642,99
1.390,67
Adresse3
-3.695,94
1.965,00
3.178,26
Adresse4
-533,51
1.171,88
3.468,32
Adresse5
-2.122,88
2.122,80
Summe
-3.096,44

Insgesamt erklärte die Bf. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von € 18.099,41.

Das Finanzamt ersuchte um Vorlage eines Gutachtens betreffend Objekt Adresse5 und Prognoserechnung für Objekt Adresse3.

Nach Vorlage der Unterlagen erließ das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011. In diesem Bescheid setzte das Finanzamt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit € 23.191,18 (davon entfallend € 21.195,85 aus Miteigentumsanteilen und € 1.995,33 aus Alleineigentumsvermietung der fünf Wohnungen) fest.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2011 wurde mit € 12.122,- festgesetzt.

Zur Begründung der Abweichung vom Begehren der Bf. führte das Finanzamt aus, dass die AfA von Gebäuden, welche der Erzielung von Einkünften aus Vermietung dienen gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit e EStG in der für das Streitjahr 2011 geltenden Fassung ohne Nachweis der Nutzungsdauer 1,5% der Bemessungsgrundlage betrage.

Die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer von 66 2/3 Jahren gelte sowohl bei neu erbauten als auch bei erworbenen Gebäuden, wobei in letzterem Fall die Restnutzungsdauer vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes abhänge ().

Die Beweislast der Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung einer kürzeren Restnutzungsdauer treffe den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen sei (), welches der freien Beweiswürdigung unterliege.

Ein solches Gutachten müsse jedenfalls auf den konkreten Bauzustand im Zeitpunkt des Ankaufes eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (). Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen werde, bilde keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer ().

Das Gutachten betreffend die Wohnung Adresse5 mit Stichtag mit der angegebenen Restnutzungsdauer von 29 Jahren enthalte nach Ansicht des Finanzamtes außer der Bemerkung "Schäden zufolge aufsteigender Feuchte", kein Eingehen auf den Bauzustand, keine Angaben über die Bauausführung, keine Prüfbefunde über die Tragfähigkeit der Fundamente, sowie keine Sachwertermittlung zur Feststellung von Gebäudewert und Grundwert, weshalb es aufgrund der Verwaltungsgerichshofjudikatur nicht zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung geeignet sei. Die Berechnung sei durch Abzug des Gebäudealters vom möglichen Gesamtalter 80 Jahre erfolgt. Die Afa werde vom Finanzamt korrigiert und auf Basis von Anschaffungskosten von € 124.870,30, Beachtung eines 20%igen Grundanteiles mit 1,5% von € 99.896,24, davon die Hälfte mit € 749,22 angesetzt. Die Instandhaltungsaufwendungen, welche von der Bf. auf 8 Jahre aufgeteilt worden seien, werden ab 2012 auf 10 Jahre (Ausnahme Küche) verteilt abzusetzen sein.

Hinsichtlich der Wohnung Adresse3 sei der von der Bf. mit 4% angesetzte Afasatz auf 1,5% Afa korrigiert worden, da von der Bf. nicht ausgeführt worden sei, warum ein von der gesetzlichen Vermutung abweichender Satz angemessen sei bzw. kein Gutachten vorliege. Die Afa wurde von € 1.965,00 auf € 736,88 gekürzt (Anschaffungskosten € 61.406,40 abzüglich 20 % Grundanteil).

Bezüglich der Wohnung Adresse4 wurde der von der Bf. mit 2,27% berechnete AfaSatz unter Hinwies auf die Judikatur auf 1,5% verringert, da auch in diesem Fall kein Gutachten vorgelegen sei. Die mit € 1.171,88 beantragte AfA wurde auf € 877,97 (Anschaffungskosten 73.164,20 abzüglich 20% Grundwert) korrigiert. Die Instandhaltungsaufwendungen seien entsprechend der Berechnung (Aufteilung verbleibende Beträge auf 9 Jahre) Wohnung Adresse5-30/5 geändert worden.

Hinsichtlich der Wohnung Adresse2 sei der von der Bf. mit 2,27% berechnete AfaSatz ebenfalls auf 1,5% reduziert worden, da das vorgelegte Gutachten mangels Aussagen zum konkreten Bauzustand bei Anschaffung nicht den von der Judikatur vorgegebenen Kriterien zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung entspreche. Die Afa wurde mit € 839,81 errechnet, wobei von Anschaffungskosten von € 96.983,94 abzüglich eines Grundanteiles von 20% ausgegangen worden sei.

Betreffend die Wohnung Adresse1 wurde der von der Bf. mit 2,7% angesetzte AfaSatz ebenfalls auf 1,5% gekürzt und satt € 1.937,60 eine Afa in Höhe von € 964,95 errechnet (Anschaffungskosten € 80.412,49 abzüglich 20% Grundanteil).

Die Bf. erhob fristgerecht Berufung (Beschwerde) gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 und erklärte, dass die vom Finanzamt vorgenommene Änderung der Abschreibungsdauer von Instandhaltungen anerkannt werde, jedoch der Ansatz der Restnutzungsdauer der fünf Wohnungen mit 66 2/3 Jahren, sowie die Berücksichtigung der Grundanteile mit 20% bekämpft werde.

Die Bf. gab bekannt, sie habe für ihre Altersvorssorge folgende

Eigentumswohnungen in älteren Häusern angeschafft:


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Adresse
Anschaffung
Errichtung
Restnutzungsdauer
Energieeffizienz
Adresse1
1973
37 Jahre
C
Adresse2
ca 1975
44 Jahre
C
Adresse3
1956
25 Jahre
nicht vorhanden
Adresse4
1956
25 Jahre
C
Adresse5
ca. 1960
25 Jahre
D

Die Bf. legte das Gutachten betreffend Adresse4 vor und verwies darauf, dass ein Gutachten betreffend Adresse3 vorgelegt worden sei.

Ergänzend verweist die Bf. auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes , 2002/13/0112 und , 2004/15/0006, in welchen ausgesagt werde, dass bei der Restnutzungsdauer auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigsten Erhaltungsarbeiten bedacht zu nehmen sei.

Die Bf. verweist darauf, dass nach ihrer Ansicht bauphysikalische Fragen, insbesondere die Energieeffizienz ein immer größer werdendes Kriterium für die Restnutzungsdauer darstellen.

Die Bf. bemängelt als Verfahrensmangel, dass das Finanzamt in den Jahren 1996 bis 2010 die Abschreibungsgrundlagen akzeptiert habe und jetzt ohne Vorhalt davon abweiche. Außerdem wird das Nichteinhalten des rechtlichen Gehörs bis auf das Objekt Adresse5 kritisiert.

Hinsichtlich der Objekte Adresse1 und Adresse2 seien 1996 bzw. 1998 die Gutachten eingesehen bzw. überprüft worden. Das Finanzamt hätte den konkreten Mangel der Gutachten vorhalten und eine Verbesserungsmöglichkeit einräumen müssen.

Die Bf. legte ergänzend die Energieausweisunterlagen betreffend die Wohnungen Adresse1, Adresse2 und Adresse4, sowie Gutachten betreffend Adresse4 und Adresse3 vor und erklärte, dass ihrer Ansicht nach das Finanzamt sich mit dem Argument der mäßigen Energieeffizienz hätte auseinander setzen müssen, weil Objekte mit schlechter Energieeffizienz nicht mehr vermarktbar seien oder einer aufwendigen Sanierung bedürfen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Seitens des Bundesfinanzgerichtes wurde ergänzend festgestellt, dass neben den zwei bekannten Miteigentumsbeteiligungen noch Einkünfte der Bf. aus einer dritten Beteiligung von € - 390,03 und einer vierten Beteiligung von € 16,67 als Einkünfte aus Vermietung vorliegen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ob durch die vorgelegten Gutachten betreffend die Ermittlung der Restnutzungsdauer im Rahmen der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung der fünf Eigentumswohnungen durch die Bf. die gesetzliche Vermutung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung widerlegt wird und eine kürzere Nutzungsdauer anzunehmen ist.

Das Bundesfinanzgericht geht im vorliegenden Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Die Bf. erzielte im Streitjahr 2011 Einkünfte aus vier Beteiligungen an Miteigentümergemeinschaften aus Vermietung in Höhe von insgesamt € 20.822,54.


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St.Nr
Betrag
StNr.1
17.585,61
StNr.2
3.610,29
St.Nr.3
16,67
St.Nr.4
-390,03
Summe
20.822,54

Die Bf. erklärte Einkünfte aus der Vermietung der im folgendem angeführten fünf Eigentumswohnungen als Alleineigentümerin:

Adresse, Anschaffung, Baujahr, Erwerbsdatum, Afa, Grundanteil


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Adresse
Anschaffung
Baujahr
Rest ND
Afa
Einkünfte erklärt
Adresse1
9/1996
1973
37
1.937,60
2.612,83
Adresse2
5/1998
ca. 1975
44
1.390,67
642,99
Adresse3
11/2005
1956
25
1.965,00
-3.695,94
Adresse4
10/2009
1956
25
1.171,88
-533,51
Adresse5
12/2011
ca.1960
25
2.122,80
-2.122,88
Summe
-3.096,44

Betreffend diese Wohnungen wurden von der Bf. Gutachten zur Restnutzungsdauer, sowie Energieeffizienzunterlagen vorgelegt.

Die betreffend die Wohnungen vorliegenden Gutachten enthalten folgende Angaben:

Name Gutachter, Datum Gutachten, Baujahr, Datum Erwerb, errechnete Restnutzungsdauer, Grundanteil, Angaben über Bauzustand

zu 1.) Adresse1:

Gutachter Gutachter1 vom , Stichtag: , Baujahr 1973, 74,70m², Objekt mittlerer Zustand ohne Sanierungsbedarf. 37 Jahre Rechtnutzungsdauer. Keine weiteren Angaben zum Gebäudezustand bei Anschaffung.

zu 2.) Adresse2:

Gutachter Gutachter1 vom , Stichtag Juni 1998, Baujahr ca. 1975, 51,17m², Haus in mittlerem Zustand ohne Reparatur- und Sanierungsbedarf, 44 Jahre Restnutzungsdauer. Keine weiteren Angaben zum Gebäudezustand bei Anschaffung.

zu 3.) Adresse3:

Gutachten Baumeister Gutachter2 vom , gute Lage, 50,68m², Objekt aus 1956, Zustand für das Alter als sehr gut bezeichnet, Ausstattung (Bauphysik und Haustechnik) entspricht Errichtungsjahr. Restnutzungsdauer gemäß Liegenschaftsbewertung Kranewitter berechnet: gewöhnliche Lebensdauer (60.80Jahre)-Gebäudealter = 40 Jahre technische Restnutzungsdauer. Keine gravierenden Baumängel, jedoch aufgrund der Raumaufteilung und des fehlenden Wärmeschutzes Umbau notwendig, Restnutzungsdauer gesamt 25 Jahre.

zu 4.) Adresse4:

Gutachten Gutachter3 vom , Stichtag , Objekt mäßige bis gute Lage, Baujahr 1956, Im Verhältnis zum Alter Zustand gut, große Schäden nicht zu vermerken, Haustechnik und Wärmeschutz dem Baujahr entsprechend. Raumaufteilung nicht zeitgemäß ohne Sanierung nicht vermietbar. Berechnung gemäß Kranewitter: gewöhnliche Lebensdauer-Gebäudealter=gewöhnliche Restnutzungsdauer: 80-(2009-1956) = 27 Jahre, wegen guten Gebäudezustandes technische Restlebensdauer 30 Jahre. Keine gravierenden Baumängel festgestellt. Wirtschaftliche Restlebensdauer 25 Jahre wegen Bautechnik und Raumanordnung. Grundanteil 20%.

zu 5.) Adresse5:

Gutachter Gutachter3, vom , 44,99m², Objekt sehr gute bis gute Lage, 1960 errichtet, Zustand und Abnutzung dem Alter entsprechend, In Durchfahrt und Keller Schäden aufgrund aufsteigender Feuchte, ungenügender Wärmeschutz. Wohnung derzeit nicht vermietbar ohne Renovierung. Liegenschaftsbewertung Kranewitter: gewöhnliche Lebensdauer-Gebäudealter=gewöhnliche Restnutzungsdauer: 80-(2011-1960) = 29 Jahre technische Lebensdauer. Es wurden keine gravierenden Baumängel festgestellt. Umbauten Haustechnik, Schall- und Wärmeschutz erforderlich daher wirtschaftliche Restnutzungsdauer 20-25 Jahre. Grundanteil 15%.

Im Zuge der Berufung wurden von der Bf. betreffend die Wohnungen Energieausweise vorgelegt:

Adresse1 : Energieeffizienz C

Adresse2: Energieeffizienz C

Adresse3: Energieeffizienz nicht vorhanden

Adresse4: Energieeffizienz: C

Adresse5: Energieeffizienz: D

Die Bf. bemerkte, dass in den Jahren 1996 bis 2010 die erklärte AfA vom Finanzamt anerkannt wurde.

Durch die Begründung im Einkommensteuerbescheid 2011 wurde der Bf. die Rechtsansicht des Finanzamtes betreffend der Gründe für die Nichtanerkennung der vorgelegten Gutachten betreffend die fünf vermieteten Wohnungen mitgeteilt, weshalb dieser Begründung Vorhaltscharakter zukommt und die Partei im Rahmen der Berufung (Beschwerde) Gelegenheit hatte, Stellung zu Gründen für die Änderungen der Restnutzungsdauer durch das Finanzamtes zu nehmen. Es wurde der Bf. im vorliegenden Verfahren insofern rechtliches Gehör gewährt und Gelegenheit gegeben ihre Rechtsansicht im Rahmen der Ausführungen in der Beschwerde darzulegen.

Gesetzliche Grundlagen:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EstG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten auch die Absetzungen für Abnutzung.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit e EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, dass der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient 66,6 Jahre und nicht weniger beträgt; die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch Vorlage eines schlüssigen Sachverständigengutachtens zu erbringen ist ().

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus der im § 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 genannten Einkunftsart dient, 66,6 Jahre und nicht weniger beträgt; die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Restnutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand erbracht werden muss (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2002/13/0132, und vom , 2002/13/0112).

Ein vom Steuerpflichtigen zum Nachweis der Nutzungsdauer vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Behörde. Sie hat im Falle des Abgehens von diesem Gutachten die Gründe dafür in ihrer Entscheidung darzutun. Sie ist aber nicht verpflichtet, ein Gegengutachten erstellen zu lassen. Während für die Gesamtnutzungsdauer eines neu errichteten Wohngebäudes in erster Linie die Bauweise maßgebend ist, hängt die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes vornehmlich auch vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab; hiebei ist auch auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen. Als Umstände, auf Grund derer eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden kann, kommen z.B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme in Betracht (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2000/15/0074).

Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich aus § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt (insbesondere dem Zeitpunkt der Anschaffung) zu ermitteln. Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt einer späteren Erstellung des Gutachtens ausgeht, ist daher bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0175). Erfolgt die Befundaufnahme längere Zeit nach dem Bewertungsstichtag, wird der Gutachter daher auch Aussagen darüber zu treffen haben, auf Grund welcher Anhaltspunkte (Vorliegen zeitnaher Dokumentationen, Hinweise auf vorgenommene Erhaltungsarbeiten, Nutzungsintensität) aus dem vorgefundenen Ist-Zustand auf die zum früheren Bewertungsstichtag gegebenen Verhältnisse geschlossen werden konnte (vgl. das Erkenntnis vom , 2002/13/0112).

Die Abgabenbehörde ist hinsichtlich jedes einzelnen Veranlagungszeitraumes verpflichtet, die Abgaben dem Gesetz entsprechend zu bemessen. An dieser Verpflichtung ändert es nichts, wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall - den von der Beschwerdeführerin angewandten Abschreibungssatz zunächst für Vorjahre der Abgabenfestsetzung zu Grunde gelegt und erst für die folgenden Veranlagungszeiträume - hier für das Jahr 2011 - eine entsprechende Nachweisführung verlangt hat (vgl. die Erkenntnisse vom , 2001/13/0135, und vom , 2002/13/0112).

Aus den von der Bf. vorgelegten Werten betreffend Energieeffizienz ergeben sich keine Angaben über den Bauzustand im Zeitpunkt der Erwerbe der vermieteten Wohnungen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vermag nur ein Gutachten, welches Aussagen über einen schlechten Bauzustand, schlechte Bauausführung oder besondere statische Probleme zum Zeitpunkt der Anschaffung der vermieteten Wohnung enthält, eine kürzere als die gesetzlich vorgegebene Nutzungsdauer zu rechtfertigen.

Auch in dem von der Bf. in ihrer Berufung zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgeführt, dass ein Nachweis der kürzeren als der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer durch ein Gutachten, welches weder konkret auf den Bauzustand oder sonstige Baumängel eingeht, als nicht erbracht anzusehen ist.

Im Gutachten betreffend Adresse5 werden Schäden infolge aufsteigender Feuchte im Bereich Durchfahrt und Keller erwähnt, jedoch wird auf Seite 18 des Gutachtens abschließend ausgeführt, dass keine gravierenden Baumängel betreffend die Wohnung vorliegen.

Auch die Gutachten betreffend die Wohnungen

Adresse1

Adresse2

Adresse3

Adresse4

enthalten keine der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur (VwGH 2004/15/0006 v. ) geforderten Angaben betreffend einen schlechten Bauzustand zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnungen, welche eine Abweichung von der gesetzlich bestimmten Restnutzungsdauer rechtfertigen.

In den vorliegenden Gutachten sind keine Angaben über Gebäudebeeinträchtigungen bzw. Baumängel ersichtlich, es wird jeweils nur auf die nicht mehr zeitgemäße Ausstattung der Wohnungen verwiesen, welche jedoch keine Baumängel im sinn der Rechtsprechung darstellen.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wurde die Restnutzungsdauer der fünf vermieteten Wohnungen vom Finanzamt zu Recht aufgrund der gesetzlichen Vorschrift des § 16 Abs. 1 Z 8 lit e EStG 1988 in der für 2011 geltenden Fassung festgestellt, die Afa mit 1,5 % berechnet und die betreffend die fünf vermieteten Wohnungen vorgelegten Gutachten nicht als Nachweis von kürzeren Restnutzungsdauern anerkannt.

Die in den vorgelegten Gutachten betreffend die Restnutzungsdauer der vermieteten Wohnungen ausgeführten Berechnungen enthalten ausgehend von der geschätzten Gesamtnutzungsdauer nach Abzug der bisherigen errechnete Werte der restlichen Nutzungsdauer. Diese Feststellungen können nicht als taugliche Grundlagen für ein schlüssiges Gutachten im Sinn der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angesehen werden, vor allem weil es den Gutachten an Angaben zum Bauzustand, insbesondere der tragenden Teile, mangelt.

Durch die betreffend die von der Bf. vermieteten fünf Wohnungen vorgelegten Gutachten kann der von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangte nachvollziehbare Bezug zwischen dem Befund und den von den Gutachtern angesetzten Restnutzungsdauerwerten nicht hergestellt werden.

Die vorliegenden Gutachten können daher die gesetzliche Vermutung der Restnutzungsdauer von 66 2/3 Jahren nicht entkräften, weshalb die Höhe der Beträge für Absetzung für Abnutzung zu berichtigen waren.

Die Einkünfte aus den fünf vermieteten Wohnungen werden in Höhe des im Erstbescheid mit € 1.995,33 angesetzten Betrages bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung für das Jahr 2011 berücksichtigt.

Der Beschwerde der Bf. war daher keine Folge zu geben.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 war jedoch insofern abzuändern, als die Berechnung der Einkünfte aus Vermietung aus Miteigentum aufgrund späterer Feststellung der Höhe der vier Beteiligungen neu zu berechnen war.

Berechnung der Einkommensteuer 2011:


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Einkünfte nichtselbständige Arbeit
14.454,25
Werbungskostenpauschbetrag
-132,00
24.322,25
Einkünfte aus Vermietung
Von 5 Wohnungen
1.995,33
Von 4 Beteiligungen
20.822,54
22.817,87
Sonstige Einkünfte
5.173,17
Gesamtbetrag Einkünfte
52.313,29
Sonderausgaben
Pauschbetrag Sonderausgaben
-60,00
Kirchenbeitrag
Einkommen
52.053,29
(52.053,29-25.000)x15.125/35.000+5110
16.800,89
Steuer vor Abzug Absetzbeträge
16.800,89
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
ANAB
-54,00
Steuer nach Abzug Absetzbeträge
16.455,89
Steuer sonstige Bezüge
199,65
Einkommensteuer
16.655,54
Anrechenbare Lohnsteuer
-4.695,36
Rundung
-0,18
Einkommensteuer 2011
11.960,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall wird von dieser im Erkenntnis zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 16 Abs. 1 Z 8 lit e EStG 1988 nicht abgewichen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102669.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at